Hamilton: "Von allen Autos das am schwersten zu fahrende"
Lewis Hamilton ist der Mann der Stunde: Nach seiner Pole-Position in England spricht er über sein Auto, Paddy Lowe und das Älterwerden
(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton hat im Qualifying bei seinem Heimspiel in Silverstone eine wahre Fabelrunde hingelegt. Das Ergebnis: die Pole-Position. Dennoch habe er nie mit einem Auto mehr kämpfen müssen als mit seinem aktuellen Mercedes. Wie er es aber dennoch geschafft hat, seinen Silberpfeil zu bändigen, verrät er auf der Pressekonferenz nach dem Qualifying.
Frage: "Lewis, am Ende eine großartige Runde für die Pole-Position bei deinem Heimrennen. Wie fühlt sich das an?"
Lewis Hamilton: "Es ist unglaublich! Es fühlt sich genauso an wie 2007. Allein, die Zuschauer hier heute zu sehen, ist fantastisch. Jeder hat alles gegeben, die Runde war für sie. Ich hoffe, dass wir morgen etwas Besonderes für sie schaffen können, aber das hängt vom Team ab. Die haben einen phänomenalen Job gemacht, indem sie das Auto konstant weiterentwickelt haben. Ich habe mich das ganze Wochenende nicht zu 100 Prozent wohlgefühlt; somit war ich echt glücklich, letztendlich noch eine Runde hinzubekommen."
Frage: "Wir haben bereits mehrmals in diesem Jahr gesehen, dass das Qualifying die eine Sache ist, das Rennen aber eine ganz andere. Wie sieht das morgen aus? Wie wird sich Mercedes gegen Red Bull wehren können?"
Hamilton: "Ich denke, es wird zweifelsohne hart für uns, Sebastian hinter uns zu halten. Aber unsere Pace beim Longrun war nicht so schlecht, wie wir es in der Vergangenheit gesehen haben. So hoffe ich, dass wir mit der richtigen Temperatur und ein bisschen Fürsorge die Reifen gut genug schonen können, um ein gutes Resultat einzufahren. Ich werde hart pushen und alles geben, was ich habe. Und ich bin sicher, Nico wird das auch tun, um vorn zu landen."
Hamilton: "Wie Nico schon gesagt hat, haben wir ein großartiges Auto, aber die Feinabstimmung scheint etwas schwieriger zu sein als das, was ich bisher in der Vergangenheit so erlebt habe; dass das Auto so richtig unter einem liegt, man sich wohlfühlt und eine ausgeglichene Balance hat. Bei einem Formel-1-Auto versucht man immer, es auf Messers Schneide auszubalancieren. Aus irgendwelchen Gründen habe ich bei diesem Auto Probleme damit. Schon früher habe ich das immer gemacht, kam aber näher heran.
Wir haben die richtigen Schritte gemacht, sind mit Änderungen ins Qualifying gegangen, die geholfen haben - zwar noch immer nicht perfekt aber hilfreich. Außerdem haben die Zuschauer dann einen großen Unterschied gemacht, wenn man sie sieht, zu Tausenden, wie sie ihre Fahnen schwenken. Natürlich komme ich dieses Wochenende mit einem Extraschub Energie her und will einfach etwas zurückgeben - wie jedes Jahr. Das ist das erste Mal seit 2008, dass ich ein Auto habe, das wirklich wettbewerbsfähig ist. Darum bin ich sehr, sehr stolz darauf, was das Team geschaffen hat und hoffe, dass die Fans einen netten Abend haben und uns für morgen ein bisschen Glück bringen."
Frage: "Niemand hier weiß, wie es ist, eine solche Pole-Position-Runde zusammenzubringen, wie wir sie von Ihnen gesehen haben. Kannst du erklären, wie es eigentlich ist, im Cockpit zu sitzen? Sitzt du da, während du durch die Sektoren rast, und denkst: 'Wow, es läuft super', oder realisierst du das erst danach?"
Hamilton: Nein. Man hat eine Zwischenzeit auf dem Lenkraddisplay, also weiß man Bescheid, sobald man die Linie überquert und in Kurve 1 einbiegt. Und wenn man die Runde begonnen hat, checkt man immer wieder, wie es aussieht. Nach der Hälfte, nach jeder Kurve, nach jedem Sektor - so konnte ich in Kurve 9 schon sehen, dass ich zweieinhalb Zehntel vorne lag, und die willst du dann nicht mehr verlieren.
Also musst du dann noch vorsichtiger sein, aber gleichzeitig willst du dich auch weiter verbessern. Aber ja, man fühlt auch, wenn die Reifen die richtige Temperatur haben und das Auto liegt perfekt unter einem. Manchmal ist es wie ein wilder Bulle - du versuchst ihn zu zähmen, was sehr, sehr schwierig ist. Aber wenn man es dann schafft und eine Runde wie diese hinbekommt - das hat sich wirklich wie 2007 angefühlt."
Das Auto noch nicht ganz verstanden
Hamilton: "Ja, jedes Mal wenn wir rausfuhren schien es so - was aber eigentlich völlig normal ist. Aber der Streckenbelag ist ziemlich gut hier in Silverstone, und der Grip nimmt weiter zu, das wird uns hoffentlich zugutekommen morgen."
Frage: "Bist du immer noch dabei, dieses Auto zu verstehen? Findest du immer noch jede Woche neue Dinge heraus und denkst du, dass du in jedem Rennen besser wirst, oder bist du nun abschließend dahinter gekommen?"
Hamilton: "Ich bin definitiv noch nicht ganz dahinter gekommen. Dieses Wochenende war bisher ein hartes. Jedes Wochenende ist hart, selbst wenn man ans Auto gewöhnt ist. Aber ich war ziemlich am Kämpfen mit dem Auto, habe versucht, es abzustimmen, damit es sich so verhält, wie ich es will. Und um es dann zu fahren und das herauszuholen, was ich von ihm will. Von allen Autos, die ich bisher gefahren bin, ist es das am schwierigsten zu steuernde.
Wenn man das hinbekommt, ist es ein großartiges Auto und offensichtlich sehr schnell. Ich arbeite jedes Wochenende so hart ich kann und jedes Wochenende fühlt es sich an, als würde es sich ein bisschen verbessern. An diesem Wochenende haben wir die Bremsen weiter verbessern können, was ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist, also hoffe ich, dass wir so weitermachen."
Frage: "Paddy Lowe ist jetzt bei Mercedes und arbeitet nun mit dir zusammen. Ist das für dich persönlich ein weiterer Schub, ihn im Team zu haben, da du ihn ja bereits seit einer langen Zeit kennst? Und hast du die Entscheidung, ihn zu Mercedes zu holen, irgendwie mit beeinflusst?"
Hamilton: "Ich glaube nicht, dass ich da einen Einfluss hatte. Ich denke, es war eine Entscheidung zwischen ihm, Ross und Toto. Ein weiterer Schub? Es ist ein Schub für das Team. Wir haben bereits einige unglaublich talentierte Leute im Team, die fantastische Dinge tun und mit großartigen Designs ankommen. Aber je stärker das Paket, desto besser ist es für uns alle. Er ist ein Gewinn für uns und wird uns hoffentlich dabei helfen weiter voranzukommen."
Hamilton: "Nicht wirklich. Ich brauche mich nicht besonders einzustimmen, weil ich immer verrückt danach und am Limit bin, ich stehe immer direkt am Abgrund. Ich habe immer die Bestimmtheit und den Willen. Als ich da raus ging, habe ich nur gehofft, dass mein Auto da ist, wo ich es haben will. Außerdem sitzen die Fans lange Zeit dort herum und sehen kaum mal unsere Gesichter. Also ist es die eine Gelegenheit, bei der ich sie mal sehe und versuche, etwas von ihnen mitzunehmen, denn die Unterstützung bedeutet eine Menge."
Frage: "Du bist ja bereits in den niedrigeren Formelserien hier gefahren. Was unterscheidet den Lewis Hamilton, der diese Runde heute zusammengebracht hat, von dem, der in der GP2 und schon vorher hier gefahren ist?"
Hamilton: "Mein Alter, ich bin älter und reifer geworden, denke ich. Ich bin aber immer noch ziemlich wie der GP2-Fahrer, der ich mal war. Ich habe nun nur mehr Wissen. Natürlich ändern wir alle uns über die Jahre. Ich denke, ich bin etwas feinfühliger geworden und kann besser Entscheidungen treffen als damals. Und hoffentlich hilft mir das dabei, in diesem Auto zu gewinnen."