Vettel: "Wenn es morgen regnet..."
Sebastian Vettel startet in Sepang von der Pole-Position und fühlt sich gerüstet - Der eine oder andere Regenschauer macht die Sache für ihn zusätzlich interessant
(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel nimmt auch das zweite Rennen der Formel-1-Saison 2013 von der Pole-Position in Angriff. Im Qualifying zum Grand Prix von Malaysia griff der Weltmeister dafür tief in die Trickkiste und begnügte sich in Q1 und Q2 mit den Positionen 15 und neun. Unterm Strich zahlte sich Vettels mutige Strategie aus, denn der Red-Bull-Pilot holte sich nicht nur in Q3 die entscheidende Bestzeit, sondern hat im Vergleich zur Konkurrenz für Sonntag einen Satz Trockenreifen mehr zur Verfügung.
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Wie in Melbourne: Vettel nach dem Qualifying auf 1 - was passiert im Rennen? Zoom Download
Im Anschluss an das Qualifying spricht Vettel über sein Strategiespiel am Samstag, über seine Angst, bereits in Q1 auszuscheiden, über seine Erwartungen für das Rennen und darüber, ob ihm trockene oder nasse Bedingungen besser in die Karten spielen.
Frage: "Sebastian, wie lief das Qualifying aus deiner Sicht?"
Sebastian Vettel: "Es war ein chaotisches Qualifying, wegen der Wetterbedingungen. Wir hatten einen Plan auf Grundlage dessen, dass wir wussten, dass der Regen kommen würde. Zwischendurch waren wir uns aber nicht ganz sicher. Letztlich konnten wir den Plan abspulen, den wir am Morgen erdacht hatten. Eigentlich hatten wir damit gerechnet, dass es schon zu Beginn der Zeitenjagd etwas regnen würde - das ist aber nicht passiert. Wir sind also dann auf den Slicks herausgefahren."
"Es war im Vergleich zu den Konkurrenten etwas schwierig. In Q2 war es eng für mich. Der Regen hat mir wahrscheinlich geholfen. Wir hätten sonst noch einmal hinausfahren müssen. Es hat aber gerade so zum Einzug in Q3 gereicht. Im letzten Abschnitt war es auf abtrocknender Strecke ziemlich klar, dass es besser wäre, zwischendurch die Reifen zu wechseln. Das hat sich bestätigt. Wir haben es richtig gemacht. Es war aber knifflig, weil nie klar war, ob nicht vielleicht doch noch mehr Regen kommen würde. Mit den Intermediates habe ich mich ziemlich wohlgefühlt."
"Der große Vorsprung überrascht mich. Meine Runde passte sehr gut, obwohl es nicht gerade einfach war. Einige Stellen waren noch nass, andere schon trocken gefahren. Insgesamt war es eine gute Session für uns. Wir haben ein paar Reifen gespart. Das kann morgen sehr wichtig werden. Mal sehen, was wir ausrichten können. Wir wissen, dass unser Auto schnell ist, aber es hängt alles von den Reifen ab."
Frage: "Du hast Trockenreifen gespart. Kann das der große Vorteil im Rennen sein?"
Vettel: "Kann sein. Es ist mit Sicherheit besser, als wenn alle angefahren wären. Schauen wir mal. Wenn es morgen regnet, dann war das auch für die Katz'. Wichtig war heute das Ergebnis und ich denke, damit können wir mehr als zufrieden sein. Wir waren das ganze Wochenende gut unterwegs. Es war das erste Mal, dass man im Qualifying gesehen hat, wo man bei Misch-Masch-Bedingungen steht. Die eine Hälfte der Strecke war ehrlich gesagt ziemlich trocken und die andere ziemlich nass. Ich denke, es war die richtige Entscheidung, dazwischen reinzukommen und die Reifen zu wechseln. Kurz zum Verständnis: Wenn die eine Hälfte trocken ist, dann bauen die Räder relativ schnell ab. Wenn man dann noch eine und noch eine Runde dranhängt, dann wird das nicht besser. Man tut sich dann gerade auf dem nassen Teil der Strecke ziemlich schwer."
Sorge um frühes Ausscheiden in Q1
Vettel: "Wir hatten ja praktischen den Plan, mit einem Satz Reifen durchzukommen. Sprich: Eine Runde unter 100 Prozent im ersten Qualifying und eine Runde genau auf 100 Prozent im zweiten Qualifying zu fahren, um auf ein und demselben Satz ins dritte Qualifying zu kommen. Das hat hervorragend funktioniert. Vielleicht hat uns der Regen ein bisschen geholfen. Ansonsten hätten wir vielleicht nochmal mit einem neuen Satz rausfahren müssen. Alles in allem ist es schwer zu planen, wie schnell man geht. Es ist natürlich eine Gefühlssache. Man hat nicht wirklich eine Referenz. Man versucht einfach, schnell zu fahren - aber nicht zu schnell, um die Reifen gerade am kritischen Punkt ein bisschen zu schonen, sodass man dann nochmal einen zweiten Anlauf hat. Das hat unterm Strich gut geklappt, also können wir damit zufrieden sein."
Frage: "In Q1 und Q2 schlug dein Herz aber schon etwas schneller als normal, oder?"
Vettel: "Es ist natürlich schwierig abzuschätzen, wie schnell man ist, wenn man nicht 100 Prozent fährt. Bei trockenen Bedingungen war es sehr knapp, das stimmt. Als ich in Q1 über die Linie fuhr, dachte ich schon, dass es vielleicht nicht reichen würde, doch es ging gut für uns aus. Ich war sehr spät auf der Strecke und das Team konnte sehen, ob andere noch schneller unterwegs waren. Als wir wussten, dass es reichen würde, kam ich herein, um Reifen zu sparen."
Frage: "Hat dir der Regen die Pole gebracht?"
Vettel: "Es ist schwer zu sagen, wo wir unter normalen Bedingungen gewesen wären. Das Auto hat sich aber gut angefühlt. Wir waren sowohl gestern als auch heute Morgen schnell. Ich denke, es hätte auch so zu einem sehr guten Ergebnis gereicht. Ganz genau weiß man es natürlich nicht. Nico (Mercedes-Pilot Rosberg; Anm. d. Red.) fuhr in Q2 eine ziemlich gute Runde. Wir haben ein starkes Auto, aber ich weiß nicht, ob es gereicht hätte, diese Zeit zu fahren. Im ersten und zweiten Qualifying-Abschnitt hatten wir eine andere Herangehensweise, konnten dadurch so viel Reifen sparen wie möglich und erhoffen uns natürlich, dass es uns morgen einen Vorteil bringt - sollte es trocken sein."
Pirelli-Reifen nicht so schnell wie der Red Bull
Frage: "Du hast zwar Reifen gespart, doch wie verhält sich das Auto in Rennabstimmung. Frisst es die Reifen?"
Vettel: "Das Gute ist, dass wir heute auf die Pole-Position gefahren sind. Das bringt uns für morgen in die beste Ausgangsposition. Natürlich werden die Reifen entscheidend sein, aber es ist ein langes Rennen und wir werden tun, was wir können. Insgesamt können wir mit den Fortschritten seit Tag eins mit diesem Auto sehr zufrieden sein. Das Tempo ist da. Es ist natürlich immer schön, ein schnelles Auto zu haben, aber es stimmt, dass die Reifen nicht so schnell sind wie unser Auto. Wir müssen es einfach bis morgen schaffen, die beiden irgendwie aneinander zu gewöhnen."
"Wenn man von ganz vorne startet, dann will man auch das Rennen auf dieser Position beenden. Es wird ein langes Rennen. Bisher ist kaum einzuschätzen, wie der Speed wirklich aussieht. Ich bin mit der Balance des Autos sehr zufrieden. Wenn man es mit den Erlebnissen aus dem vergangenen Jahr in Malaysia vergleicht, dann sind wir einen großen Schritt vorangekommen. Die Situation im Rennen ist aber heutzutage anders. Ich hoffe, dass wir morgen 100 Prozent abrufen können und die Reifen im Griff haben. Das ist wichtig. Das nötige Tempo haben wir. Hoffentlich bin ich auch beim Fallen der Zielflagge ganz vorne."
Frage: "Hoffst du auch für morgen auf wechselhafte Bedingungen?"
Vettel: "Das kann unserer Strategie vielleicht helfen, weil ehrlich gesagt mit den Trockenreifen... Tja, wir wissen, dass unser Auto schnell ist, aber die Reifen sind vielleicht nicht so schnell wie unser Auto. Mit den Trockenreifen tun wir uns ein bisschen schwer. Ich glaube aber, das geht allen so. Vielleicht stechen ein oder zwei Teams heraus, aber unterm Strich sind die Voraussetzungen und die Bedingungen für alle gleich. Wenn wir damit nicht klarkommen, dann müssen wir schauen, dass wir auf diesem Gebiet besser werden."
"Wir alle müssen mit den Bedingungen leben. Sollte es wechselhaft sein, dann wird es sehr spannend, die richtige Runde zu finden, in der man an die Box kommt oder eben draußen bleibt. Wie wir in der Vergangenheit schon mehrfach gesehen haben, kann das einen großen Einfluss auf das Rennen haben. Grundsätzlich ist es so, dass man das Auto auf nasser Strecke mit mehr Gefühl fährt. Man hat dann eher die Möglichkeit, einen Mangel an Tempo auszugleichen und kann auch mal jemanden überholen. So oder so müssen wir uns in jeder einzelnen Runde voll konzentrieren. Dann werden wir sehen, was am Ende dabei herauskommt."
Massa vor Alonso - für Vettel irrelevant
Frage: "Wie wird die Strategie im Rennen aussehen?"
Vettel: "Das ist noch ein großes Fragezeichen. Ich denke, es ist gut, dass wir heute den einen oder anderen Reifensatz gespart haben. Der kann uns morgen vielleicht die eine oder zwei Runden Flexibilität bringen, um dann eine bessere Strategie auffahren zu können. Sollte es regnen, ist das Ganze vielleicht über den Haufen geworfen. Man muss es einfach so nehmen wie es kommt. Wir haben in etwa einen Plan. Ob der dann morgen so aufgeht, wird sich zeigen."
Vettel: "Ich glaube, das Rennen ist morgen zu lange, um da wirklich einen großen Vorteil oder Nachteil reinreden zu können. Felipe war das ganze Wochenende auf Augenhöhe und vielleicht den Tick schneller. Im Qualifying heute hatte man letzten Endes eine Runde, als die Strecke zum Schluss am besten war. Ein kleiner Fehler kann dann schon einen großen Unterschied machen. Ich weiß nicht, ob Fernando einen Fehler hatte oder ob er zufrieden war mit seiner Runde. So wie er sich anhörte, war er ganz zufrieden. Es ist mir ehrlich gesagt ziemlich wurscht, wer hinter mir steht - solange viele hinter mir stehen. Ich hoffe natürlich, dass das auch morgen so bleibt und wir das Ergebnis auch ins Ziel fahren können."
Frage: "Wie konkurrenzfähig wird Red Bull im Regen sein?"
Vettel: "Ganz sicher kann man sich nie sein. Wie gesagt: Es war das ganze Wochenende nicht 100 Prozent nass. Gestern und heute war eben die eine Hälfte nass, die andere noch trocken. Ich glaube, da muss man jede Runde einzeln ansehen und die Geschichte, wie viele Runden man auf diesem Satz Reifen vorher schon gedreht hat, berücksichtigen. Im Qualifying war es mehr oder weniger für alle gleich. So gesehen ist man vielleicht ein bisschen schlauer für den Fall, dass es morgen regnet. Das Wichtigste aus unserer Sicht ist aber, dass die Balance da ist und das Auto sich gut anfühlt - egal, ob es dann regnet oder nicht."
Frage: "Einige Teams hatten während des Qualifyings Probleme mit dem Wetterradar. Wie war es bei Red Bull, hattet ihr Leute im Umkreis der Strecke stehen, die euch mit Informationen versorgt haben oder hattet ihr sonstige Zusatzinformationen?"
Vettel: "Ich denke, wir nutzen die Möglichkeiten, die alle nutzen. Mit dem Radar ist das so eine Sache - manchmal ist es sehr genau, manchmal nicht. Um ehrlich zu sein ist es an diesem Ort aber auch sehr schwierig, genaue Vorhersagen zu treffen, denn das Wetter ändert sich so schnell. Es ist beeindruckend, wie wenig sich die Strecke auch bei relativ viel Regen verändert. Ich denke, das liegt an den hohen Temperaturen hier. Wir haben es gestern im Freien Training gesehen, als der Regen kam. Dieser hatte zunächst kaum Auswirkungen, doch als es richtig heftig anfing zu regnen, mussten alle an die Box kommen und die Reifen wechseln. So gesehen waren die Verhältnisse heute ähnlich wie gestern, aber wir haben im Grunde nichts anderes gemacht als die anderen auch."