Grosjean: "Kimi kann von mir lernen"
Romain Grosjean im Interview: Warum der Rückschritt in die GP2 wichtig war, wie er seinen Leidensweg bewältigte und was Kimi Räikkönen von ihm lernen kann
(Motorsport-Total.com) - Romain Grosjean wird nach einer Formel-1-Auszeit von zwei Jahren ein Comeback geben. Der Franzose ersetzt bei Renault-Lotus den Russen Witali Petrow und muss sich an der Seite von Weltmeister Kimi Räikkönen beweisen. Im Interview erklärt er, warum er gerne an der Seite von Weltmeistern fährt, wieso der Rückschritt in die GP2 wichtig war und was Räikkönen von ihm lernen kann.
Frage: "Romain Grosjean, Formel-1-Fahrer 2012 - wie klingt das für dich?"
Romain Grosjean: "Formel-1-Rennfahrer klingt fantastisch. Es ist ein Traum, der für mich in Erfüllung geht. Es ist etwas, an dem ich seit drei Jahren arbeite. Es ist für mich sehr emotionell und daher schwer in Worte zu fassen. Ich kann es kaum beschreiben, aber ich fühle mich fantastisch und freue mich wirklich auf die kommende Saison."
Frage: "Als du erfahren hast, dass du die ersten Trainings in Abu Dhabi und Brasilien bestreiten wirst, da hast du deine Emotionen mit denen eines Kindes zu Weihnachten verglichen. Ist deine Freude jetzt auf einem ganz anderen Niveau?"
Grosjean: "Verglichen mit der Nachricht, dass ich zwei Freitagtrainings bestreiten werde, ist das Niveau der Freude jetzt viel größer. Es ist ein Traum und daher schwer zu realisieren. Es fühlt sich so an, als würde Weihnachten jeden Tag stattfinden. Wenn man etwas mehr als alles andere will und dafür lebt und es dann auch bekommt, dann ist es ganz schwierig, die richtigen Worte zu finden."
"Das Gefühl, das man hat, kann man vielleicht mit einem Feuer vergleichen, das in einem lodert und immer stärker wird. Das macht einen jeden Tag aufs Neue glücklich."
Grosjean: "Die GP2-Saison mit DAMS, unsere zwei Titel und die zwei Freitagtrainings, die ganz gut gelaufen sind, waren mit Sicherheit ein Bonus im Kampf um ein Cockpit für das nächste Jahr. Ich denke, dass es nach all den Geschichten über meine Karriere notwendig war, wieder in die GP2 zurückzukehren und zu beweisen, dass ich mich in den Bereichen, wo ich davor nicht so stark war, verbessert habe, und sicherzustellen, dass ich immer noch schnell bin."
"Das war das Ziel für dieses Jahr - und ein Teamleader in der GP2 zu sein. Wenn man dann die Chance erhält, in ein Formel-1-Auto einzusteigen, dann ist das immer etwas Besonderes. Ich weiß, dass die zwei Freitagtrainings ein großer Test und eine gute Evaluierung für mich und für das nächste Jahr waren. Ich weiß, dass der Druck da war. Aber damit muss man zurechtkommen, wenn man in einem Formel-1-Auto sitzen will - und das ist der Ort, wo ich am liebsten bin. Ich nahm es mit einem Lächeln im Gesicht und machte die Arbeit so gut ich konnte. Hoffentlich haben sich die Bemühungen ausgezahlt, die wir in den vergangenen Jahren angestellt haben."
Frage: "Das ist dein zweites Mal, dass du in Enstone Rennfahrer bist. Inwiefern unterscheidet sich der Grosjean von 2011 von dem 2009?"
Grosjean: "Romain Grosjean hat sich seit 2009 auf jeden Fall verändert. Wie ich gesagt habe, waren das harte Zeiten am Ende dieses Jahres, als ich in der Formel 1 keinen Platz für das darauffolgende Jahr fand. Ich fand bis Mitte April auch keinen Platz in anderen Rennserien. Das hat mir aber auch geholfen, um zu erkennen, dass ich es am meisten genieße, in einem Formel-1-Auto zu sitzen."
Frage: "Du hast dich stets für die technische Seite der Formel 1 und des Motorsports interessiert. Wie nützlich ist diese Eigenschaft?"
Grosjean: "Ich denke, dass Fahrer heutzutage gutes Feedback geben können müssen. Das ist etwas, dass ich besonders mag, auch in all den Serien, wo ich in den letzten Jahren gefahren bin und auch bei den Pirelli-Tests, die für mich sehr nützlich waren. Ich denke, dass ein gutes Feedback für das Team bei der Entwicklung des Autos sehr wichtig ist - vor allem wegen des Testlimits."
"Ja, ich mag das und ich glaube, dass ich darin nicht so schlecht bin. (lacht) Hoffen wir, dass wir das Auto nächstes Jahr verbessern können, und schon beim Saisonauftakt ein sehr starkes Auto haben werden."
Frage: "Nächstes Jahr fährst du an der Seite von Räikkönen. Du gewöhnst dich wahrscheinlich schon daran, Weltmeister als Teamkollegen zu haben..."
Grosjean: "Ja, nach Fernando Alonso ist es jetzt Räikkönen. Ich gewöhne mich daran, einen Weltmeister an meiner Seite zu haben. Ich denke aber, dass es eine Chance ist, denn sie sind wirklich gute Fahrer und sogar mehr als das. Man kann von ihnen viel lernen."
"Andererseits ist der Teamkollege deine erste Messlatte. Wenn es dir also gelingt, auf sein Niveau zu kommen, dann ist das sehr gut für dich."
Grosjean: "Ich glaube, dass ich von Kimi jede Menge lernen kann, denn er ist ein Weltmeister - das ist sicher. Er ist ein großartiger Champion, ein sehr guter Fahrer, wie jeder weiß. Vielleicht kann aber auch ich ihm etwas zeigen, denn er ist die Pirelli-Reifen ja noch nie gefahren - abgesehen vom Rallyesport. Die Formel 1 ist da ein bisschen anders. Wir werden sehen. Ich denke, dass wir in der kommenden Saison ein gutes Duo abgeben werden. Ich bin sicher, dass wir gut zusammenarbeiten werden und dass ich von ihm viel lernen werde. Wir werden sehen."
Frage: "Welche Ambitionen und Erwartungen hast du für das nächste Jahr?"
Grosjean: "Ich möchte auf jeden Fall die Formel 1 genießen. Wir alle leben unseren Traum. Das Wichtigste ist es, viel Druck zu haben, denn es handelt sich um die besten Autos, die es auf der ganzen Welt gibt. Es handelt sich um die Weltmeisterschaft mit dem höchsten Niveau. Ich möchte mein Bestes geben - das ist sicher."
"Ich habe sehr hart daran gearbeitet, in die Formel 1 zurückzukehren. Es war ein weiter, aber sehr lehrreicher Weg. Ich glaube, dass nächstes Jahr ein sehr gutes Jahr wird. Ich arbeite bereits daran und möchte es einfach genießen."