Ricciardo: "Es war interessant"
Formel-1-Debütant Daniel Ricciardo spricht über seine Erfahrungen beim Großen Preis von Großbritannien und über sein Rennen bei HRT
(Motorsport-Total.com) - Daniel Ricciardo zählt seit dem Wochenende zum Kreis der Formel-1-Stammfahrer. Der australische Rennfahrer absolvierte im britischen Silverstone seinen ersten Grand Prix und brachte sein HRT-Auto nach rund 300 Kilometern erfolgreich über die Ziellinie. Entsprechend zufrieden zeigt sich Ricciardo im Anschluss an sein Renndebüt. Der 22-Jährige freut sich schon jetzt auf die weiteren Rennen, merkt in seiner Medienrunde allerdings an, noch lange nicht am Ende seiner Lernphase angekommen zu sein.
Frage: "Daniel, wie verlief dein erster Formel-1-Grand-Prix aus deiner Sicht?"
Daniel Ricciardo: "Es war ein schwieriges Rennen. Die Zielflagge zu sehen, war ein kleines Vergnügen für mich, denn es war ziemlich knifflig gewesen, mit den Umständen und den blauen Flaggen umzugehen."
"In der Formel 1 ein Rennen zu bestreiten, ist etwas ganz anders. So etwas hatte ich bis dato noch nie erlebt. Es war ein großer Unterschied, doch darauf hatte ich mich eingestellt. Ich ging recht vorsichtig zu Werke, denke ich. Ich versuchte, nicht im Weg zu stehen, gleichzeitig aber mein eigenes Ding durchzuziehen. Es war interessant."
"Wir lernten die unterschiedlichen Phasen eines Reifens und die Möglichkeiten bei der Strategie und den Boxenstopps kennen. Ich nehme sehr viel mit aus diesem Rennen, das ich schon am Nürburgring zu meinem Vorteil nutzen möchte. Vorher werden wir die Daten sichten und dann schauen wir einmal, was wir dort erreichen können. Hoffentlich gelingt es mir, die Lücke ein bisschen zu schließen."
Frage: "Würdest du den Umfang oder die Komplexität der Formel 1 als die größte Herausforderung für dich beschreiben?"
Ricciardo: "Ja. Es ist einfach so anders. Ich hatte vorher nie eine Blaue-Flaggen-Situation erlebt. Das war eine neue Erfahrung für mich, weil es etwas Neues war. Ich sah alle paar Runden blaue Flaggen und musste entsprechend reagieren."
"Die Reifen sind ein weiterer Punkt: Du musst sie verstehen und wissen, wie du sie behandeln solltest. Das ist wichtig. Ich bin zuversichtlich, dass ich mich in dieser Sache schon bald steigern kann. Insgesamt bin ich aber recht zufrieden. Wir haben zwar noch ein paar Baustellen, an denen wir arbeiten müssen, doch der körperliche Anforderung war ich schon einmal gewachsen. Das war gut."
Verbesserungspotenzial bei Fahrer und Team
Frage: "Welche Rückmeldung hast du vom Team erhalten?"
Ricciardo: "Ich denke, das Team war zufrieden damit, dass ich das Auto ins Ziel brachte und nichts Dummes anstellte. Für die Mannschaft ist wichtig, viele Kilometer abzuspulen und jede Menge an Daten zu erhalten."
"Nicht nur für mich gilt: vorangelangen. Sie waren recht zufrieden. Meine persönlich beste Rundenzeit war auch nicht so weit von Tonio (Vitantonio Liuzzi; Anm. d. Red.) weg. Das ist positiv. Jetzt geht es darum, all das zu verarbeiten, um beim nächsten Mal noch besser zu agieren."
Frage: "Du fuhrst im Prinzip dein eigenes Rennen. War das nicht ein bisschen langweilig?"
Ricciardo: "Ein bisschen (lacht; Anm. d. Red.). Als sich das Feld erst einmal von mir absetzte und ich mehr und mehr blaue Flaggen sah, verlor ich immer mehr Zeit."
Frage: "Wie war es am Start? Warst du da in Duelle verstrickt?"
Ricciardo: "Ich war nahe dran, doch ich überholte niemanden. Wahrscheinlich war ich etwas vorsichtig. Mein Start war gut und in den ersten Kurven waren die Abstände sehr gering."
"Ich wollte aber kein Manöver riskieren, wo die Strecke doch nass und die Sicht eingeschränkt war. Das Risiko, das Auto zu beschädigen, war einfach zu groß. Ich wollte ja ins Ziel kommen und hielt es nicht für nötig, etwas zu probieren, was ich erst in einigen Rennen oder dergleichen versuchen sollte."
Ein guter erster Eindruck
Frage: "Wie wohl fühlst du dich im Auto, wo du doch jetzt ein komplettes Wochenende hinter dir hast?"
Ricciardo: "Ich fühle mich wohler, je mehr Zeit ich im Fahrzeug verbringe. Wir befinden uns da ganz klar noch in der Lernphase, was übrigens auch für die Arbeit mit dem Team gilt. Wir hatten aber ein gutes Wochenende."
Frage: "Wie erging es dir mit den Pirelli-Reifen?"
Ricciardo: "Das war eine interessante Erfahrung. Man fühlt den guten Grip der Reifen und spürt, wann die Pneus nachlassen. Tonio war beim Reifenhaushalt besser aufgestellt als ich und konnte einige Runden länger draußen bleiben."
"Das ist aber sicherlich eine Sache der Erfahrung und des Wissens. Es ist gut, ihn an meiner Seite zu haben, denn das beschleunigt meinen Lernprozess. Ich kann sehen, wie er arbeitet, und solche Dinge beim nächsten Mal für mich adaptieren."
Noch ist die Sitzposition nicht perfekt
Frage: "Hast du schon bestimmte Ideen für das Setup im Hinterkopf, um das Auto etwas besser an dich anzupassen?"
Ricciardo: "Das Lenkrad sollte ein bisschen weiter weg von mir sein. Im Augenblick fahre ich wie ein alter Mann (lacht; Anm. d. Red.)."
"Narain ist wohl ein bisschen kleiner als ich. Wir müssen da einfach ein paar kleinere Modifizierungen vornehmen. Ausgehend von diesem ersten Wochenende können wir aber sicherlich einige Fortschritte machen. Ich bin überzeugt davon: Ich kann schneller fahren."
Ricciardo: "Nun, in dieser kurzen Zeitspanne kannst du die Welt nicht auf den Kopf stellen oder auch dein Programm nicht komplett verändern. Es geht einfach darum, das Training weiter voranzutreiben und hier und da kleine Modifizierungen bei den Übungen vorzunehmen. Es ging aber schon sehr gut. Es gibt keine Großbaustelle oder dergleichen, sondern es geht um das Gesamtbild."
Frage: "Kennst du den Nürburgring bereits?"
Ricciardo: "Ja. Nicht aus der Formel 1, aber wir waren dort schon mit der Renault-World-Series zu Gast. Das ist erst einen Monat her. Ich holte die Ränge zwei und fünf. Ich mag die Strecke und denke, in einem Formel-1-Auto sollte sie noch viel mehr Spaß machen. Schauen wir mal."
Ein Heimrennen als Erlebnis
Frage: "Bist du auch schon mit der Nordschleife vertraut?"
Ricciardo: "Ich absolvierte eine Runde. Es wäre aber toll, dort einmal ein Rennen zu fahren."
Frage: "Und in welchem Auto warst du dort unterwegs?"
Ricciardo: "Es war ein FIAT (lacht; Anm. d. Red.), also nichts Sportliches. Das war vor zwei Jahren. Wenn mir also einmal jemand seinen Porsche leihen wollte, dann wäre das sicherlich eine tolle Geschichte..."
Frage: "Wie wichtig ist es deiner Meinung nach, einen Heim-Grand-Prix zu haben?"
Ricciardo: "Ich denke, das ist sehr wichtig. Die vielen britischen Fahnen für Jenson (Button) und Lewis (Hamilton; Anm. d. Red.) auf den Tribünen zu sehen, war klasse. Die beiden genießen hier in Silverstone eine tolle Unterstützung."
Frage: "Ist es anders, vor heimischem Publikum anzutreten?"
Ricciardo: "Nein, ich glaube nicht. Okay, das Interesse an deinem Abschneiden und die Aufmerksamkeit, die dir dort zuteil wird, sind sicherlich größer. Es dürfte ein ziemlich hektisches Wochenende sein. Wahrscheinlich ist es recht anstrengend, aber ich denke, man schläft sicherlich auch sehr gut."
"Ich sage nicht, dass es schön ist, wenn dieses spezielle Wochenende vorbei ist. Es kann aber auch nett sein, zum Heimrennen eines anderen Fahrers zu reisen, und etwas mehr Zeit für sich zu haben. Ein Heim-Grand-Prix ist zweifelsohne etwas ganz Besonderes. Hoffentlich kann ich es 2012 aus Fahrersicht erleben."