Webber: "Eine großartige Reise"
Ein letztes Mal spricht Mark Webber in einer Formel-1-Pressekonferenz über seinen Abschied, das letzte Rennen und das Leben nach 215 Grands Prix
(Motorsport-Total.com) - So hat noch kein Fahrer seine Formel-1-Karriere beendet. Nämlich ohne Helm in der Auslaufrunde. Mark Webber aber hat es gemacht. Und sehr genossen. Genau wie die Siegerehrung, an der er als Zweiter hinter Sebastian Vettel (Red Bull) und vor Fernando Alonso (Ferrari) teilnehmen durfte. Kurz darauf saß Webber ein letztes Mal in der Formel-1-Pressekonferenz. Was er dort zu sagen hatte, lesen Sie bei uns im Wortlaut. Es ist gewissermaßen die Abschiedsrede des 37-jährigen Australiers.
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Ein letzter Gruß an die Fans: Mark Webber fuhr in Brasilien seinen letzten Grand Prix Zoom Download
Frage: "Mark, das war nun also dein letztes Rennen in der Formel 1. Es war sicher ein sehr emotionaler Tag für dich. Du hast in deiner Karriere insgesamt 215 Grands Prix bestritten..."
Mark Webber: "Ja. Es war ein gutes Ende für meine Karriere. Ich hatte tolle Duelle mit den Jungs, mit denen ich über die meiste Zeit meiner Laufbahn schöne Zweikämpfe ausgefochten habe. Seb, Fernando, Lewis (Hamilton), Nico (Rosberg; Anm. d. Red.). Das sind die Burschen, die in den vergangenen fünf, sechs Jahren um mich herum waren."
"Ich möchte mich beim Team bedanken. Ich habe die letzten Runden genossen. Es war eine schöne Art und Weise, so aufzuhören. Ich möchte mich bei allen in Australien bedanken. Hätte ich damals ganz am Anfang nicht die Unterstützung gekriegt, wäre ich heute nicht hier. Ich habe meine Karriere zur Gänze genossen. Eine großartige Reise. Darauf bin ich sehr stolz."
"Es gab so viele Menschen, die während meiner Laufbahn eine besondere Rolle gespielt haben. Sie alle wissen, dass sie gemeint sind. Vielen Dank, wenn ihr heute zugeschaut habt. Und ja, habt viel Spaß dabei, die Formel 1 ab 2014 mit diesen Jungs hier zu verfolgen. Ich bin dann bei Porsche. Und darauf freue ich mich schon."
Viel Action im letzten Formel-1-Rennen
Frage: "Du hast einen tollen Schlusspunkt hinter deine Karriere gesetzt. Du bist sicher sehr zufrieden damit. Wie war das Rennen aus deiner Sicht?"
Webber: "Ja, ich bin zufrieden mit dem heutigen Tag. Es war für alle von uns ein schwieriger Grand Prix. Wir sind direkt zum Rennen erstmals auf trockener Straße gefahren. Vielleicht sollte es Bernie immer so machen. Es sollte nur Sonntagnachmittage geben. Lasst uns einfach nur für die Sonntage an die Strecke kommen und einfach nur das Rennen fahren."
"Der Start zum Rennen war jedenfalls ziemlich gut. Wir alle haben auf trockener Strecke rasch in den Rhythmus gefunden, obwohl wir nicht im Trockenen trainiert hatten. Das war eine Herausforderung für die Fahrer und die Teams. Unterm Strich haben wir es hingekriegt. Sowohl Seb als auch ich hatten keine optimalen Starts. Ich war aber schon zufrieden damit, nur einen Platz an Lewis zu verlieren."
"In der ersten Runde hatte ich zudem eine tolle Perspektive: Vor mir hatten Fernando und Lewis ein schönes Duell. Danach fanden wir ins Rennen. Die Mercedes' schienen Probleme damit zu haben, das Tempo von Fernando, Seb und mir mitzugehen. Wir mussten also alsbald an den Mercedes vorbeigehen, so rasch wie möglich. Dann lief ich auf Fernando auf, konnte aber auch ihn überholen."
"Es gab einige richtig tolle Manöver und sehr gutes Racing. Am Ende erzielte das Team wieder einen Doppelsieg, obwohl wir nicht den besten Tag in der Boxengasse erwischt hatten. Das kann aber schon mal passieren, denn die Jungs an der Box haben eine wirklich starke Saison hingelegt. Da haben die Roten (Ferrari; Anm. d. Red.) wohl noch einmal Morgenluft geschnuppert, doch wir hatten jedes Mal eine Antwort parat."
Nur der Boxenstopp lief nicht nach Plan...
"Es macht mich stolz, mit diesen Jungs gefahren zu sein. Ich meine, irgendwann im Rennen hatte ich es mit jedem dieser Burschen zu tun, mit Ausnahme von Seb. Er war natürlich etwas weiter vorn. Doch vom Tempo her... Wir hatten tolle Zweikämpfe. Es war ein Vergnügen, das Rennen so zu beenden. Und dann stand ich mit den wahrscheinlich derzeit besten Fahrern dieser Generation auf dem Podest. Ich schätze sie sehr."
Frage: "Sprechen wir noch über den Boxenstopp, bei dem du dich hinter Sebastian Vettel anstellen musstest. Wäre es nicht besser gewesen, das Team hätte dich noch eine Runde länger draußen gelassen?"
Webber: "Ich wurde schon früh in der Runde in die Box gerufen. Das Team sorgte sich um eine mögliche Safety-Car-Phase. Ich denke, Maldonado hatte einen Abflug oder irgendetwas war passiert."
"Als ich vor der Boxengasse abbremste, sah ich schon auf dem TV-Bildschirm, dass Seb in der Box war. Ich dachte noch: 'Das ist hoffentlich eine Wiederholung.' Das war es aber nicht. Als ich über den Hügel kam, stand er in der verdammten Box. Ich dachte: 'Scheiße, jetzt haben wir den Salat.' In so einem Fall verlierst du in erster Linie Zeit. Das ist das Schlimmste dabei."
Ohne Helm in der Auslaufrunde
"Dann hat sich der Bursche am hinteren Wagenheber doch noch erinnert, aus dem Weg zu gehen. Ich wollte natürlich vorfahren, musste aber erst abwarten, bis Seb weg war. Das war offenbar eine vollkommene Überraschung. Es war ganz und gar nicht typisch für das Team, so etwas Schwieriges und Riskantes zu tun. Es gab nicht viel zu riskieren."
"Es stellte sich aber heraus, dass es zu Beginn von Sebs Boxenstopp ein Problem gab, das sich schließlich auch auf mich auswirkte. Und dann hatte ich ja noch einen spanischen Löwen hinter mir. Das Team hat die Sache trotzdem noch gut gelöst. Ich bin mir sicher, das würden sie gern nochmals machen. Unterm Strich hat es gut geklappt und wir haben die Ruhe bewahrt."
Webber: "Ja, es war der Wind. Da haben mir durchaus die Augen getränt. Es ist nicht so einfach, das HANS-System vom Helm zu entfernen. Ich habe eine halbe Runde gebraucht, um die linke Seite zu lösen. Ich habe es schließlich geschafft. Doch ohne Helm ist das Auto unheimlich laut. Es war irre laut. Ich spürte sämtliche Vibrationen."
"Und ich hörte alle möglichen Geräusche, die man mit dem Helm auf dem Kopf wirklich nicht hört, so viel steht fest. Es war gut, den Helm abzunehmen. Die Streckenposten, die Fans konnten sehen... In diesem Sport ist es nicht so einfach, die Person hinter dem Lenkrad zu zeigen. In vielen anderen Sportarten ist das möglich, doch in der Formel 1 haben wir immer den Helm auf. Es war nett, ohne Helm zurückzufahren."
Webber will kürzer treten und freut sich drauf
"Man sieht uns ja sonst nur auf dem Treppchen ohne Helm. Und das auch nur an einem guten Tag. Wir hatten dieses Mal beides. Im letzten Sektor wurde ich dann noch etwas eingeklemmt. Die Streckenposten hatten wohl schon etwas Angst, dass ich nicht nach links lenken könnte, aber es ist alles gutgegangen. Es war ein schöner Augenblick, so zurückzufahren, das Auto mal auf etwas andere Art und Weise zurückzubringen."
Frage: "Was wirst du am meisten an der Formel 1 vermissen und was überhaupt nicht?"
Webber: "Was ich an der Formel 1 vermissen werde? Ich denke, es gibt einige spezielle Strecken, auf denen wir gefahren sind. Suzuka, Spa, Monte Carlo, Silverstone. Bis zu einem gewissen Grad auch Interlagos. Einige Strecken sind richtig schön, wenn du das Auto im richtigen Fenster hast. Vor allem im Qualifying."
"Es gibt nicht viel mehr, was einen Fahrer mehr zufriedenstellt, als ein Auto zu haben, mit dem du ans Limit gehen kannst. Mit einem solchen ultimativen Fahrzeug am absoluten Limit zu fahren, werde ich vermissen. Du darfst aber nicht vergessen, dass du stets das Beste aus dir herausholen willst. Und das in jedem Szenario. Bist du ein bisschen weg davon, ist es nicht so befriedigend, wie es einmal war."
"Diese Situationen werde ich vermissen. Was ich auch vermissen werde, denke ich: Die Perfektion in diesem Spiel. Vor allem bei einem Team wie Red Bull. Die viele Arbeit, die in die Details fließt. Es ist sehr inspirierend, dieses unnachlässige Arbeiten zu sehen. Ich habe sehr viel darüber gelernt. Das nehme ich mit um die Ecke zu meinen nächsten Aufgaben."
Erst mal ausspannen, dann ruft Porsche
"Was ich nicht vermissen werde: Ich freue mich darauf, etwas weniger zu reisen. Auch darauf, mehr Zeit mit den Menschen zu verbringen, die mir geholfen haben, dorthin zu gelangen, wo ich heute bin. Ich bin nicht mehr jung, bin aber auch noch nicht alt. Ich bin im idealen Alter. Es ist ein guter Zeitpunkt, um diese Balance anzustreben. Ich will etwas weniger Intensität im Privatleben. Gleiches gilt für mein Berufsleben."
Frage: "Wie sieht dein Zeitplan nun aus? Machst du erst einmal Urlaub, wie ein Rennfahrer, der zurücktritt? Oder arbeitest du so bald wie möglich für Porsche?"
Webber: "Nein, ich werde ein paar Wochen frei haben. Da werde ich natürlich erst einmal gar nichts tun. Ich liebe es, zuhause das Feuer anzumachen, ein bisschen Holz zu hacken. Vielleicht gibt es auch etwas Rotwein dazu, und etwas Schokolade zum Entspannen."
"Dieses Jahr war unaufhaltsam und ziemlich schwierig. Ich freue mich daher einfach darauf, mal Pause zu haben. Natürlich wird im Hintergrund schon was für Porsche anlaufen. Es besteht die Chance, dass ich noch vor Ablauf des Jahres ein paar Sachen für sie tun kann. Da hat sich Red Bull sehr gut verhalten. Und danach geht es mit Vollgas in den Januar hinein. Wie bei allen von uns."