Hamilton: "Schön, mit einem Sieg in die Pause zu gehen"
Lewis Hamilton hält dem Druck der Lotus statt und verabschiedet sich mit einem perfekten Wochenende in die Sommerpause der Formel 1
(Motorsport-Total.com) - Schnellster am Freitag, Schnellster am Samstag, Sieger am Sonntag: Lewis Hamilton erlebte in Ungarn ein perfektes Rennwochenende. Im Interview erklärt er, wie er dem Druck der Lotus-Piloten standhielt und was ihm der Sieg an diesem Wochenende, da in seiner Heimat die Olympischen Spiele begonnen haben, bedeutet.
Frage: "Lewis, ein absolut fantastisches Rennen. Es schien, als hättest du ständig unter Druck gestanden?"
Lewis Hamilton: "Ja, solche Rennen gibt es, die man auf diese Art gewinnt, wenn man unter starkem Druck von großartigen Fahrern wie Kimi oder Romain steht. Ich finde es toll, dass erinnert mich an die alten Zeiten mit Kimi. Das ist ein Tag, an dem du zu 100 Prozent konzentriert sein musst. Es fühlt sich großartig an. Das Team ist nicht ins Wanken geraten, und ich auch nicht."
Frage: "Die Boxenstopps waren auch sehr gut."
Hamilton: "Der erste Stopp war nicht so spektakulär, aber der zweite war sehr, sehr schnell. Wir hatten beim ersten Boxenstopp ein Problem mit dem linken Hinterrad, sonst hätten wir nicht so viel Zeit verloren. Aber der zweite Stopp war fantastisch."
Frage: "Seid ihr in Versuchung geraten, einen dritten Stopp zu machen?"
Hamilton: "Das Team hat darüber gesprochen. Geplant waren zwei Stopps, ich hatte bestimmte Runden als Zielvorgabe und das Team war sich nicht sicher, ob ich diese Runden erreichen würde. Aber ich war mir sicher. Ich wusste, dass ich den ersten Stopp zwischen Runde 14 und 17 machen musste und den zweiten in Runde 42. In Runde 34 sagte mir das Team, dass sie auf Plan B umstellen wollten, was drei Stopps bedeutet hätte, aber ich wusste, dass meine Reifen diese Runden noch durchstehen würden."
"Beim zweiten Stint hätte ich sogar noch etwas länger fahren können, aber wir wollten das Gleiche machen wie die Jungs hinter uns, was vielleicht die richtige Entscheidung war. Das haben wir getan, und dann ging es darum, die Reifen so lange wie möglich am Leben und diesen Kerl (Räikkönen, Anm. d. Red.) hinter uns zu halten. Und die beiden waren wirklich schnell. Auf einer anderen Strecke, auf der das Überholen einfacher ist, hätte es vielleicht ein anderes Resultat gegeben."
Frage: "Es sah so aus, als hätte er erst aufgeschlossen und wäre dann wieder zurückgefallen. Wie weit war er von einem Überholmanöver entfernt?"
Hamilton: "Er war nie wirklich dicht genug dran. Ich habe ihn in einigen Kurven näher kommen lassen und hatte erwartet, dass er vielleicht auch Probleme mit seinen Reifen bekam, aber das schien nicht zu passieren. Ich musste sicherstellen, dass ich im letzten Sektor schnell genug und die Lücke in den letzten drei Kurven groß genug war. Das ist mir in jeder Runde gelungen. Ich sah, dass es für ihn sehr schwierig war, mir zu folgen, vor allem in diesem Bereich. Daher war es wichtig, genügend Abstand zu haben, vor allem wegen des DRS."
Hamilton zieht mit Senna gleich
Frage: "Du hast mit deinem dritten Sieg hier mit Ayrton Senna gleichgezogen. Was bedeutet dir das?"
Hamilton: "Wow, das wusste ich nicht. Das ist phänomenal."
Frage: "Wie wirst du die Sommerpause verbringen? Ich weiß, diese Frage wurde dir schon oft gestellt, aber wirst du auch über deine Vertragssituation nachdenken?"
Hamilton: "Ich werde Zeit mit meiner Familie verbringen und auch meine Fans treffen. Ansonsten will ich so gut wie möglich entspannen, werde aber auch trainieren. Ich werde versuchen, die Zeit bestmöglich zu nutzen."
Frage: "Wie zufrieden bist du nach deinem zweiten Saisonsieg?"
Hamilton: "Es ist unglaublich. Dass das Auto auf einer solch schwierigen Strecke, die so von der Aerodynamik abhängt, zu solch einer Leistung imstande ist, ist wirklich toll. Wir hatten auch die Reifen im Griff."
Frage: "Wie schwierig war es, dem Druck von Kimi standzuhalten?"
Hamilton: "Sein Druck war genau so hoch wie der von Romain. Sie waren wirklich schnell und haben vor allem sehr spät gebremst."
Frage: "Kann man sagen, dass du heute mit Herz und Verstand gefahren bist?"
Hamilton: "Ja, vielleicht schon. Ich habe keinen Fehler gemacht, was immer meine größte Sorge ist. Die Unterstützung der britischen Fans hier war absolut unglaublich. Wenn du so viele Nachrichten bekommst, macht das schon einen Unterschied."
Frage: "Du hast gesagt, dass Ungarn der Wendepunkt sein kann. Ist das der Fall?"
Hamilton: "Für uns ist es ein Wendepunkt. Nach den letzten Rennen konnte es aber nur besser werden."
Frage: "Eine Frage zu deiner Vertragssituation. Das war ein weiterer Sieg für dich und für McLaren. War das ein weiterer Schritt in Richtung einer Vertragsverlängerung?"
Hamilton: "Das war ein weiterer Schritt im Kampf um die Meisterschaft. Auf die Vertragsverhandlungen hat das keinen Einfluss, da hat sich nichts geändert. Wir müssen uns zusammensetzen und darüber sprechen."
Lotus als Bedrohung
Hamilton: "Ja. Mir war schon früh in der Saison klar, dass sie irgendwann gewinnen werden. Das Auto sieht fantastisch aus. Das ist aber nicht unerwartet, denn sie haben schon Weltmeisterschaften gewonnen. Wenn ihre Neuentwicklung funktioniert, haben wir ein Problem."
Frage: "Wie frustrierend ist es in die lange Sommerpause zu gehen, jetzt wo euer Auto wieder schneller ist und du und Jenson um Siege kämpfen könnt?"
Hamilton: "Es ist nicht frustrierend, sonder schön, mit einem Sieg in die Pause zu gehen. In jedem Jahr, in dem uns das gelang, war es ein tolles Gefühl. Ich glaube es wird sehr, sehr wichtig sein, wie wir die Sommerpause nutzen, sowohl mental als auch körperlich. Sicherlich liegt noch viel Arbeit vor uns. Wir können uns nach dieser tollen Leistung auf die Schulter klopfen, aber es bleibt noch viel zu tun."
"Diese Jungs (Räikkönen und Grosjean, Anm. d. Red.) waren im Rennen richtig schnell. Wenn sie sich vor uns qualifiziert hätten, wäre es unmöglich gewesen, sie zu überholen. Wir müssen konzentriert bleiben, aber die Pause auch genießen. Aber von diesem Wochenende werden die Jungs bestimmt eine Woche lang zehren. Hoffentlich sind wir nach der Pause noch genau so schnell oder sogar schneller."
Hamilton: "Es ist immer gut, wenn man mit einem Sieg nach Hause kommt. Es wird immer viel über mich und mein Privatleben geredet. Ich hoffe, ich habe hiermit die passende Antwort gegeben. So war es im ganzen Jahr. Ich war noch nie so entschlossen. Aber ich bin noch keine 30 Jahre alt und möchte mein Leben genießen, denn ich habe gehört, danach geht es abwärts. Ich muss die richtige Balance finden, und ich glaube, das ist mir gelungen."
Frage: "Lewis, wie fühlt es sich als Engländer an, den sogenannten Großen Preis von Finnland zu gewinnen?"
Hamilton: "Großer Preis von Finnland?"
Frage: "Hier sind immer so viele finnische Fans."
Hamilton: "Es gibt hier eine Menge finische Fans, daher ist es so toll, dass Kimi hier neben mir sitzt. Er hat es sich verdient, ich habe großen Respekt vor ihm. Ich erinnere mich, dass ich ihn im TV fahren gesehen habe, noch bevor ich in die Formel 1 gekommen bin, und bei Computerspielen wollte ich immer ihn und nicht Juan Pablo spielen."
"Wir haben uns in der Vergangenheit schon einige großartige Rennen geliefert, und heute kam wieder eins dazu. Hoffentlich wird es davon noch viele geben, aber dieses hier in Ungarn war schon richtig gut. Ich liebe die Fans hier, ich liebe die Stadt und die Strecke ist wunderbar. Ich weiß nicht, wie es den anderen Fahrern geht, aber für mich ist sie ein Klassiker. Daher kann ich es kaum erwarten, im nächsten Jahr wieder hierher zu kommen, und hoffentlich kann ich mein Resultat dann wiederholen."
Wendepunkt im Titelkampf?
Hamilton: "Dieses Wochenende hat gezeigt, dass noch alles offen ist. Wir haben Fernando zwar nicht genügend Punkte abgenommen, da er immer noch zehn gewonnen hat, aber wenn wir mit dieser Leistung weitermachen, können wir langsam aufholen. Wir müssen konstant sein und das Auto in vielen Bereichen weiter verbessern, was uns sicherlich gelingen wird. Das Team leistet fantastische Arbeit. Wir haben nun für gewöhnlich die schnellsten Boxenstopps."
"Heute hatte ich den besten Start des gesamten Jahres, was mich wirklich überrascht hat. Wir haben aber hart daran gearbeitet, viel Zeit für die Vorbereitung investiert und haben uns intensiv mit der Kupplung und der Drehzahl befasst. Ich wollte sicherstellen, dass ich alles absolut richtig mache. Das ist ein Meilenstein für uns. Vor allem nach den Schwierigkeiten, die wir in den letzten drei Rennen hatten, ist es gut, den Sommer mit solch einem Höhepunkt zu beenden."
Frage: "In deiner Heimat ist es ein bedeutsames Wochenende, denn die Olympischen Spiele wurden eröffnet. Ich habe mich gefragt, ob sich für dich als britischer Fahrer in einem britischen Team dieser Sieg noch besser anfühlt? Ich sah die Olympischen Ringe auf deinem Helm."
Hamilton: "Ja, es fühlt sich ganz speziell an, jetzt wo die Eröffnungsfeier stattfand und die Spiele beginnen. Ich wünsche allen Teams das Beste und kann es kaum erwarten, die Spiele zumindest im TV zu sehen. Es ist toll, dass sie wieder in Großbritannien stattfinden. Ich hatte heute die Flagge auf meinem Helm und hoffe, dass sie sichtbar war. Obwohl wir ja keine Olympische Sportart sind, wollte ich meinen Teil dazu beitragen."