Gandelin: "Gespannt darauf, wo wir stehen"
Sauber-Chefdesigner Eric Gandelin erklärt die Auswirkungen des neuen Reglements auf das Design des C33 und freut sich auf den direkten Vergleich mit der Konkurrenz
(Motorsport-Total.com) - Der Sauber C33 ist der erste Bolide aus Hinwil, der auf Basis des neuen Technischen Formel-1-Reglements entstanden ist. Gleichzeitig ist der C33 der erste Sauber aus der Feder von Chefdesigner Eric Gandelin.
Im Interview spricht Gandelin über die Auswirkungen des neuen Reglements auf aerodynamische und technische Aspekte des neuesten Sauber-Boliden.
Frage: "Eric, 2014 gibt es eine ganze Reihe von Regeländerungen. Kannst du erklären, was sich konkret verändert hat und inwiefern sich die neuen Vorgaben auf das Design des Sauber C33 ausgewirkt haben?
Eric Gandelin: "Ja, die Regeländerungen für die Saison 2014 sind die umfangreichsten, die die Formel 1 je gesehen hat. Sie betreffen alle Bereiche des Autos. Was das Chassis betrifft, greifen die wichtigsten Änderungen auf dem Gebiet der Nasenstruktur. Im Reglement ist nun eine Maximalhöhe der Nasenspitze festgehalten. Dadurch soll das Riskio vermindert werden, dass die Autos bei einem Frontalaufprall Front gegen Heck in die Luft geschleudert werden. Gleichzeitig wird für den Fahrer das Risiko von Kopfverletzungen vermindert. Mit dem alten Nasendesign konnte es durchaus vorkommen, dass derartige Verletzungen auftreten."
"Diese Neuerungen gehen einher mit einer neuen Crashstruktur an der Seite des Fahrzeugs. Das Design dieser Crashstruktur ist im Reglement klar definiert. Daraus folgt, dass die Chassis-Dimensionen nun für alle Teams gleich sind. Die Chassis sind nun insgesamt größer. Dies wird vor allem an den Seitenkästen deutlich. Diese sind nun deutlich wuchtiger als die schlanken Seitenkästen, die wir am C32 hatten."
Frage: "Welches sind in Bezug auf die Aerodynamik die wichtigsten Regeländerungen und inwiefern haben diese das Design des Sauber C33 beeinflusst?"
Gandelin: "Auf dem Gebiet der Aerodynamik gibt es ebenfalls jede Menge Neuerungen. So wurde die Breite des Frontflügels auf jeder Seite um 75 Millimeter reduziert. Zudem ist das untere Heckflügelelement verschwunden. Deshalb haben wir das Konzept der Heckflügelaufhängung überdacht. Wie man sieht, haben wir uns für eine Lösung mit zwei Pylonen entschieden. Der obere Teil des Heckflügels wurde in der Höhe beschnitten. Das bedeutet, dass es ab sofort weniger Platz für das Anbringen von Flügelprofilen gibt. Gleichzeitig wurde die Größe der durch DRS entstehenden Öffnung auf 15 Millimeter erhöht."
"Was den Mittelteil des Diffusors betrifft, sind Ausschnitte jeglicher Art ab sofort verboten und das Loch, durch welches das Auto extern gestartet wird, muss nun durch eine Klappe verschlossen sein. Schließlich wurde noch die Position des Auspuffs neu definiert. Ab sofort gibt es nur noch ein zentrales Auspuffendrohr. Durch diese Maßnahme soll verhindert werden, dass Auspuffgase zur Generierung von Abtrieb herangezogen werden."
Frage: "In der Saison 2014 werden komplett neue Antriebsstränge eingesetzt. Kannst du die Veränderungen auf diesem Gebiet erklären und darauf aufbauend erklären, inwiefern das Design des Sauber C33 dadurch beeinflusst wurde?"
Gandelin: "Was den Antrieb betrifft, wurde der alte 2,4-Liter-V8-Saugmotor durch einen 1,6-Liter-V6-Turbo-Motor abgelöst. Dies steht im Zusammenhang mit einem deutlich komplexeren Energierückgewinnungs-System, das größere Batterien und nun zwei Elektromotoren beinhaltet. Energie wird ab sofort auf zwei Wege wiedergewonnen: Durch Bremsen und durch Wärme. Die Leistung des Energierückgewinnungs-Systems (ERS) steigt von 60 Kilowatt auf 120 Kilowatt. Der dadurch zur Verfügung stehende Boost steht ab sofort für 33 Sekunden bereit."
"Gleichzeitig wurde der Spritverbrauch deutlich gesenkt. Vom Start bis zur Zielflagge müssen wir nun mit 100 Kilogramm Benzin auskommen. Die Folge dessen sind wesentlich längere Benzintanks, die sich auf die Gesamtlänge des Chassis auswirken. Was das Bremssystem betrifft, so haben wir es an der Hinterachse mit einem komplett neuen Brake-by-Wire-System zu tun. Das heißt nichts anderes, als dass der auf den Bremssattel ausgeübte Druck ab sofort elektronisch gesteuert wird - abhängig von der Bremskraft, die der Fahrer über das Pedal ausübt und von der Energie, die an der Hinterachse wiedergewonnen wird."
"Der neue Antriebsstrang stellt uns bezüglich der Integration vor große Herausforderungen. Die Kühler sind nun deutlich größer. Zudem müssen wir nun wesentlich mehr elektronische Einheiten unter der Verkleidung platzieren. Hinzu kommt, dass das Mindestgewicht des Autos von 642 auf 691 Kilogramm angehoben wurde. Dadurch werden all die neu hinzugekommenen Systeme aber nur teilweise abgedeckt. Das Thema Gewichtsersparnis war daher beim Design des Autos eine unserer Prioritäten. Insgesamt betrachtet sah sich das Team einer riesigen Herausforderung gegenübergestellt. Jetzt freuen wir uns darauf, gegen unsere Mitbewerber anzutreten. Wir sind gespannt, zu sehen, wo wir im direkten Vergleich stehen."