Prost: "Habe die Turbo-Ära genossen"
Ex-Formel-1-Weltmeister Alain Prost erinnert sich vor der Einführung der neuen V6-Turbomotoren an alte Zeiten zurück: Wenn 1.000 PS im Qualifying schieben
(Motorsport-Total.com) - In der Formel 1 steht im kommenden Jahr ein Umbruch an. Ab der Saison 2014 werden die Autos von neuen 1,6-Liter-V6-Turbomotoren und umfangreicheren Hybridsystemen angetrieben. Nachdem Mercedes erste Details seines Aggregats gleich zu Jahresbeginn offenbarte, zog Renault Anfang dieser Woche nach. Bei der Präsentation des V6 aus Frankreich war auch Markenbotschafter Alain Prost zu Gast. Der Ex-Formel-1-Weltmeister erinnert sich im Interview an frühere Turbo-Tage in der Königsklasse.
Frage: "Alain, V8, V6, V10. Welche Formel hat dir am meisten Vergnügen bereitet?"
Alain Prost: "Ich habe die Turbo-Ära wirklich genossen, obwohl es zeitweise ziemlich frustrierend war, weil es Zuverlässigkeitsprobleme gab. Dennoch war die Turbo-Ära unglaublich. Wir Fahrer mussten viele Dinge berücksichtigen - den Turbolader, den Spritverbrauch, aber auch die Motorbremse. Beim Getriebe und bei den Bremsen mussten wir sehr vorsichtig sein. Man musste ein sehr kompletter Rennfahrer sein. Heutzutage werden den Fahrern ganz andere Fähigkeiten abverlangt."
Frage: "War es schwieriger, mit dem Turbomotor umzugehen als später mit den V10-Aggregaten?"
Prost: "Ja, auf jeden Fall."
Frage: Benötigte man mehr Gefühl in den Füßen?"
Prost: "Ja, aber es ging nicht nur um den Motor. Wir mussten uns mit vielen Dingen auseinandersetzen. Es war eine ganz andere Ära. Aber genau deshalb war es wirklich kompliziert. Ich mochte das. Dagegen war die V10-Ära wirklich einfach."
Der Ritt auf der Rakete
Frage: Wie schwierig war es damals, sich wegen des Materials und der Bremsen zu zügeln - vielleicht ein bisschen langsamer zu fahren als möglich?"
Prost: "Das war auch eine mentale Prüfung, denn es war schwierig. Es gab Strecken, wo man vielleicht schon getestet hatte und man daher wusste, dass dies notwendig sein würde. Auf anderen Strecken wusste man es manchmal überhaupt nicht. Man fand es erst beim Fahren heraus - nach ein paar Runden."
"Es kam aber natürlich vor, dass man von anderen Piloten unter Druck gesetzt wurde und Gas geben musste. Dann sagte man: 'Mist, ich muss aufpassen, darf nicht zu sehr pushen und muss etwas warten'. Das war eine andere Herausforderung. Wenn man mit Piloten der neuen Generation spricht, dann sagt man ihnen, dass man damals fünf bis sieben Runden lang vorsichtig sein und langsamer machen musste, aber sie verstehen es nicht."
Frage: "Es gab eine Zeit, da hatten die Turbomotoren im Qualifying über 1.000 PS. Wie fühlte sich das an? Wie ein Ritt auf einer Rakete?"
Prost: "Ja, es an gewissen Orten schon, nicht überall. Manchmal war man sogar schneller, wenn man den Ladedruck zurückdrehte. Manchmal war es einfach zu viel - wir fuhren im fünften Gang, damit die Räder nicht durchdrehen konnten. Manchmal ist es unmöglich, Vergleiche anzustellen. Man darf nicht vergessen, dass wir in meiner Renault-Zeit 250 Liter Sprit an Bord hatten. Unter diesen Umständen ein Setup zu finden und auch deinen Geist darauf einzustellen, ein Setup für den Anfang des Rennens zu finden..."
"Damals war man manchmal konkurrenzfähiger, wenn das Setup in der Anfangsphase des Rennens optimal war, um nicht alle aufzuhalten. Wenn man dann mit wenig Sprit und mit Qualifying-Reifen unterwegs war und den Boost aufdrehte, dann musste man das Auto für das Qualifying einstellen. Ich erinnere mich an Strecken, wo man sich komplett umstellen musste. Das war wirklich seltsam."
Frage: "Wirkte sich der Höhenunterschied auf die Motorleistung aus?"
Prost: "Nein. Der Unterschied war nicht einmal spürbar."