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Lotus-Technikchef: "Schärfste Kritik betrifft Brake-by-Wire"
Technikchef Nick Chester über die aktuellen Probleme im Lotus-Lager, die Beschwerden der Fahrer und das noch nicht entdeckte Potenzial des E22
(Motorsport-Total.com) - Nachdem man bei Lotus die massiven Zuverlässigkeitsprobleme der Wintertests und des Saisonauftakt-Wochenendes zuletzt immerhin einigermaßen im Griff hatte, will man sich am Bahrain-Wochenende darauf konzentrieren, dass volle Potenzial des E22 auszuschöpfen. Nach der ersten Zielankunft des Jahres (Romain Grosjean in Sepang), plant das britische Team in der Wüste von Sachir mit einer doppelten Zielankunft.
© xpbimages.com
Lotus-Technikchef Nick Chester spürt die Auswirkungen der wenigen Testrunden Zoom Download
Technikchef Nick Chester spricht im Interview über die Erfahrungen, die man am Sepang-Wochenende gesammelt hat, über die derzeit größten Baustellen im Team und über die Erwartungen, mit denen man das Bahrain-Wochenende in Angriff nimmt.
Frage: "Nick, was hat das Team in Sepang gelernt?"
Nick Chester: "Wir haben ein besseres Verständnis vom Mapping und es ist uns gelungen, im Bereich der Bremsen Verbesserungen zu erzielen. Es steckt aber noch viel mehr in diesem Auto. In Enstone haben wir noch viel Arbeit vor uns. So zum Beispiel, ein besseres Setup zu finden und unser Brake-by-Wire-System (das elektronische Bremspedal; Anm. d. Red.) zu verbessern. Dies ist einer der Bereiche, an dem die Fahrer die schärfste Kritik äußern. Sie können durch das System nicht wie gewünscht in die Kurven hineinfahren und verlieren so sehr viel Zeit."
Sorgenkind elektronisches Bremspedal
Frage: "Wie funktioniert Brake-by-Wire genau und warum bereitet es Probleme?"
Chester: "Das System erkennt, welchen Impuls der Fahrer an das Bremspedal gibt. Dieser Impuls wird dann aufgeteilt in Bremskraft, die von der Antriebseinheit generiert wird und normaler Bremskraft, die via Hydraulik von den Bremszangen generiert wird. Das Schwierige dabei ist, diese beiden unterschiedlichen Bremskräfte richtig zu dosieren, sodass sie auf natürliche und für den Fahrer vorhersehbare Art und Weise wirken. Beim Brake-by-Wire-System kommt es darauf an, dieses so reagieren zu lassen wie es sich der Fahrer vorstellt."
"Zudem muss das Mapping stimmen, um das richtige Bremsverhalten zu erreichen und es dem Fahrer zu erleichtern, ein Blockieren der Räder zu vermeiden. Wenn man erstmalig auf das Bremspedal tritt, will man so schnell wie möglich so viel wie möglich Bremsdruck anliegen haben, um das Auto so schnell wie möglich zu verzögern. Für die Einfahrt in die Kurve ist es aber sehr wichtig, wie man die Bremse wieder loslässt. Je mehr Geschwindigkeit man am Scheitelpunkt der Kurve anliegen hat, desto besser für die Rundenzeit."
Frage: "Wenn man alle mit dem E22 bisher zurückgelegten Runden zusammenrechnet, dann kommt man etwa auf den Wert, den das Team im vergangenen Jahr schon nach drei Testtagen erreicht hatte. Was sagst du dazu?"
Chester: "Das stimmt. Was das Verständnis des Autos betrifft, befinden wir uns im Anfangsstadium. Es gibt noch viel Potenzial, das es zu entfalten gilt. Wir haben noch immer mit Zuverlässigkeitsproblemen zu kämpfen, doch wir machen Fortschritte. Das Dumme ist, dass die Zuverlässigkeitsprobleme in den Rennen - und somit zu einer Zeit, wenn man eigentlich WM-Punkte sammeln will - aufgetreten sind."
"Wir verbringen die Rennwochenenden noch immer mit Arbeiten, die man normalerweise während der Testfahrten im Winter erledigen würde. Das liegt natürlich teilweise in den tiefgreifenden Regeländerungen begründet. Im Moment lernen alle noch dazu, aber unsere Lernkurve ist aufgrund der wenigen bisher zurückgelegten Runden entsprechend steiler. Positiv ist, dass die Schritte sehr groß sind. Als Beispiel möchte ich die Verbesserung der Performance auf nasser Strecke nennen. Am vergangenen Wochenende sahen wir diesbezüglich viel besser aus als in Melbourne."
Steilere Lernkurve als bei anderen Teams
Frage: "Es muss doch frustrierend sein, aufgrund von Zuverlässigkeitsproblemen Streckenzeit zu verlieren, oder?"
Chester: "Es ist frustrierend. In Malaysia traf dies in besonderem Maße zu, denn der Aufbau der Autos lief sehr gut. Doch dann trat ein Software-Problem auf. Dieses hatte zur Folge, dass wir im ersten Freien Training nicht fahren konnten."
Chester: "Die Autos sind in diesem Jahr deutlich komplizierter. Beim Zusammenbau gibt es einfach viel mehr Dinge, die bedacht werden müssen. Wir haben aber gerade einmal zwei Rennen hinter uns. In Zukunft wird es einfacher. So werden wir einige Teile neu gestalten, um sie im Gesamtgefüge passender zu machen. Die Abläufe werden sich besser einspielen und die Mechaniker werden sich an die einzelnen Komponenten gewöhnen. Dennoch glaube ich, dass wir selbst bei Saisonmitte noch immer mehr Aufwand haben werden als es im vergangenen Jahr der Fall war. Ich bin überzeugt, dass es allen Teams so geht."
Frage: "Waren die nach Malaysia mitgebrachten Upgrades ein Erfolg?"
Chester: "Das ist schwer zu sagen, denn wir konnten am Freitag nicht fahren. Demzufolge konnten wir nicht alle Vergleiche anstellen, die wir normalerweise anstellen. Wir müssen dieses Thema in Bahrain noch einmal aufgreifen. Erst dann können wir sagen, welche Auswirkungen die neuen Teile haben."
Frage: "Worin siehst du die größten Herausforderungen in Bahrain?"
Chester: "Wir reisen ohne sonderlich viele Kilometer auf dem Auto dorthin. Das bedeutet, dass wir uns während der Sessions mehr dem Thema Setup-Arbeit widmen müssen. Die Temperaturen können in Bahrain erfahrungsgemäß recht hoch sein. Dieser Faktor wird eine Rolle spielen. Zudem wird es darauf ankommen, mehr aus unseren Entwicklungsteilen herauszuholen und im Bereich der Antriebseinheit voranzukommen."