• 20. Mai 2011 · 15:38 Uhr

Berger: "Schumacher wird Rosberg nicht schlagen"

Gerhard Berger im Interview: Warum Schumacher nicht mehr so gut ist wie früher, wieso Vettel 2011 noch stärker ist und warum ihn ein FIA-Job nicht reizt

(Motorsport-Total.com) - In Barcelona ist es endlich wieder so weit: Gerhard Berger beehrt die Formel 1 mit seinem Besuch - der ehemalige Rennfahrer und Toro-Rosso-Mitbesitzer hatte sich seit seinem Ausstieg beim Red-Bull-B-Team 2008 von der Königsklasse weitgehen ferngehalten, wird aber regelmäßig mit Spitzenposition bei der FIA und bei Formel-1-Rennställen in Verbindung gebracht. Im Interview spricht Vettels ehemaliger Mentor über die Dominanz seines Ex-Schützlings, Michael Schumachers Krise und künftige Reglementänderungen.

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Gerhard Berger nimmt Ex-Rivalen Michael Schumacher in Schutz Zoom Download

Frage: "Gerhard, du bist ein seltener Gast in der Formel 1."

Gerhard Berger: "Ich habe gerade überlegt: Das letzte Mal war ich vor einem Jahr in Monaco dabei."

Frage: "Fehlt dir die Formel 1 nicht?"

Berger: "Doch, mir fehlt die Formel 1 schon, aber man sieht es im Fernsehen auch ganz gut, da schaue ich es mir an. Zwischendurch muss man dann aber seine Freunde wieder einmal besuchen."

Frage: "Sebastian Vettel führt derzeit mit 34 Punkten Vorsprung in der WM. Was macht ihn nach seinem Titelgewinn noch einmal stärker?"

Berger: "Der Titelgewinn ist - vor allem, wenn man so jung gewinnt und so hungrig wie Sebastian ist - eine Erlösung. Genau diesen Druck, den er im Vorjahr zu dieser Zeit noch hatte, verspürt er dieses Jahr nicht."

"Er ist total locker und kann so natürlich noch mehr Leistung bringen. Außerdem muss man sagen, dass er immer noch in der Lernphase ist, er wird immer noch besser. Der hat noch lange nicht seinen Zenit erreicht. Ich glaube auch nicht, dass Webber da eine Chance haben wird. Das Paket Sebastian Vettel ist wahnsinnig stark, ist relaxt - durch den Gewinn der Weltmeisterschaft. Dann darf man nicht vergessen, dass er auch noch das beste Auto hat. Das Gesamtpaket ist derzeit fast nicht schlagbar."

Frage: "Alonso hat aber schon gesagt, dass ganz Spanien bei seinem Heimspiel hinter im steht. Und vor der Saison hatte er bereits Besitzansprüche auf den WM-Pokal angedeutet."

Berger: "Den Fernando darf man nicht unterschätzen, der kann es wirklich, der ist einer der besten Rennfahrer überhaupt. Er hat auch den Kampfgeist, aber die Frage ist, ob sein Auto auch verbessert ist. Bei den letzten Rennen war das Material nicht gut genug, um gegen den Sebastian ernsthaft anzutreten. Aber vielleicht haben sie bei diesem Rennen Modifikationen - das werden wir sehen. Die Spanier alleine sind da zu wenig."

Schumacher und das Alter

Frage: "Ein anderer Deutscher, Michael Schumacher, kommt nicht so richtig in die Gänge."

Berger: "Das ist ein Blödsinn, dass er nicht in die Gänge kommt."

Frage: "Er war selbst unzufrieden nach dem Rennen..."

Berger: "Ja, klar war er unzufrieden, aber der Schumacher ist 42 Jahre alt und da kann man nicht erwarten, dass die Sensoren gleich gut arbeiten wie bei einem 25-Jährigen. Das ist offenbar so - das muss auch ein Schumacher verstehen."

Frage: "Aber er glaubt es offenbar..."

Berger: "Für einen 42-Jährigen macht er einen hervorragenden Job. Ich glaube nicht, dass es noch andere 42-Jährige gibt, die das noch so hinbringen können. Er fährt immer unter den ersten Zehn in der Formel 1. Das ist ja eine hervorragende Leistung. Dass ein Schumacher natürlich von seinen Siegen verwöhnt ist, ist schön und recht, aber es ist einfach die Zeit der Jugend."

"Solange Michael so schnell ist und ihn die Teams wollen, soll er das machen, was er gerne macht."Gerhard Berger
"Trotzdem: Ich freue mich jedes Mal, dass er immer noch auf der Rennstrecke ist. Ich glaube, es steht ihm auch zu, denn er hat über so viele Jahre so viele schöne Rennen geliefert, dass er jetzt wirklich das machen kann, was er gerne macht. Solange es Teams gibt, die ihn gerne dabei haben, ist ja alles in Ordnung. Warum sollen wir sagen, er soll aufhören oder nicht?"

Frage: "Das würden wir niemals machen."

Berger: "Oh doch. Das ist die Diskussion. Ich sage aber: Solange er so schnell ist und ihn die Teams wollen, soll er das machen, was er gerne macht."

Frage: "Du glaubst also nicht, dass er Nico Rosberg diese Saison noch schlagen wird?"

Berger: "Ich glaube nicht, dass er Rosberg schlagen wird. Das haben wir ja jetzt schon gesehen, dass Nico die Jugend ist. Der ist außerdem wirklich ein schneller Pilot, der ist auf dem Niveau von Vettel. Wir reden da vom Besten der Besten. Außerdem ist er um 15 Jahre jünger. Das kann man nicht wegbringen. Das weiß der Michael auch ganz genau, aber wir reden nur von einem Zeitunterschied von zwei, drei Zehntel. Das ist immer noch gut genug für viele andere in diesem Feld."

Warum ein FIA-Job Berger nicht reizt

Frage: "Es wird darüber diskutiert, die Auspuffsysteme einiger Teams zu beschneiden. Was könnte das bewirken?"

Berger: "In der Zwischenzeit haben ja alle das System. Man will dadurch natürlich die Kosten reduzieren und es ist nicht schwierig, das zu kontrollieren. Das Kräfteverhältnis ändert sich dadurch aber nicht groß."

"Ich wurde schon früher von Max und dann auch von Jean gefragt, ob ich mich um die Formel 1 kümmern will."Gerhard Berger
Frage: FIA-Boss Jean Todt möchte unbedingt Vierzylinder-Motoren mit 1,6 Litern Hubraum einführen. Hältst du diese Motorenformel für eine kluge Entscheidung?"
Berger: "Man muss immer alles unter einen Hut bringen. Es gibt natürlich Hersteller, die nicht wieder neue Motoren bauen wollen. Am Ende sollten aber Ecclestone und FIA das letzte Wort haben und die sollten sich einig werden. Für uns Fans ist es egal - wichtig ist, dass es ein ausgeglichenes Feld und gute Rennen geben."

Frage: "Zwischen Ecclestone und Todt tobt ja derzeit hinter den Kulissen ein Streit. Todt hatte dich ja sogar für eine Mitarbeit bei der FIA im Formel-1-Bereich vorgesehen. Kein Interesse?"

Berger: "Ich wurde schon früher von Max und dann auch von Jean gefragt, ob ich mich um die Formel 1 kümmern will. Mein Leben ist aber das Racing und ich bleibe lieber in der Box und auf der Rennstrecke und denke über die richtige Strategie nach, als über das Politische."

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