• 14. März 2025 · 10:15 Uhr

Longrun-Analyse Australien: McLaren stark, Ferrari wackelt, Red Bull in Not!

Lando Norris glänzt in den Longruns, während Ferrari mit der Konstanz kämpft und Red Bull um Pace ringt. Droht ein Chaos-Rennen durch Wetter und Strategie?

(Motorsport-Total.com) - Charles Leclerc setzte im zweiten Freien Training des Formel-1-Auftakts in Melbourne die Bestzeit. Mit einer Rundenzeit von 1:16,439 Minuten lag er etwas mehr als eine Zehntelsekunde vor dem McLaren-Duo Oscar Piastri und Lando Norris. In den Longruns am Ende der Session mit vollen Tanks übernahm jedoch Norris die Führung.

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Lando Norris war in den Longruns nicht zu stoppen Zoom Download

Bereinigt man die Longrun-Zeiten um Streckenentwicklung und unterschiedliche Reifenmischungen, war Lando Norris der schnellste Mann in einem extrem dicht beieinanderliegenden Feld. Hochgerechnet war der Brite pro Runde um 0,11 Sekunden schneller als Alexander Albon im Williams. Wer nun jedoch glaubt, dass Albon ein ernsthafter Anwärter auf den Rennsieg am Sonntag sein könnte, wird vermutlich enttäuscht - doch dazu später mehr.

Ein eng gestaffeltes Verfolgerfeld folgte mit minimalen Zeitabständen, angeführt von den beiden Mercedes-Piloten George Russell (+0,13) und Andrea Kimi Antonelli (+0,20). Max Verstappen im Red Bull (+0,23), Norris' McLaren-Teamkollege Oscar Piastri (+0,25) sowie die beiden Ferrari-Fahrer Charles Leclerc (+0,29) und Lewis Hamilton (+0,36) komplettierten die Top Acht.

Auch wenn in der Vergangenheit gezeigt wurde, dass die Teams in den Longruns meist mit annähernd identischer Spritmenge unterwegs sind - nämlich mit vollem Tank -, sind die geringen Zeitabstände dennoch ein Warnsignal. Zehn Kilogramm zusätzlicher Sprit bedeuten in Melbourne einen Zeitverlust von 0,313 Sekunden pro Runde. Dies verdeutlicht, dass bereits minimale Unterschiede im Treibstoffniveau das Kräfteverhältnis erheblich verschieben könnten.

Norris streichelt die Reifen, Piastri kämpft

Dennoch schien der von Norris pilotierte McLaren einen leichten Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu haben. Der Vizeweltmeister der Vorsaison begann seinen Longrun mit niedrigen 1:22er-Zeiten und steigerte sich im Verlauf auf mittlere 1:21er-Runden. Dies resultierte in dem geringsten Reifenverschleiß aller Fahrer - lediglich 0,017 Sekunden pro Runde.

Sein Teamkollege Oscar Piastri hingegen hatte erneut mit einem höheren Reifenabbau zu kämpfen, was seinen Rückstand von zweieinhalb Zehnteln erklärt. Der Australier verzeichnete einen Verschleiß von 0,077 Sekunden pro Runde. In Rundenzeiten ausgedrückt: Er begann seinen Longrun mit niedrigen 1:22er-Zeiten und beendete ihn ebenfalls mit niedrigen 1:22er-Zeiten.

Während sich bei Piastri der nachlassende Spritverbrauch und der Reifenverschleiß weitgehend aufhoben, konnte Norris seine Rundenzeiten also stetig verbessern, da der abnehmende Spritverbrauch den Einfluss des Reifenabbaus überwog.

Warum die Mercedes-Longrun-Pace trügerisch sein könnte

Lässt man den wenig repräsentativen Longrun von Alexander Albon außer Acht, war Mercedes mit hoher Spritmenge die zweitstärkste Kraft. Russell und Antonelli überzeugten mit konstanten Rundenzeiten im hohen 1:21er-Bereich. Allerdings fuhren beide auf den härteren C3-Reifen, während alle anderen Topteams auf den mittleren C4 setzten.

Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Reifenmischungen fehlten Mercedes etwa eineinhalb Zehntelsekunden auf Norris. Auffällig war zudem, dass der Reifenverschleiß der Silberpfeile - wie bereits bei den Testfahrten angedeutet - relativ hoch war. Dieser betrug im Schnitt 0,044 Sekunden pro Runde und lag damit über dem Wert von Norris, obwohl dieser auf weicheren Reifen unterwegs war.

Rechnet man die C3-Daten von Mercedes auf den C4-Reifen um, ergäbe sich sogar ein Reifenabbau von 0,090 Sekunden pro Runde - zum Vergleich: Norris wies lediglich 0,017 Sekunden auf. Somit könnte die Longrun-Pace von Mercedes trügerisch sein, da das Team im weiteren Verlauf des Stints noch mehr Zeit verloren hätte.

Russell und Antonelli absolvierten Stints von 15 beziehungsweise 12 Runden. Am Rennsonntag sind bei einer Zweistoppstrategie jedoch gut und gerne 25 Runden pro Stint üblich, bei einer Einstoppstrategie sind es sogar über 30 Runden. Da der Reifenverschleiß exponentiell zunimmt, könnte der eigentliche Pace-Rückstand von Mercedes sogar mehr als doppelt so hoch wie gezeigt sein.

Red Bull strauchelt - doch Verstappens Longrun macht Hoffnung

Australien und Red Bull - eine schwierige Beziehung. Trotz acht Fahrertiteln in der Geschichte des Teams konnte man in Melbourne bislang nur zweimal siegen: 2011 und 2023. Blickt man auf die Daten seit 2022, zeigt sich, dass Red Bull in Australien im Schnitt drei Zehntelsekunden pro Runde langsamer war im Vergleich zur typischen Saisonpace. Der Albert Park Circuit passt schlichtweg nicht zu den Charakteristiken des Autos.

Dieses Muster setzt sich scheinbar auch 2025 fort. Auf eine schnelle Runde lag Weltmeister Max Verstappen mit rund sechs Zehnteln Rückstand nur auf Platz sieben. Für Teamkollege Liam Lawson fiel das Ergebnis mit Rang 17 und einem Rückstand von 1,2 Sekunden noch ernüchternder aus.

Auffällig: Die Differenz von sechs Zehnteln zwischen Lawson und Verstappen entspricht den Rückständen früherer Red-Bull-Piloten. Laut den historischen Daten wären also auch Sergio Perez, Alexander Albon & Co. wohl nicht weiter vorn gelandet als der Neuseeländer.

Doch nun zu den Longruns, denn hier zeichnete sich ein etwas positiveres Bild ab. Verstappen verlor dort lediglich 0,23 Sekunden pro Runde auf die Spitze, während Teamkollege Lawson 1,44 Sekunden pro Runde langsamer war als Lando Norris. Positiv hervorzuheben ist das starke Reifenmanagement (0,02 Sekunden pro Runde), wodurch Verstappen bei der Rennpace über einen langen Stint vor Mercedes liegen könnte.

Allerdings sollte man nicht zu sehr auf die Rennpace setzen. Mit durchschnittlich nur 23,3 Überholmanövern pro Rennen ist Australien statistisch gesehen die drittschwerste Strecke zum Überholen - nach Monaco und Imola. Und das trotz vier DRS-Zonen. Eine schwache Qualifying-Performance lässt sich hier nur schwer kompensieren. Vielleicht kann einzig der vorhergesagte Regen am Rennsonntag Red Bull noch an die Spitze spülen.

Ferrari: Zwischen Qualifying-Glanz und Longrun-Sorgen

Während Red Bull historisch gesehen mit Melbourne hadert, ist Ferrari hier traditionell stark. Vier der letzten sechs Rennsiege gingen an die Scuderia. Laut den Daten war Ferrari zwischen 2022 und 2024 in Australien im Schnitt 0,32 Sekunden pro Runde schneller als im Saisonverlauf - eine klare Paradestrecke, auf der das Team überperformt. Das erklärt, warum Ferrari nach dem durchwachsenen Bahrain-Test plötzlich an der Spitze mitmischt.

Während die Bestzeit von Charles Leclerc die Tifosis zum Jubeln bringt, hinterließen die Longruns gemischte Eindrücke. Mit einem Rückstand von rund drei Zehnteln pro Runde auf McLaren lag Ferrari deutlich zurück. Besonders Leclercs Longrun glich einer Achterbahnfahrt: Während er stellenweise hohe 1:22er-Zeiten einstreute - und damit eine Sekunde langsamer war als Norris -, setzte er in Runde 13 seines Stints mit einer 1:20,825 die schnellste einzelne Longrun-Runde aller Fahrer.


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Das Reifenmanagement konnte sich sehen lassen (0,030 Sekunden pro Runde), doch die große Frage bleibt: Kann Ferrari wie McLaren schnelle Runden am Stück produzieren? Allerdings gilt auch hier dasselbe wie für Red Bull: Eine starke Qualifying-Leistung ist auf dieser Strecke bereits die halbe Miete.

Die Überholproblematik könnte eine schwächere Rennpace ausgleichen - und Ferrari alle Chancen auf den Sieg bewahren. Einzig Lewis Hamilton muss aufpassen: Während Leclerc in den Qualifyingsimulationen brillierte, tat sich der Brite schwer und landete mit über vier Zehnteln Rückstand deutlich hinter seinem Teamkollegen.

Gelingt Williams die Sensation in Australien?

Ein Blick auf das Longrun-Ranking zeigt: Alexander Albon war mit einem Rückstand von nur 0,11 Sekunden pro Runde der zweitstärkste Fahrer hinter Lando Norris. Doch der Thailänder verfolgte offenbar eine andere Strategie als die Topteams - sein Reifenverschleiß war mit 0,170 Sekunden pro Runde ungewöhnlich hoch.

Das deutet darauf hin, dass Albon seinen Longrun mit einem aggressiven Tempo begonnen hat, was zunächst starke Rundenzeiten produzierte, langfristig aber viel Zeit gekostet hätte. Aussagekräftiger ist daher der Longrun seines Teamkollegen Carlos Sainz. Dem Spanier fehlten 0,59 Sekunden pro Runde auf die Spitze - ein solider neunter Rang im Ranking mit einem Respektabstand nach vorne, aber auch einem sicheren Puffer nach hinten.


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Somit spricht alles dafür, dass Williams in Melbourne das stärkste Team außerhalb der Top Vier sein dürfte. Mit etwas Glück könnte man sogar schwächelnde Fahrer der Topteams schlagen - allen voran Liam Lawson.

Sauber überrascht - Haas abgeschlagen

In der weiteren Longrun-Hierarchie folgt Nico Hülkenberg im Sauber mit einem Rückstand von 0,74 Sekunden pro Runde. Allerdings wählte auch er eine ähnlich aggressive Herangehensweise wie Albon, was in längeren Stints vermutlich zu noch größeren Zeitverlusten geführt hätte. Dennoch: Die Performance war besser als erwartet, auch in der Qualifyingsimulation, wo Hülkenberg die achtbeste Zeit fuhr.

Alpine (+0,82), Racing Bulls (+0,82) und Aston Martin (+0,92) lagen im Mittelfeld dicht beieinander. Besonders schwierig einzuschätzen ist dabei der Longrun von Pierre Gasly - er war der einzige Fahrer, der den weichen C5-Reifen nutzte. Das Resultat: Keine Pace und hoher Reifenverschleiß. Doch auch sein Teamkollege Jack Doohan kämpfte mit starkem Reifenabbau, und das auf dem mittleren C4-Reifen. Ein Hinweis darauf, dass Alpine hier eine Schwachstelle haben könnte.

Bei den Racing Bulls fällt auf, dass Yuki Tsunoda und Isack Hadjar auf eine schnelle Runde gut unterwegs waren (Platz vier und sechs), doch ihre Longrun-Pace deutet darauf hin, dass für diese Rundenzeiten wohl eine geringere Spritmenge als bei der Konkurrenz im Tank war.

Mit rund acht Zehnteln Rückstand pro Runde bei einem hohen Reifenverschleiß scheint die Rennpace nicht überragend zu sein. Möglicherweise bringt man die Reifen schnell auf Temperatur, was in Qualifyingläufen hilft, aber im Rennen zu einem starken Verschleiß führt.

Aston Martin hatte hingegen ausschließlich mit fehlender Pace zu kämpfen und war das zweitschwächste Team der Longruns. Nur Haas schnitt noch schlechter ab - und das mit deutlichem Abstand. Esteban Ocon verlor im Schnitt 1,35 Sekunden pro Runde auf die Spitze, während auch das Reifenmanagement zu wünschen übrig ließ.

Rennsonntag: Ein oder zwei Stopps oder komplettes Chaos?

Australien war traditionell ein klares Einstopprennen. Doch seit Pirelli 2024 die Reifenmischungen um eine Stufe weicher gewählt hat, entwickelte sich Melbourne zur Zweistoppstrecke - begünstigt durch das geringe Boxenstoppdelta von nur 20 Sekunden für einen Boxenstopp. Für 2025 hat Pirelli gezielt am Graining gearbeitet, das auf dieser Strecke historisch ein Problem war. Pirelli-Chefingenieur Simone Berra zog am Freitag eine positive erste Bilanz.

"Was das Verhalten der Reifen angeht, ergab unsere erste Analyse, dass das Graining relativ gering ist - niedriger als noch vor einem Jahr auf dieser Strecke. Der Verschleiß beim C3 und C4 war relativ moderat, während der C5 - wenig überraschend - deutlich stärker betroffen war. Sollte das Rennen trocken bleiben, was aktuell eher unwahrscheinlich ist, wäre eine Einstoppstrategie eine realistische Option. In diesem Fall würde der Medium eine wichtigere Rolle spielen als im Vorjahr."

Mithilfe unseres Technologiepartners PACETEQ haben wir die Reifendaten vom Freitag auf ein Trockenrennen am Sonntag hochgerechnet. Demnach wäre die Einstoppstrategie Medium-Hard mit einem Stopp um Runde 25 etwa 4,5 Sekunden schneller als die Zweistoppvariante Medium-Medium-Hard.

Eine zusätzliche Variable ist der Undercut - traditionell eine starke Waffe in Melbourne. Doch die Überholproblematik darf nicht unterschätzt werden: Wer zu früh stoppt, riskiert, im Verkehr festzustecken und die volle Pace nicht ausspielen zu können.

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