• 07. Oktober 2010 · 11:50 Uhr

Alonso: "Red Bull ist hier Favorit"

Fernando Alonso erklärt, warum er seit Silverstone an seine Chance im WM-Kampf glaubt, und blickt voraus auf die noch ausstehenden Rennen

(Motorsport-Total.com) - Mit drei Siegen und einem zweiten Platz in den vergangenen fünf Rennen hat sich Fernando Alonso im WM-Kampf stark zurückgemeldet. Viele halten den Ferrari-Piloten nun für den Topfavoriten auf den Formel-1-Titel 2010 und auch er selbst sieht gute Chancen, wie er im Gespräch vor dem Grand Prix von Japan in Suzuka verrät.

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Fernando Alonso blickt den nächsten Rennen recht optimistisch entgegen Zoom Download

Frage: "Fernando, es war eine verrückte Saison mit Motorenproblemen, Frühstarts und einem Auto, das nach gutem Start etwas abfiel. Wann hast du realisiert, dass du trotz alledem um den WM-Titel kämpfen würdest? War es der zweite Platz in Barcelona?"

Fernando Alonso: "Nach Silverstone."

Frage: "Warum gerade dort? Dort gab es doch eine weitere Entscheidung der Rennkommissare gegen dich..."

Alonso: "Ja, aber das Auto fühlte sich in Silverstone gut an. Davor gab es einige Aufs und Abs. Das Auto fühlte sich okay an, aber es war nicht auf dem Niveau von Red Bull. Ich wusste, dass Silverstone eine Red-Bull-Strecke sein würde, eher keine für uns, aber wir waren dort mit unserem neuen Paket trotzdem ziemlich konkurrenzfähig. Plötzlich hatte ich viel mehr Vertrauen ins Auto und glaubte daran, dass wir eine Chance auf den Titel haben. Nach Silverstone war ich optimistischer."

Suzuka die schwierigste Strecke?

Frage: "Wie zuversichtlich bist du jetzt? Suzuka sollte Red Bull ja extrem gut liegen und danach kommen einige Strecken, wo man es nicht so klar sagen kann. Welches Gefühl hast du für die noch ausstehenden Rennen?"

Alonso: "Hier ist Red Bull Favorit, denn die Streckeneigenschaften sind sehr gut für sie. Es gab dieses Jahr aber schon einige Red-Bull-Strecken, trotzdem haben sie nicht auf allen gewonnen - irgendwas kann immer passieren. Wir müssen sie also unter Druck setzen."

"Von den vier noch ausstehenden Strecken ist Suzuka für Red Bull ein gutes Pflaster, aber die anderen drei sind eher unbekannt, wie du schon gesagt hast - vor allem natürlich Südkorea. Das wird schwierig für uns, aber hoffentlich auch für alle anderen. McLaren wird sicher sehr stark zurückschlagen und pushen. Es ist noch ein offener Kampf."

Frage: "Du hast die vergangenen zwei Rennen gewonnen. Ist das ein kleiner Vorteil gegenüber der Konkurrenz, was das Momentum angeht?"

Alonso: "Ja, schon ein bisschen. Ich hoffe, dass wir diesen Schwung in die letzten vier Rennen mitnehmen können. Andererseits haben wir dieses Jahr schon erlebt, dass ein Team zwei Rennen gewonnen hat oder viermal hintereinander auf dem Podium gestanden ist, aber dann folgte wieder ein schlechtes Ergebnis und dann wurden sie wieder stärker. Niemand war konstant sechs oder sieben Rennen lang an der Spitze, aus welchen Gründen auch immer."

"Wir erwarten daher, dass es für uns eine schwierige Phase wird, aber darauf müssen wir uns einstellen und wir dürfen nicht in Panik verfallen. Das Wichtigste ist, jedes Rennen so viele Punkte wie möglich zu sammeln. Manchmal wird das ein Podestplatz sein, manchmal vielleicht ein fünfter Platz. In solchen Momenten müssen wir zusammenhalten und dürfen nicht in Panik verfallen."

Frage: "Bis jetzt hast du um den WM-Titel immer gegen einen anderen Fahrer gekämpft, jetzt hast du aber vier Gegner. Inwiefern ändert das deine Herangehensweise?"

Alonso: "Es ist anders, weil man mehr Fahrer im Auge behalten muss, was die Strategie und so weiter angeht. Nur einen Fahrer zu kontrollieren, ist einfacher, denn wenn er in Q1 früh rausgeht, gehst du halt auch früh raus, damit nichts Unvorhergesehenes passieren kann."

"Jetzt gibt es mehr Optionen, die man nicht alle kontrollieren kann. Das macht es für die Strategieingenieure schwieriger, aber aus Fahrersicht ändert sich unterm Strich nicht viel, denn du gibst einfach immer dein Bestes, wenn du im Auto sitzt. Es hängt auch davon ab, wie konkurrenzfähig das Auto ist, denn manchmal ist es besser, manchmal schlechter."

Frage: "Bei Red Bull und McLaren kämpfen noch beide Fahrer um den WM-Titel, bei Ferrari hast hingegen nur noch du Titelchancen. Könnte auch das ein Vorteil sein?"

Alonso: "Ich weiß nicht, sehe da aber keinen großen Unterschied. Wenn wir stark sind wie in Monza, wo Felipe Dritter war, kann uns das helfen, denn dort hat er Vettel und Webber Punkte weggenommen. In Singapur hatte Felipe am Samstag ein Problem und er startete als Letzter. Ich habe aber gewonnen - und wenn du selbst gewinnst, ist es nicht so wichtig, was der Teamkollege macht."

Teamkollege nicht überbewertet

"Wenn es schlecht läuft, wie in Spa, wo wir Zehnter waren, dann macht es auch keinen großen Unterschied. Das Wichtigste ist immer, selbst konkurrenzfähig zu sein. Dass beide Autos stark sind, ist nicht das entscheidende Element. Wenn beide Ferraris auf dem Podium stehen, freue ich mich darüber, denn dann sammeln wir viele Punkte für die Konstrukteurs-WM. Aber ich sehe wie gesagt keinen speziellen Vor- oder Nachteil durch diese Konstellation."

Frage: "In Singapur gab es eine Kollision zwischen Mark Webber und Lewis Hamilton. Würdest du in so einer Situation auch draufhalten oder lieber nichts riskieren und die sicheren Punkte mitnehmen?"

Alonso: "Ich weiß nicht - das hängt von der Situation ab. Jede Situation ist einzigartig, daher kann man das kaum vergleichen. Aber es ist so: Wenn du glaubst, dass du in der Kurve vor dem anderen liegst, dann probierst du es. Wenn du eher hinten liegst, dann lupfst du vielleicht, denn du musst Rennen beenden."

"Webber hatte in Singapur Glück. Ich habe im Parc Fermé die Reifen gesehen. Es war okay, aber in 99 Prozent der Fälle scheiden beide Autos aus. Dann hätte man die Woche danach vielleicht anders darüber gesprochen. Ich finde, Hamilton hatte Pech, aber man kann niemandem die Schuld geben."


Fotos: Großer Preis von Japan


Frage: "Luca di Montezemolo hat gesagt, dass Felipe bei Ferrari immer eine Nummer eins sein wird..."

Alonso: "Das finde ich nicht überraschend. Der Präsident sagt immer, dass beide Fahrer den bestmöglichen Ferrari bekommen, damit sie Rennen gewinnen können. So war das dieses Jahr, so wird es nächstes Jahr sein - und auch danach."

Frage: "Der Grand Prix von Südkorea wackelt immer noch. Als WM-Leader ist einem das recht, als WM-Fünfter eher nicht. Wie siehst du das: Wünschst du dir, das das Rennen stattfinden wird?"

Alonso: "Ich persönlich gehe davon aus, dass wir in Südkorea fahren werden, denn wir haben keine anderen Nachrichten erhalten. Wir, also die Teams und Fahrer, halten Südkorea für bestätigt."

"Ich weiß, dass die FIA-Inspektion bevorsteht, aber ich glaube, das wird schon passen. Wenn nicht, dann ist es ehrlich gesagt keine große Sorge für uns - ich bin ja nicht WM-Fünfter. Wenn du in den Top 3 liegst, ändert die Absage eines Rennens beim aktuellen Punktesystem nicht allzu viel. Aber wir werden sehen, wie es kommt."

Frage: "Suzuka ist der letzte Japan-Grand-Prix für Bridgestone. Kannst du zu diesem Thema ein paar Worte sagen, bitte?"

Alonso: "Ich arbeite jetzt seit vier Jahren mit Bridgestone und es war mir eine große Freude. Wir wissen, dass sie einer der größten Reifenhersteller sind. Sehr schade, dass sie aus der Formel 1 aussteigen, aber es war eine schöne Zeit mit ihnen und wir haben mit einigen Ingenieuren sehr eng zusammengearbeitet, insbesondere in diesem Jahr bei Ferrari. Ferrari und Bridgestone haben schon seit Jahren ein sehr enges Verhältnis. Das war gut und wir werden sie vermissen."

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