• 10. November 2011 · 16:34 Uhr

Vettel: "Man darf nicht zu viel an die Rekorde denken"

Sebastian Vettel erklärt, warum er sich nicht auf die Rekorde konzentriert, was er von Horners Rooney-Vergleich hält und welche Sportler ihn inspirieren

(Motorsport-Total.com) - Für Sebastian Vettel bedeutet der Grand Prix von Abu Dhabi die Rückkehr zu großen Triumphstätte. Vor einem Jahr kämpfte der Red-Bull-Pilot noch um seinen ersten Titel, hatte noch nie die WM angeführt - inzwischen ist er zweifacher Champion und dominiert die Formel 1. Im Tischgespräch erklärt der Heppenheimer, wie er sich seitdem verändert hat, wie wichtig ihm neue Rekorde sind und welche Sportler ihn abseits der Formel 1 inspirieren.

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Sebastian Vettel inspizierte am Vormittag den Yas Marina Circuit Zoom Download

Frage: "Sebastian, wie ist es für dich, nach Abu Dhabi zurückzukommen? Du hast hier beide Rennen gewonnen und dich im Vorjahr erstmals zum Weltmeister gekrönt."

Sebastian Vettel: "Es ist unglaublich. Wir waren hier ja schon zwei Mal und beide Male hatten wir ein sehr gutes Rennen. Über das letzte Jahr muss ich wohl nicht mehr so viel sagen - ich habe bereits im Vorjahr viele Fragen darüber beantwortet. Heute Morgen sind wir die Strecke abgegangen und alle möglichen Erinnerungen kommen dann wieder hoch."

"Ich bin sehr glücklich und sehr stolz, wieder hier zu sein. Deswegen wollen wir dieses Jahr dort weitermachen, wo wir im Vorjahr aufgehört haben."

Frage: "Glaubst du, dass du hier auch das dritte Rennen gewinnen wirst?"

Vettel: "Liebend gerne, ja. Aber es liegt noch ein weiter Weg vor uns. Wie bei jedem anderen Rennen ist viel Arbeit notwendig und morgen wird es sehr wichtig sein, das Auto so gut wie möglich vorzubereiten. Am Samstag muss in dieser einen Runde alles passen und dann benötigen wir noch ein sehr gutes Rennen am Sonntag."

"Wir fahren hier viele Runden - 55 - und das ist ein weiter Weg. Wir wissen noch nicht, wie lange die Reifen halten werden. Wir können hoffentlich morgen alle Kästchen abhaken und dann wissen wir mehr."

"Es wäre falsch, zu sagen, dass 2011 keine Rolle mehr spielt."Sebastian Vettel
Frage: "Wie wichtig ist es nun, sich auf die kommende Saison vorzubereiten?"
Vettel: "Man kann nicht so viel tun. Es wäre falsch, nun an die letzten zwei Rennen heranzugehen und zu sagen, dass 2011 keine Rolle mehr spielt, weil wir uns nur noch auf 2012 konzentrieren. Wenn man das tut, dann würde man etwas zurücklassen. Es gibt 19 Rennen und man hat 19 Mal die Chance, etwas zu lernen. Natürlich kommt man in eine Routine, einen gewissen Rhythmus, aber in jedem Rennen hat man die Chance, ein paar Lektionen zu lernen."

"Wenn man nicht aufpasst, dann lernt man auch nichts. Natürlich pusht man bei der Entwicklung wahrscheinlich nicht so hart wie im Titelkampf. Andererseits kann man das 2012er-Auto nicht jetzt bringen, denn es wäre schlecht, wenn es jetzt schon fertig wäre. Das wäre kein gutes Zeichen. Die nächstjährigen Autos werden anders sein, daher gibt es nicht so viele Dinge, die man testen kann. Man kann aber sehr viel lernen, wenn man die normale Arbeit, die normale Vorbereitung weitermacht."

Frage: "Inwiefern unterscheidet sich der aktuelle Sebastian Vettel von dem, der im Vorjahr zu diesem Rennen kam?"

Vettel: "Ich habe einen anderen Haarschnitt. Hoffentlich konnte ich als Fahrer einige dieser Lektionen lernen, von denen ich gesprochen habe. Als Mensch fühle ich mich nicht älter, es fühlt sich nicht so an, als hätte ich mich stark verändert. Natürlich war ich im Vorjahr sehr ambitioniert und hungrig, den Titel zu gewinnen."

"Es war mein größter Traum, eines Tages Weltmeister zu werden. Jetzt zurückzukehren und zwei Weltmeisterschaften gewonnen zu haben, ist nicht schlecht. Ich kann mich nicht beschweren. Ich bin sehr glücklich und sehr stolz auf das, was wir in den vergangenen 24 Monaten erreicht haben - auch als Team."

Frage: "Was ist jetzt dein größter Traum?"

Vettel: "Viele Leute sagen, dass die Saison jetzt vorbei ist und die Titelentscheidung gefallen ist. Sie fragen, was jetzt die Motivation ist, ob ich wieder gewinnen will. Aber so ticken wir. Das ist unser Rhythmus. Wir haben eine sehr lange Saison, dann eine Pause im Winter, in der wir uns ausrasten und uns wieder auf die nächste Saison vorbereiten."

"Man ist froh, dass alles wieder bei Null beginnt."Sebastian Vettel
"Natürlich haben wir 2010 einiges erreicht, aber 2011 begann alles wieder von neuem. Man ist froh, dass alles wieder bei Null beginnt. Es war eine sehr große Erleichterung, hier letztes Jahr das Rennen und die Weltmeisterschaft zu gewinnen, denn wie ich gesagt habe, war das immer mein größter Traum. Ich habe vor allem mir selbst bewiesen, dass ich das schaffen kann. Es spielt keine Rolle, was die Leute denken. Es geht um dich."

"Zu Saisonbeginn war es völlig außer Frage, was dieses Jahr das Ziel ist. Das Ziel war, die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Jetzt ist der Titelkampf entschieden, aber ich gebe auch bei den letzten zwei Rennen mein Bestes. Ich versuche alles, damit ich eine Siegchance habe."

Frage: "Welche Rolle spielen die Rekorde?"

Vettel: "Es geht nicht so sehr um Rekorde. Es geht vielmehr darum, dass man sich auf jeden Schritt konzentriert, den man macht. Es wäre falsch zu sagen: Jetzt will ich diesen oder jenen Rekord brechen - weil ich nah dran bin und es möglich ist. Dann denkt man zu viel an den Rekord, als an die Art und Weise, wie man ihn brechen kann. Dann würde man es nicht schaffen. Es ist daher besser, sich darauf zu konzentrieren, was man gerade macht, als auf den Rekord."

Frage: "Wäre es daher eine Enttäuschung für dich, 'nur' zwei Titel zu gewinnen?"

Vettel: "Spaß bei Seite. Man muss sich bewusst sein, dass wir uns in einer speziellen Situation befinden. Wir haben dieses Jahr viele Rennen gewonnen, was wir genossen haben. Wir haben dieses Jahr und letztes Jahr die Weltmeisterschaft gewonnen."

"Michael Schumacher, Federer, Nadal oder Woods - diese Leute haben das gewisse Extra."Sebastian Vettel
"Gleichzeitig können sich die Dinge aber sehr schnell ändern. Vielleicht ist das Auto nächstes Jahr nicht schnell genug oder ich mache viele Fehler und man kämpft um den fünften, zehnten Platz. Die Dinge ändern sich - das weiß man nie. Man muss den Moment genießen und sollte nicht zu viel darüber nachdenken, was in der Vergangenheit passiert ist, oder was in Zukunft passieren könnte."

Frage: "Du wurdest von Christian Horner mit Wayne Rooney verglichen."

Vettel: "Wirklich?"

Frage: "Ja, das hat er gesagt."

Vettel: "Vielleicht liegt es am Aussehen... meines Helms"

Frage: "Er meinte, dass du diesen Siegeswillen hast und nie damit aufhörst. Mit welchem Fußball-Spieler würdest du dich selbst vergleichen?"

Vettel: "Das hängt davon ab. Es gibt natürlich sehr viele Fußballer. Weißt du, ich mag Fußball und spiele selbst gerne. Ich kenne die meisten Spieler aber nicht gut genug, um das beurteilen zu können. Das Bild, das teilweise über das Fernsehen, die Zeitungen und über die Medien rüberkommt, entspricht nicht immer der Wahrheit."

"Ich denke aber, dass es viele Sportler gibt, die eine große Inspiration, eine große Motivation sind. Das wird euch jetzt nicht gefallen, aber das ist Teil meines Denkens. Michael ist ein großartiger Sportler. Er ist zweifellos ein großartiger Fahrer. Aber auch in anderen Sportarten: Roger Federer oder Rafael Nadal. Tiger Woods beim Golfen - über sein Privatleben kann sich jeder seine eigene Meinung bilden."

Fotos: Großer Preis von Abu Dhabi


"Diese Leute haben das gewisse Extra. Es gibt einen Grund, warum diese Leute neun von zehn Grand-Slam-Turnieren gewinnen. Das passiert nicht zufällig. Natürlich spielen sie fantastisches Tennis, aber dieses gewisse Extra macht es aus, wenn man die Spitze erreichen will und dort bleiben möchte."

Frage: "Glaubst du, dass du das auch schaffen wirst?"

Vettel: "Ich würde das liebend gerne schaffen, aber es ist nicht einfach. Man muss nur mit den Leuten sprechen, die ich genannt habe. Sie werden sagen, was es braucht. Das passiert dir nicht einfach. Jeder, der ein Rennen oder eine Meisterschaft gewinnen, muss sich das hart verdienen. Manchmal wird man darüber streiten, aber der, der am härtesten arbeitet, hat sein Glück in der Hand. Dann ist man vielleicht manchmal der Glückliche und staubt ab. Es gibt aber immer einen Grund und der Sieger verdient es in 99,9 Prozent aller Fälle."

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