Mercedes verzichtet in Baku auf den neuen Unterboden
Mercedes möchte schauen, ob der Unterboden für den Formeinbruch verantwortlich ist und wird die neue Spezifikation in Baku nicht einsetzen
(Motorsport-Total.com) - Mercedes wird seinen neuen Unterboden in Baku nicht benutzen, da das Team herausfinden möchte, ob das Upgrade für den Formabfall nach Belgien verantwortlich war. Die Silberpfeile waren mit drei Siegen in vier Rennen in die Sommerpause gegangen und hatten sich in Spa auch gegen den neuen Unterboden entschieden, nachdem man im Training Probleme entdeckt hatte.
Nach der Sommerpause kam man jedoch schwer in Form. In Zandvoort wollte man beide Unterböden gegeneinander testen, was jedoch durch das Wetter erschwert wurde. Man entschied sich für die neue Variante - ähnlich wie in Monza. Doch beide Rennen waren aus Mercedes-Sicht unterwältigend.
"Es gibt viele Fragezeichen", sagt Hamilton auf die Probleme angesprochen. "Wir versuchen es gerade zu verstehen. Es könnte an vielen Dingen liegen. Es könnte streckenabhängig sein, es könnte das Upgrade sein", so der Brite. "Mein Bauchgefühl sagt mir, es könnte das Upgrade sein, aber es ist schwierig, einen Unterschied zwischen beiden zu erkennen."
"Aber wir werden an diesem Wochenende versuchen, etwas davon zurückzurüsten, und dann schauen, ob wir etwas finden können oder nicht", so Hamilton. "Wir arbeiten hart daran, es zu analysieren, weil es dem Team eine bessere Richtung für die Entwicklung gibt - nicht nur für dieses Auto, sondern auch für das nächste Jahr."
Es wird davon ausgegangen, dass Mercedes in Baku komplett auf den neuen Unterboden verzichten wird, um zu sehen, wie das Auto ohne ihn performt. Die verbesserten Teile am Diffusor, Beam-Wing, Frontflügel und Halo sollen aber am Auto bleiben.
Somit kann man entscheiden, ob man den Unterboden in Zukunft anpasst oder sogar ganz fallen lässt. Denn eigentlich ist das Team überzeugt, dass er einen Zugewinn an Downforce bringt - wenn auch nur einen kleinen.
Russell: Nur geringer Performanceverlust
"Das Upgrade hat keinen substantiellen Performancegewinn gebracht, und manchmal muss man Dinge einfach objektiv betrachten", sagt George Russell. "Wir haben einen neuen Unterboden gebracht und Performance verloren. Das war der größte Punkt, den wir verändert haben", so der Brite.
"Wir wussten, dass das Upgrade nicht die Welt verändern würde. Es war einfach ein weiterer Schritt in die Richtung, die wir verfolgt haben. Wenn wir jetzt auf den Unterboden vor Spa zurückgehen, dann sollte es nur ein kleines Delta sein, wenn auf dem Papier alles korrekt ist", sagt er.
"Manchmal ist es besser, den Teufel zu kennen. Wir wissen, was der Unterboden bringt und wir wissen genau, wie das Set-up sein muss. Und manchmal kann es bei einem neuen Upgrade ein paar Rennen dauern, bis man gelernt und verstanden hat." Er glaubt: Das Bauchgefühl von Hamilton könnte schon richtig sein.
Kleine Formprobleme fallen stärker auf
Das Problem von Mercedes ist dabei aber auch, dass die Formel 1 deutlich konkurrenzfähiger scheint als früher. "Wenn wir zum Beispiel das letzte Jahr nehmen: Wenn wir dort zwei Zehntel langsamer gewesen wären, wären wir trotzdem auf der gleichen Position gewesen. Und wenn wir eine oder zwei Zehntel über unserer Performance gewesen wären, dann auch", sagt Russell.
Das Gleiche gelte auch für Red Bull: Wenn man im Vorjahr drei Zehntel unter Niveau gefahren wäre, hätte man trotzdem gewonnen und es wäre niemandem aufgefallen, meint er.
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"Ich denke, wir hatten einfach zwei Wochenenden, an denen wir eine leicht schlechtere Form hatten und ein paar Dinge nicht richtig hinbekommen haben. Aber es hätte ganz leicht auch in eine andere Richtung gehen können", so Russell, der in Zandvoort und Monza zwei gute Qualifyings hatte.
"Wenn das Rennen nur etwas anders verlaufen wäre, dann hätte ich auf das Podest kommen können und wir würden nicht über die andere Performance reden", sagt er. "Es zeigt einfach: Wenn du deine Wochenenden nicht hinbekommst, wirst du dafür bestraft."
Mehr Ausreißer-Rennen als normale
Die Frage ist: Wie viel kann man auf einer Strecke wie Baku überhaupt lernen, die zusammen mit dem Rennen in Singapur doch ein Ausreißer ist, weil sie keine klassische Rennstrecke ist?
"Um ehrlich zu sein fühlt sich jede Strecke mittlerweile wie ein Ausreißer an, wenn man sich den Rest der Saison anschaut: Baku, Singapur, Vegas, auch Brasilien ist einzigartig, genau wie Mexiko mit der Höhe", so Russell. "Ich würde nur noch Katar und Abu Dhabi bei den normalen Strecken einordnen."
"Wenn man sich die Saison anschaut, dann haben wir mittlerweile mehr unübliche Strecken als traditionelle. Du musst daher ein Auto bauen, das überall schnell und vielseitig ist", meint der Brite.
"Egal wie die Performance an diesem Wochenende aussehen wird, ich denke nicht, dass wir abschließend sagen können, oder Unterboden das Problem war oder nicht", sagt er weiter. "Wir werden einfach schauen, wie es läuft, und es wird nicht lange dauern, bis wir das nächste Upgrade haben werden und sich wieder alles ändert."
Fragezeichen vor Baku
Wie Mercedes in Baku performen wird, darauf ist Russell aber schon gespannt, weil er es nicht wirklich einordnen kann. In den langsamen Kurven von Kanada sei man konkurrenzfähig gewesen, genau wie in den ersten beiden Schikanen von Monza - und in Baku gibt es viele langsame Kurven.
"Aber auf der anderen Seite gab es auch Monaco, wo wir weit weg von Ferrari waren - und Ferrari scheint in Baku und Singapur gut zu sein", sagt Russell. "Ich bin daher gespannt, weil ich nicht weiß, wie es aussehen wird."
Das gelte aber für die meisten noch kommenden Strecken, weil eben doch alle einzigartig sind und neue Chancen bringen. "Und das bringt zusätzliche Motivation, weil die Saison lang und hart ist und wir viele Jahre weit weg von der Pace waren. Egal wie wir performt haben, der Sieg war außer Reichweite", so der Mercedes-Pilot.
"Wir wollen bis zum Ende der Saison noch viele Rennen gewinnen, aber wir müssen auch ehrlich sein, dass unser Hauptziel ist, so viel wie möglich für das nächste Jahr zu lernen, denn in dieser Saison werden wir keinen Titel mehr holen", betont Russell.
"Natürlich würden wir gerne jedes Rennen bis zum Saisonende gewinnen, aber das Wichtigste ist, dass wir sicherstellen, dass wir ein Auto haben, das im kommenden Jahr um die Meisterschaft fahren kann."