• 28. Oktober 2024 · 14:49 Uhr

Carlos Sainz: Wie er Verstappen in Mexiko überrascht hat

Es war der Tag des Carlos Sainz: Max Verstappen überrumpelt, Rennen klar dominiert, vierten Sieg der Karriere gefeiert - sein letzter?

(Motorsport-Total.com) - Carlos Sainz weiß, dass es sein letzter Sieg für Ferrari gewesen sein könnte, vielleicht sogar sein letzter in der Formel 1 überhaupt: "Ich wollte diesen Sieg unbedingt, auch für mich selbst", sagt er nach dem Triumph beim Grand Prix von Mexiko. "Ich wollte noch einmal gewinnen, bevor ich Ferrari verlasse."

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Emotional: Der vierte war wohl Carlos Sainz' bisher schönster Sieg in der Formel 1 Zoom Download

84 Grands Prix hat der Spanier bis dato für die legendäre Scuderia aus Maranello absolviert, und vier davon gewonnen: Silverstone 2022, Singapur 2023, Melbourne und jetzt auch Mexiko-Stadt 2024. Sainz fällt nicht in die Kategorie Seriensieger in der Formel 1, und rein statistisch gesehen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Mexiko sein Abschiedserfolg war. Schließlich hat er vor 2024 noch nie mehr als ein Rennen pro Saison gewonnen.

Entsprechend emotional war die Siegerehrung und danach auch die Pressekonferenz. Für Sainz war Mexiko ein ganz besonderes Wochenende: "Meine Familie war da, meine besten Freunde, meine Freundin. Irgendwie war es vorbestimmt, dass ich meinen vielleicht letzten Sieg für Ferrari feiere, wenn sie alle da sind. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie glücklich und stolz ich bin."

Es sei ein "extrem emotionaler" Triumph gewesen, räumt Sainz ein: "Während der spanischen Hymne habe ich eine Träne verdrückt. Meine Mama war noch nie bei einem Sieg von mir dabei, deswegen wollte ich heute unbedingt gewinnen. Und weil ich so hart dafür arbeiten musste, schmeckt der Sieg jetzt noch ein bisschen süßer."

Abschied von Ferrari tut weh

Sainz macht keinen Hehl draus, dass er am liebsten bei Ferrari geblieben wäre. Am Wochenende hat er erstmals zugegeben, dass ihm beim Gedanken, dass Ferrari 2025 mit seinem Nachfolger Lewis Hamilton WM-fähig sein könnte, das Herz wehtut - schließlich hat er in den vergangenen Jahren mitgeholfen, das Team zu dem zu machen, was es heute ist.

Bei Williams wird er in Zukunft wieder kleinere Brötchen backen, so wie am Anfang seiner Formel-1-Karriere, bei Toro Rosso, als Teamkollege von Max Verstappen, dann bei Renault, und später auch bei McLaren, wo zwei Podestplätze das Höchste der Gefühle waren. Ob es je ein Zurück in ein Topteam geben wird? Das kann Stand heute niemand seriös vorhersagen.

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"2024", sagt er, "hat richtig gut angefangen, aber dann fielen wir in der Entwicklung zurück. Jetzt geht das Auto auf einmal wieder, und wir sind wieder siegfähig. Charles hat die Siege in Monza und Austin geholt, und ich hatte das Gefühl: Bevor ich hier gehe, möchte ich auch nochmal gewinnen."

"Es wäre ein Leichtes gewesen, mich hängen zu lassen und die Motivation zu verlieren, bevor ich Ferrari verlasse. Aber die drei Wochen Pause im Oktober haben mir gutgetan. Da habe ich Entschlossenheit und Antrieb für die letzten fünf, sechs Rennen getankt. In Austin hat es noch nicht geklappt. Aber hier wollte ich sicherstellen, dass es mir nicht nochmal durch die Finger rutscht."

Wie Sainz zum Sieg in Mexiko gefahren ist

Den Grundstein für den Sieg legte Sainz bereits am Samstag, mit einer herausragenden Poleposition. Seine beiden Q3-Runden wären gut genug gewesen, um das Qualifying zu gewinnen. Am Sonntag verlor er den Start gegen Verstappen, was beim Windschatten in Mexiko ohnehin fast ein Naturgesetz ist. Aber danach traf er genau die richtigen Entscheidungen.

Erstens: Verstappen nach dem Abschneiden der ersten Kurve kampflos vorbeizulassen, bevor die Rennleitung intervenieren konnte. "Das war sehr schlau", lobt Teamchef Frederic Vasseur. "Genau wie in Austin, da hat er das mit Russell auch gemacht - und zwei Runden später einfach wieder überholt. Er hatte das Selbstvertrauen, dass er sich die Position sowieso zurückholen würde."

Zweitens: Nach der Safety-Car-Phase fasste sich Sainz ein Herz und attackierte Max Verstappen vor der ersten Kurve - mit DRS-Vorteil, aber von relativ weit hinten. Ende der achten Runde hatte Verstappen im Stadion eigentlich noch einen komfortablen Vorsprung, doch aus dem Kurvengeschlängel heraus fuhr Sainz die kompromisslosere und engere Linie.

Mit aufgeklapptem DRS saugte er sich an den Red Bull heran, der am Ende der Gerade etwas Vortrieb einbüßte. Von außen konnte man sehen: Bei Verstappen blinkte das Rücklicht, was signalisiert, dass das Hybridsystem die Batterie auflädt. "Was soll ich mit einer fucking leeren Batterie tun? Was ist das für ein dummer Modus?", tobte Verstappen.

Da war Sainz schon an ihm vorbei, von relativ weit hinten kommend, mit einem entschlossenen Bremsmanöver, das Verstappen offenbar nicht auf dem Schirm hatte. Und auch der Konter blieb aus, denn hin zu Kurve 4 konnte Sainz neuerlich das DRS aktivieren, sodass Verstappen der nötige Topspeed fehlte, um direkt zum Gegenschlag anzusetzen.

"Ich hatte das Manöver nicht geplant", grinst Sainz im Nachhinein. "Ich war genervt, dass ich am Start eine Position verloren hatte, und wusste, dass ich Max überraschen muss, weil er sonst sehr schwierig zu überholen ist. Das hat er ja schon oft gezeigt. Ich kam von weit hinten, aber ich hatte ja nichts zu verlieren. Also stach ich einfach innen rein."

Bereits vor dem Start hatte Sainz angedeutet, dass er es im Zweikampf notfalls drauf ankommen lassen würde. Schließlich hat er keine realistische Chance mehr, die Fahrer-WM zu gewinnen - Verstappen aber konnte sich einen Ausfall nicht leisten. Dazu kam: "Ich hatte in Kurve 1 schon das ganze Wochenende ein sehr gutes Gefühl."

"Ich wusste, dass es dort gehen könnte. Wahrscheinlich war ich eigentlich etwas zu weit hinten, aber auf den letzten 100 Metern hatte ich ein gutes Momentum. Ich bin froh, dass es mir geglückt ist, denn ich musste in Führung gehen, um meine Pace ausspielen zu können."

Rennen bis zum Ende unter Kontrolle

Danach geriet Sainz nie wieder ernsthaft in Gefahr. Nach der Kollision Verstappen-Norris sah es ein paar Runden lang so aus, als könne ihm sein Teamkollege Charles Leclerc das Leben schwermachen. Bis zum Boxenstopp fuhr er auf den zweiten Ferrari aber fast zehn Sekunden Vorsprung raus. Der Spanier hatte das Rennen sicher im Griff.

Am ehesten gewackelt hat er noch am Start: "Max und Red Bull starten auf Strecken mit wenig Grip meistens sehr gut, und hier hatte es wenig Grip. Also war ich mental schon drauf vorbereitet, dass Max in der ersten Kurve neben mir sein würde. Ich habe so spät wie möglich gebremst, er auch, und dann hatte ich vor Kurve 2 keinen Platz mehr."

Dass später mal ein Boxenfunk ausgestrahlt wurde, in dem von Fehlzündungen die Rede war, war aus Ferrari-Sicht kein Grund zur Sorge: "Ein isolierter Zwischenfall, ausgangs Kurve 3. Ich fuhr über den Randstein, das Auto hob ein bisschen ab, ich schaltete kurz und dabei gab es eine Fehlzündung. Hatten wir schon das ganze Wochenende, liegt an der Höhenlage und am Motormapping."

"Aber sobald ich in Führung lag, wusste ich, dass ich dieses Wochenende sehr schnell war, und ich wusste genau, was ich zu tun hatte, um zu gewinnen. Gegen Ende haben McLaren und Lando bewiesen, dass sie sehr schnell sind. Die waren nicht leicht zu biegen. Aber ich bin froh, dass wir gewonnen haben und dass Charles auch noch den Punkt für die schnellste Runde geholt hat."

Was jetzt noch an Zielen bleibt

Sainz liegt nach 20 von 24 Grands Prix an fünfter Position der Fahrerwertung, mit 240 Punkten. Leclerc (291) ist eher nicht mehr in Reichweite, Oscar Piastri (251) vielleicht schon noch. Es wäre ein Traum für Sainz, am Ende seiner Ferrari-Karriere als WM-Dritter zur FIA-Gala eingeladen zu werden.


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Doch das viel wichtigere Restziel ist der Gewinn der Konstrukteurs-WM. Nach Mexiko führt McLaren die Teamwertung mit 566 Punkten an, doch mit dem Doppelsieg in Austin und den Plätzen 1 und 3 in Mexiko hat Ferrari Red Bull überholt. 29 Punkte Rückstand auf McLaren sind angesichts der aktuellen Topform der Scuderia nicht uneinholbar.

"Die Konstrukteurs-WM wäre ein perfektes Goodbye für mich", sagt Sainz. "Ich will jetzt erstmal diesen Sieg realisieren und genießen. Aber dann träumen wir von der WM, denn ich glaube, dass wir eine Chance haben. In einer Woche geht es weiter nach Brasilien. Aber jetzt ist erstmal die Zeit, den Sieg ein bisschen zu feiern."

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