• 24. November 2012 · 08:13 Uhr

Button: Freundschaft mit Hamilton kaum denkbar

McLaren-Pilot Jenson Button im Interview über den Abschied von Lewis Hamilton, den Neuzugang Sergio Perez und die Zukunft der Formel 1

(Motorsport-Total.com) - Jenson Button hat nach seinem Titelgewinn 2009 mit Brawn alles richtig gemacht. Der Brite fand vor dem späteren Fall des Teams unter dem neuen Titel Mercedes den Absprung zu McLaren. Dort konnte er sich sehr gut gegen Lewis Hamilton behaupten. So gut sogar, dass die Mannschaft aus Woking immer mehr auf die Seite des Mannes aus Frome rückte und Hamilton nun das Weite sucht. Button ist bald die unumstrittene Nummer eins bei McLaren. Im Interview erklärt er, wie er diese Rolle ausfüllen möchte.

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Jenson Button wird 2013 der eindeutige Teamleader bei McLaren sein Zoom Download

Frage: "Jenson, welchen Kontakt pflegst du derzeit zu deinem zukünftigen Teamkollegen Sergio Perez? Unterhaltet ihr euch bei den Fahrerbesprechungen oder geht es darüber hinaus?"

Jenson Button: "Nein. Ich habe ihm zu dem Vertrag gratuliert. Abgesehen davon grüßen wir uns natürlich, aber das war es dann auch. Ehrlich gesagt kenne ich 'Checo' bisher kaum. Ich weiß natürlich, was er auf der Strecke so tut, aber wenn er aussteigt und den Helm abnimmt, dann weiß noch nicht, was für ein Mensch dahinter zum Vorschein kommt."

Frage: "Müssen Teamkollegen heutzutage befreundet sein?"

Button: "Ich glaube kaum, dass es viele Teamkollegen gibt, die echte Kumpel sind. Man arbeitet zusammen, tauscht Informationen aus und unterstützt das Team. Aber ich glaube nicht, dass es da viele Freundschaften gibt."

Frage: "Sergio hat wenig Erfahrung, also muss er sich an dir orientieren. Bis du bereit für diese Leaderrolle?"

Button: "Ja, natürlich. Es ist nicht das erste Mal, dass ich so etwas mache. Nachdem Jacques Villeneuve BAR verlassen hatte, war ich genau in der gleichen Situation. Ich hatte die wenig erfahrenen Takuma Sato und Anthony Davidson mit im Team. Ich freue mich auf die Rolle, in der ich das Beste aus mir herausholen kann. Ich werde dann das Team bezüglich der Entwicklungen am Auto eher in die Richtung leiten können, die ich mag."

"Ich brauche ein Auto, das ich in meine Richtung entwickeln kann. Wenn es immer eine neutrale Balance gibt, dann passt mir das nicht. Ich muss mir ein Auto dorthin biegen, wo ich es hinhaben will. Dann kann ich mich wohlfühlen. Ich denke auch, dass das in einer solchen Situation niemand besser kann als ich in einer solchen Position. Mein Problem ist: Schaffe ich es nicht, mir das Auto dahingehend passend zu entwickeln, dann bin ich schnell im Nirgendwo."

McLaren: Hamilton geht, Perez kommt

Frage: "Bisher hatte McLaren eine sehr prominente Fahrzeugbesetzung. Das ändert sich nächstes Jahr. Ist der Abschied von Lewis ein großer Verlust?"

Button: "Man würde als Team am liebsten zwei Weltmeister im Auto haben. Aber was soll ich denn nun dazu sagen? Das ist schwierig für mich. Entweder, es heißt nachher, dass ich Sergio nicht für gut genug halte, oder es heißt, ich halte Sergio für genauso stark wie Lewis. Ich weiß, dass wir einen Fahrer verlieren werden, der hier sehr lange Zeit war - seit seinem 13. Lebensjahr im Grunde genommen. Es ist eine Art Neuanfang für das Team. Als letztmals ein solch unerfahrener Pilot an Bord kam, da war es Lewis selbst. Und das hat sich dann doch gut entwickelt ..."

"Eines möchte aber noch anfügen, wo es gerade um die geringe Erfahrung meines zukünftigen Teamkollegen geht: Die britische Presse hat meine Äußerungen diesbezüglich sehr negativ ausgelegt. Vielleicht hat es Sergio dadurch nicht gerade leicht mit den Fans. Ich wollte doch nur sagen, dass er vielleicht ein bisschen Zeit braucht. Aber die Zeitungen brauchen Schlagzeilen, sie müssen Leser locken. So läuft das eben. Schade ist nur, dass man dadurch immer weniger man selbst sein kann."


Fotos: Jenson Button, Großer Preis von Brasilien


Frage: "War es schwierig, Teamkollege von Lewis Hamilton zu sein?"

Button: "Nein, wir haben versucht, das Beste für das Team zu erreichen. Eine Problematik erkenne ich da nicht. Ich denke, dass ich im Team mit allen gut zu Recht komme. Die Leute hören mir zu, was enorm wichtig ist. Lewis und ich haben aber unterschiedliche Fahrstile, entsprechend sind dann die Aussagen auch manchmal unterschiedlich. Mal geht es in die gleiche Richtung, mal aber auch nicht."

"Es gab in der Zusammenarbeit mit Lewis auch Höhen und Tiefen. Es war bestimmt nicht immer so leicht. Tatsache ist, dass er extrem schnell ist. Einen solchen Speed aus dem Stand auf eine schnelle Runde hat kaum jemand so wie er. Wir wissen aber, dass es in der Formel 1 nicht nur um eine schnelle Runde geht, sondern im Rennen gibt es erst die Punkte zu gewinnen. Er ist in Bezug auf schieres Tempo wirklich eine harte Nuss."

"Wir haben in diesem Jahr aber bezogen auf die Entwicklung des Autos gut zusammengearbeitet. Er hat sicherlich in diesem Jahr auch viel gelernt. Zum Beispiel eben, dass es nicht nur um den Speed auf eine Runde geht, sondern man auch mal auf seine Reifen achten sollte. Wir haben gegenseitig voneinander gelernt. Das hat uns beide zu besseren Rennfahrern gemacht."

Die üble Phase vor der Sommerpause

Frage: "Ihr habt am Freitag einen Eindruck von den 2013er-Reifen bekommen können, die insgesamt eine Stufe weicher ausfallen sollen. Kommt dir das entgegen?"

Button: "Das weiß man noch nicht. Die Konstruktion ist etwas anders. Die Reifen, die wir am Freitagmorgen ausprobiert haben, sind vom Gefühl her vor allem an der Vorderachse deutlich anders - von der Konstruktion her auch ganz anders als bei allen Reifenherstellern, die zuvor in der Formel 1 waren."

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Im Duell gegen Lewis Hamilton lag Jenson Button oft knapp zurück Zoom Download

"Die Reifen funktionieren gut. Sie wärmen schnell auf, sind sofort da und bauen dann recht schnell ab, was sehr ungewöhnlich ist für Pirelli. Auch an der Hinterachse ist das ähnlich. Das sind interessante Aussichten für 2013. Der Verschleiß ist ebenfalls anders. Wir haben hier die harte Mischung ausprobiert. Die ist viel, viel schneller als die harte Mischung der bisherigen Pneus. Sie bieten erheblich mehr Grip, allein aufgrund der veränderten Konstruktion."

Frage: "Woher kamen die vielen Schwankungen im Verlauf der Saison?"

Button: "Ich persönlich hatte gar nicht so viel Auf und Ab. Ich hatte drei Rennen, die wirklich schlecht waren. Das ging ab dem vierten Saisonrennen in etwa los. Da hatte ich Probleme mit den Reifen und andere Sorgen mit meinem Auto. Wir haben dann ein paar Dinge ausprobiert, um die Reifen in den Griff zu bekommen. Allerdings haben wir damals nur erreicht, dass die Pneus zerstört wurden, bevor ich sie überhaupt richtig nutzen konnte. Das hat also nicht funktioniert. Aber wir haben daraus gelernt und fortan andere Dinge probiert. Dann ging es in die richtige Richtung."

"Als gesamtes Team muss man sagen, dass wir im Sommer ordentlich zulegen konnten. Vor Hockenheim fehlte es uns an Speed, aber dort gab es ein Update, das uns weit voran brachte. Diesen Trend haben wir dann im weiteren Verlauf aufrechterhalten können. Leider gab es ein Team, das oft noch schneller war als wir: Red Bull. Die waren konstanter und hatten auch die etwas bessere Zuverlässigkeit."

Frage: "Bist du enttäuscht, dass ihr nicht Weltmeister geworden seid?"

Button: "Ja, natürlich. Wir wollen immer Titel holen. Aber Red Bull war eben besser und hat sich den Konstrukteurstitel eben geholt. Wir haben einen guten Job gemacht, aber es war eben immer noch nicht ganz gut genug. Dieser Sport ist extrem umkämpft. Wir sollten mit unseren Rennen zufrieden sein."

Nach fünf Rennen noch auf Titelkurs

Frage: "Wenn man sieht, wie es McLaren immer wieder schafft, das Ruder herumzureißen, ist es dann nicht umso frustrierender, dass man nach einem starken Saisonauftakt nicht einfach vorne bleiben konnte?"

Button: "Der Start an sich war ja wirklich gut. Aber es war ein sehr ungewöhnliches Jahr. Es gab sieben verschiedene Sieger in den ersten sieben Rennen, alle hatten ihre Probleme im Umgang mit den Reifen."

"Unser Speed war eigentlich gut. Nach fünf Saisonrennen hätte ich nicht gedacht, dass Red Bull um die Krone kämpfen könnte. Es war also eine wirklich verrückte Saison. Einige hatten in der ersten Phase der Saison einfach das nötige Glück. Bei denen haben die Reifen funktioniert, während sich andere das erst einmal hart erarbeiten mussten."

Frage: "Wen hattest du nach fünf Rennen denn als kommenden Champion auf dem Zettel?"

Button: "Nach fünf Saisonrennen? Uns! Ich war sicher, dass wir um den Titel mitfahren würden. Wir hatten ein konkurrenzfähiges Paket. Aber auch Lotus, die extrem gut waren in diesem Jahr. Die waren konstant, aber es fehlte manchmal das letzte Quäntchen Tempo."

Frage: "Was sagst du zum Abschied von Michael Schumacher?"

Button: "Noch einmal: Auf Wiedersehen! Ich hatte in den Rennen gegen Michael viel Spaß, zuerst in seinen Ferrari-Jahren, dann in Diensten von Mercedes. In seiner zweiten Karriere waren es härtere Zweikämpfe gegen ihn. Ich erinnere nur an das Duell am vergangenen Sonntag - das war schon grenzwertig. Er liebt den Rennsport immer noch. So gesehen ist es schade, dass er geht. Er ist als siebenmaliger Champion gut für den Sport."

"Während seiner ersten Karriere war es aus meiner Sicht aufregend, gegen ihn fahren zu dürfen. Ich habe von 2000 bis 2006 gegen ihn gekämpft, wobei er mich meistens geschlagen hat. Ich habe aber auch tolle Rennen erlebt, wo ich ihn mal besiegen konnte. Dass er in jener Zeit so viele Titel geholt hat, das bleibt mir am meisten im Gedächtnis."

Turbos verleihen Button einen Schub

Frage: "2014 kommen voraussichtlich die neuen V6-Turbos. Was wird sich alles ändern?"

Button: "Es wird sich enorm viel ändern. Eines allerdings eher nicht: die Topspeeds. Die Motoren werden dann vielleicht weniger Power haben aber wir werden dann deutlich leistungsfähigere Hybridsysteme an Bord haben. Die zusätzliche Leistung wird dann nicht mehr über Knopfdruck aktiviert, sondern wirkt konstant als zusätzliches Drehmoment."

"Das kommt für Fahrer und Ingenieure eine große Herausforderung auf uns zu. Ich freue mich extrem darauf, denn ich werde dann hoffentlich mit den gleichen Leuten in diese neue Ära gehen. Die Ingenieure kenne ich dann schon vier Jahre, wir kennen dann unsere Arbeitsweisen bestens. Das wird uns helfen, wenn sich alles grundlegend ändert. Das wird super. Dann geht es nicht nur um die Arbeit, die man verrichtet, wenn man den Helm aufhat, sondern vielmehr um die Dinge, die man erledigt, wenn der Helm ab ist."

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Die Saison 2012 im Rückblick: Es gab nicht nur rosige Zeiten Zoom Download

Frage: "Wir es eine solch große Herausforderung auch für die Fahrer?"

Button: "Ja. Ich denke, wenn ein Fahrer 2014 neu zu einem Team stößt, dann kann es für Pilot und Team ziemlich schwierig werden, die richtige Richtung einzuschlagen. Wenn man schon länger in einem Team arbeitet, dann wissen alle, was man für ein Auto braucht und was überhaupt funktioniert. Das werden aufregende Zeiten. Harte Zeiten für das gesamte Team."

"Es wird Veränderungen nicht nur beim Motor geben, sondern auch bei der Aerodynamik und im Motorumfeld - eben KERS. Alle sagen immer, dass es mit den kleineren Maschinen ab 2014 vielleicht langweilig oder blöd werden könnte. Ich sehe das nicht so. In den 1980er-Jahren gab es tolle Rennen. Damals hatten sie noch keine V10- oder V12-Motoren. Es war doch trotzdem großer Rennsport."

Frage: "Wo lebt du eigentlich gerade?"

Button: "In Monaco. Ich habe es zwischenzeitlich für eineinhalb Jahre auf Guernsey probiert, aber das ging wegen des Wetters gar nicht. Mittlerweile sind sogar wieder viele Freunde in Monaco, denn viele sind wieder dorthin zurückgekehrt. Das ist in Sachen Training wirklich perfekt. Man kann dort sogar öfter mit Radprofis fahren. Lewis wohnt auch dort. Aber ich habe ihn abseits des Grand-Prix-Wochenendes nicht ein einziges Mal dort getroffen."

Frage: "Lewis und du - werdet ihr irgendwann einmal Freunde?"

Button: "Weiß ich nicht, ich schätze eher nicht. Wir haben völlig andere Karrieren, allein schon, weil er vier oder fünf Jahre jünger ist als ich. Wir haben in den vergangenen Jahren gut zusammengearbeitet, hatten auch so manchen Spaß zusammen, aber das war es. Wenn wir beispielsweise zusammen in einem Flugzeug saßen, hat immer jeder sein eigenes Ding gemacht."

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