Hamilton vergesslich: In Spa schon mal gewonnen?
Lewis Hamilton kann sich an frühere Belgien-Erfolge kaum noch erinnern - Der McLaren-Pilot blickt nur nach vorne: "Müssen bei allen Rennen ankommen"
(Motorsport-Total.com) - Neben dem souverän führenden Fernando Alonso (Ferrari) haben noch die beiden Red-Bull-Piloten Mark Webber und Sebastian Vettel sowie Lewis Hamilton (McLaren) und Kimi Räikkönen (Lotus) realistische WM-Chancen. Der britische Ex-Weltmeister hat sich durch seinen Sieg in Ungarn in eine gute Position gebracht. Die Sommerpause nutzte Hamilton zum Abschalten. Er distanzierte sich so sehr von der Formel 1, dass Ungarn nicht mehr wichtig war und frühere Erfolge in Spa-Francorchamps glatt aus dem Gedächtnis verschwanden.
Frage: "Lewis, hättest du nach deinem Sieg in Ungarn lieber ohne Sommerpause gleich weitergemacht?"
Hamilton: "Nein, die Sommerpause war sehr wichtig - für uns alle im Team. Endlich gab es mal eine Phase, wo nicht nur für einen Einzelnen in irgendeiner Abteilung eine Woche Urlaub dazwischen geschoben wurde, sondern endlich hatten mal alle zusammen am Stück eine Weile frei. Es musste sich niemand Gedanken machen oder ein schlechtes Gewissen haben, weil er mal kurz abschaltet, sondern alle konnten ihre Akkus wieder aufladen. Das war für unsere Jungs sehr wichtig."
Frage: "Wirkte der Ungarn-Sieg in den Ferien noch nach?"
Hamilton: "Es ist ein gutes Gefühl, wenn man einen Event als Sieger beendet. Dann geht man in den Urlaub und verabschiedet sich gleich für mehrere Wochen. Dann vergisst man so etwas eigentlich recht schnell. Ganz ehrlich: Ich habe mehrere Wochen lang fast gar nicht an die Formel 1 gedacht. Das tat einfach mal gut."
Frage: "Du warst in Grenada und in den USA. Wie waren für dich die Ferien?"
Hamilton: "Es war fantastisch, hätte kaum besser sein können. Ich bin froh, dass ich etwas frei hatte. Es ist wichtig, dass man mal ein paar Tage hat, wo man den Druck des Sports, des Teams, der Sponsoren oder bezüglich Verträgen mal wegschieben kann."
Frage: "Zwei Wochen lang war die Fabrik geschlossen. Hat das Team dennoch am Auto weiterarbeiten können?"
Hamilton: "Alle waren zwei Wochen in Urlaub und danach sind alle wieder genauso an die Arbeit gegangen wie zuvor. Die Ferien waren gut, um mal kurz Distanz zur Formel 1 aufzubauen. Gleichzeitig gab es aber auch Gelegenheit, mal in Ruhe darüber nachzudenken, wie wir vorankommen können."
McLaren-Effizienz als Trumpf in den Ardennen?
Frage: "Im vergangenen Jahr waren Sebastian Vettel und Red Bull dominant. Bist du erleichtert, dass es in diesem Jahr ausgeglichener ist?"
Hamilton: "Es ist natürlich schön zu sehen, dass es mehrere Sieger gibt. Dennoch ist es in diesem Jahr der härteste Wettbewerb aller Zeiten. Das gilt aber irgendwie in jedem Jahr. Ich hoffe, dass das für alle Zeiten so bleiben wird."
Frage: "Wie ist es denn, nun wieder zurück in Spa zu sein?"
Hamilton: "Zum Auftakt mal ganz gut. Heute gab es noch keinen Regen, was schon mal schön ist. Die Unterstützung durch die Fans ist hier immer klasse. Es werden von Jahr zu Jahr mehr, die uns die Daumen drücken. Das ist fantastisch. Ich weiß gar nicht, wo diese Leute alle herkommen. Wenn man hierher fährt, dann sieht man eigentlich nur Wald und Büsche. Keine Ahnung, woher all die Leute kommen."
Frage: "Nun stehen gleich zwei Rennen auf schnellen Strecken auf dem Programm. Liegt euch das gut?"
Hamilton: "Wir müssen mal schauen. Generell war unser Auto bislang immer in schnellen Kurven richtig gut. Wir hatten bisher eher in langsamen und mittelschnellen Ecken ein paar Probleme. Hoffentlich wird uns vor diesem Hintergrund die Strecke in Spa liegen. Auf dieser Strecke ist Effizienz gefragt. Unser Auto war in Sachen Effizienz zuletzt sicherlich eines der besten. "
Frage: "Die Reifen haben sich seit dem vergangenen Jahr verändert. Muss man deswegen hier in Sachen Setup und Strategie einen anderen Weg wählen?"
Hamilton: "Die Strategie hängt generell immer davon ab, wie lange die Reifen halten. Es ist recht kühl und es kommen die harten Pneus zum Einsatz. Es ist kaum einzuschätzen, wie es sich hier darstellen wird. Das ist wieder eine neue Lotterie, von der bislang niemand weiß, wie sie ausgeht. Unser Auto war zuletzt richtig gut, es waren deutliche Verbesserungen zu spüren."
Was war doch gleich im Jahr 2010?
Frage: "Diese Strecke ist für viele Fahrer etwas Besonderes. Warum ist sie für dich ganz persönlich so besonders?"
Hamilton: "Ich habe bisher noch nie hier gewonnen. Sie ist einfach besonders, weil sie eine von den historischen, alten Kursen ist..."
Frage: "...aber 2010 hast du doch hier gewonnen..."
Hamilton: "Echt? Ach ja, stimmt. Und 2008 bin ich hier auch als Erster über die Linie gefahren (lacht). Da lag ich ja komplett daneben und muss mich korrigieren. Jetzt wollte ich gerade sagen, dass die Strecke so besonders ist, weil ich hier unbedingt mal gewinnen muss. Jetzt weiß ich gar nicht mehr, was ich antworten soll (lacht)."
Frage: "Wie ist es denn hier, mit einem Formel-1-Auto eine Runde zu drehen?"
Hamilton: "Der Kurs hat einen sehr guten Fluss. Es gibt viele schnelle Kurven und diese lassen sich in einem schönen Rhythmus durchfahren. Man muss sich hier möglichst schnell auf das hohe Tempo einstellen. Ich muss hier von meinem aggressiven Fahrstil auf einen eher sanfteren Modus umschalten."
Frage: "Siehst du Chancen, dass du Fernando Alonso noch einholst?"
Hamilton: "Mir ist schon klar, dass dies ein hartes Stück Arbeit wird. Ich muss einfach alle sich bietenden Möglichkeiten maximal ausnutzen und weiter Druck machen. Wir sollten so weitermachen wie zuvor. Also: Druck machen und dann schauen, wohin uns das bringt."
Frage: "Wie gehst du die kommenden Rennen an? Geht es ums Ankommen, oder ums Siegen?"
Hamilton: "Ich gehe es Rennen für Rennen an. Es liegen neun harte Läufe vor uns. Das wird für alle sehr hart. Man muss dabei auf alle Details achten. Ganz wichtig wird es sein, dass wir bei allen Rennen ins Ziel kommen."
Frage: "Jetzt folgen neun Rennen innerhalb von 13 Wochen. Wie anstrengend ist so etwas für euch Fahrer und auch für das Team, das Updates bringen muss?"
Hamilton: "Das wird extrem hart, die intensivste Phase in der gesamten Saison. Es gibt viele Rennen an direkt aufeinander folgenden Wochenenden. Das ist totaler Stress. Vor allem für die Mechaniker, die das Auto demontieren müssen, dann transportieren und dann wieder zusammenbauen. Hinzu kommt, dass sie lange Zeit von ihren Familien getrennt sind. Das ist für alle Teams gleich. Das beste Team wird es am besten meistern."
Frage: "Was sagst du zu Michael Schumacher, der an diesem Wochenende seinen 300. Grand Prix fährt?"
Hamilton: "Ich selbst habe mal gerade ungefähr 100 Grands Prix absolviert - 200 mehr kann ich mir kaum vorstellen. Das ist eine unglaubliche Marke, ein riesiger Meilenstein. Er hat diese Zahl erreicht, obwohl es in früheren Jahren nicht so viele Rennen gab wie jetzt. Das unterstreicht nochmal, wie lange er dabei ist. Selbst für jemanden wie ihn, der so viel erreicht hat, ist dies noch einmal ein besonderer Status. Ich finde es beeindruckend, dass er immer noch mit solchem Ehrgeiz dabei ist. Das ist schon sehr besonders."