• 22. März 2012 · 13:17 Uhr

Vettel: "Die anderen sind die Jäger"

Sebastian Vettel will gemeinsam mit Red Bull in Sepang zurückschlagen: Perfektes Setup kann viel ausmachen - Keine neuen Teile am Red Bull RB8

(Motorsport-Total.com) - Im vergangenen Jahr hatte Red Bull den Saisonauftakt in Australien dominiert, in diesem Jahr musste sich Weltmeister Sebastian Vettel hinter McLaren-Frontmann Jenson Button anstellen. Die britischen Silberpfeile waren zum Start in den 20 Rennen umfassenden Wettlauf um die Formel-1-Krone die schnelleren. Red Bull möchte bereits am kommenden Wochenende in Malaysia zurückschlagen. In den Pressegesprächen am Donnerstag zeigte sich Vettel zuversichtlich.

Foto zur News: Vettel: "Die anderen sind die Jäger"

Sebastian Vettel will in der Hitze von Malaysia ganz cool bleiben Zoom Download

Frage: "Sebastian, was fasziniert dich an Malaysia am meisten?"

Sebastian Vettel: "Es ist Teil des Rennkalenders. Viele freuen sich nicht auf dieses Rennen, weil es sehr heiß und drückend ist. Nach ein oder zwei Tagen hat man sich aber daran gewöhnt. Das Land ist interessant, ich würde gern mehr sehen. Leider bleibt zu wenig Zeit, weil man direkt nach dem Rennen in Australien hierher kommt. Viel herumreisen kann man nicht, dafür fehlt einfach die Zeit. Das Land hat sicherlich viel zu bieten. Es wäre interessant, eines Tages mal mehr davon zu sehen."

Frage: "Hat diese Strecke mehr Aussagekraft?"

Vettel: "Ja, vielleicht. In Melbourne hast du einen Stadtkurs mit engen und vor allem recht kurzen Ecken. In Malaysia ist dies anders. Diese Strecke ist vielleicht eher ein Indikator wie Barcelona."

Frage: "Mit welchem Gefühl bist du nach Malaysia gereist?"

Vettel: "Mit einem guten Gefühl. Wir haben am vergangenen Sonntag alles richtig gemacht. Wir haben das Beste aus uns und dem Auto herausgeholt und sich verdient Zweiter geworden. Der erste Platz war nicht in Reichweite. Wir haben sehr viel über unser Auto gelernt. Im Idealfall wollen wir an diesem Wochenende sofort reagieren. Wir wollen am Freitag viele Runden fahren, um besser vorbereitet in den Samstag und den Sonntag gehen zu können."

Setup soll Schwung bringen

Frage: "Was konkret muss an eurem Auto noch besser werden?"

Vettel: "Es gibt kein Geheimnis, das ich nun ausplappern könnte. Man hat doch gesehen, dass wir kämpfen mussten, die Balance hat nicht gestimmt. Ich habe mich nicht zu hundert Prozent im Auto wohlgefühlt, es rutschte etwas zu sehr. Deshalb waren wir nicht schnell genug, speziell im Qualifying. Im Rennen war es deutlich besser, aber es hat dennoch noch etwas gefehlt. Daher wird es wichtig, am Freitag viele Runden zu fahren, um besser zu verstehen und ein paar Dinge auszuprobieren."

"Es gibt überhaupt keinen Grund, jetzt möglicherweise in Panik zu verfallen. Die Saison ist noch dermaßen lang. Klar, McLaren war uns in Melbourne etwas voraus. Deren Vorbereitung war bestens, deren Wochenende in Australien war richtig gut. Jetzt schauen wir mal, was das kommende Wochenende bringen wird. Es ist wichtig, dass wir viele Runden drehen, um unseren Fokus für die Entwicklung einzustellen. Dass in Melbourne am Freitag schlechtes Wetter war und ich mich dann auch noch ins Kiesbett verabschiedet habe, hat nicht geholfen. Wir glauben an das Potenzial unseres Autos."

Frage: "McLaren war gut, aber ihr noch nicht so gut?"

Vettel: "Ja. Das ist eine faire Einschätzung."

Frage: "Wie schätzt du die Situation bei Ferrari ein? Vor allem bei Felipe Massa?"

Vettel: "Ich glaube, man hat bei den Wintertests schon gesehen, dass sich Ferrari ein wenig schwer tut. Wirklich gut einschätzen konnte man das zuerst nicht. Ich glaube aber, dass man am Sonntag sehen konnte, dass Fernando nicht zu unrecht zu den besten Fahrern gezählt wird. Ich weiß jetzt nicht, ob vor ihm viele ausgefallen sind. Aber für ihn spricht ganz klar, dass er das Beste herausgeholt und für den fünften Platz viele Punkte mitgenommen hat. Von außen ist es aber immer schwer, so etwas zu beurteilen. Felipe war ziemlich weit weg von Fernando. Das war für alle etwas überraschend."

Frage: "Du hast ein gutes Verhältnis zu Jenson Button. Was zeichnet ihn aus?"

Vettel: "Bei einem guten Verhältnis muss man immer aufpassen (lacht), aber ich verstehe mich gut mit ihm. Jenson ist schon lange dabei. Die Erfahrung zählt sicherlich zu seinen Stärken. Auch die Tatsache, dass er nur schwer aus der Ruhe zu bringen ist, macht ihn sehr stark. Schwächen? Naja, was den reinen Speed angeht, hat er in Lewis einen ganz schönen Brocken im Nacken. Der wird ihm das Leben nicht leicht machen."

Was Button gern von Vettel hätte

Frage: "Seid ihr nun die Jäger, oder seid ihr als Weltmeisterteam immer noch die Gejagten?"

Vettel: "Als amtierender Weltmeister ist man in der Situation, seinen Titel verteidigen zu müssen. Sprich:Die anderen sind in der Rolle des Jägers. Nach den Testfahrten und dem ersten Rennen muss man aber festhalten, dass McLaren im Moment die Nase vorn hat. Das gefällt uns nicht. Wir sind drauf und dran, das Potenzial unseres Autos auszuschöpfen. Hoffentlich tanzen wir dann denen auf der Nase herum."

Frage: "Du hast mit deiner Aufholjagd vom sechsten Startplatz bis auf Endrang zwei einige Kritiker widerlegt, die bisherige Erfolge fast nur am Auto festgemacht haben. War das auch etwas Genugtuung?"

Vettel: "Naja, Startplatz sechs war kein Weltuntergang - jedenfalls für mich nicht. Manch einer mag das anders empfunden haben. So etwas legt sich schnell wieder, abhängig davon, was der nächste Tag bringt. Als Fahrer willst du immer an den Autos vor dir vorbei. Das geht meistens gut, manchmal auch schief."

"Wenn man es nicht probiert, dann kann man es auch nicht herausfinden. Am vergangenen Sonntag ging es meistens gut. Das Rennen hat Spaß gemacht. Natürlich ist es eine andere Art von Rennen, wenn man etwas weiter hinten losfährt. Was man anstrebt, ist aber immer das gleiche: der Sieg."

Frage: "Jenson hat fast ehrfürchtig gesagt, er hätte gern deinen Qualifyingspeed..."

Vettel: "Danke sehr. Aber am vergangenen Wochenende hatte beide McLaren-Piloten einen guten Qualifyingspeed. Wir hoffe, dass wir diese Woche etwas näher dran sind."

Frage: "Gibt es etwas, was du gern von Jenson hättest?"

Vettel: "Da fällt mir jetzt gerade nichts ein. Ich finde unser Auto schöner, ganz ehrlich gesagt. Das ist natürlich Geschmackssache. Der Rest kommt mit der Zeit, so hoffe ich."

Red Bull ist bester Stimmung

Frage: "Hat es dich gewundert, dass in Melbourne Jenson der stärkere der beiden McLaren-Piloten war?"

Vettel: "Kommt darauf an. Am Samstag war Lewis der schnellere Mann. Aber Rennen gewinnst du eben nur am Sonntag. Lewis hat sich offenbar im Vergleich zu Jenson mit den Reifen etwas schwerer getan."

Frage: "Im vergangenen Jahr war es fast Routine, dass du die Rennen von vorne starten durftest. Wie viel Vorfreude war in Melbourne dabei, auch mal von hinten nach vorne kämpfen zu müssen?"

Vettel: "Im vergangenen Jahr haben wir uns nie daran gewöhnt, ganz vorne zu starten. Es stand nie auf dem Plan, das Rennen von vorne zu bestimmen. Wir waren stets darauf vorbereitet, wenn es mal sehr eng wurde."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von Australien


"Es war kein Schock, mal von etwas weiter hinten losfahren zu müssen. Die Strategie war klar. Es war keine komplett neue Aufgabe, die es zu bewältigen galt. Aber natürlich ist das Risiko bei einem Start von weiter hinten etwas größer, dass mal hier oder dort etwas in die Hose geht. Als Erster ist es in der ersten Kurve immer leichter als wenn man sich irgendwo einordnen muss. Es hat aber Gott sei Dank alles gut geklappt."

Frage: "Wie ist die Stimmung im Team derzeit?"

Vettel: "Gut. Dass uns das nicht gefallen hat, dass wir vor allem am Samstag nicht schnell genug waren, ist wohl klar. Das bedeutet aber doch nicht, dass wir jetzt den Kopf in den Sand stecken. Es war gerade einmal ein Rennen, es kann noch sehr viel passieren. Die Stimmung ist gut, die Saison noch sehr lang. Wir wollen die Lücke zu McLaren auf jeden Fall schließen."

Frage: "Wie fit muss man für das Sepang-Rennen sein?"

Vettel: "Sehr, weil es hier enorm heiß ist. Gleichzeitig ist auch die Strecke sehr fordernd. Sie hat von allem etwas. Mal sehen, wie wir an diesem Wochenende zurecht kommen."

McLaren weiterhin vorne?

Frage: "Du hast in den vergangenen beiden Jahren hier gewonnen. Was ist dein Erfolgsgeheimnis?"

Vettel: "Mir macht die Hitze nicht ganz so viel aus. Außerdem mag ich das Streckenlayout sehr gern. Es gibt schnelle Kurven, aber auch ein paar richtig enge Ecken. Die Strecke ist an manchen Stellen richtig anspruchsvoll, eine Herausforderung für Auto und Fahrer."

Frage: "Wie wichtig wäre dir ein Sieg hier?"

Vettel: "Sehr wichtig. Das ist an jedem Wochenende so. Das Ziel ist immer der Sieg. Wenn ich mit der Maßgabe in ein Wochenende gehen würde, Dritter zu werden, dann wäre das doch traurig. Der Sieg ist immer das Ziel."

Foto zur News: Vettel: "Die anderen sind die Jäger"

Sebastian Vettel feierte Rang zwei gemeinsam mit Sieger Jenson Button Zoom Download

Frage: "Wo fehlt euch im Vergleich zu McLaren noch etwas?"

Vettel: "Man sieht die Sektorenzeiten und die anderen Daten. Anhand dessen muss man einfach sagen, dass McLaren in Australien das insgesamt stärkere Paket hatte. Es wäre nicht in Ordnung, nun irgendetwas herauszustreichen. Wir haben unser Bestes gegeben. Im Rennen waren wir gut, aber im Qualifying fehlte uns etwas. McLaren hatte dort die Oberhand, wird sie vielleicht auch hier haben. Es liegt an uns, diesen Trend möglichst schnell umzukehren. Vielleicht klappt es schon hier. Die Strecke hat eine ganz andere Charakteristik. Mal sehen, was wir hier leisten können."

"Es ist nicht so, dass uns speziell in einem Bereich etwas fehlt. Es ist nicht so, dass wir ein Problem an der Vorderachse hätten oder unser Heck ein Desaster wäre. Es geht einfach um Feintuning an verschiedenen Stellen. Wir haben es in den vergangenen Jahren mehrfach gesehen. Es macht einen erheblichen Unterschied, wenn man die passenden Stellschrauben gefunden hat, um das Auto genau auf die jeweiligen Bedürfnisse einstellen zu können. Da steckt noch mehr Performance drin. Außerdem ist es kein Geheimnis, dass man als Fahrer noch mehr herausholen kann, wenn man sich im Auto perfekt wohlfühlt."

Frage: "Wie zufrieden bist du mit den neuen Reifen?"

Vettel: "Recht zufrieden. Wir konnten mit beiden Mischungen ziemlich gut umgehen. Wir waren am vergangenen Sonntag eines der wenigen Teams, dass zweimal auf die weichere Mischung gesetzt hat. Der Verschleiß war etwas höher als sonst, aber das war zu erwarten. Bei den höheren Streckentemperaturen hier in Sepang werden wir ein klareres Bild bekommen. Ich denke, Pirelli hat gute Arbeit abgeliefert. Wie schon vor der Saison 2011 war es auch diesmal nur schwierig bei den Tests einzuschätzen. In Melbourne waren wir mit dem Material zufrieden."

Keine Zeit für Updates

Frage: "Zwischen den Rennen in Australien und Malaysia ist nur wenig Zeit. Habt ihr dennoch neue Teile für das Auto dabei?"

Vettel: "Man kann das nicht über Nacht erledigen. Man darf nicht vergessen, dass der Weg von hier bis zur Fabrik in Milton Keynes verdammt weit ist. Es sind nicht mal eben neue Teile hierher geflogen. Wir haben für dieses Rennen ganz bestimmt keine Upgrades. Das war auch nie geplant. Es geht mehr darum, dass wir unser Zeug besser aussortieren. Wir haben kein globales Problem am Auto. Das perfekte Setup kann unter gewissen Bedingungen deutlich mehr als nur eine Zehntel bringen. Vertrauen des Fahrers spielt auch eine große Rolle."

Frage: "Ist es hier leichter als in Melbourne, ein passendes Setup zu finden?"

Vettel: "Es ist von der Strecke her konstanter. Ob es hier einfacher wird, das muss sich zeigen. Das hängt auch davon ab, ob das Auto viel verzeiht oder nicht - also ob kleine Veränderungen große Auswirkungen haben oder nicht. Ich glaube aber, dass diese Strecke aussagekräftiger ist. Das war sie schon immer. Im vergangenen Jahr waren wir beim ersten Rennen dominant, hier haben wir dann gerade noch so McLaren die Pole wegschnappen können. Innerhalb von einer Woche hatte sich viel getan. Vielleicht tut sich auch dieses Mal etwas - hoffentlich zu unseren Gunsten."


Fotos: Großer Preis von Malaysia


Frage: "In der vergangenen Woche warst du mit Platz zwei zufrieden. Würde dich auch hier Rang zwei zufriedenstellen?"

Vettel: "Das hängt davon ab. Nicht falsch verstehen: Ich war dort mit Platz zwei zufrieden auf Grundlage des Rennverlaufs und der Tatsache, dass ich von Platz sechs starten musste. Wir waren nicht schnell genug, schneller ging es aber nicht. Okay, vielleicht kann man immer ein wenig hier und dort noch herausholen. Wir sind von den Plätzen fünf und sechs gestartet, haben dann ein gutes Rennen erlebt. Wir haben alles herausgeholt. In einem solchen Fall kann man auch als Zweiter zufrieden sein."

"Wenn du aber ein Rennen lange Zeit anführst und dann den Sieg durch einen Fehler in der letzten Runde - wie bei mir in Kanada 2011 - verschenkst, dann bist du natürlich nicht so glücklich über Rang zwei. Letztlich kommt es immer auf die Umstände an. Wenn man unsere Probleme sieht, die wir am vergangenen Wochenende hatten, dann ist Platz zwei ein gutes Resultat."

Frage: "Hier gibt es viel mehr schnelle Kurven als in Melbourne. Liegt euch das nach Auswertung der Wintertests vielleicht besser als McLaren?"

Vettel: "Das bleibt abzuwarten. McLaren hat einen großen Schritt gemacht, deren Auto ist wirklich gut. So wie wir das sehen, sind die überall stark. Eine Schwäche wäre uns bei denen bisher nicht aufgefallen. McLaren bleibt das Team, das es auch hier zu schlagen gilt. Die werden schnell sein. Wir werden unser Bestes geben, außerdem gibt es auch noch andere gute Teams. Mercedes hat einen starken Eindruck hinterlassen, auch wenn deren Speed im Rennen abbaute. Die könnten hier stark sein. Auch Lotus könnte wieder eine Überraschung sein. Die waren im Rennen schnell, über deren Qualifyingspeed muss ich nichts sagen."

Frage: "Warum warst du in Melbourne im Rennen besser als im Qualifying?"

Vettel: "Wir dürfen am Auto nicht verändern. Es lag bestimmt auch daran, dass ich mich über noch mehr Runden auf das Auto einstellen konnte. Generell ist unser Auto im Renntrimm wohl besser als im Qualifying. Umbauen dürfen wir zum Sonntag nichts. Es war also nicht so, dass wir unser Auto auf den Kopf gestellt haben und es dadurch besser wurde. Unser Rennspeed ist eben besser als der Qualifyingspeed. Es ist nicht so, dass man sein Auto explizit nur auf das Rennen trimmt. Das sind nur Kleinigkeiten, wie zum Beispiel das Thema Reifen schonen. Das Auto war am Samstag schwierig zu fahren, am Sonntag auch. Aber eben weniger schlecht im Vergleich zur Konkurrenz."

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