Vettel: "Er kam wie ein Torpedo von der linken Seite"
Sebastian Vettel hatte am Start einen Schreckmoment zu überstehen, fuhr dann aber mit einer klugen Taktik von Platz neun auf vier nach vorne
(Motorsport-Total.com) - Schon nach wenigen Metern wurde es für Sebastian Vettel beim Grand Prix von Monaco brenzlig, denn der Red-Bull-Pilot wäre beinahe in die Kollision mit Romain Grosjean verwickelt wurde. Im Interview nach dem Rennen spricht der Deutsche über die turbulente Startphase und wie er im Anschluss nach vorne vor, obwohl die Konkurrenten auf die gleiche Strategie wie er setzte. Außerdem spricht er über einige enge Momente im Rennen und nimmt Stellung zu einem möglichen Protest gegen die Red Bull.
Frage: "Sebastian, Du bist auf anderen Reifen gestartet hast dich während des Rennen verbessert. Verlässt du den Grand Prix von Monaco mit einem Lächeln?"
Sebastian Vettel: "Ja, aber das zeigt wieder einmal, wie wichtig die Startposition ist. Ich bin als Neunter gestartet, hatte einen guten Start, aber dann war es sehr eng mit Grosjean, der die Kontrolle über sein Auto verloren hat. Ich weiß nicht, was das passiert ist, er kam wie ein Torpedo von der linken Seite. Ich musste deshalb durch den Notausgang fahren, das hat zum Glück funktioniert. Wir hatten gehofft, auf einer anderen Strategie unterwegs zu sein, aber im Endeffekt war es dieselbe. Wir haben einen Stopp gemacht, die Führenden auch. Wenn sie nach dem Stopp in Verkehr geraten wären, hätte das uns in die Karten gespielt. Am Ende bin ich im Verkehr stecken geblieben, aber das ist typisch für Monaco. Im vergangenen Jahr habe ich alle aufgehalten, diesmal hing ich hinter anderen fest."
Frage: "Waren noch Gedanken an den Sieg da oder kommt der Regen jetzt einfach zu spät?"
Vettel: "Gedanken an den Sieg ist relativ. Als ich den Abstand gesehen habe, wusste ich, dass jede Runde entscheidend ist. Wir haben unheimlich viel Boden gutmachen können. Wir haben auf Leute hinter uns auf den gleichen Reifen ungefähr vier bis fünf Sekunden rausgefahren, die aber 30 Runden weniger gefahren hatten. Das war sehr gut. Das hat uns unter dem Strich zwei oder drei Plätze gebracht. Unter dem Strich waren wie auf der gleichen Strategie wie alle Auto anderen um uns herum. Die Reifen waren am Ende des ersten Abschnitts ziemlich hinüber. Mit ein bis zwei Runden mehr hätte man mal schauen können, auf der anderen Seite hätte man auch viel verlieren können, denn wir kamen mehr oder weniger mitten im Pack raus, direkt vor Lewis."
Frage: "Der Start war aus dem Formel-1-Lehrbuch, und auch die Boxenausfahrt, knapp vor Hamilton herausgekommen. Wie war die Situation aus deiner Sicht aus? Es wirkte unheimlich eng und sehr spannend?"
Vettel: "Ich wusste, dass der Abstand zu Mark um die 17,5 Sekunden war. Der Boxenstopp dauert ungefähr 20 oder 21 Sekunden. Da aber alle Autos sehr dicht beieinander waren, war es unklar, wen es trifft und wen nicht, beziehungsweise für wen reicht es aus meiner Sicht. Ich kam aus der Box heraus, Lewis war parallel neben mir. Da ich aber eine kürzere Linie habe am Boxenausgang, konnte ich ein bisschen Vorsprung herausfahren. Trotzdem, man kommt aus ganze neuen Reifen raus, es war ziemlich eng. Es war gut, dass es dann gereicht hat. Auf der anderen Seite ist es aber auch schade, wenn man sieht, dass vorne die Musik spielt, da ist die Spitze, und man sie so 'knapp' verpasst."
Vettel sieht möglichen Protest gelassen
Frage: "Die WM ist weiterhin offen, Sie sind vorne bei der Musik mit dabei. Dann gibt es noch das Thema mit dem Loch im Unterboden. Hat das Team schon überlegt, wie das besprochen wird? Was sind die nächsten Schritte?"
Vettel: "Du hattest die gleiche Frage schon in der Startaufstellung gestellt. Ich habe versucht mich aufs Rennen zu konzentrieren, das hat geklappt. In Monaco dreht sich viel um das ein oder andere Loch, aber das konnte ich vor dem Rennen nicht sagen. Ich glaube, es ist halb so wild. Ich bin da relativ entspannt, denn es liegt nicht in meiner Hand. Ich glaube unser Auto ist legal, sonst würden wir so nicht antreten. Ich glaube es ist normal, dass die Teams untereinander immer ein bisschen zu feilschen versuchen. "
Frage: "Das Thema WM geht ein wenig nach dem Eichhörnchen-Prinzip. Man muss die Punkte so mitnehmen, wie sie kommen."
Vettel: "Ja, auf jeden Fall. Es tut natürlich gut, den vierten Platz nach Hause zu fahren, nachdem man von Platz neun startet. Für Platz neun gibt es nur zwei Punkte, also ist das schon ein bisschen besser. Man sieht, dass es unglaublich eng ist, es ist schwer zu erwarten, wer das Auto im Qualifying wohin stellt. Man ist entweder ganz vorne oder 'ganz am Ende' des Packs, so um Platz zehn. Das geht ruckzuck. Kleinigkeiten können den Unterschied machen, das wird ein langes Jahr."
Frage: "Ihr habt eine Menge Punkte für das Team gewonnen. Wie haben du und Mark zusammengearbeitet?"
Vettel: "Mark fuhr sein Rennen, ich meins. Am Ende fuhren wir die gleichen Strategien, aber er ist auf den superweichen Reifen gestartet, ich auf den weichen und am Ende war es dann andersherum. Für mich war es wichtig, die wenigen Runden, in denen ich in Führung lag, auszunutzen. Dort haben wir sieben oder acht Sekunden gut gemacht. Damit bin ich ganz zufrieden. Am Ende war es schwierig zu überholen und weitere Positionen gutzumachen."
Frage: "Wie schwierig war heute das Schonen der Reifen?"
Vettel: "Es war eine Herausforderung, vor allem für mich. Ich bin im ersten Stint recht lange gefahren, länger als alle anderen. Aber wir sind gute Rundenzeiten gefahren. Es war also keine Katastrophe, aber letztlich ist das schwer zu beurteilen, denn wir konnten das Tempo des Autos nicht voll ausnutzen."
Frage: "Die Meisterschaft scheint immer aufregender zu werden."
Vettel: "Für die Zuschauer ist das gut, aber für uns ist es schwierig vorherzusehen, was passiert. Es ist am Samstag und Sonntag, das Qualifying kann immer noch einen großen Unterschied ausmachen. Das Jahr ist noch lang, es wird entscheidend sein, Punkte zu gewinnen. Das ist uns heute gelungen. Es war ein Rennen in Monaco, es war trocken, ich bin als Neunter gestartet und als Vierter ins Ziel gekommen, damit können wir zufrieden sein."
Starke Leistung auf abbauenden Reifen
Frage: "Du bist in der Weltmeisterschaft immer noch Zweiter, aber das Rennen muss doch dennoch ein wenig frustrierend für dich sein. War der Sieg möglich?"
Vettel: "Nein, das glaube ich nicht, denn andere waren auch auf einen Ein-Stopp-Strategie. Sie haben als dasselbe wie wir gemacht, nur bei den Reifen umgekehrt. Es spräche gegen alle Erfahrungen und Theorien, wenn man auf einem gebrauchten Satz Reifen schneller als auf einem frischen Satz fahren würde, bei gleicher Benzinmenge. Das mussten wir tun, und das ist uns gelungen. So konnte ich die entscheidenden Sekunden auf Lewis und Felipe rausfahren und beide überholen. Wir haben getan, was wir konnten. Die Reifen haben wirklich abgebaut, wir sind fast 50 Runden auf ihnen gefahren. Es war kein gemütlicher Sonntagsausflug."
Frage: "Wie war die Fahrt, als Sie dann geführt haben?"
Vettel: "Das war voll am Limit, mehr ging nicht mit dem Reifen, die 30 Runden älter waren als alle anderen. Das war das Maximum, das hat unheimlich viel Spaß gemacht. Dann kam ich aus der Box und bin im Feld drin. Das war nicht der gleiche Speed wie vorher, kein Fahren am Limit, weil man im Verkehr festhing."
Frage: "Wie groß ist nach dem Fahren im Stau jetzt die Vorfreude auf Montreal?"
Vettel: "Es ist unheimlich schwierig, es kann umheimlich viel passieren, es ist unheimlich eng und schwer vorherzusagen. Ich freue mich auf Montreal und hoffe, dass es im Qualifying gut klappt, denn im Rennen waren wir ganz gut unterwegs."