• 17. November 2012 · 23:17 Uhr

Vettel: "Wenn mir der eine oder andere einen Gefallen tut..."

Sebastian Vettel will sich in seinem 100. Grand Prix voll und ganz auf die eigenen Stärken besinnen, hätte aber nichts gegen etwas Schützenhilfe im WM-Kampf

(Motorsport-Total.com) - Für Sebastian Vettel hat sich der Ausflug nach Texas bisher absolut gelohnt. In jeder einzelnen Session fuhr der amtierende Weltmeister und aktuelle WM-Spitzenreiter in Diensten des Red-Bull-Teams Bestzeit und sicherte sich im Qualifying die 36. Pole-Position seiner Karriere. Am Sonntag könnte Vettel bei seinem 100. Grand-Prix-Start den Sack zumachen und bereits ein Rennen vor Schluss der Saison seinen dritten WM-Titel an Land ziehen.

Foto zur News: Vettel: "Wenn mir der eine oder andere einen Gefallen tut..."

WM-Leader Sebastian Vettel hat nach dem Qualifying in Austin gut lachen Zoom Download

Im Anschluss an das Qualifying nimmt Vettel Stellung zum bisherigen Verlauf des Wochenendes, seinen Erwartungen für das Rennen und seine Herangehensweise vor dem Hintergrund des möglichen vorzeitigen Titelgewinns.

Frage: "Glückwunsch Sebastian, gestern musstest du 55 Minuten lang zuschauen, aber heute hattest du ganz offensichtlich alles im Griff. Wie lief das Qualifying aus deiner Sicht?"

Sebastian Vettel: "Mit dem Ergebnis bin ich natürlich sehr zufrieden. Für uns lief es hier von Beginn an richtig gut. Schon im ersten Training gestern waren wir schnell, obwohl es noch sehr rutschig war. Die Strecke und der Asphalt sind natürlich brandneu. Da braucht es einfach eine gewisse Zeit, bis der Grip da ist. Ich hatte aber auch bei den rutschigen Bedingungen meinen Spaß. Bis zum Qualifying wurde es besser. Das sieht man auch an den Rundenzeiten. Mit dem Qualifying bin ich zufrieden, wenngleich ich im letzten Teil noch etwas schneller hätte fahren können. Sowohl im ersten als auch im letzten Sektor ließ ich etwas Zeit liegen und es war gegen Lewis (McLaren-Pilot Hamilton; Anm. d. Red.) letztlich knapper als ich es mir gewünscht hätte. Insgesamt gesehen lief es aber fantastisch. Es ist sehr wichtig, hier von ganz vorn zu starten. Morgen sollte es ein gutes Rennen geben."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis der USA


Frage: "Was sagst du dazu, dass dein WM-Rivale Fernando Alonso nur vom achten Startplatz ins Rennen geht?"

Vettel: "Dazu kann ich nicht viel sagen, denn wir konzentrieren uns ganz auf uns. Gestern Nachmittag verloren wir etwas Trainingszeit, aber heute lief alles glatt. So etwas kann aber jederzeit wieder vorkommen. Man ist nie davor gefeit. Die beste Strategie ist einfach, Vollgas zu geben. Mit dem Ergebnis des Qualifyings bin ich wie gesagt sehr zufrieden, aber noch hat hier niemand irgendwelche Punkte gewonnen. Wir haben erst beim zurückliegenden Rennen gesehen, wie schnell sich die Dinge drehen können. Wir müssen abwarten, konzentrieren uns aber ganz auf unser Rennen. Wir haben morgen die Chance, die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft zu gewinnen. Darauf werden sich Mark (Teamkollege Webber; Anm. d. Red.) und ich konzentrieren."

Kurve 19 eine Herausforderung

Frage: "In Kurve 19 haben wir dich gar nicht neben der Strecke gesehen. Warst auch du dort abseits der Ideallinie unterwegs?"

Vettel: "Gestern."

Frage: "Wie bist du heute an diese Kurve herangegangen und was macht sie so schwierig?"

Vettel: "Nun, ich habe natürlich versucht, auf der Strecke zu bleiben, denn das ist der schnellere Weg. Das ist aber nicht einfach, denn man versucht natürlich, so viel Geschwindigkeit wie möglich in die Kurve mitzunehmen und idealerweise so früh und so aggressiv wie möglich wieder auf dem Gas zu stehen. Die eigentliche Schwierigkeit besteht darin, dass der Scheitelpunkt nur schwer zu erkennen ist. Man schießt leicht darüber hinaus. Wenn man einmal von der Ideallinie weg ist, gibt es nur wenig Grip und man verliert dann schnell das Auto. Wenn man am Eingang der Kurve nur einen Tick zu schnell ist, kommt sofort das Heck und man muss korrigieren, um einen Dreher zu vermeiden. Es ist wie gesagt nicht einfach, dort auf der Strecke zu bleiben. Es gibt hier ein paar Kurven dieser Art. Die ersten Runden gestern waren für uns alle eine Überraschung. Es war sehr, sehr rutschig - wie auf Eis. Wahrscheinlich wäre der erste Run sogar schneller gewesen, wenn wir Intermediate-Reifen aufgezogen hätten. Es dauerte eine Weile, bis sich Gummi auf den Asphalt gelegt hatte. Inzwischen werden die Rundenzeiten schneller und schneller, was ein Zeichen dafür ist, dass die Strecke stetig besser wird."

Frage: "Wirkte sich der Verlust der 55 Minuten Trainingszeit gestern mehr auf die Vorbereitung für das Rennen oder auf die Vorbereitung für das Qualifying aus?"

Vettel: "Weder noch, denn wir haben es gestern Nachmittag trotzdem geschafft, sowohl mit wenig als auch mit viel Sprit im Tank einen vernünftigen Run hinzulegen. Die Jungs haben tolle Arbeit geleistet und das Auto rechtzeitig fertigbekommen. Anderenfalls wäre es wohl etwas schwieriger geworden. Zwar hatte Mark ein solides zweites Training, aber natürlich ist man immer bemüht, bis zum Sonntag selbst alle Punkte der Liste abzuarbeiten. Wenn wir überhaupt etwas verloren haben, dann höchstens etwas Zeit für die Shortruns. Wir hätten gern noch ein, zwei Dinge am Auto verändert, um im Qualifying noch schneller zu sein. Wie man sehen konnte, waren wir aber auch so recht wettbewerbsfähig. Mit dem heutigen Ergebnis bin ich zufrieden."

Überholmöglichkeiten schwer abzuschätzen

Frage: "Wie schätzt du die Überholmöglichkeiten auf dieser Strecke auf einer Skala von eins (sehr einfach) bis zehn (sehr schwierig) ein?"

Vettel: "Das werden wir wohl morgen herausfinden. Es ist schwer zu sagen, da wir noch nie hier gefahren sind. Ich erinnere mich, dass wir vor dem ersten Rennen in Abu Dhabi dachten, das Überholen wäre recht einfach. In Wahrheit stellte es sich aber ganz anders heraus. Die beste Überholstelle hier ist wahrscheinlich die DRS-Zone in Kurve zwölf hinein. Es gibt aber auch noch ein paar andere Stellen."

Frage: "Ferrari ging im Qualifying jeweils mit angefahrenen Reifen auf die Strecke. Rückblickend scheint es ein Fehler gewesen zu sein. Hast du auch darüber nachgedacht?"

Vettel: "Keine Ahnung, ich kenne nur das Endergebnis. Ich weiß nicht, was die Leute hinter den Top 3 in Bezug auf die Reifenstrategie veranstaltet haben. Das Aufwärmen der Reifen war auf dieser Strecke etwas schwieriger als sonst. Die Situation war aber für alle gleich und führte dazu, dass es in Q3 etwas betriebsamer auf der Strecke zuging als sonst. Uns war aber immer klar, wie wir an die Sache herangehen würden und das hat sich ganz offensichtlich als richtig herausgestellt."

Frage: "Was kann im Rennen noch schiefgehen, nachdem du in allen Trainingssitzungen und in allen Teilen des Qualifyings Schnellster warst?"

Vettel: "Wir haben schon genug Rennen gefahren um zu wissen, was alles passieren kann, aber die Ausgangsposition ist mit Sicherheit perfekt. Viel besser hätte es nicht laufen können."

Schützenhilfe im WM-Kampf willkommen

Frage: "Zwischen dir und Fernando Alonso stehen unter anderem Nico Hülkenberg und Michael Schumacher. Könnte es da ein bisschen Schützenhilfe geben?"

Vettel: "Wenn mir der eine oder andere einen Gefallen tut, dann gibt es vielleicht 'ne Runde Bier, aber auf so etwas kann man sich nicht verlassen. Jeder fährt sein eigenes Rennen. Wenn jemand eine Lücke sieht und die Chance wittert, den Vordermann zu überholen, dann wird er sie ergreifen - egal, ob das Auto vor einem blau, schwarz, silber oder rot ist. Jeder fährt sein Rennen für sich und so gilt das auch für uns morgen."

Frage: "Du nimmst deinen 100. Grand Prix vom besten Startplatz in Angriff und hast freie Sicht auf die Achterbahn vor dir. Was sagst du zu diesem Umstand?"

Vettel: "Ob es jetzt 100 oder 58 Rennen sind, macht keinen Unterschied. Es ist immer gut, von vorn zu starten. Auch ist es gut, von der sauberen Seite zu starten, denn nach dem ersten Training gestern war uns allen schnell klar, dass die saubere Seite hier die Seite der Wahl sein würde. So gesehen bin ich zufrieden, dass das geklappt hat. Wichtiger war aber, dass das Auto vom ersten Training an gut funktioniert hat und wir es geschafft haben, stetig schneller zu werden. Insgesamt können wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden sein. Jetzt freuen wir uns auf morgen."

Frage: "Wirst du dich während des Rennens darüber auf dem Laufenden halten, wo Fernando gerade liegt oder konzentrierst du dich ganz darauf, das Rennen und womöglich die Weltmeisterschaft zu gewinnen?"

Vettel: "Wir wissen, dass wir um den Titel kämpfen und kennen die Ausgangslage. Für uns spielt es keine große Rolle, wo er im Rennen gerade liegt, denn wir müssen uns auf uns selbst konzentrieren und versuchen, das bestmögliche Ergebnis einzufahren. Wenn du da draußen nur deine Runden drehst und ständig daran denkst, wo der andere gerade liegt, dann wirst du nicht das Optimum herausholen. Man muss kein Genie sein um zu wissen, dass es gut ist, wenn ich vor ihm liege und weniger gut ist, wenn ich hinter ihm liege. Das gilt umgekehrt für ihn natürlich ganz genauso."

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