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Vettel: "Hätte schneller an Button vorbeikommen müssen"
Aus Sicht von Sebastian Vettel war beim ereignisreichen Adu-Dhabi-Grand-Prix sogar der Sieg möglich: Aus der Boxengasse auf das Siegerpodest
(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel hat beim Grand Prix in Abu Dhabi erfolgreich Schadensbegrenzung betrieben. Der Heppenheimer, der nach einer Strafe am Samstag von ganz hinten starten musste, kämpfte sich in einem Rennen voller Zwischenfälle bis auf Platz drei nach vorne und verlor somit im Titelkampf gegen Fernando Alonso kaum an Boden. Der Spanier beendete das Rennen als Zweiter. Er holte somit gerade einmal drei Punkte auf den Red-Bull-Piloten auf.
Frage: "Sebastian, du bist aus der Boxengasse gestartet. Hättest du damit gerechnet, am Ende des Rennens auf dem Podium zu stehen?"
Sebastian Vettel: "Ehrlich gesagt ja. Nach ein paar Runden haben wir das Ziel vorübergehend mal kurz aus den Augen verloren. Die ersten Runden waren ziemlich chaotisch. Ich wollte die hinteren Autos so schnell wie möglich überholen und habe mir dabei den Frontflügel beschädigt. Dann hinter dem Safety-Car habe ich hinter Daniel Ricciardo einen kleinen Fehler gemacht. Er hielt auf der Geraden fast an, und ich war davon überrascht."
"Es war eine unglückliche Situation. Ich bin dann nach rechts ausgewichen und haben in dem Moment das DRS-Schild getroffen. Wäre das 50 Meter weiter vorne oder hinten passiert, hätte ich meinen Frontflügel nicht beschädigt. Dann mussten wir das Feld noch einmal von hinten aufrollen. Da hieß es dann: Alles oder nichts. Das habe ich beherzigt und ein fantastisches Rennen erlebt. Ich hatte viel Spaß."
"Die Safety-Car-Phasen haben mir natürlich geholfen, vor allem die zweite. Am Ende gab es einen netten Kampf gegen Jenson. Er war ziemlich schwierig zu überholen. Ich hatte mir das leichter vorgestellt. Zuvor hatte ich langsamere Autos überholt, aber bei ihm hatte ich dann meine Probleme. Wir haben oft Probleme, an Autos mit Mercedes-Motor vorbeizukommen. Ich habe mich dann in Kurve elf vorbeigepresst. Es war sehr fair. Es war insgesamt ein aufregender Grand Prix, es ging auf und ab. Es ist nett, auf dem Podest zu stehen und einen Schluck Champagner zu trinken. Es ist kein Champagner, oder?" (Es ist Rosenwasser; Anm. d. Red.)
Frage: "Hast du nun bereits eine Hand am WM-Pokal?"
Vettel: "Es sind noch zwei Rennen zu fahren. Man hat gesehen, dass sich das Blatt ganz schnell wenden kann. Gestern gab es eine Überraschung für uns. Ich hatte erwartet, von Startplatz drei losfahren zu dürfen. Dann wäre es ein ganz anderes Rennen geworden. Ich hätte heute alles verlieren können, aber das ist nicht passiert. Wir können stolz sein, denn wir haben das Maximum erreicht. Wir haben nur ganz wenig verloren, haben unseren Schwung erhalten. Jetzt freuen wir uns auf die kommenden zwei Rennen. Wir glauben an uns."
Links Ricciardo, rechts das DRS-Schild
Frage: "Es war reichlich Action im Rennen..."
Vettel: "Ja. Normalerweise würde man meinen, dass es reicht, wenn man sich ein Mal von ganz hinten nach vorne kämpft. Heute musste ich das gleich zwei Mal machen. Die ersten Runden verliefen wirklich nicht nach Wunsch. Hinter dem Toro Rosso hätte ich vielleicht besser aufpassen müssen. Als ich das DRS-Schild traf, war der Frontflügel ganz hinüber. Dann mussten wir ihn wechseln. Wir haben den Stopp zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt gemacht, als alle hinter dem Safety-Car fuhren. Wir haben dabei alles verloren. Ich war Letzter. Mit dem frischen Flügel bin ich dann durch das Feld gepflügt."
"Beim Zweikampf mit Jenson ging es sehr, sehr eng zu. Ich hatte meine Freude an dem Duell. Ich hatte es vorher ein paar Mal probiert, letztlich hat es geklappt. Er war sehr fair. So etwas kann man nicht mit jedem Fahrer machen. Am Ende waren nicht mehr genügend Runden übrig, um zu Fernando und Kimi aufzuschließen. Das nötige Tempo hätten wir aber gehabt. Es war sogar ein Sieg möglich. Aber auch so war es ein tolles Rennen mit einem guten Ergebnis."
Frage: "War es zu Beginn irgendwie eine Fahrt ins Ungewisse?"
Vettel: "Nein, das würde ich nicht sagen. Es war nur nicht klar, wie schnell wir uns durch das Feld arbeiten können. Wir wussten aber, dass wir deutlich schneller fahren können als einige der anderen. Natürlich fahren wir ein anderes Tempo als HRT, Marussia und Caterham. Daher war es so wichtig, ganz schnell an denen vorbeizukommen."
"Wir haben die Chance genutzt und vor dem Rennen die Übersetzung verändert. Das hat auf den Geraden geholfen, uns das Leben leichter gemacht. Aber wenn man insgesamt den Speed nicht hat, dann hilft einem das auch nicht. Beim Überholen hat es geholfen, aber bei freier Fahrt war es eben nicht optimal. So ist das bei einem Kompromiss. Von Freitag auf Samstag hatten wir das Auto umgebaut, was uns nicht unbedingt nach vorn gebracht hatte. Zum Rennen bauten wir wieder fast auf den Stand von Freitag zurück. Damit hatten wir ein schnelleres Auto. So einfach war das."
Frage: "Es war ein Wochenende voller Probleme. Bei Mark gab es am Freitag KERS-Probleme, bei dir am Samstagmorgen. Dann auch noch das Problem mit dem Benzin. Wie erleichtert bist du, dass du trotz aller Sorgen nur drei Punkte gegenüber Alonso verloren hast?"
Vettel: "Ganz ehrlich: Ich wäre gern schneller an Jenson vorbeigekommen und hätte Fernando dann gern noch überholt. Den Speed hatten wir, aber ich habe im Zweikampf gegen Jenson einfach zu viel Zeit verloren. Wir können dennoch zufrieden sein."
"Bei solchen Rennen ist das Ergebnis kaum vorherzusagen. Die Simulationen zeigen dir immer ein mögliches Szenario. Aber ich hatte gestern schon gesagt, dass ich einige Chance sehe. Die Rückversetzung war ein harter Schlag, aber jede Chance ist eine Gelegenheit und Chancen hatten wir heute reichlich. Das Rennen war gut, ich hatte Freude und bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden."
Podestplatz war keine Überraschung
Frage: "Dein Problem mit dem Benzin ist durch einen Fehler entstanden. Wie ärgerlich macht dich so etwas? Man muss schließlich nicht Einstein sein, um sich auszurechnen, wie viel Benzin man für drei Runden braucht..."
Vettel: "Es können immer viele Dinge ganz anders laufen. Breche ich die Runde vorher ab, merkt niemand etwas. Es war ein Fehler, aber ich möchte festhalten, dass es keinesfalls Absicht war, dermaßen knapp das Benzin zu berechnen, um dadurch einen Zeitgewinn von nahezu Null zu erzielen. Es war anders als bei Lewis in Barcelona. Die hatten dort bewusst zu wenig getankt und in der Auslaufrunde geparkt. Wir hatten eigentlich genug getankt. Auf dem Papier war genug Benzin drin, aber es war im Tank eben nicht so."
"Wir haben das Auto aus Sicherheitsgründen gestoppt, damit nichts kaputtgeht. Es war gestern ein sehr langer Vorgang. Leider konnten wir nicht ausreichend Benzin aus dem Tank holen. Es reichte nicht für die Probe - so einfach ist das. Die Regeln sind ganz eindeutig. Die Strafe war hart, aber wir mussten sie akzeptieren. Passiert dir das im dritten Rennen, dann kräht kaum ein Hahn danach. Passiert es aber drei Rennen vor Saisonende, dann ist das viel interessanter. Wir müssen damit leben."
Frage: "War für euch das Ergebnis heute eine Überraschung?"
Vettel: "Man kann es nicht Überraschung nennen. Wir wussten, dass wir schnell sind. Aber im Rennen sind auch heute wieder Dinge passiert, die man nicht vorhersehen kann. Ich weiß nicht, was mit dem HRT war, der die erste Safety-Car-Phase verursacht hat. Ich weiß auch nicht, was bei Romain war, der die zweite Phase ausgelöst hat. Solche Dinge kann man eben kaum vorhersagen."
"Wir wussten, dass wir selbst bei normalem Verlauf in die Top 5 kommen könnten. Wir sind aus schlechter Position gestartet. Nachdem wir zum Samstag Veränderungen vorgenommen hatten, die uns nicht geholfen haben, gab es nun eben die Chance, das Auto wieder in positive Richtung zu verändern. Wir waren sicher, dass wir im Rennen ein schnelles Auto haben würden. Es geht bei den Veränderungen nicht um Sekunden, sondern um kleine Details. Wir hatten im Rennen sicherlich auch Glück, aber das hatten wir uns auch erarbeitet."
Frage: "Wie gehst du individuell mit solchen Situationen um?"
Vettel: "Ein Rennen ist lang. Ich habe vor dem Rennen zu meinen Jungs gesagt, dass ich ihnen zu hundert Prozent vertraue und dass sie mir zu hundert Prozent vertrauen können. Ich werde alles geben. Es gibt keinen Grund, aufzugeben. Wir kamen aus der schlechtesten Position und haben alles gegeben. Ich bin der Ansicht, dass nichts schiefgehen kann, wenn man nur alles gibt. Der heutige Tag war wieder ein Beweis dafür."
"Alle waren fokussiert und haben es genossen. Man darf eines nie vergessen: Wir kämpfen hier zwar immer um Siege, aber wir sind auch hier, um Freude zu haben. Und das ist bei uns der Fall. Ich schätze, keiner von unseren Jungs würde jetzt gern woanders sein. Natürlich sind die Sonntage hart. Der Druck ist da, die Nervosität. Gerade solche Rennen wie heute sind aufregend, aber diese Herausforderung mögen wir. Das macht in jeder einzelnen Runde Spaß."
In Austin folgt der 100. Grand-Prix-Einsatz
"Es ist nett, jetzt darauf zurückblicken zu können. Es wird bestimmt in Zukunft wieder solche schwierigen Tage geben. Wir werden wieder irgendwo sitzen und auf Fehler zurückblicken, die wir gemacht haben. Hoffentlich können wir aber entsprechend daraus lernen, so wie es uns in der Vergangenheit gelungen ist. So wie wir jetzt rückblickend über solche Dinge sprechen."
Vettel: "Das klingt gut. Die Zeit geht schnell vorbei. Wenn man Fernando oder Kimi nach deren ersten Einsätzen fragen würde, dann käme ihnen das sicherlich auch nicht so lang her vor. Wenn man etwas gern tut und viel Freude dabei hat, dann fliegt die Zeit geradezu. Wenn ich jetzt über meine ersten Fahrten aus den Jahren 2006 oder 2007 spreche, dann kenne ich noch fast alle Leute und kann noch alle Schauplätze nennen. Wenn man dann hört, dass es sechs Jahre her ist, dann kommt einem das ewig vor. Das ist fast schockierend."
"Die Zeit vergeht und mit zunehmendem Alter lernt man immer weiter hinzu - hoffentlich. Man lernt gewisse Dinge, man wird entspannter. Es ist aber auch wichtig, sich ein wenig das Kindliche zu erhalten, man muss hungrig bleiben, man muss Fehler machen, damit man vorankommt. Ich freue mich jetzt auf zu Hause. Ich möchte mich ausruhen, etwas Energie tanken, um dann voller Kraft in den USA angreifen und hoffentlich siegen zu können."
Frage: "Michael Schumacher hat seit seinem Comeback 56 Rennen bestritten, aber keinen Sieg gefeiert. Bist du überrascht, dass es Kimi bereits im 18. Rennen seit seiner Rückkehr gelungen ist?"
Vettel: "Nein. Ich finde, es spielt keine Rolle, wie lange so etwas dauert. Am wichtigsten ist, dass du die Ergebnisse einfährst, die möglich sind. Kimi ist heute fantastisch gefahren. Erstmals gab sein Auto einen Sieg her und er hat es umgesetzt."
"Ich weiß nicht genau, wie sein Rennen vorne gelaufen ist, weil ich mich um mich selbst kümmern musste. Aber ich denke, man hat in diesem Jahr gesehen, dass der Lotus meist konkurrenzfähiger war als der Mercedes - vielleicht nicht in allen Rennen, aber in den meisten. Michael hat sein Talent in den vergangenen drei Jahren mehrfach gezeigt, auch wenn er nicht so erfolgreich war wie in den Jahren zuvor. Das macht ihn aber keineswegs schlechter."
Frage: "Wer gewinnt denn den WM-Titel?"
Vettel: "Wir waren in diesem Jahr nicht immer schnell genug, aber in den vergangenen Rennen war dies der Fall. Also freue ich mich auf die kommenden zwei Rennen."