Zweimal der gleiche Fehler: Kostet Zweikampf-Panne Norris das Podium?
Lando Norris führte die Aufholjagd von Rang zehn auf Rang vier, doch hätte es das Podium sein können, hätte er sich im Zweikampf nicht ungeschickt angestellt?
(Motorsport-Total.com) - Ralf Schumacher nannte es "peinlich", und auch vor dem Fernseher dürften sich viele Zuschauer gefragt haben, warum Lando Norris beim Formel-1-Rennen in Saudi-Arabien gleich zweimal hintereinander auf den gleichen Trick reingefallen ist - das könnte ihn das Podium am Sonntag gekostet haben.
Lewis Hamilton hatte den McLaren-Piloten im Zweikampf gleich zweimal auflaufen lassen und ihn direkt wieder überholt. Norris wollte bei seiner Aufholjagd unbedingt am Ferrari-Fahrer vorbei und überholte diesen noch vor der letzten Kurve. Sein Problem: Dadurch lag Hamilton am Messpunkt hinter ihm und zog mit DRS auf der Start-Ziel-Geraden wieder vorbei.
Eine Runde später gab es das gleiche Szenario: Wieder verteidigte Hamilton seine Position in der letzten Kurve nicht mit voller Vehemenz - und wieder zog er dann vor der ersten Kurve am McLaren vorbei, bevor Norris dazulernte und sich beim nächsten Mal dazu entschied, ebenfalls auf das DRS zu warten.
"Lewis weiß natürlich ganz genau, wie man sich verteidigt, also brauchte Lando ein paar Versuche, um zu erkennen, dass er ihn in Kurve 1 überholen muss", sagt Teamchef Andrea Stella nach dem Rennen bei Sky und gibt zu: "Das war letztlich entscheidend für Landos Podiumschancen."
Denn am Ende fehlte Norris im Ziel nur eine Sekunde auf den drittplatzierten Charles Leclerc. "Wenn das Racing so eng ist, geht es um ein oder zwei Sekunden, und da war die verlorene Zeit hinter Lewis schon ein Problem", sagt Stella.
Das beurteilt auch Sky-Experte Timo Glock so: "Er hätte sich in die Position gebracht, natürlich zum Schluss noch mal angreifen zu können.", sagt er. Ob er es dann auch geschafft hätte, vorbeizukommen, ist eine andere Frage. "Aber da hat er definitiv anderthalb, zwei Sekunden verschenkt in dem Kampf mit Lewis Hamilton, vielleicht sogar mehr, die ihm am Ende gefehlt haben."
Bei Norris selbst klingen die Aussagen jedoch anders: "Ich denke, das war das Beste, was wir heute rausholen konnten", sagt der Brite nach dem Rennen bei Sky. "Natürlich ist es schade, das Podium zu verpassen. Wir waren nah dran, aber Charles ist ein gutes Rennen gefahren, hatte einen starken ersten Stint, was ihm ermöglicht hat, in der zweiten Hälfte einen guten Reifensatz zu haben."
Norris mit alternativer Strategie
Norris hatte sich nach seinem Unfall hingegen für eine alternative Strategie entschieden. Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten war er auf den harten Reifen gestartet und hatte einen langen ersten Stint gefahren. Als alle anderen in die Box gefahren waren, lag er sogar für einige Runden in Führung, bevor er selbst zum Reifenwechsel kam.
Norris kam rund fünf Sekunden hinter Leclerc als Fünfter wieder auf die Strecke. Zwar konnten sich beide noch den Mercedes von George Russell schnappen, doch Norris' Pace reichte nicht aus, um auch Leclerc noch anzugreifen.
Der Monegasse hatte seinen ersten Stint ebenfalls ausgedehnt, war dabei aber zunächst mit den Mediums unterwegs. "Ich glaube, er ist nur drei, vier, vielleicht fünf Runden vor mir an die Box - das war einfach nicht genug, um ihn zu schnappen."
"Dumme Frage"
Gefragt, ob er Leclerc hätte einholen können, wenn er im letzten Stint etwas mehr gepusht hätte, antwortet er: "Nein, ich habe gechillt. Nein, komm schon. Dumme Frage."
"Ich habe so stark gepusht, wie ich konnte. Ich habe alles gegeben. Es gibt hier keinen Abbau und du gibst die ganze Zeit Vollgas", so Norris. "Es war ein ziemlich langweiliges Rennen, weil es keinen Abbau gibt."
Trotzdem ist Norris angesichts der Ausgangslage zufrieden mit seinem Rennen. "Ich mache mir das Leben halt selbst schwer", ärgert er sich über seinen Unfall im Qualifying. "Es wäre viel einfacher und entspannter gewesen, einfach vorneweg zu fahren. Ich muss mir also selbst ein bisschen mehr helfen - und samstags besser abliefern."
Stella: Haben das in unserer Hand
Der Aussage würde auch Stella zustimmen: "Er muss seine Samstage noch ein bisschen verbessern, dann passt das schon", sagt er und spricht von einer "guten Aufholjagd" und einem zufriedenstellenden Ergebnis.
"Leclerc hatte heute ein sehr starkes Tempo, das hat Landos Podiumsplatz am Ende etwas verhindert, aber ich denke, der Start auf den harten Reifen hat gut funktioniert", so der Teamchef.
"Aber es gibt viele Wenns und Abers. Das größte Wenn ist wohl gestern - mit einem guten Qualifying, was wir da heute hätten erreichen können. Aber das liegt in unserer Hand, das haben wir unter Kontrolle."
Glock: "... sonst kann er keine WM gewinnen"
Was von Saudi-Arabien bleibt, ist die Tatsache, dass Norris seine WM-Führung verloren hat. Die hat mittlerweile Oscar Piastri übernommen, der das Zepter immer mehr in seine Hand nimmt. "Oscar Piastri zeigt, was das Auto kann, und da muss er auch hin", sagt Glock über den Briten.
"Er muss diesen Schritt zurückgehen und das Auto machen lassen. Es ist vielleicht der Vorteil von Piastri, dass sein Herzschlag gleichbleibt und er keine Spitzen und emotionalen Ausbrüche hat."
"Das sieht man bei Lando, er will dann zu viel und dann entsteht ein kleiner Fehler, der ihn am Sonntag um eine gute Ausgangsposition bringt. Genau wie der Fehler in Bahrain. Das darf ihm nicht mehr passieren, sonst kann er keine WM gewinnen."