Jack Doohan: Die "Stolpersteine" bei seinem Formel-1-Debüt
Überstrapazierte Daumen, schlechtes Timing im Qualifying und teilweise guter Speed: So bewertet Alpine-Teamchef Oakes das Formel-1-Debüt von Jack Doohan
(Motorsport-Total.com) - Jack Doohan habe seine Sache "wirklich gut gemacht", sagt Alpine-Teamchef Oliver Oakes nach der Formel-1-Premiere des Australiers beim Finalrennen 2024 in Abu Dhabi. "Schade nur", meint Oakes, "dass sein Debüt ein bisschen überschattet wurde durch so viele Stolpersteine."
Worauf Oakes mit dieser Aussage anspielt: Auf Medienberichte, die Doohan in einem schlechten Licht haben dastehen lassen. Die Gazzetta dello Sport etwa hatte vor Abu Dhabi berichtet, Doohan erhalte bei Alpine auf Wunsch von Teamberater Flavio Briatore nur eine "Probezeit" von wenigen Rennen, fahre zu Saisonbeginn 2025 also "auf Bewährung" und mit dem ständigen Druck, er könnte abgelöst werden.
Teamchef Oakes empfand diese Berichte als "ziemlich heftig" und sagt: "Man muss Jack wirklich dafür loben, dass er all diese Störgeräusche an diesem Wochenende ausgeblendet und sich solide verkauft hat. Hut ab! Und nebenbei hat er sich noch schadlos gehalten und guten Speed bewiesen, konnte mit allem umgehen. Er hat das wirklich gut gemacht und sich hervorragend verhalten."
Besonders imponiert habe ihm, wie sich Doohan "über das gesamte Wochenende hinweg gesteigert" habe, betont Oakes. Das habe in der ersten Qualifying-Runde gegipfelt, in der Doohan seinem erfahrenen Alpine-Teamkollegen Pierre Gasly "wirklich nahegekommen" sei.
Und das stimmt: Gasly setzte mit 1:24.021 Minuten im ersten Versuch eine Richtzeit für Doohan, die dieser mit 1:24.132 Minuten fast erreichte. Unterschied: 0,111 Sekunden, also ein gutes Zehntel. Das bewertet Doohan selbst übrigens als "wirklich starkes" Ergebnis für seine erste Qualifying-Runde.
Einzig ein Happyend gab es nicht für den Formel-1-Debütanten: In seiner zweiten Runde steigerte sich Doohan nur geringfügig auf 1:24.105 Minuten und belegte damit den letzten Platz.
Verkehr schon in der Boxengasse
Oakes aber wirbt um Verständnis für seinen Fahrer: "Beim zweiten Versuch hatte er etwas Pech, in das Tohuwabohu der letzten Kurve verwickelt zu werden. Das war wahrscheinlich eine Art Feuertaufe für ihn, wenn man bedenkt, er war hinten in der Schlange und musste die Ellbogen ausfahren."
"Da kam auch etwas Pech dazu, weil ja Hülkenberg nachträglich bestraft wurde, dass er Jack und das andere Auto überholt hatte. Wer weiß also, wie es ohne die Szene ausgegangen wäre?"
Doohan selbst nennt es "schlechtes Verkehrsmanagement", das ihn in dieser Situation beim Aufwärmen der Reifen beeinträchtigt habe. "Es war schwierig, sich [für die zweite schnelle Runde] zu positionieren", meint er. "Da kann man nicht viel mehr erwarten."
Besser lief es für den Alpine-Fahrer dann im Rennen. "Er hat dann genau das gemacht, was gefordert war", sagt Teamchef Oakes. "Jack hat sich aus allem rausgehalten und er ist einen guten zweiten Stint gefahren. Wir hatten ihn ja ein bisschen länger draußen gelassen, damit er uns helfen konnte."
Doohan muss die Haas-Fahrer aufhalten
Alpine hatte Doohan gezielt auf die beiden Haas-Fahrer Nico Hülkenberg und Kevin Magnussen angesetzt. Sie sollte er aufhalten, um Teamkollege Gasly weiter vorne etwas mehr Puffer zu verschaffen.
"Mein Ziel war, vor dem Haas von KMag anzukommen und Hulk möglichst gut aufzuhalten, um das Team im Kampf um P6 zu unterstützen", sagt Doohan. "Ich habe zumindest versucht, Hulk aufzuhalten. Wie gut mir das gelungen ist, das weiß ich gar nicht."
"Er hat mich auf der Geraden erwischt. Mir wäre ja Sektor drei lieber gewesen, denn da hätte ich etwas mehr Tempo rausnehmen können. Aber nichtsdestotrotz: Er hat natürlich viel Erfahrung. Und wenn es ihn eine halbe Sekunde gekostet hat, dann war es eine halbe Sekunde mehr als sonst."
Doohan ist sich unsicher bei den Reifen
Auch das kann Doohan jetzt als eigene Erfahrung verbuchen. Oder wie es Oakes formuliert: Doohan habe in Abu Dhabi die Chance bekommen, "alle Emotionen an einem Rennwochenende kennenzulernen". Aber "ob ihm das geholfen hat oder nicht, das sehen wir wahrscheinlich zu Saisonbeginn 2025", sagt Oakes.
Über konkrete Lektionen aus seinem Grand-Prix-Debüt sagt Doohan: Entscheidend sei für ihn gewesen, "zu lernen, wie viel Druck ich machen kann auf den ersten 20 Runden mit Hard-Reifen im zweiten Stint. Ich wusste nicht, wie sehr ich pushen durfte und ich wollte die Reifen nicht gleich im ersten Rennen überhitzen lassen." Erkenntnis: "Da kann ich noch etwas mehr herausholen."
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"Vor allem aber bin ich dankbar dafür, mein erstes Rennen beendet zu haben. Ich habe wirklich vieles gelernt", meint Doohan nach Platz 15 unter 17 gewerteten Fahrern.
Doohan tun die Daumen weh
Punktuell hielt er ab dem zweiten Stint ordentlich mit Gasly mit und kam teilweise auf ähnliche Rundenzeiten, wie die Datenanalyse bei F1 Tempo zeigt. Doch die harte Gangart über eine Grand-Prix-Distanz hatte ihren Preis: Doohan litt unter der Beanspruchung im Cockpit.
Er sagt nach dem Rennen: "Meine Daumen mussten mehr tun als gedacht. Und um ehrlich zu sein: Bei Rennende haben sie nicht mehr so gut funktioniert. Das war seltsam und das hatte ich so nicht erwartet."
Positiv verbucht Doohan jedoch, dass er "weniger nervös" gewesen sei als befürchtet. "Das Team hat es mir aber auch leicht gemacht", so sagt er.
Deshalb gehe er zuversichtlich in seine erste Formel-1-Saison und meint selbstbewusst: "Ich will dann gut abschneiden und hoffe, ich erwische einen fliegenden Start ins Jahr. Druck gibt es natürlich, aber ich spüre keinen Druck."