• 17. März 2013 · 14:57 Uhr

Vettel: "Alle Autos haben Sinn ergeben - außer Kimi"

Sebastian Vettel wundert sich, wie Kimi Räikkönen unbemerkt nach vorne stürmen konnte und nennt die Gründe, warum es bei ihm nur zum dritten Platz gereicht hat

(Motorsport-Total.com) - Nach den Eindrücken von Training und Qualifying sah alles nach einem weiteren Vettel-Sieg zum Formel-1-Saisonauftakt in Australien aus. Doch insbesondere der Reifenabbau und Adrian Sutil machten dem Heppenheimer einen Strich durch die Rechnung. Wie er das Rennen aus seiner Sicht erlebt hat, warum er über Kimi Räikkönen verwundert war und was nun für Malaysia zu beachten gilt, das erzählt der 25-jährige Deutsche im Interview:

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Sebastian Vettel durfte heute mit Champagner spritzen - aber nur als Dritter Zoom Download

Frage: "Sebastian, heute lief es nicht ganz so gut für dich. Aber ist es nicht interessant in der Formel 1, dass du auf Pole-Position startest und auf Rang drei ins Ziel kommst?"

Sebastian Vettel: "Es gibt immer die Möglichkeit, besser oder schlechter abzuschneiden. Wenn man als Erster startet, will man natürlich auch als Erster ankommen. Das haben wir heute nicht geschafft, trotzdem gibt es keinen Grund, enttäuscht zu sein. Wir haben das Resultat bekommen, was wir verdient haben."

"Im Rennen konnten wir schon früh sehen, dass es ein harter Tag werden würde, auf die Reifen aufzupassen. Nach drei Runden beim ersten Stint haben wir gesehen, dass die Ferraris näherkommen. Beim zweiten Stint war es entscheidend, dass wir in der Gruppe hinter Adrian (Sutil; Anm. d. Red.) festhingen, der heute einen guten Job gemacht hat. Wir konnten ihn nicht überholen. Wenn man einmal hinter einem anderen Auto festhängt, fängt man an zu rutschen und es wird immer schlimmer. Darum war ich auch über die Autos hinter uns nicht besorgt, einfach weil es denen genau so geht."

"Aber man ist natürlich verwundbar gegen jeden in der Nähe. Wenn einer sich dafür entscheidet, eher zu stoppen, überholt er dich vielleicht. Das hat Fernando gemacht und hat die Position gewonnen. Die Runde später dann zu reagieren, war dann praktisch schon zu spät. Gleichzeitig will man aber auch so lange wie möglich draußen bleiben, um die Strategie so gut wie möglich umzusetzen. Wir wussten das."

"Aber ich denke, es gibt genügend Runden im Rennen, um solche Sachen auszubügeln. Wir haben dann aber gesehen, dass er schneller fahren konnte als wir - besonders gegen Ende der Stints. Es gab keine Möglichkeit, an ihm dran zu bleiben und ihn wieder zu kriegen - Kimi sowieso, den habe ich das ganze Rennen lang nicht gesehen. Der war in der Lage, weit vor jedem ins Ziel zu kommen. Wir haben das Resultat bekommen, das wir verdient haben."

Reifen um die Ohren geflogen

Frage: "Ist das nach den Eindrücken vom Wochenende nicht enttäuschend?"

Vettel: "Ich denke, dass es schwierig ist, irgendetwas zu erwarten, wenn man in das erste Rennen geht. Am Morgen waren wir sehr glücklich mit dem Qualifying. Die Balance war während des gesamten Wochenendes gut. Im Rennen kann man immer nur sich selbst wirklich einschätzen, und wir hatten ein wenig zu viel Verschleiß bei den Reifen. Sie sind uns doch relativ früh um die Ohren geflogen. Lotus war in der Hinsicht am besten. Kimi hat den besten Job von allen gemacht - er konnte mit den Reifen haushalten und musste nur zwei Stopps machen. Das ist der große Unterschied. Trotzdem können wir zufrieden sein und freuen uns schon auf das nächste Rennen. Uns erwartet eine ganz andere Strecke, andere Bedingungen und auch andere Reifen."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von Australien


Frage: "Die Reifenwahl war ziemlich aggressiv. Müsst ihr im Rennen noch arbeiten, um den Reifen länger am Leben zu erhalten?"

Vettel: "Wir müssen schauen, ob das in jedem Rennen passiert. Es gab im vergangenen Jahr ein paar Schlüsselrennen, bei denen sich gezeigt hat, dass der Lotus, wenn es hart auf hart kommt, länger auf einem Reifensatz bleiben kann - Montreal zum Beispiel, wo die Dinge für uns und Fernando gar nicht schlecht aussahen. Doch das einzige Auto, das mit einem Satz wirklich überleben konnte, war der Lotus. Heute war es ein wenig ähnlich, sie hatten besseren Verschleiß als alle anderen, sonst hätte man mit dieser Strategie keinen Erfolg haben können. Im Großen und Ganzen haben wir ein sehr gutes Auto, was das Wichtigste ist. Die Jungs haben einen tollen Job gemacht, also gibt es viele Dinge, auf die wir uns freuen können."

Frage: "Warum hast du dich kurz vor dem Start für den blauen Helm entschieden?"

Vettel: "Als wir das Auto in die Startaufstellung gefahren haben, war ziemlich viel Sonnenschein. Ich hatte mich kurzfristig umentschieden, auf das dunkle Visier zu gehen. Dann sind wieder ein paar Wolken aufgezogen, dann habe ich mich wieder zurückentschieden."

Sutil als unerwartetes Hindernis

Frage: "Inwiefern war Adrian Sutil im Force India vor dir ein Dorn im Auge?"

Vettel: "Wie gesagt, es gibt immer genügend Runden um solche Dinge auszubügeln. Sicherlich hat das in dieser Phase nicht geholfen, aber es ist doch einfach: Wenn wir die Pace gehabt hätten, hätten wir ihn überholen können. Aber die hatten wir nicht. Ich war ein wenig schneller, als ich zu ihm aufschließen konnte, aber ich konnte ihn nicht überholen. Ich denke, im Verkehr festzuhängen hat einen negativen Effekt auf die Reifen. An einem bestimmten Punkt konnte er sogar ein wenig wegziehen. Wie gesagt, wenn man alle Runden im Rennen berücksichtigt, hat das vermutlich keinen großen Unterschied gemacht. Nach den Stopps konnten wir ihn überholen, es war ein schönes Überholmanöver in Kurve drei hinein. Es war wichtig, vorbeizugehen."

"Fernando ist eine Runde eher zum Boxenstopp gekommen und war auf frischen Reifen. Dadurch konnte er das Momentum nutzen und an der Gruppe vorbeikommen, was sich für ihn ausbezahlt hat. Danach war er schneller als wir und konnte in den letzten beiden Stints vorbeiziehen. Ich muss zugeben, dass ich ein wenig überrascht war, weil ich eine Position in meinen Berechnungen verpasst habe. Alle Autos, die ich gesehen habe, haben Sinn ergeben - aber Kimi habe ich im Rennen nie gesehen und er hat das Rennen weit vor uns beendet."

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Am Start war die Welt für das Red-Bull-Team noch in Ordnung Zoom Download

Frage: "Aber hat es dich nicht überrascht, dass du von Pole gestartet bist und die Pace nicht hattest, das Rennen zu gewinnen?"

Vettel: "Ich denke, die Pace war da. Die nackte Pace. Das Qualifying lief ziemlich gut. Wir hatten einen guten Run und die ersten zwei Runden waren ziemlich gut - auch die ersten zwei Runden auf jedem Stint. Offensichtlich konnten wir das aber nicht aufrecht erhalten. Die Zeiten, die an der Spitze von Fernando und besonders Kimi gesetzt wurden, waren ziemlich beeindruckend, wenn man die Anzahl der Runden auf dem Reifen in Betracht zieht. Wir konnten das nicht, und darum haben wir heute ein wenig eingebüßt. Aber es ist ein sehr harter, sehr langer Grand Prix und es ist schön, am Ende auf dem Podium zu stehen. Wir haben hier eine ziemlich gute Bilanz, also bin ich glücklich, dass wir eine weitere Podestankunft erreichen konnten."

Frage: "Gab es irgendwelche Anzeichen bei den Wintertests, oder sogar am Freitag hier, dass ihr solchen Reifenproblemen ausgesetzt sein würdet?"

Vettel: "Bei den Wintertests hatte jeder Probleme, die Reifen am Leben zu erhalten. Es sah sehr unkonstant aus - je nachdem an welchem Tag man unterwegs war. Wir hatten heute ähnliche Bedingungen, aber es ist eine komplett andere Strecke. Die Anzahl an Runden, die wir heute geschafft haben, war in Barcelona noch nicht abzusehen. Wir hatten einen Plan vor dem Rennen, der anders als der von Kimi war - und dem von Fernando ähnlich. Wenn man den Reifenabbau dazu nimmt, dann hat man heute gesehen, wo wir stehen."

Achillesferse Abtrieb?

Frage: "Noch eine Reifenfrage: Über die letzten Jahre war dein Auto für seinen Abtrieb bekannt, was dir einen guten Vorteil gegeben hat. Könnte es jetzt sogar sein, dass dies eure Achillesferse ist, weil ihr dadurch die Reifen schneller verschleißt?"

Vettel: "Das kommt darauf an, denke ich. Es gab sicherlich Zeiten, an denen wir mehr Abtrieb hatten als alle anderen. Aber diese Zeiten sind vorbei - nicht erst seit diesem Jahr, sondern schon viel früher. Diese magischen Tage, an denen wir schneller durch Highspeed-Kurven fahren konnten, gibt es nicht mehr. Wir sind immer noch sehr konkurrenzfähig, aber es gehört eben mehr dazu, als bloßer Abtrieb. Man kann sicherlich argumentieren, dass man mit mehr Abtrieb schneller und fordernder den Reifen gegenüber ist."

"Aber ich denke, es gibt einen bestimmten Trend, dass manche Autos in bestimmten Bedingungen gut funktionieren zu scheinen. Kimi hatte heute ein paar Probleme mit den Vorderreifen, bei uns war das ausgeglichener - bei uns gingen beide Achsen in die Knie. Ich bin nicht sicher, wie das bei Ferrari ist, aber wenn man sich ihre Reifen anschaut, dann scheint es ähnlich zu sein, wie bei uns. Andererseits kann natürlich jeder Tag anders sein. Man muss präzise schauen, um einen echten Trend auszumachen. Es gab viele Rennen, bei denen wir gut mit unseren Reifen zurechtkamen, und diese werden auch wieder kommen. Sicherlich waren wir heute ein wenig hintendran, aber nächste Woche ist ein anderes Rennen unter anderen Bedingungen. Wir werden sehen, was passiert."

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Erst nach einer gefühlten Ewigkeit kam Vettel an Adrian Sutil vorbei Zoom Download

Frage: "Ich weiß nicht, ob du den Wetterbericht für Malaysia gesehen hast, aber es soll Freitag, Samstag und Sonntag regnen. Euren Reifenverschleiß im Trockenen im Hinterkopf: Denkst du an eine konservative Strategie oder ist es 'Business as usual'?"

Vettel: "Ich möchte mit einer Gegenfrage antworten. Warst du schon einmal in Malaysia? Es regnet jeden Tag! Es macht keinen Sinn, auf die Vorhersage zu schauen. Das ist einer dieser Orte, an dem es jeden Tag regnet. Wir können das letzte Jahr nicht als Referenz nehmen, da wir da andere Probleme mit dem Auto hatten. In diesem Jahr hat das Auto viel mehr Balance, also bin ich viel glücklicher."

"Ich freue mich auf nächste Woche. Es wird viel heißer sein, es gibt natürlich ein Regen- und Gewitterrisiko. Wir haben Regenreifen und Intermediates, also sollten wir gut vorbereitet sein. Vom Ansatz her gibt es keinen Unterschied. Man kann dieses Rennen nicht als Referenz nehmen, weil es komplett unterschiedlich ist. Wie ich bereits gesagt habe: Die Bedingungen werden anders sein, und auch die Reifen werden anders sein."

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