• 11. Oktober 2014 · 13:06 Uhr

Tilkes Baustelle auf der Baustelle: "Waren nicht gerade geliebt"

Mitten in den Vorbereitungen auf die Olympischen Winterspiele in Sotschi platzte auch Hermann Tilke mit seiner eigenen Baustelle: dem Sochi Autodrom

(Motorsport-Total.com) - Das Sochi Autodrom ist die neueste Ergänzung im Kalender der Formel 1. An diesem Wochenende feiert Russland seine Premiere in der Königsklasse und glänzt mit einem atemberaubenden Umfeld, denn der Kurs wurde mitten in den Olympiapark der Winterspiele 2014 gebaut. Geplant und entwickelt wurde die Strecke wieder einmal von Architekt Hermann Tilke, der im Interview über die ersten Reaktionen spricht und erzählt, wie schwierig es ist, in Russland zwei Großbaustellen auf einmal laufen zu haben.

Frage: "Herr Tilke, wie war denn der erste Eindruck der Fahrer zu der neuen Strecke? Es muss ja wie ein Geschenk zu Weihnachten sein, wenn es ausgepackt wird und man gespannt ist, was der andere sagt."

Hermann Tilke: "Genau, es ist immer sehr spannend, das zu hören. Am Donnerstag habe ich mit einigen Fahrern gesprochen, die die Strecke im Simulator gefahren sind. Und da sagten die: 'Ganz nett ist es. Es ist okay'. Als sie dann gestern gefahren sind, haben sich die Meinungen etwas gedreht. Dann kam die Meinung: 'Es ist doch sehr anspruchsvoll. Es geht doch nicht so einfach, wie wir uns das gedacht haben. Es sind ein paar tricky Stellen dabei - und es macht Spaß!'"

Frage: "Über Nacht soll sich etwas an der Strecke geändert haben. Von welchen Änderungen sprechen wir?"

Tilke: "Wir haben an der Kurve 2 einen zusätzlichen Randstein eingebaut. Es sind drei Querkerbs hintereinander, weil diese Kurve von den Fahrern immer geschnitten wurde. Beim Ausgang der Kurve sind sie immer geradeaus gefahren, das ist natürlich nicht der Sinn der Sache. Deswegen haben wir Schweller, wie man sie auch schon mal in der Stadt findet, eingebaut, damit sie das eben nicht tun."

Frage: "Der ganze Bau fand unter erschwerten Bedingungen statt. Mitten in der Olympiabaustelle hat auch die Formel 1 versucht, ihren Kurs zu bauen. Wie schwer war das ganze?"

Tilke: "Als wir auf das Projekt aufgesetzt wurden, war Olympia schon zwei Jahre im Bau. Wir kamen dann dazu und haben in dieser Riesenbaustelle unsere Baustelle gehabt. Da waren wir von den anderen natürlich nicht gerade geliebt, weil wir die natürlich gestört haben. Sie waren unter Zeitdruck, wir waren unter Zeitdruck, aber man hat sich nachher zusammengerauft. Es gab ganz viele Abstimmungsprobleme, die gelöst werden mussten. Wir haben die Strecke gefühlte hundert Mal geändert, weil wieder Zwangspunkte von Olympia verlegt worden sind. Es war schon eine sehr, sehr schwierige Baustelle - und das vier Jahre lang."

Frage: "Sie haben schon mit China oder Bahrain zusammengearbeitet. Wie war denn die Zusammenarbeit mit Russland?"

Tilke: "Es war eben anders, es gab eine andere Mentalität. Aber es war in Ordnung, es war gut. Ich mag das: Sie sind sehr herzlich, auf Baustellen allerdings auch schon einmal sehr laut. Da wird dann auch schon mal bei einer Baubesprechung ein bisschen rumgeschrien und sich positioniert."

Frage: "Die Boxengasse ist durch die ganzen Einschränkungen vor Ort ziemlich eng geworden..."

Tilke: "Wir hatten halt sehr, sehr wenig Platz. Wenn man hier jetzt freie Flächen sieht, so waren die bei Olympia nicht da. Wir mussten auch vor Olympia mit den Boxen- und Teamgebäuden fertig sein, weil die für Olympia benutzt wurden. Es gab keine Möglichkeit, den Platz irgendwie auszuweiten. Es wurde alles für Olympia gebraucht. Wir konnten ja schlecht nach Olympia anfangen, das hätte der Zeitplan ja gar nicht mehr zugelassen."

Frage: "Es ist schon seltsam: Rundherum steht jetzt alles leer, und die Formel 1 ist in den kommenden Jahren das einzige hier."

Tilke: "Das ist richtig, aber man muss auch sagen, dass es eine sehr schöne Anlage ist. Wir fahren mit der Strecke um die Stadien herum, die man sehr schön sieht. Das ist schon beeindruckend, finde ich."

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Großbaustelle Sotschi: Olympia und die Formel 1 kamen sich in die Quere Zoom Download

Frage: "Können Sie eine ungefähre Idee geben, wie viel das alles gekostet hat? Es heißt zum Beispiel, dass Olympia 30 Milliarden Euro gekostet hätte..."

Tilke: "Bei der Rennstrecke muss man ja sagen, dass wir innerhalb der Olympiabaustelle sind. Was zählt zu Olympia? Was zählt nicht zu Olympia? Es wird eine Zahl zwischen 150 und 200 Millionen sein. Die wird richtig sein."

Frage: "Ist das im Vergleich zu anderen Strecken teuer oder günstig?"

Tilke: "Das liegt in dem völlig normalen Bereich für neue Grand-Prix-Strecken."

Frage: "Wo gibt es auf dem Kurs Überholmöglichkeiten?"

Tilke: "Kurve 2 natürlich, Kurve 13 auf jeden Fall - und wenn die Reifen abbauen dann auch am Ende von Kurve 3."

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