Grosjean: "Ich muss noch einiges lernen"
Lotus-Fahrer Romain Grosjean setzt in Ungarn auf weitere Fortschritte am E20-Auto und spricht über seinen bisher sehr wechselhaften Saisonverlauf
(Motorsport-Total.com) - Eine Saison mit Höhen und Tiefen. So oder so ähnlich könnte die Zwischenbilanz von Lotus-Pilot Romain Grosjean lauten. Der französische Rennfahrer wusste in den ersten zehn Rennen des Jahres nämlich oft mit einer guten Geschwindigkeit zu überzeugen, leistete sich gelegentlich aber auch noch einige Fehler. Vor allem die Startrunde macht Grosjean hin und wieder noch zu schaffen. In seiner Medienrunde zeigt sich der Lotus-Fahrer aber zuversichtlich, bald weitere Fortschritte zu machen.
Frage: "Romain, der Lotus E20 liebt die Hitze und warme Bedingungen. Ist der Hungaroring daher wie geschaffen für dieses Auto?"
Romain Grosjean: "Nun, so war es zumindest in den vergangenen Rennen. Wir könnten hier ein gutes Wochenende haben. Die Charakteristiken des Kurses sind denen von Monaco und Montreal sehr ähnlich. Und auf diesen beiden Strecken haben wir eine gute Figur gemacht. Hoffentlich ist das auch hier wieder der Fall."
"Das Wetter sollte von Freitag bis Sonntag gut sein. Es wäre schön, einen ordentlichen Sommer mit guten Temperaturen zu haben. So können wir schon im Training gut am Auto arbeiten und bis zur Qualifikation und dem Rennen an der Balance arbeiten. Gerade im Qualifying wollen wir uns steigern. Das Ziel ist, in die beiden ersten Startreihen zu fahren. Ausgehend davon stellen wir uns dann dem Rennen."
Frage: "Wirst du an diesem Wochenende das neue DR-System testen oder kommt es erneut nur an einem Auto zum Einsatz?"
Grosjean: "Nein, es wird nur an einem Auto eingesetzt. Bei Kimi."
Grosjean: "Wir mussten das Chassis beim Lufteinlass modifizieren. Das gelang uns aber halt leider nur bei einem Auto. Das vorherige Update war jedoch erst an meinem Auto umgesetzt worden. Dies hier war einfach nur der nächste Schritt. Wir teilen alle Informationen. Also schauen wir einmal, wie es hier läuft. Erst einmal muss es bei Kimi noch besser funktionieren. Hoffentlich können wir es dann in der Zukunft einsetzen."
Frage: "Wie fiel denn die erste Rückmeldung von Kimi aus?"
Grosjean: "Sie war sehr interessant (lacht; Anm. d. Red.)."
Frage: "Inwiefern?"
Grosjean: "Sie war interessant."
Frage: "Wird das System nicht vor allem auf Strecken wie Spa-Francorchamps und dergleichen wichtig sein?"
Grosjean: "Ja. Ich glaube nicht, dass es sich auf der Geraden von Ungarn so bemerkbar machen wird. Spa, Suzuka, Südkorea, auch in Singapur kann es interessant sein."
Frage: "Ihr braucht hier also einen guten Freitag, um Daten darüber zu sammeln?"
Grosjean: "Ja. Das wäre gut, um das System noch besser zu verstehen und daran zu arbeiten. Dann schauen wir einmal, was wir in der Sommerpause tun können, um uns auf die zweite Hälfte der Saison vorzubereiten."
Arbeitsteilung im Lotus-Rennstall
Frage: "Werdet ihr Vergleichstests fahren oder mit den gleichen Einstellungen auf die Strecke gehen?"
Grosjean: "Zumindest im ersten Freien Training werden wir unterschiedliche Programme haben. Wir testen nicht die gleichen Dinge. Es wird ein paar neue Teile geben, die wir auch an meinem Auto testen wollen. Schauen wir einmal."
"Es dürfte ein interessanter Freitag werden. Hoffentlich kriegen wir ein paar gute Runden bei stabilen Bedingungen zusammen. Ausgehend davon können wir weitermachen und schauen, was funktioniert und was nicht. Dann geht es darum, das Fahrzeug so gut wie möglich für den Samstagmorgen einzurichten. Danach steht noch Feintuning an, ehe wir uns in die Qualifikation stürzen."
Grosjean: "Nun, zur Vorbereitung auf die Trainings schickt man hier eine Kehrmaschine über die Strecke. Am Freitag dürfte es aber trotzdem sehr wenig Grip haben."
"Ich glaube, dieser Kurs wird während des Jahres nicht allzu oft benutzt. Es sollte aber okay sein. Nach dem ersten Freien Training dürfte die Lage schon besser sein. Außerdem fahren dann ja auch noch die GP2 und ein paar andere Kategorien. Es sollte ausreichen, um etwas zu lernen und um das Auto einzustellen."
Frage: "In der GP2 warst du hier im vergangenen Jahr sehr schnell unterwegs. Was ist dein Geheimnis? Liegt dir der Kurs einfach so gut?"
Grosjean: "Nun, ich denke nicht, dass es da ein Geheimnis gibt. In der Formel 1 gibt es so etwas sowieso nicht. Du musst einfach viel Vertrauen in dich und in dein Auto haben. Wir wissen: Dieser Kurs stellt hohe Anforderungen an das Setup."
"Wenn du da falsch liegst, verlierst du mitunter sehr viel Zeit. Du musst also viel Vertrauen in dein Auto haben, um im Qualifying und im Rennen das Maximum aus ihm herausholen zu können. Im Rennen geht es darum, sanft zu fahren, denn der Reifenverschleiß ist hier doch sehr groß."
Ein gesundes Selbstvertrauen ist das A und O
Frage: "Die Pirelli-Reifen sind in diesem Jahr für alle ein Rätsel. Wie erging es dir: Musstest du deinen Fahrstil darauf einstellen oder eher das Auto?"
Grosjean: "Es ist etwas von Beidem. Manchmal veränderst du das Setup und findest dadurch drei, vier Zehntel. Manchmal reicht es aber auch schon aus, mehr Vertrauen ins Auto zu haben, um schneller zu werden."
"Wenn du beim Setup in die richtige Richtung gehst, kann das ebenfalls viel helfen. In der Kombination macht das manchmal einen großen Unterschied. Mit den Reifen bist du halt meist am Limit. In der einen Richtung ist es eine Katastrophe, in der anderen Richtung ziemlich gut. Du musst das Auto erst einmal in dieses kleine Arbeitsfenster bringen. Danach kannst du das Auto darum herum einstellen."
Frage: "Dein Rennsonntag in Hockenheim war ziemlich schwierig. Wie viel Einfluss hat dies auf dein Selbstvertrauen, wo nun doch schon wieder ein Rennen ansteht?"
Grosjean: "Es ist ein anderes Rennen auf einer anderen Strecke. Es ist doch ganz anders. Unser Rennen in Hockenheim war sehr enttäuschend."
Frage: "Vergessen und weitermachen - ist das die Devise?"
Grosjean: "Ja. Vergessen und aus den gemachten Fehlern lernen. Du musst aus einem schwierigen Rennen deine Lehren ziehen und dich ausgehend davon steigern. Es war natürlich schade, dass das Auto in Hockenheim derart beschädigt wurde. Ich verlor viel Zeit, als ich mit kaputtem Reifen zur Box zurückfuhr."
Frage: "Ist es nicht ärgerlich, wenn man sein Bestes gibt und dann plötzlich vor solche Probleme gestellt wird?"
Grosjean: "Nun, wenn du von Platz 20 aus losfahren musst, dann ist da immer ein gewisses Risiko dabei. Leider. So ist es aber nun einmal. Im nächsten Rennen sollte es halt besser laufen."
Grosjean in der Formel 1: Man lernt nie aus ...
Frage: "Wie würdest du deine persönliche Entwicklung in der ersten Saisonhälfte beschreiben? Glaubst du, gute Fortschritte gemacht zu haben?"
Grosjean: "Ja. Ich muss aber noch einiges lernen, kein Zweifel. In gewisser Weise bin ich ja noch immer ein Neuling."
Frage: "In welchen Bereichen hast du dich am meisten gesteigert? Kannst du Beispiele nennen?"
Grosjean: "Ich habe nun ein besseres Verständnis vom Auto, vom Differenzial, vom KER-System und der Art und Weise, wie man es einsetzt, vom Setup und wie man es im Vergleich zu einem GP2-Auto einstellt. Das ist ziemlich anspruchsvoll. Die Aerodynamik hat einen großen Einfluss auf das Auto. Dann wären da noch der Reifenhaushalt und die Länge eines Grand Prix. Da spielt also ziemlich viel mit rein."
Grosjean: "Eigentlich nicht. Wir wollen es natürlich alle sehr. Darauf arbeiten wir mit Nachdruck hin. Es klappt aber nicht automatisch, nur weil du es dir so ausmalst. Wir müssen uns am gesamten Wochenende darauf konzentrieren, das bestmögliche Niveau zu erreichen. Dann werden wir sehen, ob es ausreicht, um zu siegen."
Frage: "Welches Update brachte in diesem Jahr den größten Fortschritt mit sich und in welchem Rennen war das?"
Grosjean: "Wir haben bei jedem Rennen ein paar Neuerungen dabei. Es kommt also immer eine Kleinigkeit dazu. Auch Kleinvieh macht Mist. Wir haben auch hier wieder einige neue Teile dabei, die uns hoffentlich eine Hilfe sein werden. Ich denke, wir verstehen den Lotus nun ziemlich gut."
"Für uns geht es noch darum, das Auto bei kühlen Bedingungen im Qualifying noch besser kennenzulernen. Wir haben es gesehen: Wir waren meist gut bei der Musik dabei, doch in Silverstone und Hockenheim war das nicht der Fall. Das gilt auch für Kimi. Normalerweise sollten wir besser aussehen. Wenn es uns also gelingt, eine gute Balance für die Qualifikation zu finden, dann können wir ein gutes Rennen haben."
Frage: "Es gab also kein Update, das aus der Masse herausstechen würde?"
Grosjean: "Eigentlich nicht, nein. Es ist mehr eine Mischung aus allem: das Chassis, die Reifen. Du musst halt versuchen, das Auto damit zum Arbeiten zu bringen. Wir hatten kein größeres Update, das einen Riesenschritt bedeutet hätte."
Erst London 2012, dann Flitterwochen
Frage: "In diesem Jahr sind drei französische Fahrer in der Formel 1 unterwegs, im Jahr davor gab es keinen Franzosen. Woran machst du das fest? Und wie wichtig wäre ein Grand Prix in Frankreich, um auch weiterhin französische Piloten im Starterfeld zu haben?"
Grosjean: "Ich halte es für wahrscheinlicher, dass man erst ein paar Fahrer hat und dann einen Grand Prix als einen Grand Prix und dann ein paar Fahrer."
Frage: "Sollte es wieder einen Großen Preis von Frankreich geben, würdest du das Rennen dann lieber in Magny-Cours oder in Paul Ricard sehen?"
Grosjean: "Ich wäre schon zufrieden damit, wenn es ein Frankreich-Rennen geben würde."
Frage: "Dieser Tage beginnen die Olympischen Spiele. Bist du ein Fan davon? Hast du jemanden, dessen Wettkämpfe du unbedingt beobachten wirst?"
Grosjean: "Ich kenne ein paar der Athleten aus dem Judo-Sport. Meine Frau ist zudem sehr gut mit einem der Basketball-Spieler befreundet. Nach dem Rennen werde ich hinfahren und die französischen Sportler unterstützen - und natürlich auch die Schweizer."
Frage: "Du reist also nach London. Und die Flitterwochen fallen aus?"
Grosjean: "Erst London, dann geht es ab in die Flitterwochen."