• 13. März 2014 · 10:02 Uhr

Vettel: "Hoffentlich ist Suzie nicht zu durstig"

Sebastian Vettel erklärt, wie er die Lage von Red Bull nach den verkorksten Wintertests einschätzt, wer die Schuld trägt und kritisiert das neue Reglement

(Motorsport-Total.com) - Völlig neue Vorzeichen für Sebastian Vettel: Der vierfache Weltmeister und Dominator der vergangenen Jahre kommt nur als krasser Außenseiter auf den Rennsieg zum Saisonauftakt nach Melbourne. Zu groß waren die Zuverlässigkeitsprobleme bei den Wintertests, zu zickig der kürzlich auf den Namen "Suzie" getaufte Red Bull RB10. In der Medienrunde am Donnerstag spricht der 26-Jährige über die missliche Lage beim Weltmeisterteam, die neuen Regeln und wie ihm sein neuer Teamkollege Daniel Ricciardo jetzt am besten helfen kann.

Foto zur News: Vettel: "Hoffentlich ist Suzie nicht zu durstig"

Sitzprobe im neuen RB10: Vettel und "Suzie" sind noch kein perfektes Duo Zoom Download

Frage: "Sebastian, eigentlich kämpfst du ja um Siege, aber jetzt ist plötzlich Mercedes Favorit."

Sebastian Vettel: "Ich empfinde das jetzt nicht als komplette Überraschung. Wir wussten, dass es dieses Jahr sehr schwer war, die Regeln sind sehr komplex. Was unter der Haube passiert ist, ist zu einem großen Teil Wissenschaft. Ich glaube, wir wussten schon im Vorjahr, was uns in gewisser Weise erwartet. Dass wir uns bei den Tests so schwer tun, haben wir natürlich nicht erwartet. Das hat uns auch überrascht. Aber es ist wie es ist. Daher bringt es nichts, den Kopf in den Sand zu stecken, sondern Schritt für Schritt die Dinge anzupacken und nach vorne zu schauen."

Frage: "Was hattest du persönlich gefühlt, als du gehört hast, dass es da ein echtes Problem gibt?"

Vettel: "Das war ja doch relativ schnell beim ersten Test klar. Dass immer etwas sein kann, ist klar, aber wir waren ja dann doch mehr an der Box als auf der Strecke, und man merkt dann natürlich, dass es nicht mehr läuft. Es gibt dann aber keinen Grund, darüber noch groß zu sprechen, denn was wirklich zählt, sind die Taten, also daran zu arbeiten und die Probleme zu analysieren und zu verstehen - aus meiner Sicht, aus Sicht des Teams, aus Sicht von Renault. Ich glaube, damit haben wir im Moment sehr viel zu tun."

"Ich glaube, andere Teams tun sich da nicht unbedingt leichter, kommen aber im Moment vielleicht ein bisschen besser damit zurecht, haben über den Winter vielleicht bessere Arbeit abgeliefert. Es ist dennoch für alle ein riesengroßer Schritt."

Frage: "Trotzdem ist es für dich eine neue Situation, da es nicht so einfach wird. Ist das eine größere Herausforderung?"

Vettel: "Ich glaube, man neigt dazu, da jedes Jahr ein bisschen zu viel hineinzuinterpretieren. Jedes Jahr ging es für uns von vorne los, und es gibt keine Garantie, dass es so gut läuft wie im Vorjahr. Das war immer unsere Einstellung, deswegen ist es für uns kein Riesenschock, vielleicht für die Leute von außen, weil wir selbst nicht damit rechnen, immer vorne zu sein. Das ist unser Anspruch und unser Ziel, aber eine Garantie, immer vorne zu sein, gibt es nicht und gab es noch nie. Deshalb ist die Überraschung vielleicht auf der anderen Seite größer als für uns."

"Natürlich war es einfach, man muss sich nur die Ergebnisse anschauen. Es war ein Spaziergang. Dieses Jahr müssen wir zum ersten Mal arbeiten."Sebastian Vettel
Frage: "Bislang wurde dir oft vorgeworfen, dass immer alles so einfach für dich war - bestes Auto, bestes Team. Kannst du jetzt deine Kritiker zum Verstummen bringen?"
Vettel: "Natürlich war es einfach, man muss sich nur die Ergebnisse anschauen. Es war ein Spaziergang. Dieses Jahr müssen wir zum ersten Mal arbeiten."

Frage: "Es gibt diese Stimmen, das heißt nicht, dass alle dieser Meinung sind. Aber könnte das dieses Jahr ein Thema sein?"

Vettel: "Es wird immer viel gesprochen. Aber: When the flag drops, the bullshit stops. Ich bin froh, dass es endlich soweit ist. Ich bin gespannt auf die neuen Rennen - aus Sicht der Fans, aber auch für uns Piloten."

Frage: "Inwiefern erfordert das neue Auto mit all seinen Systemen für dich eine neue Herangehensweise?"

Vettel: "Zunächst einmal muss es richtig programmiert sein - ich glaube, das ist dieses Jahr das große Stichwort. Es gibt sehr viel Neues, man kann die Autos eigentlich nicht miteinander vergleichen. Auch was das Fahren angeht, gibt es für uns irrsinnig viel Neues zu lernen und zu verstehen, unheimlich viel, was noch kommt - in einer Rennsituation -, was man schwer simulieren kann. Wir werden am Sonntag sehen, wo wir dann stehen, wissen, dass wir im Moment noch viel vor uns haben, sind aber motiviert, daran gut zu arbeiten."

"Aus meiner Sicht hat das neue Reglement nicht viel Sinn."Sebastian Vettel
Frage: "Bei den Tests sind bei allen große Schwierigkeiten aufgetreten. Haltest du die neuen Regeln für sinnvoll, und um welche Probleme handelt es sich eigentlich?"
Vettel: "Aus meiner Sicht hat das nicht viel Sinn - ich sehe keine Vorteile, die das ganze bringt, aber man muss sich damit zurechtfinden, sich anpassen und versuchen, das Beste daraus zu machen. Es wird im Moment natürlich sehr viel gesprochen, und ich glaube, wir müssen jetzt erst mal ein paar Rennen abwarten, aber es wird natürlich sehr anders sein, was das Fahren angeht. Ich glaube, das kann man anhand der paar Tests im Winter schon sagen. Es ist einfach eine andere Art, Rennen zu fahren, als es bisher der Fall war."

Frage: "Kann man schon in etwa sagen, was an diesem Wochenende passieren wird?"

Vettel: "Das ist für manche das Spannende - dass man nicht sagen kann, was passiert. Manche finden das gut, manche nicht. Wir müssen in diesem Stadium wirklich kleine Schritte machen, nachdem die Wintertests nicht gut für uns gelaufen sind, aber es liegt eine lange Saison vor uns. Jetzt müssen wir einmal schauen, wo wir hier stehen, und für den Rest des Jahres haben wir ein starkes Team, eine starke Gruppe, clevere Leute an Bord. Ich bin zuversichtlich, dass wir in nicht allzu langer Zeit in guter Form sein werden."


Fotos: Red Bull, Großer Preis von Australien


Frage: "Sind die Erwartungen dieses Jahr anders als bei den vergangenen Saisonstarts?"

Vettel: "Ja, die eine Sache ist das reine Ergebnis, aber ich bin viel neugieriger, wie sich die Rennen anfühlen werden. Die Autos und das Rennfahren werden ganz anders sein. Wir werden sehen, wie sich das entwickelt."

"Suzie kann definitiv nicht hungrig sein, denn dafür haben wir zu wenig Sprit. Wir hoffen, dass sie nicht zu durstig ist."Sebastian Vettel
Frage: "Heidi war im Vorjahr hungrig, einen vierten Titel einzufahren. Gilt das auch für Suzie? Könnte sie im Rennen alle überraschen?"
Vettel: "Sie kann definitiv nicht hungrig sein, denn dafür haben wir zu wenig Sprit. Wir hoffen, dass sie nicht zu durstig ist. Es ist definitiv ein ungewohntes Gefühl, in die Saison zu gehen, denn wir wissen nicht, was uns erwartet. Das gilt aber für die meisten."

Frage: "Was wäre denn ein gutes Ergebnis an diesem Wochenende?"

Vettel: "Schwer zu sagen. Auch wir wissen nicht, wie schnell unser Auto ist. Bei den Wintertests hatten wir Zuverlässigkeitsprobleme. Hoffentlich erhalten wir an diesem Wochenende Antworten, wie schnell das Auto ist. Deswegen ist es schwierig, etwas zu erwarten. Generell sind wir aber hier, um zu gewinnen und um unser Bestes zu geben. Schauen wir mal, was passiert."

Frage: "Die Konkurrenz schreibt euch nicht ab, denn nach ihren Beobachtungen ist das Auto schnell, wenn die Zuverlässigkeit passt. Wie viel fehlt noch, damit das Auto standfest ist?"

Vettel: "Hoffentlich stimmt das. Es ist eine Sache, kein zuverlässiges Auto zu haben. Wenn es dann auch nicht schnell ist, dann ist das ziemlich schlecht. Ein schnelles Auto zuverlässig zu machen, ist einfacher als ein zuverlässiges Auto schnell zu machen. Hoffentlich kriegen wir die Zuverlässigkeit in den Griff und sind schnell."


Fotostrecke: Fünf Gründe pro und contra Vettel

Frage: "Mit Renault hattet ihr in den vergangenen Jahren einen starken Partner. Wie sehr hat es euch überrascht, dieses Jahr so weit zurückzuliegen?"

Vettel: "Ich mache da ungern eine Trennung, denn wir sind ein Team. Klar - was wir mit dem Auto machen, passiert in Großbritannien, um den Motor kümmert man sich in Frankreich. Es findet aber ständig Kommunikation statt. In den vergangenen vier Jahren waren wir gemeinsam sehr erfolgreich, und wir hatten eine sehr starke Partnerschaft."

"Bei Renault und bei Red Bull sind Fehler passiert."Sebastian Vettel
"Ja - es stimmt, dass der Start dieses Jahr für uns beide nicht großartig war. Auf beiden Seiten sind Fehler passiert und es gibt Probleme, die wir lösen müssen. Das wissen aber sowohl die Leute in Milton Keynes als auch die Leute in Paris. Wir sind nicht so dumm. Natürlich wären wir gerne vor dem ersten Rennen in einer anderen Lage und hätten gerne etwas mehr Zeit vor dem Saisonstart, aber es ist für alle gleich."

Frage: "Wenn ihr zu Beginn der Wintertests gewusst hättet, was ihr jetzt wisst - hättet ihr irgendetwas anders machen können, um besser vorbereitet zu sein?"

Vettel: "Ja, wir haben verdammt viel gelernt. Wir haben nicht allzu lange gebraucht, um zu erkennen, dass wir zurück liegen. Wenn es aber eine Lösung über Nacht geben würde, dann wäre das großartig, aber es ist nicht der Fall. Wir haben viel gelernt und das Paket verbessert. Trotzdem haben wir noch viel Arbeit und einen langen Weg vor uns."

Frage: "Was kannst du selbst dazu beitragen?"

Vettel: "Daniel und ich versuchen, so präzise wie möglich zu sein und den Ingenieuren das bestmögliche Feedback über die Antriebseinheit zu geben, damit wir uns verbessern. Das gilt auch für das Auto, denn derzeit ist es ungewiss, wo wir stehen. Es ist kein Geheimnis: Man benötigt eine sehr gute Zuverlässigkeit, um ein Titelkandidat zu sein."

Frage: "Auch beim Teamkollegen hat sich was geändert: Statt Mark Webber sitzt jetzt Daniel Ricciardo im anderen Auto. Inwiefern kann er dir bei den Vorbereitungen für diese Saison helfen?"

Vettel: "Indem er so viel Druck wie möglich macht. Das ist es - da gibt es kein Geheimnis. Erfahrung ist das eine, aber um Erfahrung zu sammeln, muss man lange da sein. Für ihn ist es das erste Mal in einem größeren Team. Aber irgendwann war es für uns alle das erste Mal. Abgesehen davon ist es die größte Hilfe, wenn er einfach alles gibt. Er ist bereit, alles zu geben, für die Formel 1 zu leben - und zwar 24 Stunden am Tag."

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