Hamilton: "Als wäre es meine erste Pole-Position"
Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton spricht über Startplatz eins in China, die schwierige Reifensituation und seine Prognose für den Rennverlauf in Schanghai
(Motorsport-Total.com) - Mit Mercedes auf die Pole-Position: Lewis Hamilton hat den Silberpfeil bei seinem erst dritten Auftritt für das deutsche Werksteam erstmals auf Startplatz eins gestellt. Entsprechend groß ist die Freude beim britischen Rennfahrer, der erst im Winter von McLaren zu Mercedes gewechselt war. In der Pressekonferenz spricht Hamilton über seine Emotionen bei der Zieldurchfahrt und über seine Prognose für den Renntag. Und er deutet an: Mercedes könnte auch am Sonntag schnell sein.
Frage: "Lewis, es war eine spannende Schlussphase. Und du hast die Pole-Position für dein neues Team erobert..."
Lewis Hamilton: "Ja. Das ist ein unglaubliches Gefühl. Ich freue mich sehr, die erste Pole-Position seit langer Zeit eingefahren zu haben. Ich bin ganz aufgeregt, muss ich gestehen. Meine Runde war großartig. Das Team hat über das gesamte Wochenende hinweg toll gearbeitet. Ich hoffe, diesen Schwung können wir in den Sonntag mitnehmen."
Frage: "Dein Vorsprung betrug im Qualifying fast drei Zehntel..."
Hamilton: "Ja. Das ist sehr überraschend, denn im dritten Freien Training waren die Ferraris doch sehr, sehr schnell gewesen. Wir wussten nicht, wie sich das im Qualifying gestalten würde."
Frage: "Hättest du bei deiner Unterschrift bei Mercedes gedacht, schon im dritten Rennen auf der Pole-Position zu stehen?"
Hamilton: "Sicher nicht. Ich denke, das hat niemand von uns erwartet. Das Team hat aber eine sehr gute Herangehensweise. Und genau das liebe ich so an diesem Rennstall."
"Sie arbeiten einfach immer mit Vollgas. Wir alle sind aber wahrscheinlich etwas überrascht, wie konkurrenzfähig wir an diesem Wochenende sind. Das ist das Beste daran. Für uns ist das ein Bonus. Sollte es uns jetzt noch gelingen, diese Position am Sonntag zu verteidigen, wäre das traumhaft."
Hamilton schwärmt von den letzten Metern
Frage: "Erzähle uns von dem Augenblick, in dem du vom Endergebnis erfahren hast..."
Hamilton: "Ich kam über die Linie und mir wurde gesagt, dass ich erst einmal Erster wäre. Nach und nach fuhren dann die anderen Fahrer ins Ziel."
"Kimi (Räikkönen), Fernando (Alonso), Felipe (Massa) und wie sie alle heißen. Als man mir sagte, ich hätte die Pole-Position, habe ich den Funk abgestellt, weil ich so aufgeregt war. Es war ein unglaublich gutes Gefühl. Es fühlt sich an, als wäre es meine erste Pole-Position. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Es war 2007. Das Gefühl heute war ganz ähnlich."
Frage: "Du hast ein gutes Paket, aber wie viel Lewis steckt in dieser Runde?"
Hamilton: "Da war alles drin. Und das ist ein gutes Gefühl."
Hamilton: "Ich denke, jeder hat seine Reifen für das Rennen aufgespart. Die weichere Mischung ist die Variante, die wir eher nicht verwenden wollen. Es wäre nicht sinnvoll gewesen, die weicheren Reifen aufzusparen oder die härteren Pneus einzusetzen, die wahrscheinlich jeder am Sonntag fahren will."
Frage: "Zwei Fahrer aus den Top 10 starten am Sonntag mit einer anderen Strategie - auf der härteren Reifenmischung. Machst du dir deshalb Sorgen? Habt auch ihr über eine solche Taktik nachgedacht? Und warum habt ihr es nicht so gemacht?"
Hamilton: "Ich habe sehr gute Strategen und vertraue ihnen einfach. Wenn sie eine Entscheidung treffen, dann bleiben wir auch dabei. Ich denke, jeder wird mit den weicheren Reifen zu kämpfen haben. Das gilt unabhängig von der Strategie und unabhängig von der Spritmenge."
"Weder Jenson (Button) noch Sebastian (Vettel; Anm. d. Red.) hatte die Geschwindigkeit der Spitze. Deshalb haben sie sich für eine andere Taktik entschieden. Wer weiß? Sebastian hat ja viel Glück. Vielleicht spielt ihm das ja in die Karten. Unterm Strich musst du aber einmal mit den weicheren Reifen fahren. Und diese Pneus verhalten sich sehr schlecht, egal wie viel Sprit du an Bord hast."
Frage: "Du hast den Großen Preis von China schon zweimal gewonnen. Am Sonntag könnte es aber ein Taktikkrimi werden, wenn wir die Reifensituation bedenken..."
Hamilton: "Ja. Die Reifen sind an diesem Wochenende sehr schwierig. Es ist schier unmöglich, die weichere Mischung am Leben zu erhalten. Der erste Stint nach dem Start wird also sehr kurz ausfallen. In der ersten Runde sind die Reifen sicher noch okay, doch schon ab der zweiten Runde werden sie nachlassen. So schlecht sind die Reifen. Da sitzen wir aber alle im selben Boot."
"Abgesehen vielleicht von dem Kerl zu meiner Rechten (Kimi Räikkönen; Anm. d. Red.). Ihm scheint es etwas besser als vielen Anderen zu gelingen, die Reifen zu schonen. Ich glaube trotzdem, dass wir ein konkurrenzfähiges Rennen haben werden. Unsere Renngeschwindigkeit sollte gut sein. Ich rechne mit einem sehr harten Rennen, hoffe aber, dass wir unsere Position behalten können."
Hamilton rechnet mit Alonso und Räikkönen
Frage: "Wer sind deine größten Gegner im Rennen?"
Hamilton: "Ich denke, das sind die beiden direkt hinter mir. Ferrari ist in der ersten Runde immer unheimlich schnell. Das Gleiche gilt für Kimi. Kimi dürfte auch sehr stark darin sein, die weichen Reifen zu schonen. Es dürfte schwierig werden, diese Jungs hinter mir zu halten. Sobald wir erst einmal auf der härteren Mischung unterwegs sind, dürften wir uns in einer guten Position befinden. Die Frage ist nur, wie viel wir vielleicht in diesem ersten Stint verlieren."
Hamilton: "Wie jedes Jahr. Wenn ich mich nicht irre, hatten wir hier im vergangenen Jahr etwa 90 Überholmanöver. Ich erwarte, dass es in diesem Jahr ganz ähnlich ablaufen wird. Fehler sind schnell passiert. Schauen wir einmal."
Frage: "Am Freitag hast du gesagt, dass du dich im Auto noch nicht besonders wohlfühlen würdest. Gab es viele Veränderungen über Nacht, die sich positiv bemerkbar gemacht haben?"
Hamilton: "Ja. In dieser Saison sitze ich aber auch in einem für mich neuen Auto. Es geht also darum, das Fahrzeug an deine Bedürfnisse anzupassen. Ich hatte recht viel mit den Bremsen zu kämpfen und habe da viel Zeit liegenlassen."
Frage: "Wie gut kam das Team hier in Schanghai aus den Startlöchern, wenn man bedenkt, dass Mercedes hier in den vergangenen Jahren mehrmals geführt und 2012 auch gewonnen hat? Wie viele Daten lagen denn vor dem Beginn des Wochenendes vor?"
Hamilton: "Ich denke nicht, dass uns das weitergebracht hat. Das Wissen und die Erfahrung aus den beiden jüngsten Rennen ist, was am meisten dabei zählt, das Auto einzustellen."
"Mercedes hatte hier schon im vergangenen Jahr ein sehr gutes Auto. Wir haben aber schon gesehen: Nichts vom vergangenen Jahr ist auch in diesem Jahr der Fall. Natürlich ist das Fahrzeug konkurrenzfähig. So war es ja schon 2012. Das ist ein großes Plus für uns. Ich hoffe, wir können das Tempo des Samstags auch am Sonntag anschlagen."
Frage: "In den Rennen geht es derzeit immer nur darum, die Reifen zu schonen. 2008, als es noch eine andere Aerodynamik und auch das Nachtanken gab, waren es eher kurze Sprints. Welche Art von Rennsport magst du lieber? Und was ist die größere Herausforderung?"
Hamilton: "Ziemlich einfach. Angesichts der aktuellen Reifen ist es eine größere Herausforderung. Für uns alle ist das natürlich viel schwieriger. Früher hat es definitiv mehr Spaß gemacht, würde ich sagen."
Frage: "Wie beurteilst du die diesjährigen Reifen?"
Hamilton: "Nun, es gibt Gutes und Schlechtes. Sie stellen eine große Herausforderung dar. So ist es aber schon seit ein paar Jahren. 2013 ist aber ganz klar das bisher anspruchsvollste Jahr in dieser Hinsicht."
Frage: "Samstags gibt es keine Punkte. Wie zufriedenstellend ist ein solches Ergebnis aber in der Hinsicht, dass du deinen Kritikern eine Antwort liefern kannst? Man hatte dich ja als Dummkopf bezeichnet, als du McLaren verlassen hast..."
Hamilton: "Ja. Nun, mit einem Ergebnis kannst du eine solche Antwort sicher nicht geben. Doch Stück für Stück und je mehr wir zu beeindrucken wissen und uns verbessern, strafe ich sie Lügen."
Frage: "Noch einmal zurück zum aktuellen Geschehen: Am Donnerstag hast du von einer allergischen Reaktion gesprochen, die deine Sicht beeinträchtigen könnte. Wird dich das im weiteren Wochenend-Verlauf beeinträchtigen?"
Hamilton: "Nein. Ich war über die vergangenen zwei Wochen hinweg gesund gewesen, kam dann aber hierher und fühlte mich krank. Natürlich sorgt man sich dann ein bisschen und denkt, nicht bei einhundert Prozent zu sein. Ich habe mir aber reichlich Ruhe gegönnt. Heute ist der beste Tag seit Langem. Hoffentlich sieht es am Sonntag noch besser aus. Ich bin ziemlich zufrieden."