• 24. April 2014 · 19:46 Uhr

Wolff: "Gefährlich, einen Fahrer über den anderen zu stellen"

Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff im Interview über eine Budgetobergrenze in der Formel 1 und über das Teamduell zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg

(Motorsport-Total.com) - Mercedes hat die ersten vier Rennen der "neuen Formel 1 allesamt für sich entschieden. Dreimal triumphierte Lewis Hamilton, einmal Nico Rosberg. Das Team kommt mit einem komfortablen Vorsprung von 97 Punkten auf Red Bull zum Europa-Auftakt der Saison in Barcelona.

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Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff: "Wir lernen von beiden Fahrern dazu" Zoom Download

Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff spricht im Interview über eine Budget-Obergrenze, über das Teamduell zwischen Hamilton und Rosberg und über die unterschiedliche Herangehensweise der beiden Piloten.

Frage: "Toto, in den vergangenen Jahren wurde in der Formel 1 viel über eine Kostengrenze gesprochen. Was denkst du darüber?"

Toto Wolff: "Persönlich bin ich ein Verfechter der Kostengrenze. Als Team haben wir jedoch festgestellt, dass einige der größeren Rennställe diesen Weg nicht gehen können oder wollen. Ferrari ist dafür ein gutes Beispiel. Sie haben viele Anlagen - sowohl für den Motorsport als auch die Straßenwagenproduktion - unter einem Dach. Das macht die Überwachung schwierig. Es würde keinen Sinn für uns machen, nur um der Prinzipien der Kostengrenze willen gegen zwei oder drei der großen Teams anzureden."

"Es macht aber Sinn, nach diesen Diskussionen Wege und Methoden zu suchen, die für alle funktionieren. Deshalb ist es der richtige Weg, die technischen und sportlichen Regeln zu untersuchen. Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass dies funktionieren kann. Die einschneidenden Testbeschränkungen sind ein Paradebeispiel dafür und wir arbeiten alle zusammen, um die bestmöglichen Lösungen zu finden. Als Team sind wir für eine Kostenobergrenze: sowohl um ein Ausgaben-Wettrennen zwischen den großen Teams zu vermeiden, als auch um den Abstand zwischen den Teams zu verringern."


Fotostrecke: Pressestimmen zum China GP

Frage: "Wie könnte die Einschätzung der Regeln effektiver sein?"

Wolff: "Ingenieure finden stets Lücken: Wenn auf der linken Seite etwas reduziert wird, finden sie neue Möglichkeiten auf der rechten Seite. Aus diesem Grund wäre eine Kostengrenze schwierig umzusetzen und zu überwachen. Wenn wir auf die früheren Änderungen am Sportlichen und Technischen Reglement zurückgehen, machten die Testeinschränkungen Sinn. Zudem gab es Maßnahmen wie die Sperrstunde und die Parc-Fermé-Regel. Als sie eingeführt wurden, haben sich die Leute beschwert. Sie sagten, dass man über Nacht an den Autos arbeiten müsse oder sie wären nicht sicher genug für das Rennen."

"Wir haben aber inzwischen gesehen, dass alles sehr gut unter diesen Bedingungen funktioniert. Es gibt klare Projekte und Abläufe, die Kosten senken können. Am Morgen und am Abend neue Teile mit Übernachtflügen einzufliegen, macht keinen Sinn. Ein weiteres Beispiel sind 24-Stunden-Schichten. Es gibt aber noch viel mehr. Wir werden diese Bereiche weiter analysieren, sie mit Charlie Whiting besprechen und unsere Köpfe bei den kommenden Treffen der Strategiegruppe zusammenstecken."

Frage: "Mercedes erhielt in Bahrain viel Lob dafür, dass die beiden Fahrer gegeneinander kämpfen durften. Wird diese Entscheidung schwieriger, wenn die Konkurrenz die Lücke langsam schließt?"

Wolff: "Bahrain war ein einzigartiges Szenario, weil unser Paket dort sehr gut funktionierte. Wir hatten dort einen deutlichen Wettbewerbsvorteil. Deshalb war es einfacher, eine Entscheidung im Sinne des Racings zu treffen, denn wir hatten einen ziemlichen Vorsprung auf die Autos hinter uns. Je geringer der Vorsprung wird, desto härter wird auch diese Entscheidung. Unsere erste Regel ist, dass der Teamkollege nicht der Hauptrivale ist. Unsere Gegner sind das. Es könnte Situationen in einem Rennen geben, in denen wir diese Überlegungen einbeziehen müssen. Man kann es sich nicht leisten, Zeit zu verlieren, wenn ein anderes Team dir im Nacken sitzt."

Teamduell wird erfreut zur Kenntnis genommen

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Lewis Hamilton und Nico Rosberg Seite an Seite: Mercedes hat (noch) nichts dagegen Zoom Download

Frage: "Wie schätzt du die weitere Entwicklung des Teamduells zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg ein?"

Wolff: "Das interessante für uns innerhalb des Teams ist, zu beobachten, wie unterschiedlich ihre Herangehensweisen sind. Am Ende sind sie auf der Strecke aber dennoch eng zusammen. Deshalb ist es gefährlich, einen Fahrer über den anderen zu stellen. Wir werden einen stetigen Kampf zwischen den beiden während der Saison erleben. Einmal wird der eine vorne sein, einmal der andere. Es wird ständig hin und her gehen. Lewis fuhr im Qualifying in China in einer eigenen Welt. Nico hatte dort etwas Pech. Er hatte Schwierigkeiten mit seinem Lenkrad und den Bremsen. Damit war er für das Rennen im Hintertreffen. Es sollte ein fantastisches Wochenende für Lewis werden, der das Rennen gewann, aber die Situation könnte sich schon beim nächsten Rennen wieder komplett umdrehen. Das ist das Spannende für uns. Sie treiben sich gegenseitig an und heben die Messlette bei jeder Gelegenheit weiter an."

Frage: "Was sind die Unterschiede bei ihren Herangehensweisen?"

Wolff: "Man sieht es überall, denn sie sind unterschiedliche Charaktere und Persönlichkeiten. Wie sieht der perfekte Rennfahrer aus? Man kann die Herangehensweise des einen Fahrers nicht einfach hernehmen und sie mit einer anderen verbinden. Genauso wenig kann man sagen, dass einer besser als der andere sei. Sie in bestimmte Schubladen zu stecken ist unfair. Wir erfreuen uns an beiden und wir lernen von beiden dazu. Aus Sicht des Teams ist es ein wichtiger Teil unserer Aufgaben, beiden das richtige Umfeld zu geben und sie so zu schützen, dass sie das Beste aus ihren individuellen Fähigkeiten herausholen können."

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