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Heidfeld über Auspuff-Debatte: "Das ist komisch"
Nick Heidfeld im Interview: Warum er sich über die Auspuff-Diskussion wundert, woran Schumacher scheitert und ob er inzwischen ein Reglement-Fan ist
(Motorsport-Total.com) - Nach zwei sensationellen Podestplätzen ist das Renault-Team bei den vergangenen zwei Grands Prix den Erwartungen nicht ganz gerecht geworden. Auch in Barcelona könnte der Truppe von Nick Heidfeld ein schwieriges Wochenende blühen, schließlich dürfte die Konkurrenz mit umfangreichen Updatepaketen größere Fortschritte erzielt haben.
Es hätte aber auch schlimmer kommen können: Die FIA wollte verbieten, dass die Motoren ein Zwischengas produzieren, und damit die aerodynamische Wirkung der Auspuffsysteme in der Formel 1 einschränken. Das Verbot konnte abgewendet werden - da Renault das komplexeste Auspuffsystem besitzt, hat man noch einmal Glück gehabt. Wie Heidfeld ein mögliches Verbot einschätzt, worauf er Michael Schumachers schwaches Abschneiden zurückführt und ob er durch die vielen Überholmanöver inzwischen zu den Fans von KERS und DRS zählt, verrät er im Interview.
Frage: "Nick, habt auch ihr ein großes Update für Barcelona vorbereitet?"
Nick Heidfeld: "Ja, wir haben recht viele Updates. Ich würde es nicht das größte Updatepaket der Saison nennen, aber es ist ein guter Schritt und es ist schön zu sehen, dass wir an jedem Renn-Wochenende ein paar neue Teile haben. Bei Teams, wo ich vorher war, war das anders. Das ist aber auch eine allgemeine Änderung in der Formel 1: Vor ein paar Jahren hatten wir alle drei, vier Rennen ein neues Paket. Jetzt haben die Topteams bei jedem Rennen neue Teile dabei."
Frage: "Ihr habt Fortschritte von zwei Zehntel pro Runde angekündigt. Reicht das aus, um vor den anderen Teams zu bleiben, die teilweise doch sehr große Updatepakete angekündigt haben?"
Heidfeld: "Ich habe keine konkreten Zahlen in Form von Punkten oder Rundenzeiten von den anderen gehört, daher kann ich das nicht einschätzen. Ich weiß nur von McLaren, dass sie zwölf Updates haben. Ob das aber jetzt ein Zehntel oder eine Sekunde bringt, weiß kein Mensch - oder wir wissen es nicht."
"Sehr wichtig sind aber auch die Dinge, die ich aus der Aerodynamikabteilung und aus den anderen Bereichen von unserem Team höre. Daher weiß ich, dass da noch Schritte kommen, dass wir ein besseres Verständnis gewinnen und dass es immer weiter geht."
Wird das Auspuffsystem beschnitten?
Frage: "Es gab Diskussionen, dass das Reglement im Bereich des angeblasenen Diffusors verändert wird."
Heidfeld: "Auch mich haben die Nachrichten ziemlich überrascht. Aber dann wurde es schnell wieder revidiert und mir war ohnehin nicht klar, warum man etwas ändern sollte. Ich glaube, dass sich alles innerhalb des Reglements bewegt. Ich weiß auch nicht, woher die Idee kommt, es unbedingt zu stoppen. Nach meinen Gesprächen mit dem Team habe ich den Eindruck, dass das jetzt eine Regel ist, die neu eingeführt werden sollte."
"Unser Auto wurde diese Saison entwickelt, um das Potenzial dieses Effekts zu maximieren. Wir arbeiten immer noch in diesem Bereich. Und jetzt soll es Mitten in der Saison geändert und verboten werden? Ich verstehe das nicht, das ist ein bisschen komisch."
Frage: "Hast du Angst, dass dein Team mehr betroffen sein könnte als andere?"
Heidfeld: "Ich weiß es nicht. Natürlich würde es uns stärker als die neuen Teams treffen, aber alle anderen Teams arbeiten auch in diesem Bereich. Ich weiß nicht, ob wir es mehr oder weniger ausnützen oder mehr davon profitieren."
Heidfeld: "Ich glaube nicht. Vielleicht wird es irgendwer tun, aber das ist kein typisches Thema für ein Fahrerbriefing. Das sollte eher das Team besprechen."
Frage: "Du warst in die Entwicklung eures Systems eingebunden. Wäre es ein Sicherheitsproblem, wenn die Auspuffgase nicht mehr stabil durch den Diffusor geblasen werden?"
Heidfeld: "Nein, es wäre kein Sicherheitsproblem - das ist für mich in beide Richtungen irrelevant, ob wir jetzt die Auspuffgase verwenden oder nicht. Natürlich verwenden wir sie, um die Performance des Autos zu verbessern. Ob es jetzt mehr oder weniger funktioniert, ist keine dramatische Veränderung - alles bleibt im normalen Fenster und beides ist gleich ungefährlich."
Frage: "Du hast angekündigt, dass ihr an eurer Performance im Qualifying arbeiten müsst. Welche Schritte sind geplant?"
Heidfeld: "Wir arbeiten immer noch daran. Ich versuche, gemeinsam mit den Ingenieuren zu überprüfen, was wir am Auto und beim Setup hier und in Zukunft verändern können, um zu verstehen, was wir besser machen können. Auch ich als Fahrer werde das tun - das ist ein fortschreitender Prozess. Ich glaube aber nicht, dass wir die Situation in nur einem Rennen drehen können."
Warum Schumacher Probleme hat
Frage: "Michael Schumacher musste nach dem Rennen in der Türkei ein paar harte Kommentare einstecken. Ist das..."
Heidfeld: "...weil er gesagt hat, es hat ihm keinen Spaß gemacht."
Frage: "Nein, nein..."
Heidfeld: "Doch, doch. Als der Kommentar hochkam, dann sind alle drauf gesprungen."
Frage: "Es geht aber auch um die Fähigkeiten, ob er mit 42 das noch machen kann, oder ob er einfach einen Nachteil gegenüber der Computerkid-Generation hat."
Heidfeld: "Ich glaube, dass das nichts mit irgendeiner Computerkid-Generation zu tun hat. Ich glaube auch nicht, dass die jüngeren Fahrer einfach so viel besser sind, dass der Michael da keine Chance mehr hat. Ich glaube, dass der Michael in seiner Hochzeit jetzt genauso vorne gefahren wäre, wie er es auch vor ein paar Jahren gemacht hat. Mit fortschreitendem Alter wird es sicher nicht einfacher."
Frage: "Stellen wir die Frage einmal anders: Wenn er mit 26 aufgehört hätte und dann drei Jahre verpasst hätte, hätte er dann die gleichen Probleme?"
Heidfeld: "Glaube ich nicht. Ich glaube, dass er sich dann viel einfacher getan hätte. Das ist aber meine persönliche Meinung. Das ist auch altersbedingt."
Heidfeld: "Ich glaube nicht, dass es so schwierig ist, das zu verstehen. Ich habe ihn nicht gefragt, aber ich zweifle daran, dass er sagen würde, dass es zu kompliziert für ihn ist. Natürlich ist es hart, drei Jahre lange weg zu sein, aber er ist ein kluger Kerl, ein Weltklasse-Fahrer. Keiner, der Probleme hat, den technischen Aspekt zu verstehen. Vor ein paar Jahren war die Situation viel kompliziert, viel mehr Elektronik war im Spiel als heute."
Frage: "Du glaubst also nicht, dass es darum geht, das Maximum aus der Technologie herauszuholen?
Heidfeld: "Im Qualifying geht es darum, das Beste aus den Reifen herauszuholen. Ich hatte in allen Rennen ein gutes Tempo - außer in Australien, als das Auto schwer beschädigt war. Aber im Qualifying lief es manchmal gut und manchmal nicht. Da müssen wir uns verbessern, wollen wir sehr gute Ergebnisse einfahren. Durch unser Renntempo könnten wir noch mehr herausholen, wenn wir im Qualifying besser sind. Das ist unser Hauptziel."
Frage: "Vielleicht müsst ihr auch euer Timing ändern, denn ihr seid immer das Team, das im allerletzten Moment auf die Strecke geht."
Heidfeld: "Das ist etwas, das wir bereits während der Saison und vor allem nach China untersucht haben. In der Türkei gab es bereits Änderungen, ich glaube also nicht, dass das die Hauptrolle spielt."
Heidfeld immer noch Reglement-Kritiker?
Frage: "Sind es deiner Meinung nach zu viele Hilfsmittel, die eingeführt wurden?"
Heidfeld: "Meine Meinung hat sich nicht groß geändert, dass ich es nicht mag, wenn Sachen künstlich eingeführt werden. Andererseits muss man sagen, dass es offensichtlich funktioniert. Das hat die Rennen spannender gemacht und es gibt mehr Überholmanöver. Ich habe dieses Jahr nicht nur durch DRS und die Reifen überholt, sondern auch durch KERS. Natürlich haben das auch die anderen an Bord, aber es hängt davon ab, wie und wo man es benutzt."
"Im Qualifying ist es klar, aber in einem Kampf nützt man es nur zum Überholen und man kann den Kerl vor einem überraschen, wenn er nicht damit rechnet und keine Energie mehr übrig hat. Das bringt auch ein bisschen Würze hinein. Andererseits ist dieses ganz spezielle Überholmanöver, das es früher einmal gab, ein bisschen verschwunden. Früher war das wirklich etwas Besonderes und auf der letzten Rille. Da hast du dich richtig gefreut und auch für die Zuschauer war das denke ich mal etwas Besonderes. Jetzt ist das etwas abhanden gekommen, doch es gibt immer etwas, über das man meckern kann."
Heidfeld: "Einerseits nicht gut, andererseits weißt du, dass du nicht viel dagegen ausrichten kannst. Speziell, wenn man selbst alte Reifen hat und der andere neue, dann kannst du nicht einmal mit aggressivem Fahren etwas dagegen ausrichten. Da fährt der andere einfach ausgangs der Kurve innen vorbei, das ist ein bisschen schade."
Frage: "Wie sehr hat sich das Fahren verändert? Macht man weniger Alles-oder-nichts-Manöver, weil man weiß, man kann den anderen ohnedies nicht halten, während man früher vielleicht dagegen gehalten hätte?"
Heidfeld: "Ja, aber diese Überlegungen gab es früher auch schon - je nachdem, in welchen Auto man unterwegs war. Damals war es wie jetzt auch schon klar, dass es sinnlos ist, jemanden für fünf Runden hinter sich halten zu wollen, wenn man weiß, dass man dadurch pro Runde eine Sekunde verliert, obwohl der andere früher oder später sowieso vorbeikommt. Man muss immer im Kopf haben, was am Ende des Rennens passiert. Macht das jetzt Sinn? Es ist die gleiche Denke, nur jetzt passiert es halt öfter."
Frage: "Du hattest in der Türkei ein paar Zweikämpfe mit deinem Teamkollegen. Hat sich die Stimmung da etwas abgekühlt?"
Heidfeld: "Die Stimmung musste nicht wirklich abkühlen, weil sie nie wirklich hochgekocht hat. Ich habe schon danach gesagt, dass es zwar besser hätte laufen können, aber dass es kein großer Akt war. Wir haben es teamintern besprochen und die Sache ist geklärt."
Frage: "Hat er es eingesehen?"
Heidfeld: "Also was wir da jetzt genau besprochen haben, werden wir euch sicher nicht auf die Nase binden."