Alonso: "Wir haben noch nichts erreicht"
Fernando Alonso in der FIA-PK: Wie er das Rennen in Abu Dhabi angehen will und warum er sich kein konkretes Ergebnis-Ziel setzen möchte
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Fernando, der Druck war groß, denn bis in die letzten Sekunden hinein warst du nicht unter den besten Drei. Wie schwierig war es, das am Ende noch zu schaffen?"
Fernando Alonso: "Es war für alle ein schwieriges Qualifying. In Q2 und dann auch in Q3 haben die Positionen ständig gewechselt. Bis Ende Q3 weißt du nie, wie konkurrenzfähig du bist."
"Mein erster Versuch war nicht großartig. Ich hatte Verkehr im ersten Sektor und wusste, dass ich mit dem zweiten Reifensatz noch Spielraum habe, also bin ich ans Limit gegangen. Der dritte Platz ist großartig. Gestern haben wir ein gutes Setup erarbeitet, für die Renn- und die Qualifyingpace. Das heute war ein gutes Qualifying für uns. Jetzt brauchen wir nur noch einen Tag und Perfektion."
Frage: "Zu Beginn deines letzten Runs hattest du Verkehr. Hat dir das alles ruiniert?"
Alonso: "Nein, das war okay. Der Zeitabstand, den wir hatten, um noch über die Ziellinie zu kommen, war sehr knapp, also wurde ich vom Ingenieur informiert, dass es noch zehn Sekunden sind. Das ist nicht toll, aber es hat gereicht."
Verbesserung in letzter Minute
Frage: "Bei deinem Teamkollegen waren es sogar nur Sekundenbruchteile..."
Alonso: "Ja. Es war für alle schwierig, aber für mich hat es gepasst."
Frage: "Im ersten Sektor deiner letzten Runde warst du nicht besonders schnell, aber hinten raus hast du ein Wunder vollbracht..."
Alonso: "Im ersten Run in Q3 hatte ich Verkehr im letzten Sektor, daher wusste ich, dass der letzte Sektor im zweiten Run die beste Chance sein würde, im Vergleich zu davor Zeit gutzumachen."
"Daher habe ich meine Reifen im ersten und zweiten Sektor ein bisschen geschont. Wir fuhren mit den Supersoft-Reifen, aber die werden gegen Ende einer Runde sehr heiß, daher ging ich den letzten Run sehr ruhig an. Der letzte Sektor ist immerhin 40 Sekunden lang - da kannst du eine Menge Zeit rausholen."
Frage: "Wie gut schätzt du nun deine Ausgangsposition hinsichtlich der Weltmeisterschaft ein?"
Alonso: "Ich glaube, wir sind immer noch in mehr oder weniger der gleichen Lage wie vor zwei Tagen vor dem ersten Training. Wir kennen die Situation, wir kennen die vier Anwärter. Alles hängt vom morgigen Rennen ab. Im Rennen kann alles passieren."
Schon viele Überraschungen
"In den letzten zwei oder drei Events hat es einige Änderungen gegeben. In Südkorea waren die Red Bulls sehr stark, aber dann haben sie das Rennen wegen mechanischer Probleme verloren. In Brasilien gab es Probleme beim Boxenstopp bei Mercedes und Felipe, daher kann in der Rennsituation wirklich alles passieren. Wir müssen die 55 Runden problemfrei bewältigen. Es wird für alle ein langes und hartes Rennen, aber wir sind im Moment in einer sehr guten Ausgangsposition."
Frage: "Ist der dritte Platz vielleicht sogar besser als der zweite? Gibt es hier am Start eine saubere und eine schmutzige Linie?"
Alonso: "Ich glaube nicht, dass der Unterschied groß ist, aber wenn es da schon keinen Unterschied gibt, dann sind der einzige Unterschied die acht Meter. Da bin ich lieber Dritter als Vierter."
Frage: "Ist es das Wichtigste, vor Mark Webber zu stehen?"
Alonso: "Wir werden morgen sehen. Natürlich ist mir lieber, dass Mark Fünfter ist und nicht Erster, wenn ich auf Platz drei stehe, keine Frage, aber ich habe schon gestern gesagt, dass es erst im Rennen zählt. Wir wissen, dass der Samstag wichtig ist, aber wir haben zuletzt einige interessante Rennen mit mechanischen Problemen, anderen Problemen, Fehlern und so weiter gesehen. All das müssen wir morgen vermeiden. Die Startposition ist okay, aber die Punkte werden erst morgen vergeben. Ich freue mich über heute, aber wir haben noch nichts erreicht."
Frage: "Einer der Schlüsselfaktoren war, jemanden zwischen Sebastian Vettel und Mark Webber zu haben. Jetzt sind es gleich drei Autos und Mark steht zwei Positionen hinter dir. War das ein großer Schritt in Richtung Weltmeisterschaft?"
Alonso: "Wie ich schon am Donnerstag gesagt habe, ist unser Hauptziel, das Beste aus unseren Möglichkeiten zu machen, das Potenzial des Autos hundertprozentig zu entfalten, im Team in eine gemeinsame Richtung zu arbeiten."
Ziel nicht eindeutig definiert
"Wir wissen, dass wir manchmal auf Pole stehen und gewinnen können, aber manchmal ist auch ein dritter oder vierter Platz das Maximum. Wir haben kein klares Ziel für dieses Rennen, sondern wir wollen das Beste daraus machen. Ob das dann reicht, werden wir morgen sehen. Die ganzen Spekulationen über die Red-Bull-Fahrer sind nicht unsere Aufgabe."
Frage: "Welchen Plan hast du für den Start? Willst du Lewis Hamilton attackieren oder lieber versuchen, die Situation ruhig anzugehen?"
Alonso: "Zuerst einmal müssen wir schauen, wie sich der Start entwickelt. Normalerweise ist einem gleich nach zehn oder 20 Metern klar, ob es ein guter oder schlechter Start wird. Wenn du gut wegkommst, kannst du attackieren. Wenn du das Gefühl hast, dass es nicht so gut läuft, dann verteidigst du besser. Da muss man agieren und reagieren, aber generell denke ich, dass wir nicht in der ersten Kurve Weltmeister werden. Wir können den Titel in der ersten Kurve höchstens verlieren."
Frage: "Bist du wegen der weichen Reifen besorgt? Könnten dir morgen zum Problem werden?"
Alonso: "Ich glaube, das ist für alle gleich, vielleicht sogar ein kleiner Vorteil für uns, weil wir nur eine gezeitete Runde mit diesem Satz gefahren sind. Die Red Bulls haben schon drei oder vier gezeitete Runden drauf. Ich mache mir keine großen Sorgen, aber ich weiß, dass Lewis mit den Supersofts einen hohen Verschleiß hatte, als Benzin im Auto war. Wir müssen das morgen im Auge behalten, aber wir sind in einer ähnlichen Lage wie unsere Gegner auch, daher wird das nichts ändern."
Frage: "Wirst du morgen Weltmeister? Was sagt dir dein Herz?"
Alonso: "Ich bin zuversichtlich - das bin ich schon seit fünf Monaten! Jetzt ist es nur noch ein Tag. Wir wussten, dass es ein schwieriges Wochenende wird, denn Red Bull war die letzten drei oder vier Grands Prix dominant. Am Freitag hatten wir interessante Runs in Bezug auf Setup, Reifen und so weiter. Den Samstag haben wir mit einem guten Qualifying überstanden. Jetzt bleibt nur noch ein Kreuz zu setzen: Sonntag."
Kein Vergleich mit 2005 und 2006
Frage: "Du warst schon einmal in so einer Position. Wie anders ist dieser Samstag als 2005 und 2006, als du am Sonntag Weltmeister geworden bist?"
Alonso: "Es ist jedes Mal anders. Es hängt von der Konkurrenzfähigkeit des Autos ab, wie schnell man in den letzten drei oder vier Grands Prix war, wie gut und wohl man sich im Auto fühlt."
Frage: "Max Mosley hat gesagt, dass du den WM-Titel nicht verdienst, wenn du weniger als sieben Punkte Vorsprung haben solltest. Wenn du morgen Dritter wirst und Sebastian Vettel gewinnt, wären es sechs Punkte. Wärst du dann ein verdienter Weltmeister?"
Alonso: "Ja."
Frage: "Warum?"
Alonso:: "Ich denke, da ist alles gesagt. Im Moment konzentrieren wir uns nur auf das letzte Rennen."