Button glaubt an McLaren-Siege: "Ja, warum nicht?"
Trotz immensem Rückstand glaubt Jenson Button an eine Trendwende für Mclaren, wenn auch nicht in Malaysia - Dort hofft der Ex-Weltmeister auf prasselnden Regen
(Motorsport-Total.com) - McLaren war sportlich gesehen in Australien die größte Enttäuschung. Während Sergio Perez ohne Punkte nach Hause fahren musste, gelang es Teamkollege Jenson Button immerhin, noch zwei WM-Pünktchen aus dem Albert Park zu entführen. Die Chrompfeile sind jedoch derzeit aussichtslos zurück und müssen um ihre WM-Aussichten kämpfen. Ob das gelingt, welchen Ausgang er sich für Malaysia wünscht, und was die Bodenwellen fast mit dem McLaren gemacht hätten, das verrät Jenson Button im Interview.
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Jenson Button hofft in Malaysia auf Regen - dieser spülte ihn bereits 2009 zum Sieg Zoom Download
Frage: "Jenson, ihr hattet einen schwierigen Start. Wie gehst du dieses Wochenende an?"
Jenson Button: "Richtig, es war ein schwieriges Wochenende. Wir sind in Q3 gekommen und im Rennen haben wir dann das Beste aus dem Auto herausholen können. Wir haben ein paar Punkte bekommen, das war nicht so schlecht. Wir wollen natürlich vorne dabei sein und um den Sieg kämpfen, aber wir haben die Pace dafür nicht. Wir arbeiten daran. Es war ein harter Start, aber wir konzentrieren uns darauf, uns zu verbessern. Wir wollen wieder an die Spitze, aber das passiert nicht über Nacht. Deswegen wird auch dieses Wochenende schwierig, aber ich glaube, dass wir einen Schritt nach vorn machen können."
Frage: "Es gibt keinen Grund ein anderes Wochenende hier zu erwarten, oder?"
Button: "Uns erwartet wieder ein hartes Wochenende. Allerdings sollte uns die Strecke von ihrer Beschaffenheit entgegenkommen. Sie ist viel ebener als das letzte Rennen, das sollte uns helfen. Wie man gesehen hat, lag das Auto ziemlich unruhig, was beim Setup nicht gerade geholfen hat. Man muss sicherstellen, dass das Auto nicht immer wieder hart auf der Strecke aufsitzt. Es war also kein optimales Setup. Hoffentlich können wir hier, wo es weniger Bodenwellen gibt - besonders in langsamen Kurven - das Auto so hinstellen, wie es am besten arbeiten kann. Wir werden nicht an der Spitze kämpfen, aber trotzdem müssen wir wenigstens das Beste aus dem Auto herausholen, das uns zur Verfügung steht."
Frage: "Auf welche Bedingungen hoffst du?"
Button: "Ich bevorzuge, wenn es nass ist. Die Intermediates lagen uns ganz gut im letzten Rennen - mit Platz vier in Q2. In gewissem Maße hat uns das für das Rennen wehgetan, denn angeregt von Q3 haben wir versucht, eine bessere Position als Platz zehn zu erreichen - das hätten wir nicht tun sollen. Aber wenn die Dinge einmal gut laufen, erreicht man auch mehr. Das war aber nicht der Fall. P10 haben wir erreicht. Ich hätte also lieber gemischte Bedingungen, dann hätten wir mehr Chancen, Punkte zu holen. Wenn man ein schnelles Auto hat, möchte man lieber, dass es den ganzen Tag trocken ist - ruhig und ohne Wind. Wenn man kein so schnelles Auto hat, möchte man lieber, dass alles auf das Feld einprasselt, weil man dann eine Chance hat."
Frage: "Du bist während deiner Karriere durch zahlreiche Täler gegangen. War das Wochenende in Australien eines der tiefsten Täler, wenn man bedenkt, mit welchem Enthusiasmus ihr in die Saison gestartet seid?"
Button: "Nein, definitiv nicht. Es ist nicht großartig, aber in den letzten vier Jahren hatte ich immer gute Autos über das Jahr gesehen und war in der Lage, Rennen zu gewinnen. Ich habe immer stark begonnen, aber das kann ja nicht immer der Fall sein. Man hat immer mal schwere Zeiten und ich habe genügend erfahren, um das zu wissen. Selbst während einer tollen Saison kann das vorkommen. Ich denke, wenn ich mit einem kleineren Team in unserer Position wäre, dann wäre ich besorgt, aber da es McLaren ist, und ich weiß, dass wir das Auto entwickeln können, bis es funktioniert, bin ich es nicht. Wir sind in keiner großartigen Position, aber wir können wieder dahin kommen."
Das Problem mit den Bodenwellen
Frage: "Was habt ihr in den vergangenen drei Tagen gemacht, um den Geist des Teams aufrecht zu halten?"
Button: "Ich stand natürlich mit den Jungs in dem Sinne in Kontakt, dass wir überlegen, was wir mit dem Setup machen können. Natürlich wird hier alles anders sein. Hier herrscht eine andere Streckentemperatur, es ist ein anderer Kurs. Davon abgesehen habe ich noch trainiert. Ich bin in der Hitze Rad gefahren, gelaufen und geschwommen. Dadurch konnte ich mich an die Luftfeuchtigkeit gewöhnen, schließlich soll es ja keine Überraschung werden, wenn man ins Auto steigt."
Frage: "Habt ihr ein klares Bild von dem, was ihr am Auto tun müsst?"
Button: "Noch nicht. Es ist einfach zu sagen, dass wir mehr Abtrieb brauchen. Wir haben in Melbourne eine Balance gefunden, die nicht großartig war, aber okay. Generell gesehen brauchen wir vorne und hinten einfach mehr Grip. Wir mussten etwas am Auto tun, damit es nicht mehr so hart auf dem Boden aufgesetzt hat - sonst hätten wir am Ende kein legales Auto mehr gehabt. Wir hätten keinen Unterboden mehr gehabt - und das halbe Auto wäre vermutlich auch weg gewesen (lacht)."
"Wir mussten also viele Dinge tun, um dem entgegenzuwirken. Das tut natürlich der Balance nicht gut. Und dadurch kannst du auch die Aerodynamik nicht vollständig ausnutzen. Indem wir daran rumspielen, sollte es uns ein wenig Performance bringen. Davon abgesehen sollten wir am Abtrieb arbeiten. Höchstgeschwindigkeit ist kein Problem, das haben wir. Glücklicherweise treten die Bodenwellen hier in dem Bereich auf. Uns tut mehr weh, wenn es in langsamen Kurven wellig ist. Wir verstehen das Auto jetzt mechanisch viel besser, aber wir müssen noch viel Entwicklungsarbeit leisten."
Frage: "An welchem Punkt der Tests trat das auf, oder war es eine Überraschung in Melbourne, dass ihr so weit hinten wart?"
Button: "Es war ein Auf und Ab bei den Tests. Am ersten Tag waren wir meilenweit voraus, was ein gutes Gefühl war. Danach waren wir nicht auf unserem normalen Weg, aber dafür gab es einen Grund. Wir haben ein paar Teile an das Auto getan, mit denen wir Probleme hatten. Das waren bestimmte Teile, die wir am Auto haben wollten, die wir aber jetzt nicht dran haben, denn sie sind nicht kompatibel mit dem Weg, wie das Auto arbeitet."
"Dann kamen wir zu den letzten Tests, und endlich konnte ich einen Tag Setup-Arbeiten machen. Das war der Tag, an dem wir realisiert haben, dass wir nicht die Pace haben. Wir wussten nicht, wie viel Sprit der Mercedes an Bord hatte, aber wir wussten, dass wir 1,3 Sekunden zurücklagen und nicht viel schneller hätten gehen können. Von dem Punkt an war es schwierig, aber wir dachten, dass jetzt Winter ist, es ist kalt, und wir würden vielleicht in Melbourne besser sein. Aber im Grunde ist es noch schlimmer als in Barcelona. Wir sind rund 1,5 Sekunden weg."
Erfahrung hilft
Frage: "Wie sehr verlässt sich das Team jetzt auf deine Erfahrung?"
Button: "Natürlich hat der Fahrer Input in Sachen Gefühl, was sich falsch anfühlt und was sich richtig anfühlt. Aber die Zahlen und Rundenzeiten zeigen, wo wir im Vergleich mit den anderen Teams stehen. Man hat auch die Informationen, wie stark die Reifen verschleißen und inwiefern sie im Vergleich mit den anderen Autos abbauen. Es gibt viele Informationen, aber natürlich hört das Team auf die Fahrer und ihr Feedback. Auf die Daten schauen und Schwachpunkte erkennen macht aber den großen Teil aus."
Frage: "Wenn man bedenkt, dass du nun drei Jahre hier bist, und Sergio erst drei Monate: Hört das Team eher auf dich?"
Button: "Das weiß ich nicht. Sie fragen Sergio trotzdem, wie sich das Auto anfühlt, und er gibt klares Feedback. Sie hören auf beide Fahrer, auch wenn unser Feedback ein wenig unterschiedlich ist. Es ist gut, wenn sie von vielen Leuten wie möglich Antworten in Bezug auf das Fahrgefühl bekommen. Sie werden sich schon was daraus zusammenreimen und hoffentlich machen wir einen Schritt vorwärts."
Button: "Einige davon ja. Einige der Mittelfeldteams, die sonst hinter uns sind, sind auch überrascht, wie schnell manche Autos sind. Das überrascht uns genau so viel, wie die Tatsache, dass wir unsere Performance nicht abrufen können. Ich denke, wir haben ein angemessenes Verständnis davon, was wir zu tun haben - aber noch nicht hundertprozentig."
Frage: "In den Medien wird häufig über einen Einsatz des letztjährigen Autos spekuliert. Ist das eine Option für euch?"
Button: "Das Wichtigste ist, weiterzuarbeiten und zu schauen, was wir mit der Entwicklung noch anstellen können. Wir müssen jeden Tag nehmen, wie er kommt. Ich glaube nicht, dass wir an diesem Wochenende den Grand Prix gewinnen können. Das Auto wird nicht plötzlich gut. Aber ich spüre, dass wir einen Schritt nach vorne machen können. Unsere Entwicklung wird hoffentlich viel besser sein als die der anderen. Es geht um Entwicklung - so gut es geht, so schnell es geht. Ich weiß, dass wir darin gut sind. Darauf müssen wir uns konzentrieren. Die Frage nach dem letztjährigen Auto stellt sich gar nicht, darüber müssen wir nicht reden."
Problemzone Auto
Frage: "Wo liegen eure Probleme genau?"
Button: "Es gibt viele Dinge, an denen wir arbeiten müssen. Die Fahrbarkeit war in Melbourne eines der Hauptprobleme. Über Aerodynamik und Abtrieb kann man sich sowieso immer beschweren. Selbst, wenn man der Schnellste ist, will man immer mehr. Aber es gibt auch andere Bereiche, die wir immer mehr verstehen, und bei denen wir merken, dass wir daran arbeiten müssen. Ich kann aber nicht sagen, welche das sind. Aber es gibt auch Positives: Die neue Heckkonstruktion bringt in schnellen Kurven mehr Heckstabilität."
Button: "Die Probleme werden nicht durch die Reifen verursacht. Viele Leute haben Schwierigkeiten mit dem Abbau während des Rennens. Sie versuchen herauszufinden, was sie tun können. Es ist nicht wie letztes Jahr, als man die Reifen in das richtige Fenster bringen musste. Aber den Reifen am Leben zu erhalten, ist ziemlich schwierig."
Frage: "Befindet ihr euch jetzt in einem Szenario, in dem es um Schadensbegrenzung geht?"
Button: "Ich weiß zwar nicht, wo wir uns qualifizieren, aber wir können mehr Risiken eingehen. Wenn man darum kämpft, in die Punkte zu kommen, kann man mehr auf Risiko setzen. Ich hoffe, dass die Teams Angst haben, dass wir das tun."
Frage: "Wenn du dein Auto mit dem vergleichst, mit dem du in Brasilien gewonnen hast: Welches wäre schneller?"
Button: "Keine Ahnung. Ich hätte wirklich keinen Schimmer. Ich weiß nicht, inwiefern sich die Leute über den Winter verbessert haben."
Frage: "Bist du beunruhigt, weil viele Leute sagen, dass dies der schlechteste McLaren seit zehn Jahren ist?"
Button: "Ich glaube nicht, dass 2009 ein aufregendes und tolles Jahr für McLaren war. Zu Beginn waren sie weit weg von der Pace - extrem weit weg, verglichen mit Brawn und Red Bull. Trotzdem haben sie in diesem Jahr zwei Grands Prix gewonnen. Eigentlich hätten es drei sein sollen. Also: Alles ist möglich. Wir sind nicht in der Form, in der wir sein wollen, aber wir wissen, dass wir das Blatt wenden können."
Hoffen auf Fehler der anderen
Frage: "Ab welchem Zeitpunkt müsst ihr vorne dabei sein, damit du noch eine realistische Chance auf den WM-Titel hast?"
Button: "Das weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, was andere Leute machen. Wenn Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.) beim nächsten Rennen nicht in die Punkte fährt, und der nächste Sieger danach auch nicht in die Punkte fährt - dann haben wir vielleicht eine Möglichkeit in diesem Jahr (lacht). Wenn Kimi die nächsten vier Rennen gewinnt, dann hat er eine 90-Punkte-Führung. Das würde schwierig werden. Das Gute ist, dass viele Teams einigermaßen wettbewerbsfähig sind und sich gegenseitig Punkte wegnehmen. Lotus und Kimi haben einen großartigen Job gemacht. Ich denke, eine Menge Leute werden daraus gelernt haben, was sie im Rennen gezeigt haben. Jetzt gibt es mit der Hitze komplett andere Bedingungen und einen komplett anderen Kurs. Ich denke, wir sehen einen anderen Sieger."
Frage: "Du läufst Marathons, machst Triathlons und bist allgemein sehr fit. Bist du daher für das Rennen in einer physisch besseren Form?"
Button: "Das Rennen ist sehr fordernd und anstrengend. Viele Fahrer trainieren außerhalb und klimatisieren sich für das Rennen. Wie auch immer, man plant das im Voraus. Weil hier so hohe Luftfeuchtigkeit herrscht, kann man auf den Geraden keine Luft schnappen. Es besteht aber auch eine große Chance, dass es regnet. Das kann man nicht planen. Wenn es regnet, dann schüttet es. Um den Kurs zu fahren ist unter diesen Bedingungen sehr knifflig. Aber wir haben es in den letzten Jahren geschafft - und ich hoffe natürlich, dass es regnet."
Frage: "Du warst in der Vergangenheit hier erfolgreich. Du hast Podestplätze eingefahren und 2009 hier gewonnen. Kennst du die Geheimnisse?"
Button: "Es ist eine großartige Strecke. Sie ist schnell und flüssig. Sie ist so hart, weil die Luftfeuchtigkeit so hoch ist. In Sachen Setup wissen wir aber, in welche Richtung wir gehen müssen. Es kommt darauf an, ob wir das mit dem Auto, das wir derzeit haben, auch umsetzen können. Aber richtig, ich genieße die Strecke wirklich. Es wäre besser, wenn wir mehr Fans hierherbringen würden, aber es gibt seine Gründe, warum das nicht passiert. Abseits der fehlenden Fans ist es der perfekte Kurs."
Frage: "Fans (englisch für Ventilatoren; Anm. d. Red.) in der Garage, um dich kühl zu halten?"
Button: "Das auch, aber ich meine Formel-1-Fans.
Frage: "Zum Abschluss: Sind Siege in diesem Jahr möglich?"
Button: "Ja, warum nicht?"