Alltag bei Lotus: Von heißen Socken und rostigen Teilen
Paul Seaby, bei Lotus Manager des Rennteams, blickt in der Pause zwischen Malaysia und China auf die alltäglichen Arbeiten hinter den Kulissen
(Motorsport-Total.com) - In Australien startete Lotus dank Kimi Räikkönen mit einem Sieg in die Formel-1-Saison 2013. Am vergangenen Wochenende in Malaysia war es Romain Grosjean, der mit Platz sechs teamintern den Ton angab. Dank vier Platzierungen in den Punkterängen belegt Lotus nach zwei Rennen Rang zwei in der Konstrukteurswertung. Für Paul Seaby, der bei der Truppe aus Enstone für das Management des Rennteams zuständig ist, eine Konsequenz aus der intensiven Vorbereitung aller Beteiligten.
Im Interview spricht Seaby über den Alltag des Rennteams in Sachen Vorbereitung, Logistik, Transport und nicht zuletzt Teamgeist.
Frage: "Paul, nach den ersten zwei Rennen ist das Team zurück in der Fabrik. Wie lief der Auftakt in die Saison?"
Paul Seaby: "Die vom Rennteam während der zurückliegenden Wochen an den Tag gelegte Arbeit war fantastisch. Dies wurde in Malaysia am deutlichsten. Dort mussten wir im Anschluss an das Qualifying bei beiden Autos das Getriebe ausbauen und zudem Reparaturarbeiten an der Verkleidung und am Unterboden vornehmen. Die Tatsache, dass die Fahrer anschließend ohne eine Installationsrunde die komplette Renndistanz abspulen konnten, demonstriert welche effektive Arbeit die Crew unter großem Druck abgeliefert hat."
Frage: "Die Boxenstopps liefen in Malaysia nicht immer ganz rund. Woran liegt das?"
Seaby: "Das stimmt. Aus irgendeinem Grund waren wir als Team in dieser Disziplin etwas von der Rolle. Am Freitag waren unsere Trainingsstopps noch so gut wie immer. Ab Samstag allerdings taten wir uns schwer, konstant gute Stopps hinzulegen. Natürlich haben der Übergang von nassen zu trockenen Bedingungen und die damit verbundenen Anpassungen am Frontflügel nicht geholfen, aber auch wenn man diesen Umstand berücksichtigt, war es nicht unser bestes Wochenende. Wir werden jetzt in Enstone umso eifriger trainieren um wieder dorthin zu kommen, wo wir sein sollten. Es ist wie bei einer Fußballmannschaft: Wenn wir gut sind, ist Lob wichtig, aber wenn wir nicht gut sind, ist es wichtig, den Karren gemeinsam aus dem Dreck zu ziehen."
Frage: "Die nächste Station ist China. Worin besteht die größte Herausforderung vor dem nächsten Überseetrip?"
Seaby: "Ganz oben auf unserer Prioritätenliste steht das Thema Effizienz. Wir müssen die gesamte Fracht so effektiv wie möglich ab- und wieder aufladen. In Australien gab es angesichts des Sieges eine Verzögerung von ein paar Stunden, aber über diese Art Zeitverlust beschweren wir uns ganz sicher nicht. Ob man es glaubt oder nicht, die größte Herausforderung bei der Abreise aus Malaysia stellte die hohe Luftfeuchtigkeit dar. Wenn irgendein metallisches Teil der Ausrüstung vor dem Transport nicht sorgfältig gesäubert wird, ist es zum Zeitpunkt des Eintreffens in der Fabrik bereits angerostet. Wie wir alle wissen, führt Rost dazu, dass Teile brechen."
Frage: "Wie schwierig ist es für die Mannschaft bei den klimatischen Verhältnissen in Malaysia Höchstleistung zu bringen?"
Seaby: "Das ist zweifellos eine Herausforderung. Mit jeder Menge Wasser im Gepäck stellen wir sicher, dass alle genug zu Trinken haben. Doch wie gut deine Fitness auch sein mag, bei 35 Grad Celsius in der Garage sitzen zu müssen, ist verdammt hart. Wenn die Autos gerade von der Strecke zurück an die Box kommen, dann kommt die zusätzliche Hitze erschwerend hinzu."
Frage: "Welches war aus deiner Sicht das bisherige Lotus-Highlight der Saison 2013?"
Seaby: "Für mich persönlich ist die positivste Erkenntnis die Art und Weise, wie das Team auf Probleme reagiert hat. Wie man es gemeinsam schafft, Probleme zu identifizieren, zu analysieren und zu lösen, das ist wirklich erstklassig. Angefangen bei den Mitarbeitern in der Fabrik in Enstone bis hin zur Crew an der Strecke hat jeder einzelne seinen Beitrag geleistet, um beiden Fahrern ein Auto an die Hand zu geben, das nicht nur wettbewerbsfähig, sondern auch zuverlässig genug ist, um eine Renndistanz abzuspulen."
Frage: "Worauf liegt im Hinblick auf die beiden anstehenden Rennen in China und Bahrain das Hauptaugenmerk?"
Seaby: "Eines der Hauptziele besteht darin, sicherzustellen, dass beide Fahrer die neuesten Teile zur Verfügung haben. Romain war in Malaysia noch nicht mit der neuesten Ausbaustufe des Auspuffs und auch noch nicht mit den damit in Verbindung stehenden Verkleidungsteilen unterwegs. Darüber hinaus wird es für beide Autos weitere neue Teile geben. Zudem wollen wir im Qualifying-Trimm mehr aus den Autos herausholen. Wir wissen, dass der E21 in puncto Renntempo stark ist, aber es liegt auf der Hand, dass bessere Startpositionen die Chancen auf Topergebnisse im Rennen erhöhen. Wenn es uns gelingt, alles unter einen Hut zu kriegen, dann stehen die Chancen gut, auch in China konkurrenzfähig zu sein."