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Vettel: "Alles muss passen"
Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel in seiner Medienrunde über die Favoritenrolle für Schanghai, den drohenden Regen und Lehrstunden im Tischtennis
(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel reist mit viel Rückenwind nach China. Der junge Red-Bull-Pilot hat beim vergangenen Grand Prix im malaysischen Sepang seinen ersten Saisonsieg eingefahren und möchte in Schanghai an diese Leistung anknüpfen. Unklar ist momentan noch die Wetterlage rund um die chinesische Rennstrecke, doch deswegen macht sich Vettel keine Sorgen. Der 22-Jährige würde auch bei Regen gerne zum Sieg fahren, wie er in seiner ausführlichen Medienrunde am Donnerstag erläutert.
Frage: "Sebastian, wenn du zu einem Rennen kommst, das du im vergangenen Jahr gewonnen hast, gehst du diesen Grand Prix dann mit einem anderen Gefühl an als sonst?"
Sebastian Vettel: "Ich habe tatsächlich daran gedacht, als ich hier ankam. Es ist etwas anders, weil wir hier 2009 gewonnen haben. So war das aber schon im vergangenen Jahr im Monza, wo ich 2008 gesiegt habe. Es macht aber eigentlich keinen Unterschied. Du musst trotzdem hart kämpfen und versuchen, das Maximum herauszuholen."
"Idealerweise willst du natürlich das Ergebnis aus dem Vorjahr wiederholen. Unterm Strich macht das also keinen Unterschied. Man konzentriert sich schließlich von Rennen zu Rennen. Vielmehr beschäftigen dich da schon eher die Probleme, die du in den Rennen zuvor am Auto erlitten hast - speziell das vorangegangene Rennen spielt dabei eine Rolle. Von einem Jahr auf das andere kannst du die Fahrzeuge aber nicht wirklich miteinander vergleichen."
"Das gleiche gilt auch für deine persönliche Entwicklung. Im Prinzip kannst du dir eigentlich nur über die Reifensituation aus dem vergangenen Jahr Gedanken machen. Du weißt ja, wie sich die Reifen im Vorjahr verhalten haben und kannst dann einen Vergleich dazu anstellen, wie gut die Pneus der aktuellen Saison arbeiten. 2010 sind die Reifen jeweils eine Stufe härter. Diese Dinge sind wichtiger als das letztendliche Ergebnis."
Welche Rolle spielen die Reifen in China?
Frage: "Verschafft dir der Sieg in China 2009 Rückenwind für das diesjährige Rennen?"
Vettel: "Ich denke, diese Strecke liegt uns einfach - nicht nur im Hinblick auf 2009, sondern auch in Bezug auf die Jahre davor. Als ich hier mit Toro Rosso unterwegs war, hatten wir ebenfalls gute Rennen. Im vergangenen Jahr hatten wir jedenfalls ein sehr schönes Erlebnis. Das war der erste Sieg für das Team überhaupt und mein erster Saisonerfolg. Alles in allem scheint uns dieses Land Glück zu bringen. Hoffen wir, dass es auch in diesem Jahr so ist."
Vettel: "Solange das Ergebnis stimmt, ist mir das egal (lacht; Anm. d. Red.). Im vergangenen Jahr hat das Auto hier bei nassen Bedingungen sehr gut funktioniert. Warten wir einmal ab, ob es auch in diesem Jahr Regen geben wird. Die Wahrscheinlichkeit ist groß."
"Die Frage ist nur: Wann wird es regnen? Im Augenblick kann uns niemand eine fundierte Antwort darauf geben. Wir sollten aber sowohl im Trockenen als auch im Nassen recht gut aussehen. Das Wetter ist jedenfalls sehr unbeständig, aber das war es hier auch in der Vergangenheit. Es ist darüber hinaus noch sehr kalt. Alle laufen in mindestens einer Jacke herum."
Frage: "War es die richtige Entscheidung von Bridgestone, hier einen Tick härtere Reifen zu liefern? Wäre für euch die gleichen Reifenmischungen wie 2009 besser gewesen?"
Vettel: "Ich weiß nicht mehr genau, wie kalt oder warm es im vergangenen Jahr war. Wir hatten wohl um 20 Grad Celsius, also war es nicht besonders heiß."
Wer ist der Favorit in Schanghai?
Frage: "Alle halten dich für den Favoriten auf den Rennsieg in Schanghai. Wie siehst du das?"
Vettel: "Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir das vergangene Rennen gewonnen. Das bringt für gewöhnlich die Favoritenrolle für das nächste Rennen mit sich."
Frage: "Fühlst du dich wohl in der Favoritenrolle?"
Vettel: "Der Mann, den es zu schlagen gilt, bin ich vielleicht nur für die Leute und die Medien. Ich mache mir darüber nicht allzu viele Gedanken. Wir gehen dieses Wochenende genau so an, wie schon das vergangene. Wir versuchen, das Maximum herauszuholen und zu siegen. Wir haben ein sehr starkes Auto. Das Team arbeitet im Augenblick unheimlich gut. Wir wollen ganz klar versuchen, zu gewinnen."
Frage: "Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass Red Bull in Schanghai sehr schnell sein wird. Erwartest du viel Gegenwehr von deinem Teamkollegen?"
Vettel: "Es sind sicherlich nicht nur wir, die hier schnell sind. Ich hoffe natürlich, dass wir wieder bei den Schnellsten dabei sein werden. Jedes Wochenende ist eine neue Herausforderung, jede Strecke ist etwas anders."
"Hinzu kommen freilich noch all die anderen: Ferrari, McLaren und auch Mercedes - selbst wenn Mercedes in den vergangenen beiden Rennen etwas zurücklag. Da könnte sich je nach den Bedingungen noch einmal einiges tun. Es ist nicht einfach, ständig Farbe zu bekennen. Unterm Strich musst du das Beste aus deinem Paket machen und möglichst konstant agieren."
Das F-Schacht-System: Red Bull zieht nach
Frage: "Machst du dir Sorgen darüber, dass du auf der langen Geraden von den McLarens überholt werden könntest, weil diese Autos das F-Schacht-System einsetzen?"
Vettel: "Naja, wir hatten ja schon in Malaysia zwei recht lange Geraden. Adrian ist es über einen langen Zeitraum hinweg gelungen, vor Lewis zu bleiben."
"Force India ist traditionell recht flott auf den Geraden, doch das kommt nicht zuletzt auch auf die jeweilige Rennsituation an. In diesem Jahr sind wir natürlich allesamt mit der gleichen Spritmenge unterwegs, weshalb es keine schwereren und keine leichteren Autos gibt. Wir müssen einfach abwarten."
Frage: "Wie groß ist der Druck, ein ähnliches System zu entwickeln? In China werden weitere Rennställe damit experimentieren - muss man einen F-Schacht haben?"
Vettel: "Natürlich. Man muss sich nur einmal die Daten und Zeiten ansehen. In den Sektoren, die von Geraden dominiert werden, verlierst du tendenziell mehr auf McLaren."
"So gesehen ist das also durchaus etwas, das du haben musst - unabhängig davon, ob du nun ein Mittelfeldauto oder vielleicht eines der besten Fahrzeuge hast. Es bringt doch einiges und ist ein recht großer Vorteil. Es kommt natürlich immer auf die jeweilige Rennstrecke an, aber es ist sicherlich ein Zugewinn von drei, vier, fünf Zehnteln. So viele Teile muss man erst einmal finden, die dir auf eine Runde fünf Zehntel einbringen."
Frage: "Wann wird euer F-Schacht-System rennbereit sein? Rechtzeitig zum Start der Europasaison?"
Vettel: "Das hoffe ich. China ist vorerst einmal das letzte Überseerennen, denn anschließend folgen eine ganze Reihe von Grands Prix in Europa. Hoffentlich haben wir es bis dahin. Noch haben wir aber keinen fixen Termin dafür. Wie alle anderen auch, so arbeiten wir aber bereits daran."
Keine Probleme an der Motorenfront
Frage: "Wie beurteilst du die Leistung der Renault-Motoren?"
Vettel: "Wir haben das vergangene Rennen gewonnen und dabei sogar einen Doppelsieg eingefahren. Ich denke also nicht, dass es da allzu viele Fragezeichen gibt."
Vettel: "Die Motoren an sich sind ja eingefroren. Wenn du aber irgendwelche Sorgen hast, dann nimmst du dich den Problemen besser an. Leistungsmäßig darf an den Aggregaten nichts gemacht werden, aber solltest du Schwierigkeiten mit der Zuverlässigkeit haben, dann gibt es bestimmt die Chance, daran zu arbeiten. Seit dem vergangenen Jahr haben wir uns jedenfalls recht deutlich verbessert. Es sollte passen."
Frage: "Wie zuversichtlich bist du, den Abstand zu den anderen Teams über den restlichen Saisonverlauf aufrecht zu erhalten?"
Vettel: "Wenn man sich die WM-Tabelle ansieht, dann erkennt man, dass es da keine Lücke gibt. Wir liegen ja sogar zurück! So gesehen haben wir also keinen Vorsprung gegenüber den anderen. Wir müssen aufholen. Hoffentlich können wir den Schwung des vergangenen Rennens beibehalten und die anderen einfangen."
Vettel: "Ich denke, es liegt nicht allein am Punktesystem. Hätten wir das Zählerschema aus dem vergangenen Jahr, dann würde Felipe dennoch an der Spitze der Gesamtwertung stehen. Wenn wir uns an die Saison 2007 zurückerinnern, dann hatten wir damals ein ähnliches Szenario: Lewis führte die WM an, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch keinen Rennen gewonnen hatte."
"Theoretisch kannst du natürlich Weltmeister werden, ohne Rennen zu gewinnen. Als Zweiter oder Dritter ins Ziel zu kommen ist ja nichts Schlechtes. Das ist eine gute Leistung und ein gutes Ergebnis. Natürlich ist es nicht so schön wie ein Sieg, aber immerhin bekommst du recht viele Punkte dafür. Wer insgesamt die beste Arbeit abliefert, der holt halt den Titel. Es geht um die meisten Zähler. Rennsiege sind nicht das einzige, was zählt."
Ist die Radmutter ein neues Formel-1-Problem?
Frage: "Red Bull scheint im Augenblick vorne zu liegen. Könnte sich das in Barcelona drehen, wenn alle Teams mit Updates an die Strecke kommen? Befürchtest du eine Wende im Kräfteverhältnis der Formel 1?"
Vettel: "Ich sehe keine allzu große Lücke zwischen uns und den anderen. Wir kommen direkt aus Malaysia und dort hatten wir eine recht komfortable Position inne, weil einige der schnelleren Teams in der Qualifikation versagt haben. Sie hatten sich nicht an der Spitze qualifiziert."
Frage: "Stichwort Radmuttern und Reifen: Du hattest schon ein Problem damit und auch Michael Schumacher fiel deswegen zuletzt aus. Warum bereitet euch dieses Thema 2010 mehr Kopfzerbrechen als früher?"
Vettel: "Ich denke nicht, dass das anders ist als in den Jahren zuvor. Unser Problem war etwas komplett anderes als bei Michael. Ich weiß nicht genau, was bei ihm die Ursache war, doch bei ihm hat sich die Radmutter komplett gelöst."
"Bei uns war sie noch drauf, nur konnten wir keine Kraft mehr übertragen. Das war das eigentliche Problem. Ich denke, es ist wahrscheinlich ein Zufall, dass das jetzt so knapp hintereinander weg bei uns beiden passiert ist. Normalerweise sollte so etwas überhaupt nicht vorfallen - schon gar nicht zweimal. So etwas ist sehr selten."
Vettel: "Ja klar. In den vergangenen Jahren hatten die Mechaniker vergleichsweise viel Zeit, weil das Betanken des Autos immer länger gedauert hat als der Reifenwechsel. Jetzt lastet natürlich viel mehr Druck auf den Schultern der Mechaniker."
"Es muss ruckzuck gehen. Wenn man eine halbe Sekunde länger steht, dann verliert man diese halbe Sekunde effektiv auf der Strecke. Die Verantwortung ist gestiegen, doch das sollte eigentlich kein Problem sein - gerade, was das Festziehen der Räder anbelangt."
Tischtennis-Lehrstunde im Schanghai
Frage: "Deine Fluganreise nach China war recht spannend. Erzähle einmal, was dir passiert ist..."
Vettel: "Spannend ist vielleicht etwas übertrieben, aber rund 20 Sekunden vor dem Start haben die Piloten festgestellt, dass mit dem einen Triebwerk etwas faul war. Zum Glück konnten wir dann zurück zum Terminal und das Flugzeug wechseln. So etwas erlebt man auch lieber 20 Sekunden vor dem Abheben als zu spät. Wir waren noch am Boden und konnten so in die Ersatzmaschine steigen. So kamen wir mit etwas Verspätung hier an."
Vettel: "Wir hatten eine Aktion mit dem britischen Fernsehteam der 'BBC' und dabei ging es darum, ein bisschen Tischtennis zu spielen - unter anderem auch gegen einen Profi."
"Da habe ich allerdings nicht allzu gut ausgesehen, doch ein Punkt ist mir gelungen. Das war ganz lustig. Früher, als ich noch jung war, habe ich ein bisschen Tischtennis gespielt. Da war ich elf, zwölf, 13. Einfach aus Spaß an der Freude und in den Schulpausen. Seither habe ich hin und wieder gespielt."
Frage: "Du bist auch ein Sprachentalent. Welche chinesischen Worte kennst du?"
Vettel: "Ein sehr schlechtes und sehr schlimmes, was man wohl nicht sagen sollte. Außerdem kann ich 'guten Tag' sagen, 'vielen Dank' und 'auf Wiedersehen'. Das ist nicht viel, aber immerhin ein bisschen. Ein paar Zahlen kann ich auch noch."