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Vettel: "Das sind so Momente, die man hasst"
Red-Bull-Fahrer Sebastian Vettel schildert seine Eindrücke zum Qualifying in Valencia und spricht über seinen Versuch, der ihm Platz eins sicherte
(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel bewies wieder einmal große Nervenstärke: In der Qualifikation zum Grand Prix von Europa fuhr der Red-Bull-Pilot erst ganz zum Schluss hinaus, um in Q3 seine Runde zu absolvieren. Und wie: Vettel knallte in 1:38.086 Minuten eine neue Bestzeit auf den spanischen Asphalt von Valencia und setzte sich damit deutlich gegen seine Konkurrenten durch. In der Pressekonferenz spricht Vettel über diesen Coup und auch über seine Aussichten für das Rennen am Sonntag.
© xpbimages.com
Sebastian Vettel sicherte sich in Valencia bereits die 33. Formel-1-Pole-Position Zoom Download
Frage: "Sebastian, es ist deine dritte Pole-Position in Valencia in Folge. Und dieses Mal brauchtest du nur einen Versuch, um sie zu realisieren ..."
Sebastian Vettel: "Ja, zum Schluss hatten wir nur einen Versuch. Es wurde aber eine sehr gute Runde. Q1 und Q2 hatten sich jedoch nicht nach unserem Geschmack entwickelt. Wir hatten Probleme damit, die Balance zu finden, die wir früher an diesem Wochenende gehabt hatten - am Freitag und am Samstagmorgen. Uns gelang aber ein gutes Comeback im Qualifying. Leider mussten wir dafür schon in Q2 einen zweiten weichen Reifensatz hernehmen."
"Das war aber die richtige Entscheidung, denn es ging wirklich eng zu. Ich denke, meine Rundenzeit, die ich mit meinem ersten Reifensatz markiert hatte, hätte nicht ausgereicht. Es war daher gut, nochmals rauszufahren. In Q3 wusste ich: Die Strecke würde uns zum Ende hin etwas mehr entgegen kommen. Wenn ich die Runde hinkriegen würde, wäre es vielleicht genug, um die Pole-Position einzufahren."
"Unterm Strich war der Abstand überraschend groß, doch an diesem Wochenende fühlte sich bisher alles in allem sehr gut an. Die Jungs haben in der Box wirklich unglaublich hart gearbeitet. Das gilt auch für die Leute in der Fabrik. Sie alle haben dafür gesorgt, dass wir hier wieder ein paar neue Teile am Auto einsetzen können. Diese scheinen zu funktionieren. Ich freue mich daher einfach nur auf das Rennen am Sonntag."
Frage: "Gibt es ein Geheimnis für diese letzte Runde im Qualifying? Was denkst du, kurz bevor du auf diese eine Runde gehst?"
Vettel: "Das kann ich nicht verraten. Ich bin mir gar nicht sicher, ob es da ein Geheimnis gibt. Im Qualifying geht es ja, wie wir alle wissen, um eine Runde. Dieses Mal war es sehr schwierig, denn der Wind spielt hier eine sehr große Rolle. Manchmal weht er, manchmal eben nicht. Es kann auch mal kurze Windstöße geben und insgesamt ist der Kurs sehr rutschig."
"Wir haben weniger Grip als im vergangenen Jahr, denn die Autos verfügen nun über weniger Abtrieb. Das macht es recht knifflig. Viele Fahrer blockieren ihre Räder auf der Bremse. Das ist vor allem im Zeittraining der Fall, wenn du so spät wie irgend möglich in die Eisen steigst. Dir ist aber klar: Wenn du den Bremspunkt verfehlst und den Scheitelpunkt verpasst, dann verlierst du auch Zeit."
"Es war am Limit. Ich holte das Beste aus dem Auto heraus. Mit dieser letzten Runde war ich daher sehr zufrieden. Und das macht es ja auch aus. Das sind so Momente, die man hasst: Du hast nur einen Schuss und weißt, in jeder Kurve könnte es zu Ende sein. Andererseits ist es genau das, was man liebt. Die Herausforderung. Es ist schön, wenn man die Chance sieht, und sie dann ergreift."
Knapp war's im Qualifying
Frage: "Die Abstände waren wieder einmal sehr gering: In Q2 lagen 13 Fahrer innerhalb von nur drei Zehnteln. Fährst du deshalb noch präziser? Erfordert das eine andere Herangehensweise beim Setup? Sind die Arbeitsabläufe anders?"
Vettel: "Ich denke, dadurch wird es extrem schwierig."
"Ich weiß genau, was mit Fernando (Alonso; Anm. d. Red.) passiert ist, denn in China habe ich genau das Gleiche erlebt. Es ging ebenfalls um drei Zehntel. Mark war Erster in Q2, ich war Elfter. Das ist nicht so nett, Du weißt ja: Wenn du nach fünf Hundertsteln suchst, die ausreichen würden, dann würdest du hier und da noch etwas finden."
"Das ist aber das Risiko, das du eingehen musst, wenn du eine Rundenzeit markierst. Es ist halt sehr eng und es gibt kaum Platz für Fehler. Vor allem nicht, wenn es - wie hier - so rutschig ist. Da verlierst du schnell ein bisschen, blockierst die Räder vor dem Scheitelpunkt oder kriegst es nicht ganz perfekt hin. Das ist knifflig, doch du musst attackieren. Ansonsten bist du überhaupt nicht bei der Musik."
Frage: "Wer kann dir im Rennen am ehesten gefährlich werden? Oder kannst du hier in Valencia vielleicht sogar einen Hattrick einfahren?"
Vettel: "Nun, das wäre zweifelsohne eine tolle Geschichte. Ich denke, es wird ein schwieriges Rennen. Es ist schwierig, eine Vorhersage anzustellen."
"Es gibt eine ganze Reihe von Autos, auf die man Acht geben muss. Ich denke, Ferrari war hier sehr konkurrenzfähig. Williams war auf den Longruns ebenfalls sehr stark unterwegs. Lotus hat schon in Bahrain, als wir erstmals in heißen Bedingungen fuhren, unter Beweis gestellt, dass sie dann vorn mitmischen. Die Startposition ist in diesem Jahr sicherlich wichtig, aber vielleicht alles entscheidend."
Stürmt Vettel in Valencia wieder zum Sieg?
Frage: "Wie viel soll ich denn auf einen Vettel-Sieg setzen?"
Vettel: "Das bleibt jedem selbst überlassen (lacht; Anm. d. Red.)."
Frage: "Bedeutet die dritte Valencia-Pole-Position in Folge auch den dritten Sieg hier oder hat das 2012 überhaupt nichts zu sagen?"
Vettel: "Es hat schon etwas zu sagen. Es wäre schön ... Ich freue mich darüber, hier zu sein. Ganz ehrlich: Wir hatten bisher ein sehr gutes Wochenende."
"Der Freitag war sehr gut. Ich fühlte mich wohl im Auto, was auch auf den Samstagmorgen zutraf - auch wenn wir unseren Versuch auf den weichen Reifen nicht komplettieren konnten. Am Nachmittag lagen wir dann zunächst ein kleines bisschen daneben. In Q1 und in Q2 mussten wir etwas aufholen, doch allzu viele Anläufe hast du dabei halt nicht."
"Da wussten wir natürlich: Uns würde nur ein frischer weicher Reifensatz übrigbleiben. Wir setzten also alles auf eine Karte. Ich wusste: Wenn ich die Runde hinkriegen würde und unsere Versuche mit dem Auto im Qualifying ... Ich meine, du kannst nicht sehr viel verändern. Du kannst am Setup kaum etwas verstellen. Du kannst nur ein bisschen mit den Einstellungen spielen, die dir im Auto zur Verfügung stehen: das Differential, der Frontflügel und dergleichen."
"Und ja, ich denke, wir holten etwas auf. Auf meiner letzten Runde hatte ich ein gutes Gefühl. Ich brachte alle drei Sektoren auf die Reihe. Das reichte aus für die Pole-Position. Ich bin daher sehr zufrieden. Vor allem aufgrund der Leistung, die die Jungs investiert haben. Wir haben hier ein paar neue Teile, die einen Schritt nach vorn zu sein scheinen. Das ist sehr gut."
Wie viel ist neu am Red Bull RB8?
Frage: "Wie ich höre, sind es mehr als nur 'ein paar Teile'. Es sind anscheinend doch einige Neuerungen ..."
Vettel: "Nun, das kommt ganz darauf an. Wir haben viel ausprobiert und sehr viel Druck gemacht, um ehrlich zu sein. Ich denke, in diesem Jahr ist es schwierig. Alle liegen sehr eng beisammen und jeder macht ordentlich Dampf."
"Schau dir McLaren, Ferrari oder Mercedes an. Die großen Teams haben mehr Ressourcen, um dementsprechend mehr Teile zu bringen als andere Teams. Sie hatten auch immer ein paar mehr Teile am Start. Ein paar sind zwei. Vielleicht hatten wir hier auch mehr als zwei dabei. Nichtsdestotrotz sind auch andere Teams vorn dabei. Force India war an diesem Wochenende bislang unglaublich schnell."
"Am Freitag hielt ich das noch für eine Überraschung, doch auch bei wenig Sprit brachten sie konkurrenzfähige Zeiten zustande. Das bestätigten sie am Samstag noch einmal. Ich glaube, am Ende hatten sie keine Reifen mehr, doch ihre Rundenzeiten in Q2 waren nicht so weit weg. Es ist eng. Es ist schwierig, den richtigen Schritt zu machen. Deshalb bin ich so zufrieden."
Frage: "Machst du dir Sorgen um die Zuverlässigkeit, weil dein Auto erstmals mit vielen neuen Teilen ins Rennen geht? Die Bedingungen sind hier ja ziemlich hart ..."
Vettel: "Nein. Du hast recht: Es ist das erste Mal. Die Teile finden sich erst seit Freitag am Auto und seither hat noch kein Grand Prix stattgefunden. Das macht die Sache schwierig, doch es gibt immer ein erstes Mal für alles."
Frage: "Wie ernst musst du am Sonntag speziell Pastor Maldonado nehmen?"
Vettel: "Nun, ich denke, gerade Barcelona hat gezeigt, dass, wenn Williams im Qualifying da ist, sie auch im Rennen da sind. Man muss sie auf jeden Fall auf der Rechnung haben. Sie waren schon am Freitag sehr gut unterwegs. Vielleicht nicht auf der einen schnellen Runde, da haben sie sich am Samstag gesteigert."
"Der Longrun von Pastor war am Freitag aber ziemlich gut. Ich glaube, es wird sehr eng. Es kann vieles passieren. Natürlich ist unsere Startposition sehr gut, doch vor uns liegt ein langes Rennen. Wir haben gesehen, dass sich auch in den letzten zehn Runden noch einiges tun kann. Hoffentlich passiert dieses Mal weniger. Bis dahin schauen wir einfach einmal, dass wir gut weg- und gut über die Runden kommen. Dann werden wir sehen, wo wir sind."
Montreal und Valencia sind zwei Paar Stiefel
Frage: "Kannst du aufgrund deiner Reifenerfahrungen hier sagen, ob sich das Rennen ähnlich wie Montreal entwickeln wird? Dort kamen die Leute aufgrund ihrer Strategie regelrecht aus dem Nirgendwo ..."
Vettel: "Ich denke, Montreal war anders. Dort hatten wir andere Reifen. Wir hatten die superweichen und die weichen Pneus zur Verfügung."
"Wir sahen in Montreal bereits am Freitag, dass die Reifen ziemlich gut halten würden. Am Sonntag konnten dies einige Leute dadurch unter Beweis stellen, indem sie nur einen Stopp absolvierten. Wenn es sehr eng zwischen einem und zwei Stopps zugeht, dann kann es einen Unterschied geben und Leute können aus dem Nirgendwo auftauchen."
"Lewis tat vor zwei Wochen genau das Richtige, indem er zweimal die Reifen wechselte. Wir taten das Falsche, doch hier sollte es anders sein. Hier sind nicht so viele Runden zu absolvieren und auch die Reifen selbst sind ein bisschen anders. Es wird sicher wieder heiß, doch das Rennen wird anders sein. Es ist eine andere Strecke mit anderen Bedingungen."
Frage: "Ich weiß nicht genau, welche Probleme deinen Teamkollegen heimsuchten, doch du scheinst davon verschont worden zu sein ..."
Vettel: "Das ist etwas schade, denn das Potenzial ist ja vorhanden. Ich denke, Mark hätte ein ordentliches Qualifying gehabt. Kein Zweifel. Bei einem normalen Zeittraining hätten wir uns in einem ähnlichen Bereich qualifiziert."
Frage: "Du hattest aber keine ähnlichen Probleme ..."
Vettel: "Nein. Wie ich schon sagte: Das einzige Problem, das er hatte, waren am Vormittag die Bremsen. Was es am Nachmittag war, weiß ich nicht. Ich hatte zum Glück keinerlei Schwierigkeiten."
Frage: "Und jetzt stehen in der Rangliste der Pole-Positions nur noch die Namen Senna und Schumacher über dir. Das ist doch auch etwas Schönes, oder nicht?"
Vettel: "Ja. Das sind ganz besondere Neuigkeiten. Mit Sicherheit toll, doch da ist noch ein langer Weg ... Es ist natürlich ein schöner Nebeneffekt, doch jetzt konzentrieren wir uns auf das Rennen am Sonntag."
Zu viele Stadtrennen in der Formel 1?
Frage: "Valencia ist ein Stadtkurs. Im kommenden Jahr rückt New Jersey in den Kalender, in Athen gibt es ebenfalls Bemühungen für ein Stadtrennen. Was ist deiner Meinung nach die beste Mischung zwischen Stadtkursen und normalen Rundstrecken? Was würdest du von einem Rennen in Griechenland halten?"
Vettel: "Ich denke, Stadtkurse machen immer sehr viel Spaß. Es ist eine andere Herausforderung, weil es normalerweise keinen Raum für Fehler gibt."
"Was du halt auf Stadtkursen nicht hast, sind schnelle Kurven. Dafür gibt es zu wenig Auslauf und insgesamt zu wenig Platz. Ich glaube, unsere Stadtkurse sind ziemlich schnell, doch das sind vielleicht Ausnahmen. Wenn man eine neue Strecke bauen oder sich nach einem neuen Layout umsehen würde, dann würde man wahrscheinlich nicht mehr so sehr ans Limit gehen."
"Ich war im vergangenen Jahr dort. Im Augenblick geht dort natürlich einiges vor sich und es sieht nicht zu gut aus. Wir Deutschen tun aber unser Bestes, um zu helfen. Nicht am Freitag, das war ja Sport. Wie ich schon sagte: Es wäre großartig und eine tolle Gelegenheit für die Formel 1. Ich weiß aber nicht, ob es da entsprechende Pläne gibt. Warten wir einmal ab."
Frage: "Die deutsche Mannschaft steht bei der Fußball-EM im Halbfinale. Hast du das Spiel gegen Griechenland gesehen?"
Vettel: "Ich habe es gesehen. Und es hat mich natürlich gefreut. Klar. Ich unterstützte die deutsche Mannschaft. Egal, ob ich jetzt gerade in Deutschland bin oder in Spanien. Man freut sich mit dem Spiel. Wenn sie so spielen wie am Freitag, dann kann es gut weitergehen, denke ich."