• 25. März 2010 · 12:01 Uhr

Vettel: "Melbourne ist immer ein Erlebnis"

Sebastian Vettel im Interview über das Kräfteverhältnis, die defekte Zündkerze in Bahrain und das bevorstehende Heimrennen von Mark Webber

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Sebastian, wie betrachtest du im Nachhinein den Saisonauftakt in Bahrain?"

Sebastian Vettel: "Als gelungen. Der Samstag als auch der Sonntag waren fast perfekt. Wir können froh sein, dass wir den vierten Platz mit der defekten Zündkerze noch retten konnten. Natürlich wäre es schöner gewesen, das Rennen zu gewinnen, das steht außer Frage, aber im Nachhinein betrachtet haben wir abgesehen vom Defekt alles richtig gemacht und uns nichts vorzuwerfen. Also war es durchaus positiv."

Foto zur News: Vettel: "Melbourne ist immer ein Erlebnis"

Sebastian Vettel glaubt, mit dem RB6 ein sehr schnelles Auto zu haben Zoom Download

Frage: "Inwieweit konntet ihr eure technischen Probleme analysieren?"

Vettel: "Es geht ruck-zuck - neue Zündkerze rein und schon läuft er wieder! Aber das Wichtigste ist, genau zu verstehen, was genau passiert ist. Es dürfte die Spitze der Zündkerze gebrochen sein, also lief der Motor mit einem Zylinder weniger. Das hat 50 bis 100 PS gekostet. Da sind wir im Moment dran. Ich denke aber, so etwas kommt sehr selten vor und sollte uns in Zukunft nicht mehr passieren."

Äußerst seltener Pfennigdefekt

Frage: "Ihr hattet in Bahrain mehrere Zuverlässigkeitsprobleme. Wie besorgt bist du, dass dir das einen weiteren Sieg kosten und die WM-Chancen verringern könnte?"

Vettel: "Ich mache mir keine Sorgen. Bahrain war schade, denn wir lagen sehr gut, aber wir wissen jetzt, woran es lag. Ein Zündkerzendefekt kommt sehr selten vor, vielleicht einmal in zehn Jahren. Es sollte nicht passieren, aber es sollte für die nächsten Rennen kein Problem sein. Und bei den Wintertests ist es normal, dass mit einem neuen Auto nicht alles von Anfang an so funktioniert, wie man möchte. Abgesehen von der Zündkerze funktionierte in Bahrain aber alles wunderbar - auch Mark hatte keine Probleme."

Frage: "Was glaubst du, wie eurem Auto diese Strecke liegen wird?"

Vettel: "Das kann ich nach dem morgigen Tag besser einschätzen, aber angesichts des letzten Jahres kann man sagen, dass unser Auto überall funktioniert hat. Auch auf den Strecken, wo wir vielleicht nicht ganz vorne waren, konnten wir immer unter die besten Fünf fahren. Ich glaube, es spricht im Moment nicht viel dagegen, dass es hier auch wieder so sein könnte."

Frage: "Bist du der Mann, den es hier zu schlagen gilt?"

Vettel: "Ich hoffe es. Mein Ziel ist, das Rennen zu gewinnen. Das erfordert, alle anderen zu schlagen."

Frage: "Habt ihr neue Teile, zum Beispiel einen F-Schacht wie McLaren?"

Vettel: "Das System ist nicht so leicht zu kopieren, es ist ziemlich clever. Alle denken darüber nach, wie man es kopieren kann. Jetzt verstehen einmal alle, wie es funktioniert, aber das Schwierigere ist, es selbst ans Auto zu bauen. Unser Auto ist seit Bahrain mehr oder weniger unverändert. Wir haben nichts Neues und wir sind in Übersee, da ist es schon schwierig, die Autos pünktlich anzuliefern. Dann auch noch neue Teile zu bringen, wäre schwierig, aber während der Saison werden wir das natürlich tun."

Frage: "Man sagt, ihr könnt wegen des effizienten Renault-Motors um sechs Kilogramm leichter starten als Ferrari. Wie viel bringt das?"

Vettel: "Ach, es amüsiert mich immer, wenn die Leute von außen Berechnungen anstellen. Wir wissen, was bei uns los ist, wir wissen es aber nicht über die anderen Teams. Wir haben unsere Gedanken und Theorien, die manchmal stimmen, manchmal aber auch nicht. Ich denke, wir haben ein gutes Paket. Ob wir leichter sind als Ferrari? Keine Ahnung. Das letzte Mal, dass ich deren Motor gefahren bin, ist schon lange her."

Frage: "Glaubst du, dass ihr das beste Auto habt?"

Vettel: "Ich hoffe es, denn wir haben sehr hart gearbeitet und uns viel Mühe gegeben, aber alle liegen sehr eng beisammen. Ferrari und wir waren in Bahrain ähnlich schnell, aber McLaren und Mercedes darf man auch nicht vergessen. Jeder ist für eine Überraschung gut, also müssen wir weiterhin hart arbeiten. Die Basis von Bahrain sieht aber sehr gut aus. Wir sind dort nicht ins Ziel gekommen, wo wir das gerne gehabt hätten, aber immerhin sind wir ins Ziel gekommen. Der RB6 ist dem RB5 nicht unähnlich."

Schnelle Autos sind kritisch zu fahren

Frage: "Überrascht es dich, dass Lewis Hamilton sagt, ihr seid fast schon verrückt schnell?"

Vettel: "Hat er das gesagt? Keine Ahnung. Wie gesagt: Das Wichtigste nach Bahrain ist das Wissen, dass wir ein schnelles Auto haben. Am Freitag hatten wir noch nicht den Speed, am Samstag und Sonntag aber schon. Wir sind optimistisch."

Frage: "Wir fährt sich der RB6?"

Vettel: "Das ist eine schwierige Frage, die ich zwei Stunden lang beantworten könnte - trotzdem wüsste ich nicht, ob ihr es auch versteht! Es ist ein nettes Auto. Nur langsame Autos sind einfach zu fahren, also haben wir starke Bewegungen. Jedes Auto hat sein Limit, das man zu verschieben versucht. Es sind jedenfalls keine Spazierfahrten, wenn du darauf anspielst. Man muss im Cockpit schon hart arbeiten."

Frage: "Bist du nach Bahrain besorgt über den Mangel an Überholmanövern?"

Vettel: "Das war doch genau das, was wir erwartet hatten. Es war erst das erste Rennen und ich erinnere mich auch im Vorjahr an ein paar wenig aufregende Rennen, aber einfacher ist es durch die neuen Regeln jedenfalls nicht geworden."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von Australien


Frage: "Worauf kommt es hier an?"

Vettel: "Zum einen auf die Geduld, weil die Strecke am Anfang noch sehr rutschig ist. Da darf man nicht in Panik ausbrechen, sondern man muss geduldig sein und warten, denn normalerweise kommt die Strecke zu einem hin. Das heißt, das Auto ist nicht schlecht, obwohl es sich am Anfang unfahrbar anfühlt. Zum anderen muss man den richtigen Rhythmus finden. Die Strecke ist kein permanenter Rennkurs, sondern ein Straßenkurs. Das ist immer etwas Spezielles. Es hat auch sehr viele Bodenwellen. Man muss in diese Strecke hineinkommen."

Frage: "Nach dem Saisonauftakt hier auf dieser Strecke hat man in den vergangenen Jahren immer gesagt, dass man das Kräfteverhältnis noch nicht einschätzen kann. Woran liegt das?"

Vettel: "An den Gründen, die ich eben erklärt habe - die Strecke ist einfach etwas anderes. Deswegen wusste man nach einem Rennen nicht, wo man steht."

"Jetzt haben wir den Saisonauftakt in Bahrain hinter uns, aber es wird zwei, drei Rennen dauern, bis man genau sagen kann, wer wo steht. Aber dieses Jahr ist es doch relativ einfach, denn es sind vier Teams, die vorne mitmischen. Man darf auch die nicht abschreiben, die in Bahrain ein bisschen das Nachsehen hatten. Hier könnte alles anders sein, denn Melbourne ist etwas Besonderes."

Tolle Stadt, weniger tolle Anreise

Frage: "Wie sehr magst du den Grand Prix von Australien?"

Vettel: "Sehr. Es ist einer der schönsten im ganzen Jahr und die Strecke macht auch Spaß. Es ist ein Straßenkurs, mal was anderes. Gerade am Freitagvormittag ist es noch sehr rutschig, aber danach wird es immer besser. Rundherum gibt es hier unheimlich viel zu sehen und die Stadt ist sehr schön. Meistens hat es auch gutes Wetter. Melbourne ist also immer ein Erlebnis. Die einzige Sache, die den meisten stinkt, ist die lange Anreise im Flieger."

Frage: "Die Fans werden deinem Teamkollegen Mark Webber die Daumen drücken. Glaubst du, dass ihr in Form sein werdet?"

Vettel: "Ich hoffe es natürlich. Für Mark ist es der Heim-Grand-Prix. Ich war hier noch nie im Ziel, denn im Vorjahr war diese Kollision und im Jahr davor wurde ich aus dem Rennen geschmissen. Ich hoffe daher, endlich mal eine Zielflagge zu sehen."

"In Deutschland gibt es neben mir noch fünf weitere Deutsche..."Sebastian Vettel
Frage: "Wie geht Mark mit dem Druck um?"
Vettel: "Ich glaube, der Genuss steht eher im Vordergrund als der Druck. Es ist immer schön, zu Hause zu fahren. Natürlich kann man sich mit dem Druck beschäftigen, aber man kann es auch positiv sehen und sich auf die Leute konzentrieren, die einen unterstützen. Er ist der einzige Australier im Feld, das ist sicher etwas Besonderes. In Deutschland gibt es neben mir noch fünf weitere Deutsche, daher kann man das nicht vergleichen, aber es ist immer schön, zu Hause zu fahren."

Frage: "Mark hat 2009 dein Heimrennen am Nürburgring gewonnen. Willst du dich hier rächen?"

Vettel: "Ja! Ich wäre hier im Vorjahr fast auf dem Podium gestanden. Normalerweise gibt es einen Pokal mit einem Känguru drauf. So einen möchte ich haben!"

Frage: "War es psychologisch wichtig, dass du im Vorjahr vor ihm ein Rennen gewonnen hast?"

Vettel: "Mark hatte in seiner Karriere nicht immer die besten Autos, aber er hat durchgehalten und sich im Vorjahr etabliert. Der erste Sieg ist immer etwas Besonderes. Er weiß jetzt, wie das geht, auch wenn er lange darauf gewartet hat. Und in Brasilien gewann er ja noch ein Rennen. Mark ist definitiv ein starker Fahrer."

Frage: "Du hast gelernt, Bumerang zu werfen. Wie war das?"

Vettel: "Recht interessant, mal was anderes. Es war gar nicht so einfach, denn man muss zum einen hinkriegen, den Bumerang richtig abzuwerfen, aber man muss auch den Wind richtig einschätzen, damit er wieder zurückkommt. Ein-, zweimal war er nahe bei mir, aber er war auch ein paar Mal auf einem Auto und einen Fotografen habe ich auch einmal getroffen!"

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