• 14. März 2013 · 14:56 Uhr

Di Resta: "Es war komisch, der einzige Fahrer zu sein"

Paul di Resta war den gesamten Winter über der einzige Force-India-Pilot, doch der Schotte glaubt nicht, dass er deswegen Vorteile gegenüber Adrian Sutil hat

(Motorsport-Total.com) - Vor zwei Jahren gab Paul di Resta hier in Melbourne sein Debüt bei Force India. Auch 39 Rennen später ist der Schotte weiterhin dabei, sich einen Ruf im Fahrerlager zu erarbeiten. An seiner Seite steht in diesem Jahr ein alter Bekannter: Adrian Sutil ist wie 2011 Teamkollege des 26-Jährigen. Was er darüber denkt, wie er sich im Winter als einziger Fahrer des Teams gefühlt hat, und was er sich von seinem Boliden wünscht, dass erklärt er im Interview.

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Paul di Resta möchte eine offenere und gelassenere Stimmung aufbauen Zoom Download

Frage: "Paul, heute ist der Donnerstag vor dem Saisonauftakt. Hast du das schon realisiert?"

Paul di Resta: "Es ist schön, wieder an der Rennstrecke zu sein. Das erste Rennen kam schnell daher. Auch wenn es sich heute nicht wie der erste Tag eines Grand Prix anfühlt, ist jeder gespannt. In unserer Garage scheint alles unter Kontrolle zu sein. Wir warten, bis das Auto das erste Mal auf der Strecke ist."

Frage: "Wie fühlst du dich?"

di Resta: "Jede Saison in der Formel 1 ist ein Höhepunkt. Über dem ersten Grand Prix liegt natürlich noch einmal ein Fragezeichen. Wir reisen hier zuversichtlicher an als in den ganzen vergangenen Saisons und möchten beweisen, dass unsere Performance auf der Strecke besser ist. Wir müssen auch besser in die Saison kommen als in den vergangenen beiden Jahren, denn da hatten unsere Konkurrenten immer einen Vorsprung aufgebaut. Aber hinter mir liegt ein guter Winter, jetzt zählt es. Jetzt ist der Moment, an dem die ganze Arbeit und der ganze Einsatz seit November, Dezember sich auszahlt."

Frage: "Macht es einen Unterschied, mit einem Teamkollegen zu arbeiten, den du bereits kennst?"

di Resta: "Obwohl die Entscheidung sehr spät getroffen wurde, hat sie mich in meiner Vorbereitung nicht behindert. Ich konnte bei den Tests ein wenig flexibler agieren - an welchen Tagen ich gefahren bin. Es ist schön, Adrian wieder hier zu haben. Er ist sehr erfahren - natürlich auch erfahrener in der Formel 1 als ich. Er kennt das Team gut, das Team weiß, wie wir zusammenarbeiten und das sollte uns in die Karten spielen. Unsere Beziehung ist gut und wir können ein professionelles Verhältnis haben, bei dem wir uns beide pushen. Es sollte eine gute Balance herrschen, wie 2011."

"Es ist schon sehr seltsam, dass er wieder mein Teamkollege ist. Man denkt gar nicht daran, dass so etwas passieren kann. Fakt ist, ich war sehr traurig, dass Adrian 2012 keinen Platz hatte, denn er hätte ein Cockpit verdient gehabt. An die ausstehende Entscheidung habe ich aber keine Gedanken verschwendet, das war Sache des Teams. Die mussten sich beeilen, dass alles fertig wird - von wichtigen Sachen, wie dem Auto, bis hin zu ganz banalen Dingen, wie Autogrammkarten."

Ein bisschen mehr Gelassenheit, bitte

Frage: "Spürst du zum diesjährigen Auftakt einen größeren Druck als zu den vergangenen beiden? Schließlich musst du im Kopf haben, dass dein Vertrag in diesem Jahr ausläuft und dass du arbeiten musst, um einen neuen zu bekommen..."

di Resta: "Tut er das?"

Frage: "Soweit ich weiß, schon. Möchtest du ihn gerne verlängern oder schaust du dich lieber woanders um?"

di Resta: "Wir beginnen gerade einmal die Saison und niemand redet schon über Verträge. Ich versuche, meinen Ruf als Fahrer in der Formel 1 aufzubauen, damit sichert man sich einen langfristigen Platz in dem Sport. Aber ob das jetzt hier oder woanders sein wird, das werden die Möglichkeiten zeigen. Aber ich denke eher an das anstehende Wochenende als an das kommende Jahr, das eine neue Ära in der Formel 1 einläuten wird. Natürlich wäre ich da gerne ein Teil von."

Frage: "Zur Formel 1 gehört auch die Arbeit mit den Medien. Du hast gesagt, du möchtest deine Interaktion mit den Medien verändern. Ein bisschen mehr Gelassenheit würde dir und deinem Team gut tun..."

di Resta: "Vermutlich schon. Aber Beziehungen wachsen mit der Zeit, ich denke auch, dass man lang genug im Fahrerlager sein sollte, um sich einen Ruf aufzubauen, das Vertrauen der Leute zu haben und Kommentare richtig zu deuten. Es war ein guter Winter um auf alle Aspekte des Wandelns zu schauen."

Kein Vorteil über Sutil

Frage: "Was hat sich denn bereits verändert?"

di Resta: "Ha, ich bin ein Jahr älter und habe vermutlich mehr graue Haare. Aber um ehrlich zu sein: Mit einem weiteren Jahr unter dem Helm fühle ich mich wohler und in einer Position, mich mehr den Dingen zu widmen, die ich möchte, und mich nicht von irgendwelchen Umständen überrennen zu lassen. Man kann sein Leben besser planen und weiß, wie man das Beste aus seinen Fähigkeiten herausholen kann. Ich hatte einen konstruktiven Winter und habe eng mit dem Team zusammengearbeitet. Sicher war es komisch, der einzige Fahrer zu sein."

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Adrian Sutil und Paul di Resta kennen sich noch von ihrem gemeinsamen Jahr 2011 Zoom Download

Frage: "Glaubst du, dass du am Anfang des Jahres einen Vorteil gegenüber Adrian haben wirst? Du hattest mehr Zeit im Auto und musstest die Entwicklung anführen."

di Resta: "Nein, es gibt keinen Nummer-eins- und Nummer-zwei-Status, wir sind komplett gleichberechtigt. Wie bereits gesagt, hat er ein paar Jahre mehr Erfahrung und ich erwarte nicht weniger, als dass er mich hart pusht. Natürlich würde ich gerne vor ihm liegen, das ist auch mein Ziel. Aber es muss immer dein Ziel sein, vor deinem Teamkollegen zu liegen."

Frage: "Da du mehr Zeit im Auto hattest, konntest du den Ingenieuren auch mehr Feedback geben. Schlägt das Auto dann in deine Richtung?"

di Resta: "Ja, aber da gibt es eigentlich kaum Unterschiede. Letzten Endes wird Adrian das Auto in seiner bestmöglichen Form fahren, das versuchen wir über die Wintertests zu erreichen. Das Auto hatte seine Rennspezifikation in Barcelona, vorher nicht. Es war ein Vorführwagen. Ich würde nicht sagen, dass ich in einer besseren Position bin. Dieses Wochenende ist der Schlüssel, wohin die Reise geht und wir werden uns gemeinsam darauf konzentrieren, das Auto für die Europasaison besser zu machen."

Keine Reifenüberraschung

Frage: "Welche Rolle spielen die Reifen - besonders die Supersofts - hier in Australien?"

di Resta: "Man kommt hier in einer seltsamen Situation an, denn wir haben einen Reifen, mit dem wir in den Wintertests noch nicht viel gearbeitet haben. Aber wir haben gesehen, wie sich die anderen Reifen verhalten. Jeder hat die Reifendaten aus Barcelona und von 2011 und 2012. Die Jungs kommen schon mit Zahlen an. Es wäre ein anderes Rennen, wenn wir es am Anfang der Woche abgehalten hätten, denn da war es ziemlich heiß. Jetzt senken sich die Temperaturen wieder auf ein Niveau, mit dem wir gearbeitet haben. Ich erwarte keine großen Überraschungen. Ich finde es gut, dass Pirelli mit einer aggressiven Reifenstrategie angereist ist. Die Supersofts sollten uns den bestmöglichen Grip auf eine Runde geben. Es ist wichtig, sie im Rennen am Leben zu erhalten, egal welchen Stint man fährt."

Frage: "Niemand erwartet, die Reifen in Melbourne gleich zu verstehen. Helfen die Barcelona-ähnlichen Temperaturen?"

di Resta: "Ich denke, das hilft vermutlich wirklich. Es wurden die Reifen ausgewählt, die ein geringeres Arbeitsfenster von der Temperatur her brauchen: Supersoft und Medium. Soft und Hart brauchen eine höhere Temperatur, um ins Arbeitsfenster zu gelangen. Wir haben hier einen Straßenkurs, der ziemlich wenig Grip aufweist. Im vergangenen Jahr waren sogar Ein-Stopp-Strategien möglich, egal ob es die schnellste Strategie war. Doch in dieser Woche dürfte es hart werden, das zu erreichen."

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Erste Streckenerkundschaftung mit dem Olympiasieger Chris Hoy Zoom Download

Frage: "Ein starker Auftakt in die Saison ist immer wichtig, um das Momentum aufzubauen. Ist das in diesem Jahr für dich doppelt wichtig, da am Ende der vergangenen Saison alles gegen dich zu laufen schien? Hast du das hinter dir gelassen?"

di Resta: "Verglichen mit meinen Teamkollegen habe ich die beiden Jahre bisher in guter Form begonnen. In der letzten Saison hatten wir Probleme, gegen Ende ein sauberes Wochenende zu absolvieren. Es gab Momente in denen wir ein schnelles Auto hatten, aber unglücklich agierten und unsere Pace nicht in Punkte umwandeln konnten. In Monza und Singapur ist uns das dann gelungen. Das kam genau zur richtigen Zeit und darauf bauen wir langsam aber sicher auf. Ansonsten lässt man das hinter sich - man lässt es hinter sich, bevor man wieder ins Auto steigt. Es ist ein Neubeginn."

"Man vergisst nicht, dass auch andere Leute schwierige Zeiten hatten. Schaut euch Jenson (Button; Anm. d. Red.) Mitte des Jahres an. Aber er hat das erste und das letzte Rennen gewonnen. Es kann in jede Richtung gehen. Ich wäre glücklich, wenn wir in den ersten paar Rennen ein gutes Resultat einfahren könnten und in einer guten Kampfposition nach Europa reisen würden. Die Möglichkeiten tun sich auf, denn Zuverlässigkeit ist sehr wichtig, und wir haben hier in den vergangenen zwei Jahren immer gepunktet."

Großes Ziel: Podium

Frage: "Was würdest du dafür geben, einmal in diesem Jahr auf dem Podium zu stehen?"

di Resta: "Das ist das nächste auf meiner Erfolgsliste. Wir waren in Singapur nah dran und es ist kein Geheimnis, dass dies mein größtes Ziel in diesem Jahr ist. Danach setzen wir uns Ziele, von denen wir annehmen, dass sie realistisch sind und unserem Leistungsniveau entsprechen. Ich erwarte nicht, dass wir nicht gegen Sauber oder Williams fahren können. Beide Teams wissen auch noch nicht, wie ihre Rookies sich schlagen werden. Force India hat zwei Fahrer, von denen sie wissen, zu was sie in der Lage sind."

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"Wir sind im vergangenen Jahr auch gegen Mercedes gefahren, aber die haben sich scheinbar in der Rangliste ein wenig verbessert. Aber man soll nie nie sagen. An diesem Wochenende geht es richtig los, wo die Leute vorher stehen ist ein großes Fragezeichen. Wir haben zum Beispiel auch Red Bulls großes Potenzial noch nicht gesehen. Freitag wird man strahlende oder traurige Gesichter sehen, am Samstag muss man dann Farbe bekennen."

Frage: "Du hast vorhin gesagt, dass du einen Ruf aufbauen willst. Wie siehst du selbst deinen Ruf im Moment und was kannst du tun, um ihn zu verbessern?"

di Resta: "Ich möchte auf jeden Fall an meiner Konstanz arbeiten, danach haben wir auch unser Auto gebaut. Wir haben gesehen, dass das Auto, einmal im Arbeitsfenster angekommen, uns gute Resultate bringt. Wenn wir das Werkzeug dazu bekommen, dann können wir das als Team erreichen. Ich möchte an jedem Wochenende zurückkehren und sagen können, dass wir erreicht haben, was möglich war - oder zumindest fast. Am Ende kommt es darauf an, jedwede Möglichkeit zu nutzen, denn sechste und siebte Plätze sind ein exzellentes Resultat für das Team. Wenn man davon ein paar in Serie holen kann, wandert man in der Punktetabelle ein ganzes Stück nach oben."

Mehr Streckenzeit gewünscht

Frage: "Als Rennfahrer möchte man immer mehr erreichen. Kommst du nach Melbourne mit dem Wunsch, von etwas Bestimmtem mehr zu haben?"

di Resta: "Speed."

Frage: "Kein Abtrieb?"

di Resta: "Abtrieb kommt mit Speed, oder?"

Frage: "Es gibt also nichts, mit dem sich das Team über den Winter mehr hätte beschäftigen sollen oder wofür ihr mehr Zeit gebraucht hättet?"

di Resta: "Streckenzeit allgemein. Die ist natürlich eingeschränkt und jeder hätte gerne mehr. Aber jeder bekommt die gleichen Möglichkeiten und die gleiche Zeit. Wir wären gerne die schnellsten im Qualifying, aber das gibt es noch die großen Teams mit den großen Budgets und den großen Ressourcen. Zu diesem Zeitpunkt fühlt man sich relativ komfortabel, morgen nach dem Training kann sich die Meinung aber schon geändert haben. Im Moment wäre ich glücklich, rauszufahren, erste Runden zu drehen und das Programm zu absolvieren."

"Wir müssen morgen Nachmittag eine Menge lernen. Wenn du in Barcelona oder Jerez bist, bekommst du so viele Daten. Hier müssen wir einfach nur für das eine Grand-Prix-Wochenende performen. Hier herrschen auch andere Bedingungen, es wird interessant mit den Reifen sein. Alle haben ein bisschen Angst, denn man hat schon gesehen, was die Formel 1 anstellen kann: Sehr schnell können die Teams die Reifen länger am Leben erhalten, als sie eigentlich sollten."

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