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Webber: "Es war kein Einzelfall"
Mark Webber über die teaminternen Differenzen mit Sebastian Vettel und die mögliche Fortsetzung seiner Formel-1-Karriere nach der laufenden Saison
(Motorsport-Total.com) - Die Fronten bei Red Bull sind endgültig verhärtet. Nach dem Ignorieren der Teamorder in Malaysia geht Sebastian Vettel in Schanghai wieder zur Tagesordnung über. "Ohne gegenseitiges Vertrauen" werde er weiterhin "professionell" mit Teamkollege Mark Webber zusammenarbeiten, so der umstrittene Malaysia-Sieger. Der Australier steht als der große Verlierer da, Vettel hat offenbar Narrenfreiheit im Team. Red Bull verzichtete sogar auf einen inszenierten Handshake der beiden Teamkollegen, wie es ihn nach der Kollision 2010 in Istanbul gegeben hatte.
© xpbimages.com
Gut gelaunt in der Pressekonferenz am Donnerstag in Schanghai: Mark Webber Zoom Download
Er entschuldige sich dafür, dass er die Teamorder per Funk nicht verstanden habe, so Vettel. Aber er werde sich keinesfalls für den Sieg entschuldigen, stellte der Weltmeister klar. Vettel fühlt sich im Recht. Zurecht? Nach Informationen der 'Sport Bild' lief im Malaysia-Rennen einiges ganz anders als vermutet. Webber habe demnach nicht überrascht sein dürfen, dass Vettel am Ende mehr Benzin und Speed hatte. Diese Taktik sei von Anfang an klar gewesen, heißt es. Webber hatte im anfänglichen Regen bewusst viel Sprit verbrannt, Vettel ein mageres Gemisch gewählt. Am Donnerstag in Schanghai beschrieb Webber noch einmal seine Sicht der Dinge.
Frage: "Mark, ist nach den Vorfällen vor knapp drei Wochen nun wieder alles in Ordnung bei dir?"
Mark Webber: "Mir geht es gut. Ich bin nach dem Rennen nach Australien geflogen. Das war immer so geplant gewesen. Diese Reise war in der Pressekonferenz nach dem vergangenen Rennen ein Thema. Ein paar Leute meinten, die müssten dann eins und eins zusammenzählen und etwas Größeres daraus machen. Es war einfach ein Kurzurlaub, außerdem war Ostern. Es war gut, nach den Wintertests und den ersten beiden Rennen mal etwas Erholung zu finden."
"Aber dann baut sich schnell auch wieder Spannung auf. Ich freue mich, hier wieder im Auto sitzen und ein Rennen fahren zu dürfen. Diese Strecke bringt oft großartigen Rennsport. Ich habe hier tolle Grands Prix erlebt, mal abgesehen vom vergangenen Jahr, als Nico Rosberg hier allen davongefahren ist. Generell hatte ich hier aber viele gute Rennen. Ich freue mich, wieder zu starten. Was die Abläufe und das Team anbelangt, so ist alles in Ordnung. Es war sicherlich ein interessantes Wochenende in Malaysia, das stimmt. Aber jetzt freue ich mich auf das Rennen hier."
Nur ein weiterer Vorfall in einer Reihe...
Frage: "Wie würdest du rückblickend die Geschehnisse aus den letzten Runden in Malaysia beschreiben?"
Webber: "In der Schlussphase eines solchen Grand Prix gibt es viele Emotionen. Man hat viel gearbeitet, das gesamte Team viel investiert. Es gibt nie Garantien für einen Sieg. Wenn aber alles gut läuft, dann... Naja, es war dennoch ein gutes Ergebnis. Natürlich war es aber nicht das Resultat, das ich mir gewünscht hätte. Letztlich wissen wir alle, was passiert ist. Malaysia ist kein Einzelfall in diesem gesamten Zusammenhang. Es gab einige Vorfälle in der Vergangenheit - positive und negative. Man überlegt sich dann, wie man Dinge in Zukunft besser machen kann."
"Ich musste dort ein Rennen zu Ende fahren. Ich habe das Auto trotz allem ins Ziel gebracht und ein gutes Ergebnis eingefahren. Jetzt freue ich mich auf das nächste Rennen. Es ist alles normal. Als Fahrer hast du im Auto viele Emotionen. Man muss versuchen, diese im Griff zu haben. Das ist Teil des Jobs. Dabei spielt es keine Rolle, ob du in Monaco führst, oder ein Rennen unter negativen Emotionen oder mit einer Enttäuschung zu Ende bringst. Es gibt Höhen und Tiefen. Es ist ganz normal, dass es im Cockpit gewisse Emotionen gibt."
Frage: "Als wir dich in Malaysia nach deiner Zukunft gefragt haben, hast du gesagt, dass dir sehr vieles durch den Kopf gehe. Wie ist es nun mit gut zwei Wochen Abstand? Würdest du bei Red Bull verlängern, wenn man dir einen Vertrag anbieten würde?"
Webber: "Vorweg: Ich möchte zuallererst mal diese Saison ordentlich beenden. Sogar das ist von einigen infrage gestellt worden. Mit einem vorzeitigen Abschied habe ich mich aber niemals befasst. Ich will in diesem Jahr die Rennen fahren und gute Ergebnisse erzielen. Wenn alles gut läuft und noch Siege kommen, dann kann auch mehr drin sein. Das ist erst einmal das allererste Ziel für mich."
"Die andere Sache: Ich denke von Jahr zu Jahr. Fragt mich im Sommer noch einmal. Ich werde mit Dietrich Mateschitz sprechen, dann sehen wir weiter. Wenn ich gut fahre, die Leistungen stimmen, dann werden wir in Zukunft eine entsprechende Entscheidung treffen. Jetzt geht es erst ins dritte Rennen der Saison. Ich habe noch nie zu einem solchen Zeitpunkt des Jahres eine solche Entscheidung getroffen. Im Moment scheint das aus gewissen Gründen ein Thema zu sein, aber ich sehe keinen Grund, warum ich mich jetzt schon bezüglich der Zukunft festlegen sollte."
Keine Teamorder mehr: Das Leben wird leichter
Frage: "Red Bull will ab sofort von Teamorder nichts mehr wissen. Macht dies die Arbeit im Cockpit einfacher oder schwieriger?"
Webber: "Wahrscheinlich einfacher, würde ich sagen."
Frage: "Vor dem letzten Stopp in Malaysia hattest du viereinhalb Sekunden Vorsprung. Sebastian kam zuerst zur Box, daher konnte er letztlich so aufschließen. War es deine Entscheidung, oder die des Teams, wann du deinen letzten Stopp machen solltest? Wie ist diese Situation aus deiner Sicht entstanden?"
Webber: "Das kam für mich schon etwas überraschend. Die Abstände waren gefestigt. Man versuchte auch den Vorsprung auf Lewis von etwa drei Sekunden entsprechend zu verwalten und zu halten. Lewis kam früh herein und Sebastian drohte hinter ihn zurückzufallen. Das wollte das Team verhindern."
"Mein Vorsprung von vier Sekunden war ordentlich, aber ich hatte im zweiten Teil meiner letzten Runde schon arge Probleme mit den Reifen. Sebastian hatte frische Pneus und eine richtig schnelle erste Runde auf dem neuen Satz. Ich hingegen holte das heraus, was mit meinen Reifen noch machbar war. Es wurde enger, als ich es ursprünglich erwartet hatte. Ich war es, der diese eine Runde länger draußen bleiben wollte. Wenn Lewis nicht gewesen wäre, dann wäre es nicht so eng geworden. Aber die Taktiken der drei Spitzenleute beim letzten Stopp haben es so interessant gemacht."
Frage: "Um bei diesem Thema anzuschließen: War es in der ersten Phase des Rennens allein deine Entscheidung, wann du auf Slicks wechselst?"
Webber: "Ja. Ich war anfangs nicht ganz überzeugt und überrascht, als Sebastian sich Slicks holte. Im ersten Sektor war die Strecke deutlich langsamer abgetrocknet als an den anderen Stellen. Ich wollte noch eine Runde warten, weil ich sicher war, dass es ab dann funktioniert. Der Wechsel in Runde sieben war sehr konservativ. So, wie es Sebastian gemacht hat, bestand auch die Gefahr, im Verkehr zu landen. Auch Nico hat später gewechselt. Das hat es mir leichter gemacht, ihn auf den Slicks zu kontrollieren."
"Man muss halt aufpassen, dass man nicht zu viel verliert. Es gibt so viele denkbare Szenarien. Irgendwann muss man den Entschluss fassen und sagen, dass der Crossover-Punkt erreicht ist und ab sofort nur noch Slicks die richtige Wahl sind. Man muss so vieles Bedenken, auch die weiteren Auswirkungen, wenn man auf den Trockenreifen eine gewisse Anzahl Runden zurücklegen muss. Es spielen viele Faktoren mit hinein. Es ist nicht so einfach, dies alles während der Fahrt im Rennen zu überlegen. Ich war anfangs erstaunt, dass die Slicks im ersten Sektor immer noch nicht richtig gut funktionierten. Der Wechsel in Runde sieben war okay."
Frisur hat nichts mit Stimmung zu tun
Frage: "Wie hast du selbst die Erlebnisse aus Malaysia verarbeitet? Wie man sieht, kommst du mit einem frischen Haarschnitt hierher..."
Webber: "Der Haarschnitt hat nichts damit zu tun, das war eher eine Art Unfall. Als der Frisör man angefangen hatte, konnte er nicht mehr aufhören. Der andere Haarschnitt ist keinesfalls Ausdruck einer anderen Haltung oder eines veränderten Gefühls. Wir wissen doch alle, was in Sepang los war. Es gibt viel Interesse von vielen Seiten. Ich bin daran gewöhnt. Jetzt freue ich mich eben auf das nächste Rennen. Es geht weiter."
"Wenn man an der Spitze der Formel 1 ist, dann passieren immer viele Dinge. Die Frage ist immer nur, wie viele Sachen passieren, mit denen man schließlich zurechtkommen muss. Letztlich geht es für mich hier nur um das eine: ins Auto steigen, erster Gang rein, aus der Box fahren und dann schauen, wie sich das Auto auf dieser Strecke anfühlt. Darauf freue ich mich."
Frage: "Gestern hat Sebastian gesagt, er habe sich nicht für den Sieg entschuldigt, weil er fürs Gewinnen bezahlt werde. Wie reagierst du darauf? Und hast du auf dem Podium ernsthaft über einen Abschied aus der Formel 1 nachgedacht?"
Webber: "Nein. Die schlimmsten Emotionen hatte ich in den ersten Runden nach dem Überholmanöver. Auf dem Podest und auch nach der Zeremonie habe ich über gar nichts nachgedacht. Das wäre für mich überzogen, in solchen Momenten zu denken, dass ich sofort etwas ganz anderes machen will. So denke ich nicht. Bezüglich Sebastians Kommentar: Wenn es das ist, was er denkt, dann denkt er eben so. Dann ist das seine Position bezüglich der Dinge, die in Malaysia passiert sind."