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Sauber: Die besondere Zeit mit Certina
Interview mit Certina-Geschäftsführer Adrian Bosshard: Die Hintergründe des Formel-1-Sponsorings, der Wunsch nach Hülkenberg-Verbleib
(Motorsport-Total.com) - Sauber hat im Sommer dieses Jahres eine äußerst schwierige Phase durchgemacht. Die Finanzen des Teams in arger Schieflage, die sportlichen Ergebnisse mäßig, die Berichterstattung negativ und die Suche nach neuen Partnern schwierig - Teamchefin Monisha Kaltenborn hatte alle Hände voll zu tun. Die Situation hat sich verbessert. Mit neuen Geldgebern und Partnern aus Russland steht Sauber wieder stabiler da, auch das Sportliche stimmt endlich wieder.
Die Aussichten auf eine solide Zukunft machen nicht nur dem Team aus Hinwil Hoffnung, sondern auch den langjährigen Unterstützern des Teams. Beispiel: Certina. Der Schweizer Uhrenhersteller ist seit acht Jahren beim Formel-1-Team engagiert. Man steckt jährlich rund eine Million US-Dollar (Stand 2009/2010) in die Kooperation mit Sauber. Warum das Unternehmen der Swatch-Gruppe auch in schwierigen Phasen zum Partner Sauber stand, erklärt Certina-Geschäftsführer Adrian Bosshard im Interview.
Frage: "Adrian Bosshard, ihr Unternehmen Certina ist seit 2005 als Partner von Sauber in der Formel 1 engagiert. Wie kam es damals zur Zusammenarbeit?"
Adrian Bosshard: "Grundsätzlich war Certina schon immer sehr stark im Motorsport engagiert und involviert. Gleichzeitig hat sich Certina in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter zu einer internationalen Marke entwickelt. Wir haben uns dann gesagt, dass wir eine Kommunikationsplattform wählen sollten, die international Relevanz hat."
"Die Formel 1 ist eine Sportart, die weltweit auf allen Kontinenten und in allen Ländern einen hohen Stellenwert genießt - mit Ausnahme von vielleicht Nordamerika. Die Königsklasse passt zudem schlichtweg in Sachen Werte, Anmutung und DNA sehr gut zu unserer Marke."
Andere Fahrer, andere Märkte
Frage: "Sie werden ihr Engagement sicherlich immer wieder auf den Prüfstein stellen und den Erfolg ihres Engagements überprüfen. Sind dort seit 2005 entscheidende Entwicklungen zu erkennen?"
Bosshard: "Man muss das immer regional beurteilen. Man muss schauen, welche Fahrer und Teams in gewissen Ländern erfolgreich ankommen. Deutschland hat seit vielen Jahren sehr erfolgreiche Fahrer. Da ist die Präsenz, die Akzeptanz, die Begeisterung und die Bekanntheit sehr hoch."
"Dann gibt es andere Länder wie zum Beispiel die skandinavischen. Skandinavien ist für uns ein sehr wichtiger Markt. Aber nur in Finnland hat die Formel 1 ein herausragendes Standing. Das liegt natürlich unter anderem an der Präsenz von Kimi Räikkönen. Ganz einfach gesagt: Dort, wo Fahrer und Teams herkommen, hat die Formel 1 immer einen hohen Stellenwert. In anderen Ländern gibt es weniger Präsenz."
Frage: "Gibt es in diesem Zusammenhang also auch immer wieder Verschiebungen? Ist die Formel 1 in manchen Ländern mal relevant und mal nicht?"
Bosshard: "Ja. Wir sehen, dass zum Beispiel die Einschaltquoten in manchen Ländern immer variieren. Wenn die WM vorzeitig entschieden ist, dann merkt man das an abnehmendem Interesse. Wenn ein Fahrer einer Nation im Hintertreffen liegt, dann ist auch dies im jeweiligen Markt spürbar. Generell bewegt man sich aber auf einem sehr hohen Niveau was die Medienpräsenz anbelangt - letztendlich zeigt sich das bei Wahrnehmung und Konsumenten."
Frage: "Sie haben bei Sauber verschiedene Phasen erlebt: jene als Privatteam und jene als BMW-Werksteam. Gab es dort in der Partnerschaft spürbare Unterschiede?"
Bosshard: "Wir haben beide Aspekte kennengelernt, aber für uns war immer die persönliche Bindung zu Peter Sauber die Grundlage - sehr wichtig. Certina setzt auf Kontinuität und Loyalität. In guten wie in schlechten Zeiten: Wir haben dem Team immer die Stange gehalten. Diese Schweizer Seriosität und die Leidenschaft, die das gesamte Team einbringt, das sind Werte, die sehr gut zu unserer Marke passen."
"Mit diesen Werten identifizieren wir uns. Diese Werte kommunizieren wir. Das ist das A und O im Sponsoring. Die Plattform, das Sponsoring-Vehikel muss zur Marke passen. Sonst ist das gesamte Konstrukt nicht glaubwürdig und wird somit vom Konsumenten auch nicht ernst genommen."
Hülkenberg und Kubica die Werbehelden
Frage: "In den langen Jahren der Zusammenarbeit mit Sauber haben sie viele Fahrer kommen und gehen sehen. Welcher war aus Sicht ihrer Markenkommunikation der liebste?"
Bosshard: "Vorab möchte ich mal sagen, dass der Nico Hülkenberg ein richtig netter und bärenstarker Kerl ist. Der ist ohne Zweifel aus dem Holz der Champions geschnitzt. Und er liebt Tennis - wie ich auch. Es gibt da gewisse Ähnlichkeiten und eine gewisse Nähe. Ich glaube an eine große Zukunft von 'Hülk'. Ob er bleiben wird, weiß ich nicht. Das ist Sache des Teams und des Fahrers. Grundsätzlich können wir Wünsche abgeben. Das haben wir getan. Hülkenberg wäre für uns eine Traumbesetzung."
"Auf der anderen Seite haben wir sehr, sehr gute Erinnerungen an die Zeit mit Robert Kubica. Die Partnerschaft mit Robert durften wir über viele Jahre sehr erfolgreich erleben. Der Sieg in Kanada war natürlich zweifellos das große Highlight. Ich habe Robert im August bei der Rallye-WM in Finnland getroffen. Es ist beeindruckend, wie er kämpft, trotz dieser massiven Behinderung an der Hand. Robert ist wirklich ein echter Champion. Er passt perfekt zur Marke, hat uns in Polen sehr geholfen. Es ist enorm wichtig, dass man einen Sympathieträger hat, der gut zur Marke passt. Das kann einen Markt sehr beeinflussen."
Frage: "Sauber macht schwierige Zeiten durch. Es geht sportlich weniger gut als im Vorjahr und das Team stand zuletzt immer häufiger wegen finanzieller Probleme in den Schlagzeilen. Macht ihnen das Sorgen?"
Bosshard: "Wir fiebern, jubeln und leiden mit dem Team. Wir sind einer von mehreren Sponsoren und Partnern. Insgesamt haben wir keinen genauen Einblick, was die Situation bei Sauber anbetrifft. Wie wir Peter Sauber und sein Team kennen, machen die sicherlich keine Selbstmord-Aktionen. Wir haben Vertrauen, dass die bestehenden Kontakte nachhaltig sind. Wir hoffen, dass die Finanzierung so aufgestellt wird, dass wieder große Erfolge realisiert werden können."
"Noch im vergangenen Jahr haben wir teilweise um Siege kämpfen können. Das ist enorm wichtig. Sie brauchen die richtigen Fahrer, die richtigen Motoren, die richtigen Ingenieure - und sie brauchen das richtige Geld, um das alles zu finanzieren. Das geht allen so. Da haben Teams wie Red Bull, Ferrari oder Mercedes, wo große Industrien dahinterstehen, ganz andere Voraussetzungen als ein Team wie Sauber. Diese gewisse Unsicherheit ist bei einem Privatteam in der Formel 1 immer vorhanden."
Trotz Uhrenpartner: Gute Zeiten, schlechte Zeiten
Frage: "Als es in den vergangenen Wochen immer wieder um Gläubiger ging, die von Sauber Geld fordern, war da ein Punkt erreicht, wo sie über ihr Engagement nachgedacht haben? War dort eine Grenze erreicht?"
Bosshard: "Eines ist klar: Wir kennen nicht alle Details der Vereinbarungen und der aktuellen Situation. Es ist nicht unser Business, sondern wir sind ein Partner. Wir hoffen und sind zuversichtlich. Eine Garantie für das, was in Zukunft abgeht, haben sie nie. Die Finanzierung ist ein solch wichtiges Element. Wir hoffen, dass das Paket so geschnürt wird, sodass alles in Zukunft auf gesunden Füßen steht. Das ist die Voraussetzung, um Glaubwürdigkeit aufrecht zu erhalten und in diesem Business überhaupt eine Zukunft zu haben."
Frage: "Haben sie ihr Engagement bei Sauber in dieser schwierigen Phase angepasst, um zu helfen?"
Bosshard: "Wir passen unser Engagement regelmäßig an. Wir haben immer langfristige Verträge, die erneuert werden. Es gibt einen gewissen Marktwert und entsprechend einen gewissen Preis, den man bezahlt. Den müssen wir jeweils gegenüber den Aktionären rechtfertigen können. Wir müssen sehen, dass nachhaltig ein Return-of-Investment kommt."
Fotostrecke: Peter Sauber wird 70
Zum 80. Geburtstag von Peter Sauber: Wir blicken zurück auf das Leben und Wirken des Rennstall-Gründers aus der Schweiz, der in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur in der Formel 1 für Aufsehen gesorgt und manchem späteren Siegfahrer die erste Chance gegeben hat. Und für noch etwas ist der 1943 in Zürich geborene Sauber bekannt: Für die Zigarre, die er sich gern mal gönnt, wenn sein Team wieder einen Erfolg erzielt hat. Fotostrecke
"In einen solchen Vertrag sind auch gewisse Prämienregelungen eingearbeitet. Wenn die Resultate besser sind, dann zahlen wir gern auch mehr Prämien. Wenn die Resultate weniger gut sind, dann ist für uns das Engagement auch etwas geringer. Wir haben von unserer Seite eine gewisse Abfederung des Risikos. Nicht von Teamseite, denn die haben die gleichen Kosten - ob sie jetzt Dritter oder Zehnter werden, macht dort keinen Unterschied."
Frage: "Wie lang läuft der aktuelle Vertrag zwischen Sauber und Certina?"
Bosshard: "Vertragsdetails kommunizieren wir nicht. Wir haben den Vertrag im vergangenen Jahr verlängert. Die Verträge haben immer eine Laufzeit über einige Jahre. Wir werden sicher auch im kommenden Jahr noch dabei sein."