• 28. Juli 2013 · 20:02 Uhr

Hembery: "Es ist gut, dass es keine Probleme gab"

Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery spricht im Interview über die derzeitige Situation des Reifenausrüsters in der Formel 1 und nimmt zu den Michelin-Gerüchten Stellung

(Motorsport-Total.com) - Die neuen Reifen sorgten beim Hitzerennen auf dem Hungaroring für keinerlei großen Diskussionen. Die meisten Fahrer setzten auf drei Stopps, während Kimi Räikkönen mit zwei Reifenwechseln als Zweiter auf das Podest fuhr. Pirelli-Motorsport-Chef Paul Hembery ist zufrieden, dass auf dem Nürburgring und in Ungarn tolle Rennen geboten wurden und die Diskussionen um Pirelli verstummt sind. Im Exklusiv-Interview spricht Hembery nicht nur über das Rennen, sondern auch über die Pläne für die kommende Saison. Er nimmt Stellung zu den Gerüchten, dass Michelin in die Formel 1 zurückkehren könnte.

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Paul Hembery ist mit den Rennen in Deutschland und Ungarn sehr zufrieden Zoom Download

Frage: "Nach acht Rennen mit drohenden Reifenschäden durch Trümmerteile, gab es jetzt zwei Rennen ohne Probleme. Hängt das mit der geänderten Konstruktion zusammen?"

Paul Hembery: "Wir hatten die Vorfälle in Silverstone, was sehr bedauerlich war. Es ist gut zu sehen, dass es in den vergangenen beiden Rennen keine Probleme gab. Jetzt ist es wieder so, wie in den meisten Rennen der vergangenen zweieinhalb Jahre."

Frage: "Wenn man die hohen Temperaturen bedenkt und Mercedes große Probleme mit den Hinterreifen hatte, warst du überrascht, dass sie auch mit drei Stopps fahren konnten?"

Hembery: "Absolut. Sie hatten keinen höheren Abbau als die anderen Teams. Wenn man mich vor dem Rennen gefragt hätte, dann hätte ich gesagt, dass ich bei Mercedes die bekannten Probleme erwarte. Im Training hat sich angedeutet, dass sich ihre Situation verändert hat. Sie werden sicher sehr erfreut sein. Wenn das jetzt bei extremen Temperaturen der Fall ist, dann ist das ein gutes Zeichen für die Weltmeisterschaft."


Fotos: Großer Preis von Ungarn


Frage: "Lotus ist immer sehr behutsam mit den Reifen umgegangen. Obwohl sich die Konstruktion geändert hat, konnte Kimi mit zwei Stopps durchfahren. Ist der Unterschied zwischen den Konstruktionen aus Performance-Sicht so gering?"

Hembery: "Bei der Rundenzeit haben wir rund eine Sekunde verloren. Die diesjährigen Mischungen sind dennoch sehr aggressiv. Wenn so heiße Temperaturen wie heute herrschen, dann ist das Reifenmanagement sehr wichtig. Die Balance war richtig. Wir haben bei extremen Temperaturen zwei bis drei Boxenstopps gesehen. Wäre es etwas kühler gewesen, dann hätten die meisten Fahrer nur zwei Stopps gemacht. Wir müssen sagen, dass wir es richtig gemacht haben. Auch in Deutschland war es von der Strategie interessant bei Kimi und Mark. Beide Rennen haben für zwei gute Strategierennern gesorgt."

Frage: "War die generelle Performance der Reifen so wie erwartet?"

Hembery: "Wir wussten, dass die Medium-Mischung aufgrund der Temperaturen der Rennreifen sein wird. Niemand hat aber erwartet, dass die Streckentemperatur mehr als 50 Grad betragen würde. Wir wissen, dass in Europa zu dieser Jahreszeit dieses Risiko besteht. Am nächsten Wochenende könnte es hier auch regnen. Es gibt diesen Faktor, was ich gut finde, denn es bringt einige Unwägbarkeiten ins Spiel."

Teams wollten weichere Mischungen haben

Frage: "Wenn ihr die Reifenmischungen für ein Rennen festlegt, dann habt ihr auch keine Informationen, wie die Bedingungen am Rennwochenende sein werden? Hast du dir gedacht, dass die Mischungen medium und soft für Ungarn etwas riskant sein könnten?"

Hembery: "Einige Teams wollten, dass wir hier soft und super-soft fahren. Es waren eigentlich recht viele Teams. Wir dachten aber, dass das viel zu aggressiv ist. Wir dachten, dass wir maximal eine Streckentemperatur von 40 Grad sehen würden. Man muss für alle Eventualitäten planen."

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Kimi Räikkönen fuhr mit zwei Boxenstopps auf das Podest Zoom Download

Frage: "Der Hungaroring ist vom Abtriebslevel her mit Moanco vergleichbar. Ist das auch bei den Reifen der Fall?"

Hembery: "Aus unserer Sicht sind Strecken wie Kanada und der Nürburgring andere Strecken. Hier ist der Kurs sehr kurvig. Die Teams müssen eine gute Balance über die komplette Runde finden. Wir haben in den vergangenen Jahren gesehen, dass der Freitag oft durch Regenschauer beeinflusst war. Deshalb hatten die Teams Mühe, die richtige Balance zu finden. Es war gut, dass es diesmal trocken war und die Teams viel fahren konnten. Es war auch schön, drei verschiedene Autos auf dem Podium zu sehen. Genau das wollen die Fans sehen."

Hembery blickt in die Zukunft

Frage: "Es gibt Gespräche, dass eine andere Reifenfirma (Michelin; Anm. d. Red.) im kommenden Jahr in die Formel 1 kommen könnte. Machst du dir Sorgen?"

Hembery: "Wir haben unsere Verträge. Die Regeln sehen keinen Reifenkrieg vor. Die Teams haben uns nichts diesbezüglich gesagt. Wir machen unseren Job. Sollten sich die Regeln ändern, dann werden sie uns das mitteilen."

Frage: "Wenn du Verträge ansprichst, dann meinst du den kommerziellen Vertrag für das nächste Jahr?"

Hembery: "Wir haben auch Verträge mit den Teams."

"Ich glaube, dass es für alle Firmen amateurhaft wäre, wenn man im September ein Angebot für eine Weltmeisterschaft abgibt, in der die Autos im Januar mit den Testfahrten beginnen."Paul Hembery
Frage: "Sollte sich die FIA bei der Ausschreibung für einen anderen Reifenhersteller entscheiden, werden sich die Teams dann an diesen Prozess halten müssen?"
Hembery: "Ich glaube, dass es für alle Firmen amateurhaft wäre, wenn man im September ein Angebot für eine Weltmeisterschaft abgibt, in der die Autos im Januar mit den Testfahrten beginnen. Es wäre für niemanden möglich, bis dahin bereit zu sein. Es wäre auch kein faires Auswahlverfahren."

Frage: "Wenn wir über den Januar sprechen, entwickeln sich die Testpläne nach euren Vorstellungen?"

Hembery: "Dass wir im Mittleren Osten bei heißeren Temperaturen testen werden, ist für uns ein guter Fortschritt. Trotzdem werden diese Testfahrten knapp vor dem Saisonstart stattfinden. Wir versuchen derzeit von den Teams mehr Daten über ihre nächstjährigen Autos zu bekommen. Damit sieht es für uns besser aus, aber auch für sie, damit sie wissen, wie die Autos sein werden."

Frage: "Für die Wintertestfahrten kommen die Strecken in Bahrain, Abu Dhabi, Katar und Dubai in Frage. Ihr habt offensichtlich viele Daten über Bahrain und Abu Dhabi, aber wie sieht es mit Dubai aus?"

Hembery: "Wir sind schon viele Rennen in Dubai gefahren, aber das Problem ist, dass die Strecke nicht häufig benutzt wird. Dazu ist der Belag auch sehr sandig. Es wäre gut, wenn die Strecke gereinigt werden könnte. Es wäre aber vorteilhafter, wenn wir zu repräsentativeren Strecken fahren würden. Bahrain wäre der beste Ort dafür."

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