• 22. Mai 2013 · 22:43 Uhr

Maldonado: "Müssen aus dem Tal heraus"

Williams-Pilot Pastor Maldonado über die Probleme mit dem aktuellen FW35 und die Zuversicht vor dem Grand Prix in Monaco: "Es könnte Punkte geben"

(Motorsport-Total.com) - Williams hat seit 2011 in Sachen Leistungsschwankungen die höchste Amplitude. Vor zwei Jahren war das Team mit nur fünf Punkten in der gesamten Saison am Boden, im Folgejahr folgte die große Auferstehung unter anderem mit dem Sieg von Pastor Maldonado in Barcelona. Nun folgte nach dem Höhenflug der böse Absturz. Maldonado und sein neuer Teamkollege Valtteri Bottas sind mit dem aktuellen FW35 oft im Niemandsland. Der Venezolaner hofft in Monaco auf die ersten Zähler des Jahres.

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Monaco-Liebhaber: Pastor Maldonado geht selbstbewusst in das Wochenende Zoom Download

Frage: "Pastor, mit welchem Gefühl kommst du zu dieser Strecke?"

Pastor Maldonado: "Mit einem guten. Ich mag die Strecke. Hoffentlich hilft uns das, endlich mal in die Punkte zu kommen. Es wird aber nicht einfach. Die neuesten technischen Entwicklungen in der Formel 1 wirken besonders in langsamen Ecken - zum Beispiel der Coanda-Auspuff und so etwas. Genau das haben wir aber nicht zu 100 Prozent im Griff. Auf der anderen Seite kann der Fahrer hier einen großen Unterschied ausmachen."

"Ich kenne den Kurs sehr gut, war hier in der Vergangenheit oft sehr gut dabei, war schnell und konstant. Ich brauche ein berechenbares Auto, um aggressiv in die Kurven gehen zu können. Wenn das so ist, dann kann ich vielleicht ein paar Zehntel vor den Leuten sein, die so um uns herum sind."

Frage: "Melbourne ist auch ein Straßenkurs, aber dort seid ihr nicht gerade schnell gewesen..."

Maldonado: "Stimmt, aber hier ist ein anderes Setup gefordert als in Melbourne. Vor allem die Randsteine sind anders. Hier muss man sie wirklich mitnehmen, wo sie vorhanden sind. Wenn du nicht darüberräuberst, dann verlierst du viel Zeit. Aber es ist nicht einfach. Wenn man sich verschätzt, dann hast du einen Crash."

Williams soll erste Zähler holen

Frage: "Das heißt also: Kalkuliertes Risiko im Qualifying?"

Maldonado: "Exakt. Ich denke, dieser Grand Prix wird zu 80 Prozent im Qualifying entschieden, nur zu 20 Prozent am Renntag - also beim Start und dann im Rennen. Mal schauen, wie es mit den Reifen hier sein wird. Wir rechnen mit hohem Verschleiß. Weniger mit rapidem Abbau der Reifen, sondern vielmehr mit thermischer Belastung der Pneus. Wir müssen hier möglichst alles abrufen. Am wichtigsten ist die Qualifikation. Da werden wir alles hineinwerfen. Im Rennen sehen wir bestimmt gut aus. Ich bin wirklich zuversichtlich, dass es Punkte geben könnte."

Frage: "Es ist recht kühl bislang. Habt ihr Sorge, dass ihr die weiche Mischung - die hier die härtere der beiden ist - nicht auf Temperatur bringt?"

Maldonado: "Das kann passieren. Auf der anderen Seite ist es so, dass die weiche Mischung weicher ist als im vergangenen Jahr. Mal schauen. Das müssen wir alles noch entdecken. Wir sind bisher noch nicht auf der Strecke gefahren, also wissen wir es noch nicht genau."

"Wenn es für alle gleich ist, kümmere ich mich nicht großartig darum."Pastor Maldonado
Frage: "Du warst hier wirklich oft schnell, aber hattest auch bisher kaum Glück in Monaco. Was stellst du dir vor?"
Maldonado: "Ich war hier oft gut unterwegs. Vor allem in den Nachwuchsklassen. Da habe ich gesiegt. Ich nehme mir immer den Sieg vor. Aber dafür braucht man natürlich ein entsprechendes Auto. Es müssen auch sonst alle Faktoren stimmen, um gewinnen zu können. Wenn hier die Umstände passen, dann können wir an diesem Wochenende in die Punkte kommen. Es wäre sehr wichtig, jetzt mal ein paar Zähler zu holen. Das wäre für die Moral sehr wichtig."

"im vergangenen Rennen in Barcelona war es schon besser. Aber wir kämpfen eben derzeit dort, wo wir mit unserem Auto stehen. Hier in Monaco könnte es vielleicht nochmal etwas vorangehen. Ich gebe alles, bin voll fokussiert. Ich will aus Team und Auto 100 Prozent herausholen."

Frage: "Wie bewertest du die anstehenden Veränderungen bei den Reifen?"

Maldonado: "Ganz ehrlich: Ich weiß gar nicht, was sie dort verändern wollen. Das weiß bislang niemand so genau. Die aktuellen Reifen stimmen mich nachdenklich, wenn ich sehe, dass sich Laufflächen ablösen. Wir wollen sichere Reifen haben, wollen ordentliche Rennen bestreiten können. Ich will kein Rennen wegen solcher Probleme verlieren. Im Moment ist die Situation für alle gleich. Und wenn es für alle gleich ist, kümmere ich mich nicht großartig darum. Ob die Reifen haltbar sind, oder nicht, ist egal. Alle haben die gleichen Pneus und dann müssen wir damit zurechtkommen. That's it."

Coanda und andere Verwirrungen

Frage: "Im vergangenen Jahr hast du in Barcelona gewonnen, in diesem Jahr warst du davon weit entfernt. Was fehlt euch?"

Maldonado: "Barcelona ist eine Strecke, wo du viel Abtrieb brauchst und du eine gute aerodynamische Effizienz benötigst. Unser diesjähriges Auto hat keine allzu gute aerodynamische Performance. Es ist uns nicht immer ganz klar, was uns im Vergleich zum Vorjahr genau fehlt. Wir tun alles, um wieder auf Tempo zu kommen. Wir sehen natürlich, wo wir im Vergleich zu 2012 besser sind und wo schlechter. Es gibt Passagen, wo wir schneller sind als vergangenes Jahr. Es fehlt an Konstanz in einer Kurve, auf der gesamten Strecke, auf verschiedenen Passagen einer Strecke. Wir müssen hart arbeiten. Die Reifen sind anders, die Situation ist anders. Der Vergleich zum Vorjahr ist schwierig."

Frage: "Was muss das Team ändern, damit es wieder bergauf geht?"

Maldonado: "Noch einmal: Der Vergleich zum Vorjahr ist kaum möglich. Die Reifen haben sich verändert. Man kann natürlich sagen, dass sie sich schließlich für alle Teams verändert haben. Aber schaut euch mal McLaren an. Da könnte man auch sagen, dass sie doch wieder zum alten Auto zurückkehren sollten. Aber so einfach ist das nicht. Man muss den Trends folgen. Im vergangenen Jahr haben wir beispielsweise kaum mal den Coanda-Auspuff genutzt, aber es war klar, dass genau in jenem Bereich die wichtigen Entwicklungen stattfinden werden. Das ist nun der Fall."

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Der Williams FW35 ist bislang langsam, aber immerhin konstant langsam Zoom Download

Frage: "Ist also der Coanda-Auspuff euer großes Problem?"

Maldonado: "Nein. Unser Problem ist das Zusammenspiel des Gesamtpakets. Wir müssen dafür sorgen, dass wir aus jedem einzelnen Bauteil das Maximum holen und die Kombination aller Teile harmoniert. Das ist derzeit nicht der Fall. Es sind viele neue Entwicklungen im Auto. Vielleicht haben die uns etwas verwirrt. Wir haben beim FW35 den Coanda, den wir nie zuvor benutzt haben, wir haben eine andere Philosophie beim Frontflügel und beim Unterboden - alles ist etwas anders. Man muss es zum funktionieren bringen. Eine Rückkehr zum alten Auto bringt gar nichts. In Zukunft muss der Auspuff funktionieren. Wir müssen damit schnell sein. Das führt kein Weg daran vorbei."

Frage: "Habt ihr auch Probleme mit den Reifentemperaturen?"

Maldonado: "Nein, eigentlich ist das kein Thema. Auch wenn wir zuletzt nicht sonderlich schnell waren, so waren wir doch sehr konstant unterwegs. Das ist schon mal sehr gut. Wir müssen an Performance zulegen. Unser Auto im Qualifying nicht so stark. Da müssen wir zulegen. Auch die Balance muss verbessert werden. Dann wird das Gefühl für den Fahrer auch besser. Vor allem aber brauchen wir aerodynamische Berechenbarkeit."

Erst Vollgas, dann 80 Prozent, dann Halbgas

Frage: "Könntest euch Tests helfen?"

Maldonado: "Ja. Selbstverständlich würden wir gern einen Test absolvieren - am liebsten würden wir jeden Tag testen. Für Fahrer wie für Ingenieure gibt es nichts Besseres. Aber das ist aus Spargründen nicht erlaubt. Es ist für alle gleich, somit keine Ausrede. Irgendwo haben wir beim neuen Auto einen Fehler drin. Wir wissen noch nicht genau, wo der steckt. Bei uns sind eigentlich alle Zutaten vorhanden, um ein schnelles Auto zu haben."

Frage: "Lewis Hamilton war tief traurig, als er in Barcelona von dir überholt wurde. War das amüsant für dich? Oder war es einfach so, dass er seine Reifen so dermaßen schonen musste, sodass diese Situation entstehen konnte?"

Maldonado: "Er musste keine Reifen schonen. Es geht nie um Reifen sparen oder so etwas, sondern immer um ein Reifenmanagement. Sein Auto verschleißt die Reifen schneller als andere Fahrzeuge. Das sehen doch alle ganz genau."


Fotos: Großer Preis von Monaco


Frage: "Erkläre das mal konkret. Wenn du im Qualifying 100 Prozent gibst, um eine gute Zeit zu realisieren. Welche Prozentzahl rufst du dann im Rennen ab?"

Maldonado: "Das hängt davon ab. Mit einem frischen Satz kannst du zwei oder drei Runden lang pushen, danach rollst du mit 80 Prozent herum. Die letzten fünf Runden rufst du dann nur noch 50 Prozent ab. Den Reifenabbau kann man nicht kontrollieren. Ich habe eigentlich ein gutes Gespür für die Reifen. Das Team hilft mir dabei. Im Vergleich zum Mercedes haben wir sicherlich derzeit ein langsameres Auto, aber wir können wenigstens konstanter fahren. Mir ist es so lieber. Konstanz ist drin, Tempo kommt noch."

Frage: "Dein Kollege Valtteri Bottas ist ein Rookie. Bist du der Anführer im Team?"

Maldonado: "Ja, das sehe ich so. Ich habe jetzt einige Erfahrung. Ich kenne meine Jungs alle genau und schwitze gemeinsam mit dem Team. Ich habe volles Vertrauen in diese Mannschaft. Ich liebe das Team und habe größtes Interesse daran, dass wir gemeinsam aus diesem Tal herauskommen und wir wieder siegen."

Lernen von den anderen

Frage: "Was hast du von deinen bisherigen Teamkollegen Rubens Barrichello und Bruno Senna lernen können?"

Maldonado: "Man lernt immer von einem Teamkollegen. Ich gehe diesen Job intelligent an. Ich ziehe immer 100 Prozent aus allen heraus. Von den Ingenieuren, von anderen Fahrern, von allen Menschen, die um mich herum sind. Wenn ich alles gebe, dann bin ich immer noch auf 100 Prozent von allen anderen angewiesen. Ich lerne von allen etwas, ziehe mir immer und überall das Beste heraus. Rubens hatte sehr viel Erfahrung und ich war in meinem ersten Jahr. Er war der Leader und er war schnell. Wir hatten zu jenem Zeitpunkt Probleme mit unserem Auto. Ich habe versucht, ihn auf der Strecke zu schlagen."

"2011 war ich dreimal in den Top 10 im Qualifying, Rubens aber nie. Ich habe versucht, möglichst viel von ihm zu lernen, um es schließlich gegen ihn einsetzen zu können. Auch von Bruno habe ich etwas gelernt. Er war in Sachen Renneinteilung richtig gut, auch was das Reifenmanagement angeht. Und bei Valtteri ist es noch zu früh. Er gibt sein Bestes, aber wir haben mit dem Auto große Probleme. Es ist nicht der Zeitpunkt, um jetzt die Fahrer genau zu beäugen. Wir müssen unsere Probleme lösen, dann sieht man das Potenzial."

Frage: "Wirst du eigentlich vom Motorsportverband Venezuelas unterstützt?"

Maldonado: "Ja, klar. Die unterstützen mich - und nicht nur mich. Wir haben viele Talente in Venezuela, die zum Beispiel in IndyCar-Serie, in GT-Sport, in Le Mans oder in Nachwuchsklassen wie der GP2 oder GP3 unterwegs sind. Der Verband kümmert sich um uns und unterstützt uns sehr. Nicht finanziell, aber in unserer Entwicklung. Es geht darum, dass Talente die richtigen Serien oder Teams finden. Sie stellen Kontakte her und so weiter."

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