• 16. Oktober 2011 · 14:09 Uhr

Vettel: "Einfach fantastisch"

Red-Bull-Fahrer Sebastian Vettel spricht über den erneuten Titelgewinn mit Red Bull, seinen Sieg in Südkorea und sein bevorstehendes "Heimspiel"

(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel fuhr beim Großen Preis von Südkorea zum zehnten Mal in dieser Saison ganz nach vorne und bescherte Red Bull den zehnten Sieg im aktuellen Rennjahr. Für den jungen Deutschen war es bereits der 20. Grand-Prix-Erfolg seiner Karriere - und für sein Team reichte es dank der Punkte von Vettel und Mark Webber zum erneuten Titelgewinn in der Herstellerwertung. Aus diesem Grund zeigt sich Vettel in seiner Medienrunde nach der Zieldurchfahrt mehr als hochzufrieden.

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Sebastian Vettel siegte in Südkorea bereits zum zehnten Mal in dieser Saison Zoom Download

Frage: "Sebastian, vor einer Woche holtest du dir den Fahrertitel, mit deinem zehnten Saisonsieg machte Red Bull nun auch die Titelverteidigung in der Hersteller-WM perfekt..."

Sebastian Vettel: "Nun, ich denke, es ist gut zu sehen, dass das gesamte Team weiterhin viel Druck macht. Unsere Vorbereitung war nicht ideal, denn die meisten von uns waren nach der Nacht im Anschluss an das vergangene Rennen doch etwas beschwipst. Das hatten wir uns aber auch verdient."

"Nach einem harten Freitag und einem schwierigen Samstagmorgen hier im Qualifying so zurückzuschlagen und das auch im Rennen zu tun, ist klasse. Das Auto war fantastisch und es machte mir sehr viel Spaß, es zu fahren. Das Fahrzeug wurde einfach immer schneller und schneller. Die Safety-Car-Phase hätte ich aber nicht gebraucht, ganz ehrlich. Lewis (Hamilton; Anm. d. Red.) kam so wieder näher heran und ich kämpfte ein bisschen mit den Reifen."

"Als meine Rivalen miteinander im Clinch lagen, zog ich vorne etwas weiter davon."Sebastian Vettel
"Das Auto schien sich aber zu stabilisieren und kam wieder zu Kräften. So konnte ich just vor dem zweiten Boxenstopp wieder eine kleine Lücke aufmachen. Bis zum Ende lief es dann wieder prima. Auf der weichen Reifenmischung konnte ich Druck machen, als ich es brauchte. Als meine Rivalen miteinander im Clinch lagen, zog ich vorne etwas weiter davon."

"Es ist einfach fantastisch. Nach dem Titelgewinn in der Fahrerwertung in der vergangenen Woche ist nur der Herstellertitel an der Reihe. Für das Team ist das einfach spitze. Ich möchte mich speziell an diesem Ort ganz besonders bei Renault bedanken. Sie haben unheimlich viel Druck gemacht. Ich denke, als Team zeigten wir im vergangenen Jahr eine tolle Haltung, als wir hier einen Motorschaden hatten."

"Wir erholten uns davon und gewannen in diesem Jahr den Titel. Renault leistete sich keinen Fehler und der Motor arbeitet hervorragend. Wir sind nun sehr konkurrenzfähig auf Strecke, die - wie Monza - lange Geraden aufweisen. Alles in allem ist unser Paket einfach nur fantastisch. Die Jungs genießen das. Ich denke, das trifft auch auf uns zu. Dafür möchte ich mich bedanken. Ich bin heute sehr, sehr glücklich."

Vettel ringt Hamilton nieder und siegt

Frage: "Sprechen wir über den Start und die erste Runde..."

Vettel: "Mein Start war nicht perfekt. Ich denke, Lewis kam etwas besser von der Linie als ich. Beim Vorstart zur Aufwärmrunde war ich noch richtig klasse losgefahren, doch das ist natürlich keine Hilfe. Der Rennstart war ähnlich, doch ich verlor etwas an Boden auf die McLarens. Wie ich schon vor dem Rennen bemerkte: Es folgte die sehr lange Gerade."

"Ich entschied mich erst sehr spät, in die Lücke zu stechen."Sebastian Vettel
"Wir hatten viel Gegenwind und ich konnte den Abstand zu Lewis schließen. Ich konzentrierte mich auf die Gerade zwischen den Kurven drei und vier. Ich entschied mich erst sehr spät, in die Lücke zu stechen. Lewis verhielt sich fair, als wir in Kurve vier einbogen. Ich war am Limit unterwegs und wäre beinahe geradeaus gefahren. Das war ein entscheidender Moment und ich war etwas in Sorge, weil ich viel Druck gemacht hatte."

"Mir war klar: Bei diesem Gegenwind auf der Geraden würde es zwischen den Kurven zwei und drei sehr einfach für die Verfolger sein, die Lücke zu schließen, wo ich doch der Erste war, der im Wind fuhr. Ich glaube, jeder, der Fahrrad fährt, kennt das. Mir haben zwar nicht die Beine gebrannt, aber der Renault da hinten war ganz schön am Glühen. Als ich mich im ersten Stint erst einmal ein bisschen abgesetzt hatte, konnte ich Runde um Runde mehr wegfahren."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von Südkorea


"Im zweiten Stint hatte ich anfangs ein paar Probleme und Lewis holte auf. Er kam aber nie wirklich nahe heran. Ich sorgte mich immer darum, dass er in Heckflügel-Reichweite gelangen könnte, um das System zu aktivieren. Das wollte ich nicht. Zum Glück stabilisierte sich das Auto wieder und ich konnte schneller fahren. Just vor dem zweiten Boxenstopp zog ich wieder davon."

Frage: "Wie schwierig war es, die richtige Strategie zu erwischen? Ihr hattet ja in der Qualifikation gezockt und die härteren Reifen aufgespart. Letztendlich kamen diese Pneus im Rennen aber gar nicht zum Einsatz..."

Vettel: "Ja. Unterm Strich absolvierten wir deutlich weniger Reifenwechsel, als wir eigentlich gedacht hatten. In den ersten Runden fühlte sich das Auto klasse an und die Balance stimmte. Ich denke, das war bei allen Rennwagen der Fall. Wir rechneten mit deutlich mehr Reifenverschleiß, doch das stellte sich nicht ein. Irgendwann passierte es schließlich, aber sehr spät."

"Es war nicht einfach, mit den Reifen hauszuhalten."Sebastian Vettel
"Deshalb konnten wir den ersten Boxenstopp hinauszögern, was auch auf den zweiten Reifenwechsel zutraf. Bis dahin hatten wir erkannt, dass wir nicht dreimal pro zehn Runden an die Box würden fahren müssen. So gesehen war es ein sehr gutes Rennen. Es war aber nicht einfach, mit den Reifen hauszuhalten. Meiner Meinung nach kamen wir über weite Strecken jedoch sehr gut damit klar."

"Das war vor allem gegen Ende der Stints auf den superweichen Reifen der Fall. Da konnte ich Zeit auf Lewis gutmachen. Anfangs setzte er mich ziemlich unter Druck, doch ich wollte einfach einen Heckflügel-Einsatz seinerseits verhindern. Auf der Gegengeraden gab es zwischen den Kurven zwei und drei ziemlich starken Gegenwind. Dort liegt ja auch die Überholzone."

"Mir war klar: Sobald er erst einmal in Heckflügel-Reichweite sein würde, würde es sehr eng werden. Ich machte sehr viel Druck, was mir die Reifen im zweiten Stint nicht gerade dankten. Glücklicherweise erholten sie sich und so konnte ich am Ende noch einmal wegfahren. Das war wichtig, um vor dem letzten Stint einen kleinen Abstand zu haben. Diesen kontrollierte ich dann bis zum Schluss."

Die Reifen verhalten sich besser als erwartet

Frage: "Wie oft kommt es vor, dass die Strategie derart schwierig ist?"

Vettel: "Nun, ich denke, es war im Prinzip ein Experimentieren. Es schwierig, zu wissen, was man erwarten konnte, denn am Freitag sammelten wir rein gar keine Erfahrung."

"Sie hielten deutlich länger als wir alle erwartet hatten."Sebastian Vettel
"Am Samstagmorgen schien alles recht positiv auszusehen. Wir probierten im Qualifying etwas aus, was wir am Sonntag aber nicht zum Einsatz brachten. Warum auch nicht? Letztendlich erwiesen sich die superweichen Reifen als prima für die ersten beiden Stints. Sie trugen uns über die Distanz. Sie hielten deutlich länger als wir alle erwartet hatten."

"Daher wählten wir diese Pneus immer wieder und holten uns erst zum Schluss die härtere Mischung ab. Vor dem Wochenende hatten wir noch mit sehr vielen Boxenstopps geliebäugelt, doch das war unterm Strich eigentlich nicht der Fall. Die Reifen waren klasse und hielten einfach länger als gedacht. Deshalb gab es nicht so viele Boxenstopps."

Frage: "Dein Renningenieur wies dich einmal darauf hin, dass deine Hinterreifen in die Knie gingen. War das die einzige kritische Situation?"

Vettel: "Ich denke nicht, dass das eine kritische Situation war. Ich war heute sehr ruhig am Funk, bat aber vor dem Rennen um viel Assistenz. Je mehr man mir sagt, umso besser. Ich wollte einfach wissen, wo ich bin, was ich brauche."

"In gewisser Weise kannst du fühlen, was die Reifen machen. Das war heute auch der Schlüssel. Dass man an den kritischen Stellen vielleicht auch ein bisschen Gas raus nimmt. Ich wollte, dass mich das Team dabei unterstützt und mir hilft. Das war einer von vielen Funksprüchen. Insgesamt geht in einem Rennen viel mehr vonstatten."

"Jetzt werden sie mir wohl an den Kragen gehen..."Sebastian Vettel
Frage: "Vor Kurzem meintest du, dass du am Rennende immer die schnellste Runde fahren wolltest. Jetzt ist es dir gestattet, oder nicht?"
Vettel: "Ich denke, jetzt werden sie mir wohl an den Kragen gehen. Über Funk sagten sie mir: 'Die schnellste Runde hast du nicht.' Das stimmt ja nicht. Danach hieß es dann: 'Dummkopf, du hast sie.' Es ist wirklich dumm."

"In anderen Rennen ergibt es wirklich keinen Sinn, doch auf der letzten Runde hatte ich einfach ein gutes Gefühl. Ja, ich machte einfach noch etwas mehr Druck, als es in die letzte Runde ging. Es ist eine Kleinigkeit. Das hat vermutlich mehr mit dem Ego zu tun, denn Punkte gibt es dafür ja nicht. Es ist also dumm von meiner Seite her, doch jetzt habe ich ja meine schnellste Runde und bin glücklich."

Vettel ist nicht auf Rekorde aus...

Frage: "Du scheinst dich über den zehnten Saisonsieg mehr zu freuen als über den Erfolg vom vergangenen Wochenende. Ist dir das so wichtig? Versuchst du, einen Rekord einzustellen?"

Vettel: "Eigentlich nicht, doch ich war sehr zufrieden mit dem heutigen Rennverlauf. Ich hatte das Gefühl, alles aus dem Auto herausgeholt zu haben. In der vergangenen Woche hatten wir einen ganz besonderen Tag."

"Es brauchte aber etwas Zeit, um einzusickern, und wir wurden Dritter. Ich hatte das Gefühl, dass es sehr eng war. Vielleicht hätten wir etwas besser abschneiden können. Das bedeutet nicht, dass ich nicht auch mit einem dritten Platz zufrieden bin. Ich freute mich natürlich sehr darüber, den Fahrertitel zu fixieren, doch das Rennen war aus unserer Sicht nicht gerade unser Bestes. Da war am Ende noch etwas mehr drin."

"Es war vom Start bis ins Ziel ein brillantes Rennen."Sebastian Vettel
"Dann ist es nach dem Rennen natürlich schwierig, auf einen anderen Modus umzuschalten. Hier brachten wir hingegen alles auf die Reihe. Es war vom Start bis ins Ziel ein brillantes Rennen. Wir waren clever mit den Reifen, lasen die Pneus gut und sorgten am Ende der Stints für die Lücken, als es darauf ankam. Damit hatten wir in der vergangenen Woche noch Probleme gehabt."

"So gesehen kamen wir hier also deutlich stärker zurück und hatten ein besseres Rennen. Es war einfach fantastisch. Es war ein großartiger Tag für das Team, denn es holte sich den Konstrukteurstitel. Mir war klar: Würden wir gleich viele Punkte oder etwas mehr Zähler einfahren als McLaren, dann würden wir auch diesen Titel erobern. Und die Zehn ist natürlich eine schöne Zahl. Es war ein toller Tag."

Frage: "Alles spricht immer nur vom Fahrertitel. Kannst du erklären, was der Herstellertitel bedeutet, über den außerhalb des Fahrerlagers quasi niemand spricht? Wie wichtig ist dieser Titel für einen Rennfahrer?"

Vettel: "Man muss verstehen, dass wir abseits der Rennstrecke sehr viele Leute haben - vor allem in der Fabrik in Milton Keynes. Diese Menschen arbeiten tagein, tagaus, jeden Tag in der Woche, jeden Monat im Jahr."

"Selbst das Küchenpersonal spielt eine Rolle."Sebastian Vettel
"Sie versuchen, zwei konkurrenzfähige Rennwagen zu bauen. Es ist nicht nur eine Person oder ein Bereich, der stimmen muss. Es ist alles. Selbst das Küchenpersonal spielt eine Rolle. Alles muss zusammenpassen. Für uns Rennfahrer ist natürlich der Fahrertitel das Wichtigste, doch für das Team ist es der Herstellertitel und das Wissen, wo sie im Vergleich mit anderen Teams stehen."

"Es ist schön zu sehen, dass wir erneut ein sehr starkes Jahr hatten, nachdem wir schon 2010 eine tolle Saison gehabt hatten. Die Titelverteidigung zu schaffen, ist eine klasse Leistung. Die Jungs sind sicherlich sehr zufrieden. Da ist bestimmt ein kleiner Bonus für sie drin, also werden sie glücklich sein."

Von Südkorea in die Heimat

Frage: "Wie hat Südkorea die Formel 1 aufgenommen? Wie lautet dein Eindruck?"

Vettel: "Besser als im vergangenen Jahr, denke ich. Bei dem miserablen Wetter, das wir 2010 hatten, kann man den Leuten aber auch keinen Vorwurf machen."

"Die Strecke ist ein bisschen... am 'Arsch der Welt'."Sebastian Vettel
"Ich glaube, in diesem Jahr war es richtig voll. Es machte sehr viel Spaß und die Tribünen waren gut gefüllt. Die Leute waren sehr euphorisch. Ja, die Strecke ist ein bisschen... am 'Arsch der Welt', aber in meinen Augen war es schon eine enorme Steigerung."

"Falls wir noch einmal herkommen sollten, werden wir sicher noch eine weitere Steigerung vorfinden. Das freut uns natürlich. Das schafft natürlich die Atmosphäre, die man als Rennfahrer haben will. Dass man sich umschaut vor dem Rennstart und dass da lauter Zuschauer sind, die dich anfeuern und sich dafür begeistern, was wir Fahrer machen."

Frage: "In einer Woche sitzt du schon wieder im Formel-1-Auto, und zwar in Heppenheim. Was wird dort los sein?"

Vettel: "Ich wusste noch gar nicht, dass das jetzt jeder weiß, aber ich freue mich auf jeden Fall, nach Hause zu kommen und - sofern das Wetter mitspielt - auch ein wenig Gas zu geben mit meinem Formel-1-Auto. Ich freue mich und hoffe auf viele Leute. Das Datum ist der 22. Oktober, ein Samstag."

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