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Webber: "Einfach loslassen"
Der scheidende Formel-1-Fahrer Mark Webber in seiner letzten Donnerstags-Medienrunde: Wie er sich derzeit fühlt und was er nach 2013 vermissen wird
(Motorsport-Total.com) - Nur noch eine Qualifikation, nur noch ein Grand Prix. Dann ist die Formel-1-Karriere von Mark Webber zu Ende. Schauplatz dafür ist die Rennstrecke in Sao Paulo, wo der Australier schon mal gewonnen hat. Dort stellte sich Webber am Donnerstag zum letzten Mal auch den Fragen der Journalisten in der letzten Pre-Event-Pressekonferenz des Jahres. Red-Bull-Pilot Webber gab dabei bereitwillig Auskunft über seine Emotionen und erklärte auch, was er in der Zukunft auf keinen Fall vermissen wird.
Frage: "Mark, du bestreitest an diesem Wochenende deinen 215. und letzten Formel-1-Grand-Prix. Du hast dich ja bereits auf deinen Abschied vorbereitet, doch es wird sicher trotzdem emotional sein, wenn du zum letzten Mal in deinen Red Bull steigst, nicht wahr?"
Mark Webber: "Ich denke, der Sonntag wird ein bisschen anders sein als sonst. Abgesehen davon fühlt es sich derzeit wie ein ganz normales Rennwochenende an. Ich freue mich in vielerlei Hinsicht auf diesen Sonntag."
"Ich will natürlich noch einmal ein gutes Ergebnis einfahren. Ich bin aber auch bereit dazu, aufzuhören. Gleichermaßen freue ich mich auf eine verlängerte Winterpause und darauf, dass eine neue Herausforderung vor mir liegt. Wenn ich am Sonntag aus dem Auto steige, gibt es sicherlich ein paar Dinge, die ich in der Formel 1 zum letzten Mal tue. Ich bin da im Augenblick aber noch ganz entspannt. Ich freue mich auf das Rennen."
Frage: "Was wirst du deiner Meinung nach am meisten vermissen?"
Webber: "In der Formel 1 gibt es gewisse Situationen, die sehr befriedigend sind. Natürlich ist es bei bestimmten Strecken unheimlich zufriedenstellend, ein solches Auto am Limit zu bewegen. Keine Frage. Wir haben Suzuka, Spa-Francorchamps, Monte Carlo. Im Qualifying und auch im Rennen können manche Kurse eine richtig große Aufgabe darstellen, was aber eben auch sehr befriedigend sein kann."
Webber wird die Arbeit mit Adrian Newey vermissen
"Es ist also unausweichlich, dass man manche Dinge vermissen wird. Sicherlich das Adrenalin und die Arbeit mit Leuten wie Adrian Newey. Du bekommst es nicht oft mit solchen Dingen zu tun. Das ist etwas, was ich sicher zu einem gewissen Grad vermissen werde. Es kommt aber eine Zeit, da musst du einfach loslassen. Und ich spüre noch viel Adrenalin in mir für das kommende Jahr mit Porsche. Das ist eine gute Balance."
Frage: "Während deiner Formel-1-Zeit hattest du Höhen und Tiefen. Welche Zeit hat dir am wenigsten Spaß gemacht und wann hast du das Fahren am meisten genossen?"
Webber: "Die Autos zur Mitte der 2000er-Jahre waren am schwierigsten zu fahren, meine ich. Wir hatten damals noch einen Reifenkrieg und auch das Nachtanken war erlaubt. Diese Fahrzeuge waren knifflig. Du musstest immer pushen, wenn du auf der Strecke warst. Zu keiner Zeit konnte man sich einmal etwas zurücknehmen, weder im Training noch im Qualifying oder im Rennen."
"Der Sport hat einige langweilige Phasen durchgemacht, also haben wir DRS und dergleichen eingeführt. Davon hat der Sport profitiert. Dadurch ging aber auch etwas der Tradition verloren, fürchte ich. Einige Überholmanöver sind jetzt nicht mehr gar so schwierig wie in der Vergangenheit. Sie sind aber nun möglich. Es ist ein bisschen künstlich, aber gut für die Außenstehenden. Für uns Fahrer und natürlich auch für die Teams haben auch die Reifen eine große Herausforderung dargestellt."
Tennisspielen mit Journalisten in der Formel 1
"Wir mussten erst einmal ein Verständnis für die neue Marke (Pirelli; Anm. d. Red.) aufbauen. Und die Leistung im Rennen, die damit ganz anders ist, ist wahrscheinlich nicht so befriedigend wie früher. Man kann halt nicht alles haben. Ich bin unter so vielen unterschiedlichen Regeln gefahren. Es ist eine Meisterschaft, aber eben mit so vielen unterschiedlichen Szenarien. Insgesamt musst du es aber genießen, denn es ist schließlich dein Job."
Frage: "Wir haben nun erfahren, was du vermissen wirst. Gibt es aber auch etwas, was du nach deiner Formel-1-Zeit nicht vermissen wirst? Vielleicht uns Journalisten?"
Webber: "Nun, ich würde nicht gehen, wenn es da nicht etwas gäbe, was ich gern hinter mir lassen würde. Wenn es mehr Positives als Negatives geben würde, dann würde ich bleiben. Für mich bietet sich hier also mehr Negatives als Positives."
"Ich will einfach einen Neustart hinlegen, ein neues Kapitel in meinem Leben aufschlagen. Im Grunde genommen bin ich sowohl persönlich als auch professionell bereit dazu. Die Journalisten müssen natürlich ihre Arbeit machen. Ich habe ein gutes Verhältnis zu einigen von ihnen. Es gibt auch einige Fotografen, die über die Jahre sehr gut zu mir waren. Einige dieser Fotografen waren schon bei meinem ersten Formel-1-Test dabei, zum Beispiel in Estoril 2001."
"Man schließt Freundschaften mit vielen Leuten, nicht nur mit den Fahrern. Es gibt natürlich auch ein paar Scheiß-Magazine, die ihren Scheiß-Journalismus verbreiten müssen. Das ist völlig normal. Unterm Strich musst du auch damit auskommen. Insgesamt ist es wie ein gutes und professionelles Tennisspiel. Und so haben wir es immer gespielt. Ich hege überhaupt keine negativen Gefühle gegenüber den Journalisten. Sie machen ihre Arbeit. Nur manchmal stellen sie dich halt auf die Probe."
Ein Dankeschön nach Down Under
Frage: "Gibt es eine Nachricht, die du gern nach Australien senden würdest? Vielleicht einen Gruß und ein Dankeschön an die vielen australischen Fans, die dich seit deinem ersten Rennen im Minardi unterstützt haben?"
Webber: "Yeah. Nun, die Formel 1 zu verfolgen, ist da unten nicht unbedingt so einfach. Zumindest war es nicht einfach, als ich aufgewachsen bin. Es findet dort immer mitten in der Nacht statt. Und damals gab es kein Internet und dergleichen. Bla bla bla. Heutzutage ist es ein bisschen einfacher, die Formel 1 zu verfolgen. Wir dürfen uns natürlich glücklich schätzen, dass wir seit 1985 über einen eigenen Grand Prix verfügen. Erst in Adelaide und danach in Melbourne."
"Die Fans hatten sicherlich in den vergangenen Jahren eine gute Zeit. Die Unterstützung, die ich von dort erfahren habe, war jedenfalls phänomenal. Manchmal war es zwar nicht so einfach für die Fans, ein Verständnis für den Sport aufzubauen. Sie tun aber, was sie können. Und sie stehen sehr leidenschaftlich hinter ihren Sportlern. Ich denke, ich habe mich so präsentiert, dass sie stolz darauf sein konnten."
"Während meiner gesamten Karriere hat es mich stolz gemacht, für Australien zu fahren und dieses Land zu repräsentieren. Die australische Hymne und die Fahne waren sehr wichtig für mich. Ich weiß ja schließlich, dass es das nicht oft gab. Australien hat nur drei Formel-1-Rennsieger. Für uns ist es also nicht einfach, auf diesem Niveau zu fahren und nach Europa überzusiedeln. Es ist einfach etwas ganz Besonderes, für Australien zu fahren."