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Illien: Renaults Angst vor Motorschäden reine Politik
Motorenbauer Mario Illien spricht im Interview über Comeback-Pläne, das neue Motorenreglement und bezeichnet Renaults Zwischengas-Argumentation reine Politik
(Motorsport-Total.com) - Mit seinen Motoren errang McLaren-Mercedes 1998 und 1999 den Formel-1-Fahrertitel. Zuletzt war Mario Illien in der Arbeitsgruppe der FIA, als das Motorenreglement für die Zukunft besprochen wurde. Beim Comeback der Turbos ab 2014 könnte seine Firma Ilmor Engineering eventuell ein Comeback feiern. Bei der Ennstal Classic pilotiert er gemeinsam mit seinem Landsmann Daniel Mauerhofer einen Toyota 2000 GT aus dem Jahr 1968. Der Schweizer im Interview.
© Dr. Peter Meierhofer/Ennstal Classic
Mario Illien startet bei der legendären Oldtimer-Rallye Ennstal-Classic Zoom Download
Frage: "Mario Illien, Sie werden gerne auch als ‚Motorenpapst' bezeichnet - am Mittwochnachmittag hatte Ihr Auto ein Motorenproblem, was ist passiert?"
Mario Illien: "Wir hatten Aussetzer. Eine Zündkerze hatte sich mit Öl belegt und sie hat daher nicht mehr gezündet. Ich habe das schon beim Runterfahren gespürt, habe auch bemerkt, dass ein bisschen Öl kommt. Dann haben wir die Zündkerzen ausgebaut und sie angeguckt und da sieht man dann, dass es nicht funktioniert."
Frage: "Früher hat mir jemand gesagt, dass allein das Zündkerzenbild sehr viel über den Zustand eines Motors aussagt - ist das heute noch so?"
Illien: "Ja, das ist heute noch so. Nur ist es heute weniger empfindlich als früher."
Illien befürwortet neues Motorenreglement
Frage: "Wechseln wir in die Gegenwart: Iin der Formel 1 wurden neue Motorenregeln festgelegt, nach einem langen Tauziehen - in wie weit ist Ihre Firma Ilmor Engineering involviert?"
Illien: "Im Moment bin ich nicht dabei - aber ich war vorher in der Arbeitsgruppe der FIA, als die neuen Regeln diskutiert wurden."
"Jetzt hat man die Regeln an und für sich beschlossen - einige Details müssen noch abgesegnet werden wie die Drehzahl, oder ob man einen oder zwei Turbolader verwendet. Aber ansonsten sind die Regeln jetzt einmal definiert."
Illien: "Ich finde, dass es eine gute Lösung ist. Mit dem Vierzylinder war ich nicht glücklich - ein Vierzylinder-Motor gehört nicht in ein Formelauto. Da haben wir - ein Hersteller und ich - uns schon damals in der Arbeitsgruppe dagegen gewehrt, aber wir wurden überstimmt."
Frage: "Die größte Sorge des Bernie Ecclestone war bei einem Vierzylinderturbo immer der Sound - wie sieht es beim V6 Turbo mit dem Sound aus?"
Illien: "Der Sound ist bei einem V6 Turbo in Ordnung - ich glaube nicht, dass das ein Thema ist."
Frage: "Ist angesichts der neuen Regeln ein Comeback von Ilmor Engineering möglich?"
Illien: "Das kann ich noch nicht sagen. Wenn ein Hersteller einen Motor von uns möchte, dann habe ich sicher Interesse, mir das anzusehen. Aber es müsste sich um ein langfristiges Engagement handeln - denn einen Motor und auch seinen Einsatz muss man über mehrere Jahre hinweg planen."
Wie ERS funktionieren wird
Frage: "In punkto Energierückgewinnung geht man bei dem neuen Reglement noch ein paar Schritte weiter als derzeit mit KERS - wie sieht das im Detail aus?"
Illien: "Man kann 120 kW Energie zurückgewinnen, da handelt es sich um Bremsenergie. Zusätzlich kann man eine Compound-Turbine einsetzen - die kann man direkt in der Mechanik anbringen oder man kann einen Generator damit betreiben und die Energie elektrisch speichern oder wie auch immer."
"Also das sind verschiedene Möglichkeiten, Energie zurück zu gewinnen, und man kann auch mehr Energie wieder einsetzen, um zu beschleunigen."
Frage: "Welchen Einfluss wird das auf die Formel 1 haben?"
Illien: "Der Einfluss besteht darin, dass man insgesamt effizienter ist, aber mit weniger Leistung der Verbrennungsmotoren trotzdem gute Rundenzeiten fahren kann."
"Wenn alles läuft, sind es beinahe schon Einheitsmotoren, eingefroren, die keine Erwähnung wert sind. Wird man bei den V6 Turbos aus diesem Dilemma für die Motorenhersteller wieder herauskommen?"
Illien: "Die Regeln, wie sie zurzeit sind, dass sie eingefroren sind - damit habe ich ein bisschen Mühe. Wir haben verschiedene Hersteller und eigentlich haben alle denselben Motor. Weil es einfach zu stark reglementiert ist."
Kritik an Renault
Frage: "Mit dem Anblasen hat man gesehen, dass man durch das Anblasen des Unterbodens mit Auspuffgasen mehr Abtrieb generiert. Und zwar nicht nur beim Beschleunigen, sondern auch beim Bremsen."
Illien: "Jetzt gab es einige Hersteller, die das besser gelöst haben als andere. Jetzt kam die Politik dazu - es haben jene, die es nicht so gut lösen konnten, versucht, die anderen zurückzubinden."
"Das finde ich nicht gut, dass man während der Saison solche Maßnahmen wie das Verbot des Zwischengases dann wieder verschiebt. Wenn man es zulässt, dann muss man es die ganze Saison über zulassen - man kann dann sagen, dass man es im nächsten Jahr verbietet, aber man kann es nicht fünf Mal in der laufenden Saison ändern."
Illien: "Ja, wenn man das verhindern will, dann sagt man einfach: Der Auspuff muss oben raus blasen und fertig."
Frage: "Ein Motorenhersteller argumentiert ja, dass er mit zehn Prozent Drosselklappenöffnung ein Haltbarkeitsproblem haben würde - das würde sich ja auch 2012 stellen..."
Illien: "Ja, aber das ist kein Thema. Das ist nur eine Argumentation, aber es ist in Wahrheit kein Thema."
Frage: "Also muss man sich in Wahrheit gar keine Sorgen um diese Motoren machen?"
Illien: "Nein, keinesfalls. Das sind politische Aussagen."
Turbos bringen neue Möglichkeiten
Frage: "Bei den Turbomotoren wird das wahrscheinlich kein Thema mehr sein, weil man das Anblasen des Diffusers dann ja von Vornherein verbieten wird. Allerdings könnten sich wiederum ganz neue Möglichkeiten ergeben..."
Illien: "Wie vorhin gesagt: Ich kann eine Compound-Turbine rein hängen und die Abgase besser nutzen. Das ist sicher eine vernünftige Lösung."
Frage: "Gibt es bei den Turbos auch wieder Schlupflöcher im Reglement?"
Illien: "Es gibt bestimmt welche - und die muss man natürlich ausloten und anwenden. Ich werde jetzt nicht sagen, wo diese Schlupflöcher sind..."
Illien: "Wenn ich die Gelegenheit habe, da mitzumachen, dann will ich diese Gelegenheiten auch nutzen."
Frage: "Das ist logisch. Aber es gibt jetzt schon Schlupflöcher?"
Illien: "Die gibt es immer. Die Gesetzgeber denken nie an jede Kleinigkeit."
Frage: "Und Sie haben da was Konkretes?"
Illien: "Das würde ich noch nicht behaupten, nein. Man muss sich da erst richtig einarbeiten - aber es hat immer Schlupflöcher im Regelwerk gegeben."