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Carlos Sainz: Ich hätte am Funk die gleichen Probleme gehabt wie Hamilton
Williams-Fahrer Carlos Sainz erklärt, wie groß die Umstellung beim Teamwechsel in der Formel 1 wirklich ist und weshalb sich das besonders am Rennwochenende zeigt
(Motorsport-Total.com) - Dass es zwischen Lewis Hamilton und seinem Ferrari-Renningenieur Riccardo Adami noch knirscht, das war beim Formel-1-Auftakt in Australien deutlich am Funk zu hören. Carlos Sainz überrascht das nicht: Er ist nach seinem Wechsel von Ferrari zu Williams nämlich auf ähnliche Probleme gestoßen und sagt: Für ihn ist es in den ersten Wochen im neuen Team "genau dasselbe".
"Der einzige Unterschied ist: Ich hatte in Australien aus Kommunikationssicht leider kein so anspruchsvolles Rennen. Dadurch habe ich diese Erfahrung mit meinem Ingenieur verpasst."
Da Sainz beim Grand Prix in Melbourne bereits in der Anfangsphase ausschied, hatte er keine Chance, mit seinem Renningenieur in Konflikt zu geraten - anders als Hamilton im Rennverlauf.
Trotzdem versuchen Sainz und Williams, mögliche Stolpersteine zu erkennen und aus dem Weg zu räumen: "Wir haben darüber gesprochen, dass wir dieses Rennen analysieren und gemeinsam durchgehen müssen, als ob ich es gefahren wäre. Denn genau bei solchen Rennen kann ich als Fahrer den Unterschied machen, wenn mir geholfen wird, die Situation richtig zu lesen."
"Hätten wir gut kommuniziert, hätten wir möglicherweise ein gutes Ergebnis erzielen können - so, wie es in diesem Fall Alex [Albon] gelungen ist. Deshalb werden wir uns das Rennen später im Werk noch einmal anschauen, um sicherzustellen, dass wir es wirklich 'gefahren' haben, weil uns eine große Chance entgangen ist, darauf aufzubauen", sagt Sainz.
Doch auch ohne die "echte" Erfahrung aus Australien zeigt er sich zuversichtlich, im weiteren Saisonverlauf bei 23 ausstehenden Grands Prix "noch genug Gelegenheiten" zu erhalten, um den Umgang mit seinen neuen Arbeitskollegen zu verbessern.
Aber weshalb war eigentlich so früh schon Schluss für Sainz? Der Williams-Fahrer flog bekanntlich bereits in der Startrunde ab auf nasser Strecke und war nach einem Unfall außen vor.
Warum Carlos Sainz in Australien gecrasht ist
Den Zwischenfall habe er "schnell" analysiert, sagt Sainz. "Für mich zeigt die ganze Situation, wie schnell sich ein gutes Rennwochenende in ein schlechtes verwandeln kann, wenn man sich mit diesen letzten ein bis fünf Prozent der Dinge befasst, die man an einem Formel-1-Auto nicht vollständig versteht."
"In 99 Prozent der Fälle wird das kein Problem sein, aber wenn dann alles zusammenkommt - so wie bei mir hinter dem Safety-Car in Australien - dann merkt man, dass es auf die kleinsten Details ankommt, die einem manchmal zum Verhängnis werden können. Also ja, daraus können wir einiges lernen."
Welche Rolle der Umstieg beim Antrieb spielt
Worauf Sainz hier anspielt, es aber nicht direkt ausspricht: Die Umstellung vom Ferrari-Antrieb auf den Mercedes-Antrieb ist größer als gedacht. Eine ähnliche Erfahrung hat umgekehrt auch Hamilton gemacht.
Sainz ist aber weit entfernt von einer Panikreaktion: "So was braucht einfach Zeit und man darf nicht zu hart zu sich selbst sein. Denn wie hätte ich diese Situation [bei den Formel-1-Wintertests] in Bahrain testen sollen? Du wirst dort niemals auf einer nassen Strecke mit kalten Intermediate-Reifen im Safety-Car-Modus fahren. Wie also soll man sich auf eine Situation wie diese vorbereiten?"
Als Fahrer müsse man sich deshalb "eine gewisse Anzahl an Rennen" für den Umstieg zugestehen. "Da durchläuft man dann eben eine steile Lernkurve", sagt Sainz. "Und dabei kann es zu solchen Zwischenfällen kommen, aus denen man eine Menge mitnimmt. Man sollte sich deshalb einen gewissen Spielraum geben, weil man einfach durch einen intensiven Lernprozess geht."
Wo Williams steht in der Saison 2025
Dieser Lernprozess wird wahrscheinlich dadurch erleichtert, dass die Williams-Leistung auf der Rennstrecke bislang positiv überrascht. Sainz jedenfalls ist angetan von der "definitiv guten Position" seines neuen Teams im Formel-1-Kräfteverhältnis 2025.
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"Ich glaube, wir alle sind stolz und zufrieden mit dem Auto und freuen uns darauf, weitere Fortschritte zu sehen. Gleichzeitig mahne ich aber zur Vorsicht: Schanghai ist eine völlig andere Strecke als das, was wir bisher hatten. Sie erinnert eher an Barcelona, wo alle möglichen Kurventypen vertreten sind. Auf so einem Kurs sind wir bisher nicht mit dem Auto gefahren."
"Deshalb wird das Rennwochenende in Schanghai ein wichtiger Test für alle Teams", meint Sainz. Er glaubt: "In China kommen die Schwächen eines Autos zum Vorschein."
Sainz steht vor Set-up-Experimenten
Umso wichtiger ist es für einen Fahrer, sein Auto bestmöglich umsetzen zu können. Hier wähnt sich Sainz aber noch im Nachteil - vor allem über eine schnelle Runde im Qualifying. Aber: Gemeinsam mit seinen Ingenieuren habe er bereits "einige Ideen entwickelt, wie ich in Q3 mit weicheren Reifen und leichterem Auto mehr herausholen kann".
Sainz erklärt: "Bei den Tests war ich auf mittleren und harten Reifen immer schnell, aber sobald ich auf den weichen Reifen gewechselt bin, hatte ich immer leichte Probleme. Vielleicht probieren wir dieses Wochenende etwas aus. Vielleicht funktioniert das, vielleicht nicht. Wenn nicht, verwerfen wir das und versuchen etwas anderes. Ohne ausprobieren erfährt man eben nicht, was funktioniert."
Was genau ihm Schwierigkeiten bereitet im Williams FW47? Sainz verweist auf eine "Kombination aus drei Faktoren" und nennt "Fahrstil, Set-up und Erfahrung".
"Mein Fahrstil ist natürlich noch von meinen vier Jahren bei Ferrari geprägt. Aber es gibt Dinge, die mit diesem Auto sofort funktionieren, und andere, die überhaupt nicht funktionieren. Dann gibt es Einstellungen, die man nutzen kann, um meine Stärken zu maximieren und meine Schwächen zu minimieren. Und dann gibt es Dinge, die man nur mit Erfahrung lernt."
Ein Beispiel dafür sei zum Beispiel das Fahren mit wenig Sprit oder mit weichen Reifen. "Sowas kann man nur im Laufe der Rennen lernen und sich dann entsprechend anpassen", meint Sainz.
Williams steht besser da als gedacht
Dabei hilft ein grundsätzlich schnelles Auto. Und das ist die bisher größte "positive Überraschung" für Sainz bei Williams: Die Performance stimmt.
"Hätte mir jemand im Juli 2024 bei der Unterschrift gesagt, wo Williams jetzt stehen würde, hätte ich das kaum für möglich gehalten. Das Team hat sich stark verbessert und bewegt sich in die richtige Richtung", sagt Sainz.
"Natürlich hatte ich schon einige Informationen über die Entwicklung des Autos, aber vor allem hat mich die Einstellung des Teams beeindruckt. Die Atmosphäre ist großartig, alle ziehen am gleichen Strang, es herrscht viel Begeisterung. Man sieht, dass die Leute hochmotiviert sind, das Team wieder nach vorne zu bringen." Das mache das Arbeitsumfeld bei Williams für ihn "sehr angenehm".