Bottas: "Jeglicher Druck kommt von mir selbst"
Auf Williams-Pilot Valtteri Bottas wartet am Wochenende in Melbourne die erste Bewährungsprobe - Der Finne will so schnell wie möglich an Maldonado dran sein
(Motorsport-Total.com) - Wenn Experten einem der fünf Formel-1-Neulinge etwas zutrauen, dann fällt meist der Name Valtteri Bottas. Der finnische GP3-Champion war bereits im vergangenen Jahr fester Bestandteil des Williams-Teams und gilt als großes Talent. 2013 schlägt nun seine große Chance in der Formel 1. Im Interview spricht der 23-Jährige über seine Vorbereitung, den Vergleich mit Pastor Maldonado und darüber, wie er mit dem Druck zurechtkommt.
Frage: "Valtteri, hast du gut geschlafen oder bist du zu aufgeregt?"
Valtteri Bottas: "Ich kann gut schlafen, wie ein Baby."
Frage: "Du schläfst vor Rennen immer gut?"
Bottas: "Ich hatte noch nie Schlafprobleme."
Frage: "Du musst doch trotzdem ziemlich aufgeregt sein?"
Bottas: "Natürlich. Der erste Grand Prix ist etwas Besonderes. Darauf habe ich mich den ganzen Winter über gefreut."
Frage: "Wie viel konntest du vor dem ersten Grand Prix üben? Kannst du dich gut auf die Situation, der du begegnest, vorbereiten?"
Bottas: "Ich denke, ich bin sehr glücklich. Ich fühle wirklich, dass ich die bestmögliche Vorbereitung genießen konnte, denn im vergangenen Jahr konnte ich 15 Freitagstrainings bestreiten. Zudem war ich drei Jahre als Testfahrer beim Team und bin nun zum Stammfahrer aufgestiegen. Das ist das Beste, was du als junger Fahrer heutzutage bekommst. Ich fühle mich also gut vorbereitet. Natürlich hätte ich gerne mehr Kilometer abgespult, aber ich denke alles lief gut. Ich bin bereit."
Frage: "Zu wie viel Prozent bist du bereit?"
Bottas: "110."
Frage: "Was könnte ein erstes Ziel für dich sein: Das Rennen beenden oder unter die ersten Zehn kommen?"
Bottas: "Das Rennen zu beenden ist mit Sicherheit oberstes Ziel. Am Samstag werden wir sehen, wo wir stehen, dann kann ich vielleicht ein anderes Ziel setzen, wo wir sein möchten. Das Wichtigste ist aber erst einmal, ins Ziel zu kommen. Wenn das Auto schnell genug für die besten Zehn ist, dann wäre ich sehr glücklich, wenn ich am Sonntag meine ersten Punkte bekommen könnte."
Die Erwartungen sind hoch
Frage: "Du kommst mit einer guten Reputation in die Formel 1 und hast bisher in deiner Karriere so ziemlich alles gewonnen. Alle verfolgen jedes Wort von dir. Fühlst du durch die gesteigerte Medienaufmerksamkeit besonderen Druck?"
Bottas: "Den mache ich mir selbst. Ich sehe das Wochenende als Chance für mich und für mein Team und es ist schön zu sehen, dass es große Erwartungen gibt. Mir geht es genauso, ich erwarte eine Menge und lege die Messlatte gerne hoch, denn das bringt die Resultate und lässt dich härter arbeiten. Jeglicher Druck kommt von mir selbst."
Frage: "Warst du als finnischer Landsmann mal bei Kimi Räikkönen, um dir Tipps geben zu lassen? Wenn ja, was hat er dir geraten?"
Bottas: "Nein, ich habe ihn noch nicht wirklich viel gesehen. Vielleicht später. Aber den Rat eines anderen Finnen hab ich bekommen, von Mika (Häkkinen; Anm. d. Red.). Er sagte, dass alles gut wird, wenn ich mein Bestes gebe. Gib einfach dein Bestes, dann wird das schon."
Frage: "Ist Mika Häkkinen der finnische Formel-1-Fahrer, mit dem du am meisten sprichst?"
Bottas: "Ja, ich spreche jede Woche mit ihm. Wir stehen in gutem Kontakt."
Frage: "Was wird die größte Herausforderung an diesem Wochenende?"
Bottas: "Die Reifen. Das war in Barcelona für jeden schwierig und jeder erwartet hier ziemlich heiße Temperaturen und dass die Reifen in Ordnung sein werden. Nun fallen die Temperaturen und ich denke am Sonntag werden die Bedingungen ähnlich sein wie in Barcelona. Ich denke, das wird für jeden eine Herausforderung."
Frage: "Hast du in Barcelona viele Runden auf den Supersofts gedreht?"
Bottas: "Ja, ich habe ein paar gemacht. Aber Barcelona ist für die Supersofts nicht ideal. Es war schwer, das Arbeitsfenster zu treffen, weil die Strecke einfach nicht für die Supersofts gemacht ist. Sie sollten hier viel besser funktionieren als in Barcelona."
Ein ganz normales Rennwochenende
Frage: "Auf Longruns konnte der Williams gut mit den Reifen haushalten. Ist das eine Stärke des Teams?"
Bottas: "Ja, es hat sich gut angefühlt. Im Vergleich mit dem Vorjahresauto sehe ich nichts Negatives bezüglich des Reifenlebens oder allgemein auf das Auto bezogen. Das letztjährige Auto war bereits gut zu den Reifen, in diesem Jahr könnte es sogar noch besser sein."
Frage: "Bist du zuversichtlich, rennbereit zu sein am Sonntag? Immerhin standest du im letzten Jahr an der Seitenlinie..."
Bottas: "Das erwarte ich. Ich bin jetzt eine Zeit lang keine Rennen gefahren, aber das ist eben so. Ich hatte meine Zeit (im Auto; Anm. d. Red.), und ich fühle mich ziemlich selbstbewusst und zuversichtlich für das Rennen."
Frage: "Fühlt es sich für dich wie ein normales Rennwochenende an oder spürst du den Druck angesichts deines ersten Formel-1-Rennens?"
Bottas: "Auf der einen Seite fühlt es sich wie immer an. Es gibt Sachen, auf die man sich konzentrieren muss: das Training, das Auto für das Qualifying und das Rennen einstimmen. Ich muss nur fahren und es ist ein Rennen wie jedes andere. Aber gleichzeitig ist das natürlich ein besonderer Moment, denn es ist mein erster Grand Prix."
Frage: "Im letzten Jahr hast du bei dem Wettbewerb 'Run That Track' mitgemacht, bei dem es darum geht, eine Strecke in möglichst kurzer Zeit zu umlaufen. Wirst du weitermachen?"
Bottas: "Vielleicht nicht so viel wie im letzten Jahr. Ich habe ein wenig mehr zu tun, aber das ist ja auch gut. Ich werde es ein wenig ruhiger angehen lassen."
Frage: "Erinnerst du dich an deine Zeit im letzten Jahr?"
Bottas: "Ich glaube, ich bin im letzten Jahr hier gar nicht gelaufen."
Maldonado, der aggressive Maßstab
Frage: "Du hast mit Pastor Maldonado einen ziemlich schnellen Teamkollegen. Was erwartest du, in der ersten Jahreshälfte gegen ihn zu erreichen?"
Bottas: "Ich hoffe, dass ich so schnell wie möglich den gleichen Speedlevel erreiche, denn ich weiß, dass er stark ist. Er war in einigen Qualifyings und Rennen echt beeindruckend. Er ist ein guter Maßstab, der alles aus dem Auto herausholen kann, wenn es nötig ist. Wenn ich so schnell wie möglich diesen Level erreiche, wäre das gut. Je näher wir aneinander dran sind, desto besser können wir uns vergleichen. Und je härter wir uns vorantreiben können, desto besser. Es wäre gut für mich und das Team, wenn ich nah dran wäre."
Frage: "Was hast du von Pastor gelernt?"
Bottas: "Ich habe beim Testen auf seinen Fahrstil geschaut. Er fährt ziemlich aggressiv und in manchen Bereichen funktioniert das hervorragend. Wie ich bereits gesagt habe, ist er ein Typ, der im Qualifying alles aus dem Auto holt und das kann ich vielleicht von ihm lernen."
Frage: "Beim Testen wart ihr beide auf einem Level. Wirst du seine Zeiten im Qualifying erreichen können?"
Bottas: "Natürlich habe ich gehofft, dass ich nah dran bin. Beim Testen war alles sehr eng: Longruns, Shortruns. Das war sehr schön. Ich erwarte nicht, weit von ihm weg zu sein. Falls doch, muss ich herausfinden wieso und versuchen mich zu verbessern. Man ist niemals zufrieden, bis man schneller als der andere ist."
Frage: "Das Team benutzt morgen zwei Aeropakete. Was sind die Vorteile davon?"
Bottas: "Es ist eine gute Chance für uns, die verschiedenen Varianten unter gleichen Bedingungen, mit gleichen Reifen, zur gleichen Zeit auf der Strecke auszuprobieren. Das können wir bei den Tests nicht machen, denn wenn du etwas änderst und es Zeit in Anspruch nimmt, dann ist plötzlich die Windrichtung oder so anders. Das macht es schwierig, es zu bewerten. Es wird helfen, die beiden Pakete zu gleichermaßen zu verstehen."
Frage: "Fühlst du dich auch wohl im Regen, falls das Qualifying nass werden würde, was durchaus passieren kann?"
Bottas: "Ich habe mittlerweile ein gutes Soll an Regenrunden angehäuft. Bei den zahlreichen Freitagstests, dem Test in Mugello sowie in Barcelona waren schon Regentage dabei. Das sollte schon passen. Sollte es wirklich regnen, sehe ich das als Chance an, denn dann hat man immer die Möglichkeit, einiges zu erreichen, wenn man alles ordentlich zusammenbringt.