Boxenstopps: Wie Lotus die Topteams übertrumpfen will
Mit einem neuen Wagenheber und mit hartem Training will Lotus auch bei den Stopps ganz vorne mitmischen - Rennteam-Manager Paul Seaby erklärt die Hintergründe
(Motorsport-Total.com) - Während sich McLaren und Red Bull um neue Geschwindigkeitsrekorde bei den Boxenstopps duellieren und Ferrari mit Konstanz besticht, hielt sich Lotus diesbezüglich bisher vornehm im Hintergrund. Das soll sich jetzt ändern. Rennteam-Manager Paul Seaby erklärt im Interview, wie sich die Truppe aus Enstone dafür in Form bringt und in welchem Zyklus das Team die Boliden wartet.
Frage: "Paul, wie hat das Rennteam die Pause verbracht?"
Paul Seaby: "Großteils haben sie eine wohlverdiente Pause gemacht. In Australien haben wir bis zur Sperrstunde gearbeitet. Auch wenn das in Malaysia nicht der Fall war, waren es dennoch lange Tag bei extremer Hitze. Wenn wir dann noch die langen Reisen, die Zeitumstellung und den Jetlag bedenken, dann zollt man da schon seinen Tribut. Die Crew hatte nach den Wintertests nur ein Wochenende, bevor sie nach Melbourne gereist ist - im Grunde ist das jetzt die erste wahre Pause der vergangenen zwei Monate. Wir werden in unterschiedlichen Gruppen zwischen Samstag und Montag erholt und bereit für die nächsten Herausforderungen nach China reisen."
Frage: "Wurde in Enstone in der Zwischenzeit viel gearbeitet?"
Seaby: "Am Mittwoch war die Crew hier, um Boxenstopps zu üben. Wir hatten einen guten, produktiven Tag und begannen mit einem Briefing, wo wir analysiert haben, wo wir uns verbessern müssen. Danach absolvierten wir ungefähr 40 Boxenstopps mit einem fahrenden Showcar. Wir haben einen neuen hinteren Wagenheber ausprobiert, was sich sofort bezahlt gemacht hat. Wir konnten das Auto hinten deutlich schneller anheben. Unsere besten Stopps liegen jetzt bei 2,4 Sekunden, und wir bewegen uns konstant zwischen 2,5 und 2,7 Sekunden, was ganz und gar nicht schlecht ist."
"Sogenannte Push-Stops, wo ein paar Jungs das Auto in die richtige Position schieben, sorgen oft für etwas schmeichelhafte Ergebnisse, denn es ist in dieser Situation einfacher, den Schlagschrauber an der Radmutter anzusetzen. Wenn man aber in Betracht zieht, dass man auf diese Weise die Realität bestmöglich simulieren kann, bin ich mit unseren Fortschritte zufrieden."
Seaby: "Ja, wir haben zwei hauseigene Trainer, die mit der Crew im Fitnessraum arbeiten - der Fokus liegt da vorrangig auf den Muskeln und den Bewegungen, die bei den Boxenstopps nötig sind. Das dreht sich also vor allem um die Kernmuskulatur und ein bisschen um die Stärkung der Arme. Beim Boxenstopp werden ein paar Drehbewegungen erfordert, und das Equipment ist recht schwer - vor allem die Schlagschrauber. Das kann unseren Jungs also helfen, um sich auf die Herausforderung vorzubereiten. Wir werden auch in den Hotelzimmern an den Rennwochenenden ein Trainingsprogramm beginnen. Ich bin gespannt, wie sich das auf alle auswirken wird."
Frage: "Sind die Autos bereits am Weg zum nächsten Rennen?"
Seaby: "Alle wichtigen Teile - Upgrades und gewartete Teile - wurden bereits verschifft, um sicherzustellen, dass sie bereit sind, wenn wir in Schanghai landen. Die Autos wurden Sonntagnacht in Malaysia bis auf das Chassis zerlegt und gleich nach China geschickt. Darin mit einbezogen ist die Zerlegung der Aufhängung, der Ausbau des Motors, der Ausbau des Getriebes und dessen Zerlegung und so weiter."
"Die Kilometeranzahl bis zur Wartung von Teilen wie der Aufhängung beträgt zwei Rennen - zwischen den ersten zwei Läufen bleiben diese Teile also am Auto, außer es gibt Schäden. Wenn wir an der Strecke eintreffen, dann wird das Auto wieder neue aufgebaut, und der zwei Rennen andauernde Kreislauf beginnt von neuem. Die Auto werden also beinahe komplett nach Bahrain geflogen, ehe sie am Ende des Wochenendes wieder zerlegt werden. Wir werden ab Dienstag zu Mittag an der Rennstrecke sein. Die Crew hat dann zweieinhalb Tage Zeit, um alles vorzubereiten."
Seaby: "Für mich und meine Crew hat es derzeit Priorität, bei den Boxenstopps konkurrenzfähiger und - noch viel wichtiger - konstanter zu werden. Wir wollen den Fahrern mehr Möglichkeiten geben, mit den Autos an der Spitze mitzuhalten oder bevorzugt sich von den Autos hinter ihnen abzusetzen. Wir wissen, dass wir das Zeug dazu haben. Es geht nur darum, allen dieses Selbstvertrauen einzuimpfen, das es ihnen erlaubt, bei den Stopps entspannt zu bleiben, damit alles wie automatisiert funktioniert. Wir scheuen definitiv keine Mühen und sind uns sicher, dass wir es schaffen werden."