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Hülkenberg: "Ferrari kann, muss aber nicht"
Der Sauber-Neuzugang über seine neue Rolle als Teamleader bei Sauber, eine mögliche Zukunft bei der Scuderia und seine Ziele für die Saison
(Motorsport-Total.com) - Mit vielen Highlights bei Williams und Force India hat sich Nico Hülkenberg seine Chance bei Sauber in den vergangenen drei Jahren redlich verdient. Sollte der C32 das halten, was sich das Team von ihm verspricht, könnte der Emmericher endlich zeigen, welches Talent wirklich in ihm schlummert. Hülkenberg hält das neue Auto für eine Kampfansage an die Konkurrenz. Im Interview spricht er auch über Manieren auf der Strecke und den Einfluss der Piloten auf den sportlichen Erfolg.
Frage: "Nico, nach deiner Zeit bei Williams und Force India bist du bei Sauber erstmals zur Nummer eins im Team aufgestiegen. Was hat sich dadurch verändert?"
Nico Hülkenberg: "Ich bin nicht die Nummer eins, wir werden gleich behandelt. Ich bin der Erfahrenere, das stimmt, mein Kollege Esteban Gutierrez ist der Rookie. Es ist nicht lange her, da war ich in der gleichen Situation. Wenn er Fragen hat, werde ich versuchen, ihm zu helfen. Aber das ganze Gerede von der Führungsrolle und der Nummer eins lässt mich völlig kalt. Ich bin hier, um meinen Job zu machen, das Team voranzutreiben. Alles andere ist uninteressant."
Besessen vom WM-Titel
Frage: "Nach deiner starken Saison 2012 in einem unterlegenen Auto wirst du unter Experten schon als potenzieller Weltmeister gehandelt. Stört dich der ganze Hype?"
Hülkenberg: "Da macht man ein gutes Rennen und wird schon in den Himmel gehoben - damit kann ich nichts anfangen. Ich bleibe fokussiert und habe meine Ziele, die ich verfolgen werde: Nämlich mit Sauber um gute Resultate kämpfen und irgendwann einmal Weltmeister werden. Davon sind alle Fahrer besessen. Aber wann das sein wird, kann ich nicht sagen."
Frage: "Von dir wird der nächste Schritt in deiner Entwicklung erwartet. Wie gehst du mit dem Druck um?"
Hülkenberg: "Die Erwartungshaltung ist immer hoch, und die höchste habe ich selber an mich. Druck war schon im Kartsport da. Da muss und kann ich mit umgehen."
Frage: "Die Gerüchte halten sich hartnäckig, dass du bei Sauber nur geparkt bist und nächste Saison zu Ferrari wechseln könntest."
Hülkenberg: "Das beschäftigt mich ganz und gar nicht. Ich rede grundsätzlich nicht über Vertragsinhalte und habe noch nicht einmal ein Rennen im Sauber bestritten. Natürlich bekomme ich die Spekulationen mit, und das ist ja auch eine Form der Anerkennung, aber die ganzen Vermutungen da draußen lassen mich völlig unberührt. Ich konzentriere mich ganz auf die kommende Saison und dabei erst einmal auf Melbourne."
Egoistisch ja, halsbrecherisch nein
Frage: "Aber muss es denn nicht für einen Fahrer mit deinem Potenzial das Ziel sein, einmal für Ferrari zu fahren?"
Hülkenberg: "Kann, muss aber nicht."
Frage:: "Du hast zuletzt gesagt, alle Formel-1-Fahrer seien Egomanen."
Hülkenberg: "Rennfahrer sind vom Charakter her Egoisten, das müssen sie auch sein. Im Auto sind wir Einzelkämpfer, da geht es Mann gegen Mann auf der Strecke. Verlässt man das Cockpit, ist das natürlich eine andere Sache. Da arbeiten wir mit vielen Technikern und Ingenieuren zusammen, dann ist Teamarbeit entscheidend. Aber auf der Piste sind wir alleine, da zählt Killerinstinkt."
Frage: "Gehört es dann auch dazu, einen Konkurrenten bei Tempo 300 ins Gras abzudrängen?"
Hülkenberg: "Absichtlich macht das mit Sicherheit kein Fahrer. Vielleicht kommt das mal vor, bei diesen hohen Geschwindigkeiten ist das nicht auszuschließen - da geht natürlich alles sehr schnell. Vielleicht passieren dann mal Dinge, die man eigentlich nicht wollte. Die Einschätzung aus dem Cockpit ist natürlich auch anders als die vor dem Fernseher, wo die Zuschauer eine sehr viel bessere und umfassendere Sicht haben."
Talent nicht immer sichtbar
Frage: "Was unterscheidet einen Fahrer, der um Siege kämpft, von einem, der im Mittelfeld umherfährt?"
Hülkenberg: "Da kann es Unterschiede geben, was vielleicht das Talent betrifft - muss es aber nicht. Oft kann man das nicht erkennen. In unserem Sport ist es nun einmal so, dass das Auto sehr darüber entscheidet, wo man im Feld steht."
Frage: "Wie groß ist da noch der Einfluss des Fahrers?"
Hülkenberg: "Da kann man schon noch einiges herausholen. Am Ende des Tages gibt es nur zwei Personen im Team, die das Auto fühlen und darüber eine Aussage treffen, wo die Entwicklung hingeht. Da wird natürlich auf uns Piloten gehört, auch wenn es als Backup noch unzählige Daten gibt. Aber unser Feedback hilft natürlich dabei, auf der einen Seite die Stärken weiter auszubauen und auf der anderen, noch wichtigeren, die Schwächen schnell zu erkennen und dann gegenzusteuern."
Sauber: Grau, aber keine Maus
Frage: "Dein Wagen gilt als der spektakulärste Entwurf im Feld. Ist das mehr Risiko oder eher eine Chance?"
Hülkenberg: "Es stimmt, es ist ein sehr aggressives Design, wie eine Ansage: Sauber pusht, die wollen was erreichen. Auf jeden Fall ist es ein Eyecatcher, jedem fällt auf: Der Wagen ist irgendwie anders. Aber: Ein Teil am Auto entscheidet nicht über Sieg oder Niederlage. Mit unseren Testergebnissen bin ich zufrieden, aber wo wir wirklich stehen, werden wir erst in Melbourne sehen. Aber wir fahren zu jedem Rennen, um Punkte zu holen."
Frage: "Was willst du erreichen, damit du im November sagen kannst: 'Das war ein erfolgreiches Jahr?'"
Hülkenberg: "Ich muss mir sagen können: Das war ordentlich, wir haben aus unserem Paket alles herausgequetscht, was möglich war - mehr war nicht drin. Dann kann ich mir nichts vorwerfen."