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Tost über die Fahrer 2011: "Man weiß nie, was passiert"
Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost zieht im Interview Bilanz über die Saison 2010 und deutet an, dass es bei der Fahrerwahl eine Änderung geben könnte
(Motorsport-Total.com) - 2010 musste das Red-Bull-B-Team Toro Rosso erstmals mit eigenem Chassis an den Start gehen. Die dadurch notwendigen strukturellen Änderungen erklären auch, dass der Rennstall aus Faenza nicht mehr an die Highlights der Vergangenheit anschließen konnte. Dass nun endlich Ruhe und Stabilität eingekehrt ist, will Teamchef Franz Tost im Interview nicht bestätigen. Vor allem in der Fahrerfrage ist das letzte Wort offenbar noch nicht gesprochen, wie der Tiroler andeutet: Durch die starke Leistung von Red-Bull-Junior Daniel Ricciardo dürfte der Sitz des Schweizers Sébastien Buemi wackeln.
Frage: "Franz, wie sieht deine Saisonbilanz aus?"
Franz Tost: "Das war die erste Saison, in der wir unser eigenes Auto gebaut haben. Daher lag die Priorität darauf, die Infrastruktur des Teams aufzubauen - sowohl, was die Einrichtungen angeht, als auch beim Personal. Wir sind 2010 in die richtige Richtung gegangen. Ende letzten Jahres waren wir ein Team von 150 Leuten, zu Saisonbeginn waren es 230, jetzt sind es 250."
"Dieses Jahr haben wir viel über die Organisation des Teams gelernt, sowohl von einem technischen Standpunkt, als auch von wirtschaftlicher Seite. Jetzt haben wir eine gute Basis, die es uns hoffentlich erlauben wird, für 2011 ein erfolgreiches Auto zu bauen. Ich bin also optimistisch, dass wir 2010 die richtigen Entscheidungen getroffen haben und eine erfolgreiche Zukunft haben werden."
Frage: "Nachdem ihr zu Saisonmitte sogar auf Platz sieben in der Konstrukteur-WM wart, seid ihr zurückgefallen. Was ist in der zweiten Saisonhälfte passiert?
Tost: "Sauber und Williams haben uns überholt, womit aber sowieso zu rechnen war, da sie viel mehr Ressourcen haben. Zu Saisonbeginn waren wir ebenbürtig oder manchmal schneller, doch mit Fortdauer der Saison haben unsere direkten Gegner ihre Autos erfolgreicher weiter entwickelt.
"Sie haben beide eine stabile Infrastruktur, da sie schon lange dabei sind, während wir noch im Aufbau sind. Dennoch müssen wir uns genau ansehen, was wie dieses Jahr gemacht haben. Dann müssen wir lernen, in Zukunft in ähnlichem Tempo zu entwickeln."
Tost:: Ich glaube auch mit Lotus. Sie sind im Aufwind und bekommen das Getriebe und die Hydraulik von Red Bull Technologies, werden also stark sein. Ich sehe sie neben Sauber, Williams und Force India als unsere direkten Konkurrenten. Diese Saison war es sehr eng: Ein paar Zehntel haben teilweise einen Unterschied von fünf oder sechs Plätzen in der Startaufstellung ausgemacht. Doch darum geht es in der Formel 1, es ist eine sehr konkurrenzfähige Umgebung."
Lob für Alguersuari, Tadel für Buemi
Frage: "Wie bewertest du die Fortschritte von Sébastien Buemi und Jaime Alguersuari?"
Tost: "Beginnen wir mit Sébastien. Zu Saisonbeginn holte er Punkte und war auf einem sehr guten Leistungsniveau. Doch zu Saisonende tat er sich etwas schwer. Währenddessen verbesserte Jaime seine Leistung Schritt für Schritt. In der zweiten Saisonhälfte zeigte er sehr gute Qualifying-Leistungen und gute Rennen. Er ist am richtigen Weg. Seine Entwicklungskurve geht nach oben, was positiv ist. Ich bin ganz zufrieden mit seiner Performance."
Frage: "Gerüchten zufolge sind sie zu vorsichtig. Ist das wahr?"
Tost: "Sie nehmen ein paar Risiken, doch ich würde mir wünschen, dass sie das öfter tun. Es ist kein Problem, wenn sie das Auto kaputt machen - wir haben genug Teile! Ich habe zu ihnen - speziell an den Freitagen - öfter gesagt, dass sie etwas mehr riskieren und pushen sollten, damit sie ihr Limit finden. Doch sie haben ein paar Schritte vorwärts gemacht, besonders Alguersuari."
Frage: "Man darf davon ausgehen, dass beide 2011 beim Team bleiben. Ist Kontinuität wichtig?
Tost: "Also, in der Formel 1 weiß man ja nie was passiert. Unsere Priorität ist es, ein erfolgreiches Auto zu bauen. Bezüglich der Fahrer und der Kontinuität werden wir sehen..."
Tost: "Der Hauptgrund, warum Red Bull dieses Team gekauft hat, war jungen Red-Bull-Fahrern die Chance zu geben, in der Formel 1 zu fahren. Das ist mit Sicherheit die hauptsächliche Existenzberechtigung. Eine Saison reicht nicht, um ein erfolgreicher Formel-1-Pilot zu werden und bereit zu sein, um zu einem Team wie Red Bull aufzusteigen. Um dort hin zu kommen, muss der Fahrer beinahe komplett sein. Aus diesem Grund dauert ein Nachwuchsfahrer-Programm zwei oder drei Jahre."
Nächstes Jahr mit KERS?
Frage: "Hast du eine Mentorfunktion? Zum Beispiel, als Jaime zu Saisonbeginn Problem emit dem Qualifying hatte, legst du dann den Arm um seine Schulter, oder braucht es da eine direktere Art der Aufmunterung?"
Tost: "Für das Qualifying benötigt man Erfahrung. Man muss wissen, wie und wo man bremst, wie man die Reifen benützt, wie man die Randsteine benützt, wo man Grip findet. So etwas kann man einem Fahrer nicht erklären, das muss er lernen."
"Was wir tun, ist uns zusammen zu setzen, die Daten zu analysieren und diesen Prozess Schritt für Schritt zu gehen. Ich denke, dass beide Fahrer gute Fortschritte gemacht haben und ich bin zuversichtlich, dass sie in Zukunft im Qualifying besser sein werden, einfach weil sie dann die Erfahrung haben."
Frage: "Welche Rennen stachen dieses Jahr heraus?"
Tost: "Wir hatten gute Rennen in Malaysia und Monaco - und in Südkorea. Dort waren wir am Ende Elfter und haben keine Punkte geholt - das wird für uns immer schwierig sein, wenn die meisten Vorderleute die Zielflagge sehen -, doch das Rennen ist gut gelaufen. Der Kampf zwischen Alguersuari und Michael Schumacher in Melbourne war auch sehr gut. Ich denke, dass es für Jaime sehr wichtig war, dass er sieht, dass er gegen einen der besten Fahrer der Welt im Zweikampf bestehen kann."
Tost: "Das ist mit Sicherheit das Ziel. Wir wollen das Auto bis zum ersten Test fertig bringen, da das Testen so stark limitiert ist. Wir würden auch gerne von Beginn an mit dem KERS-System fahren. Das ist nicht nur eine technische Herausforderung, es ist auch für die Fahrer etwas Neues. Mit KERS zu fahren benötigt vielleicht einen anderen Fahrstil, vor allem beim Bremsen. Sie müssen ein gutes Gefühl dafür bekommen, wie das Auto mit KERS funktioniert und wie man es am besten nutzt. Dafür müssen wir ihnen das Auto so früh wie möglich geben."