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Q1-Aus von Lando Norris in Baku: War es wirklich die gelbe Flagge?
McLaren-Titelanwärter Lando Norris scheidet kurios im Q1 des Formel-1-Qualifyings von Baku aus: Wir klären die Verwirrung um die gelbe Flagge in Sektor 3 auf!
(Motorsport-Total.com) - Titelkandidat Lando Norris ist völlig überraschend im Q1 des Formel-1-Qualifyings von Aserbaidschan ausgeschieden und wird den Grand Prix am Sonntag nur von Platz 17 starten. Norris war drauf und dran, am Ende der Session seine Zeit von 1:43,609 zu verbessern, ehe das TV-Bild den McLaren-Piloten einfing, wie er seine Runde abbrach und in die Box abbog.
"Ich hatte eine gelbe Flagge", funkt Norris. "Kann ich nochmal fahren oder muss ich an die Box kommen?" Worauf sein Renningenieur Will Joseph antwortet: "Nein, wir müssen an die Box." Kurz darauf folgt eine Entschuldigung: "Kumpel, es tut mir leid. Das hätte ich nicht tun sollen."
Doch was war passiert? Zuvor hatte Esteban Ocon nach Kurve sechs die Mauer touchiert und sich einen Plattfuß eingehandelt. Der Alpine-Pilot versuchte sich noch in die Box zu schleppen, löste aber kurzzeitig eine gelbe Flagge in Sektor drei aus. Norris' Renningenieur warnte seinen Schützling vor, der zu diesem Zeitpunkt auf der Geraden Richtung Kurve drei war: "Achte auf Teile zwischen Kurve 6 und 7. Ich weiß nicht genau wo."
Analyse: Hätte Norris gar nicht vom Gas gehen müssen?
Norris setzte daraufhin in den Sektoren eins und zwei persönliche Bestzeiten. Die kritische Situation folgt aber ausgangs von Kurve 15. In der Onboard-Aufnahme von Norris kann man erkennen, dass im Hintergrund auf Höhe von Kurve 16, was gleichbedeutend mit dem Beginn des dritten Sektors ist, eine gelbe Flagge auf dem Monitor leuchtet, die aber sofort wieder verschwindet. Der Monitor ist nun schwarz.
Als der Brite nun in Kurve 16 einbog, machte er einen Fehler, ließ sich zu weit heraustragen und verlor damit komplett den Schwung auf das über zwei Kilometer lange Geradeausstück. Als Norris kurz später, aber vor der schnellen Kurvenpassage 18 und 19 den Alpine am linken Rand langsam fahren sah, ging der McLaren-Pilot letztendlich komplett vom Gas. In der Onboard-Aufnahme ist aber zu erkennen, dass trotz des langsamen Ocons im Hintergrund eine grüne Flagge aufblinkt.
Die TV-Bilder sowie Fahrzeugaufnahmen lassen die Vermutung zu, dass Norris zu keiner Zeit hätte verlangsamen müssen. Normalerweise wäre in diesem Fall auch eine gelbe Flagge auf dem Lenkrad von Norris erschienen, sofern diese für den Sektor gilt, in dem sich ein Pilot gerade befindet. Auf Norris' Lenkrad kam aber zu keinem Zeitpunkt eine Meldung über eine gelbe Flagge. War also alles nur ein Fahrfehler?
Fahrfehler nicht der Hauptgrund für das Q1-Aus
Nicht wirklich, denn die Telemetriedaten zeigen, dass Norris selbst mit dem Fehler in Kurve 16 seine eigene Zeit geschlagen hätte und damit ins Q2 eingezogen wäre. Die entscheidende Situation ist das Abbremsen vor Kurve 18 bei Esteban Ocon. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Norris noch einen Vorsprung von acht Zehnteln auf seine vorherige Runde. Bis zur Ziellinie hätte er durch den fehlenden Schwung noch etwas Zeit eingebüßt, aber hochgerechnet nicht mehr als eine halbe Sekunde.
McLaren-Teamchef Andrea Stella gibt nach dem Qualifying zu, dass es um die Situation von Esteban Ocon große Verwirrung gab, McLaren aber davon ausgeht, dass die gelbe Flagge geschwenkt wurde: "Das Team hat [Lando nichts von einer gelben Flagge] gesagt, denn die wurde in letzter Minute angezeigt", sagt er.
"Wir haben es gerade mit unseren Tools überprüft, und es wurde tatsächlich als gelb angezeigt. Wir sind im Gespräch mit der FIA, warum das passiert ist, denn eine gelbe Flagge ist nicht notwendig, wenn es ein Auto gibt, das nur langsam ist. Jeder versucht sein Bestes, da bin ich mir sicher, aber dieses Mal gab es eine Situation, die eigentlich nicht hätte passieren dürfen. Wir haben den Preis dafür bezahlt."
Norris hofft auf Strategieglück im Rennen
Für Norris ist nach dem Qualifying jedenfalls klar, dass er verlangsamen musste: "Der Kerl vor mir crashte und es gab eine gelbe Flagge. Wenn man dann eine zwei Kilometer lange Gerade hat und am Anfang vom Gas gehen muss, da konnte ich nichts machen, also bin ich natürlich ein bisschen enttäuscht und frustriert, aber es gibt nichts, was ich ändern könnte."
Obwohl der Baku City Circuit aufgrund der langen Geraden als absolute Überholstrecke gilt - seit der ersten Austragung gab es pro Rennen im Schnitt 45,9 Überholmanöver -, dürfte es für Norris von Startplatz 17 schwer werden, viele Punkte aus Aserbaidschan mitzunehmen. Laut dem Briten muss es vor allem die Strategie richten.
"Man muss alles mit Strategie machen, weil man nicht überholen kann, weil es hinten viele Autos gibt", so Norris. "Ich meine, das Auto ist schnell, und wir hoffen, dass es uns in die Hände fällt und ich etwas freie Fahrt bekomme, aber auf einem Stadtkurs staut sich alles so sehr, dass man in eine Position gezwungen wird, in der man manchmal nicht viel tun kann. Wir werden für das Beste hoffen, aber ich erwarte nichts Magisches, es sei denn, eine Strategie kommt ins Spiel."